Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer FREIE WÄHLER vom 08.10.2014 Strafanzeigen des Juristen und Geschäftsmanns Eberhart Herrmann gegen einen hohen Amtsträger der CSU In den Jahren 1999 bis 2001 wurden gegen einen hohen Amtsträger der CSU mehrere Strafanzeigen bei der Staatsanwaltschaft München I und Augsburg gestellt, wie es auf Seite 307 ff. des im Juli 2013 erschienenen Buches „Wahn und Willkür“ von Ministerialrat a. D. Dr. Wilhelm Schlötterer veröffentlicht wurde. Ich frage die Staatsregierung: 1. Welche Ermittlungen haben die Staatsanwaltschaften München I und Augsburg aufgrund der Strafanzeigen vom 21.05.1999, 26.11.1999, 06.12.1999, 09.02.2000 und 30.04.2001 vorgenommen und wurde eine Vernehmung des CSU-Amtsträgers durchgeführt? 2. Wurde die Steuerfahndung eingeschaltet? 3. Was war das Ergebnis der jeweiligen Ermittlungen? 4. Wