Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ruth Müller SPD vom 30.10.2014 Umsatzsteuer: Unterschiedlicher Steuersatz für Krankenhausfahrten bei Taxi oder Mietwagen In beiden Fällen bringt den Fahrgast ein Wagen mit Chauffeur zu seinem Ziel – aber die Unterschiede liegen im Detail. Es gibt z. B. unterschiedliche Besteuerungen. Während ein Taxiunternehmen für die Beförderung im Nahverkehr nur 7 % MwSt. abführt, müssen Rechnungen von Mietwagenunternehmen stets mit 19 % versteuert werden. In der Regel handelt es sich bei den angesprochenen Krankenhausfahrten um Fahrten von der Wohnung ins Krankenhaus, Fahrten zu ambulanten Untersuchungen und Behandlungen sowie Verlegungen. Sofern keine medizinischen Gründe entgegenstehen, ist eine Sammelfahrt (im Mietwagen) unter Angabe der Patientenzahl zu verordnen, wenn mehrere Patienten zum gleichen Ziel zu fahren sind. Grundsätzliche Zuzahlungsregelung: Der Patient hat je Fahrt 10 % der Beförderungskosten einer verordneten (bei einer genehmigungspflichtigen und genehmigten) Beförderung – mindestens 5 Euro und höchstens 10 Euro – zu entrichten. Kostet die Fahrt weniger als 5 Euro, ist der Fahrpreis zu zahlen. Da mittlerweile auch Krankenhausfahrten ausgeschrieben werden, beklagen die Mietwagenunternehmer eine Wettbewerbsverzerrung durch die unterschiedliche Besteuerung . Außerdem würden die Kosten für die Kassen bzw. den Patienten für die Zuzahlung unnötig erhöht werden. Ich frage die Staatsregierung: 1. Trifft es zu, dass auch für Krankenhausfahrten unterschiedliche Mehrwertsteuersätze gelten, je nachdem ob mit einem Taxi oder einem Mietwagen gefahren wird? a) Wenn ja: Worin begründet sich diese Regelung für einund dieselbe Leistung? b) Wenn ja: Trifft es zu, dass sowohl Krankenkassen als auch Patienten durch diese Regelung mit unterschiedlichen Kosten belastet werden? 2. Werden Patienten in ländlichen Regionen, in denen kein Taxi vorhanden ist, sondern nur Mietwagen-Fahrservice angeboten wird, dadurch finanziell benachteiligt ? 3. Ist die Staatsregierung bereit, sich auf Bundesebene für eine Angleichung der Mehrwertsteuersätze für Krankenhaustransporte zur Entlastung von Patienten und Krankenkassen auf 7 % einzusetzen? a) Wenn ja: Mit welchen Mitteln und in welchem Zeitfenster soll dies geschehen? Antwort des Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat vom 26.11.2014 Die Schriftliche Anfrage der Frau Abgeordneten Ruth Müller vom 30. Oktober 2014 betreffend „Unterschiedlicher Umsatzsteuersatz für Krankenhausfahrten bei Taxi oder Mietwagen “ wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Gesundheit und Pflege wie folgt beantwortet: 1. Trifft es zu, dass auch für Krankenhausfahrten unterschiedliche Mehrwertsteuersätze gelten, je nachdem ob mit einem Taxi oder einem Mietwagen gefahren wird? a) Wenn ja: Worin begründet sich diese Regelung für ein- und dieselbe Leistung? Die Fragen 1 und 1 a werden zur gemeinsamen Beantwortung verbunden. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) ist der ermäßigte Umsatzsteuersatz u. a. auf die Beförderung von Personen mit Taxen im Nahverkehr anzuwenden. Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat mehrfach die gefestigte Verwaltungsauffassung bestätigt, wonach diese Privilegierung nicht auf die Beförderungsleistungen mit Mietwagen auszudehnen ist (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 2. Juli 2014, XI R 22/10). Die Beförderungsformen mit Taxen und Mietwagen sind verkehrsrechtlich eindeutig voneinander abgrenzbar. Die Beförderung mit Taxen ist zwar eine Form des Gelegenheitsverkehrs (§ 46 Abs. 2 Nr.1 des Personenbeförderungsgesetzes – PBefG –), er rechnet jedoch wegen der Beförderungspflicht (§ 22 PBefG) und der Betriebspflicht (§ 21 PBefG) zum steuerbegünstigten öffentlichen Nahverkehr. Außerdem bedarf er der Genehmigung und die Beförderungsentgelte werden festgelegt (§ 51 PBefG). Die Beförderungen mit Mietwagen sind nicht an diese engen Voraussetzungen gebunden. Darüber hinaus unterscheidet sich der Mietwagenverkehr im Wesentlichen vom Taxenverkehr dadurch, dass nur Beförderungsaufträge ausgeführt werden dürfen, die am Betriebssitz oder in der Wohnung des Unternehmers eingegangen sind (§ 49 Abs. 4 PBefG). Es ist deshalb aufgrund der differenzierten beförderungsrechtlichen Beurteilung eine unterschiedliche umsatzsteuerliche Behandlung dieser beiden Beförderungsformen grundsätzlich gerechtfertigt. In seinem Urteil vom 27. Februar 2014, C-454/12 und C-455/12, stellte der Gerichtshof der Europäischen Union fest, dass die Anwendung eines unterschiedlichen Mehrwertsteuersatzes jedoch anders zu beurteilen sein könnte, wenn von einem Mietwagenunternehmer durchgeführte Krankentransporte auf mit Krankenkassen geschlossenen Sondervereinbarungen beruhten, die gleichermaßen für Taxiunternehmer gälten. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 16.01.2015 17/4587 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/4587 Die Feststellung, ob und in welchem Umfang Mietwagenunternehmer ihre Krankentransporte unter identischen Voraussetzungen durchgeführt haben, ist derzeit in einem finanzgerichtlichen Verfahren (Sächsisches Finanzgericht, 3 K 1507/14) zu treffen. b) Wenn ja: Trifft es zu, dass sowohl Krankenkassen als auch Patienten durch diese Regelung mit unterschiedlichen Kosten belastet werden? Regelmäßig sind Fahrkosten als Kosten der allgemeinen Lebensführung vom Versicherten zu tragen. Ausnahmsweise werden sie als unselbstständige Nebenleistungen nach Maßgabe von § 60 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) und den vom Gemeinsamen Bundesausschuss hierzu erlassenen Krankentransport-Richtlinien von der Krankenkasse erbracht. Die Übernahme der Kosten für ein Taxi oder einen Mietwagen kommt in Betracht, wenn ein öffentliches Verkehrsmittel aus medizinischen Gründen oder wegen fehlender Verkehrsverbindungen nicht benutzt werden kann. Ein niedrigerer Umsatzsteuersatz entlastet zunächst die Leistungserbringer und könnte daher prinzipiell auch die Kostenträger entlasten. Als erstattungsfähige Fahrkosten übernehmen die Krankenkassen die mit den Leistungserbringern in Verträgen nach § 133 SGB V vereinbarten Preise. Das sind bei Taxifahrten grundsätzlich die aktuell gültigen Taxitarife. Hingegen sind Mietwagenunternehmen in der Gestaltung ihrer Fahrpreise frei. Demnach können Mietwagenpreise, die der Umsatzsteuer von 19 % unterliegen , sowohl über als auch unter den Taxitarifen liegen. Die Krankenkassen übernehmen auch hier die mit den Mietwagenunternehmen jeweils vertraglich vereinbarten Preise. 2. Werden Patienten in ländlichen Regionen, in denen kein Taxi vorhanden ist, sondern nur Mietwagen -Fahrservice angeboten wird, dadurch finanziell benachteiligt? Die bundesgesetzlichen Vorgaben des Krankenversicherungsrechts unterscheiden nicht nach ländlichen Regionen und anderen Ballungsräumen. In den Fällen, in denen überhaupt Fahrkosten von der Krankenkasse getragen werden, haben Versicherte grundsätzlich nur die gesetzlichen Zuzahlungen zu leisten. Diese betragen 10 % der Kosten, mindestens 5 Euro und höchstens 10 Euro. Sollte überhaupt eine Mehrbelastung bestehen, wäre diese für den Patienten auf den Zuzahlungsbereich zwischen 5 Euro und 10 Euro beschränkt. 3. Ist die Staatsregierung bereit, sich auf Bundesebene für eine Angleichung der Mehrwertsteuersätze für Krankenhaustransporte zur Entlastung von Patienten und Krankenkassen auf 7 % einzusetzen? Die Bayerische Staatsregierung wird sich für eine sachgerechte Lösung, die dem geltenden Rechtsrahmen Rechnung trägt, einsetzen. a) Wenn ja: Mit welchen Mitteln und in welchem Zeitfenster soll dies geschehen? Zunächst ist der Ausgang des finanzgerichtlichen Verfahrens abzuwarten. Im Anschluss daran erfolgt die Erörterung auf Bund-Länder-Ebene zu dieser Thematik. Konkrete Angaben zu einem Zeitfenster sind derzeit nicht möglich.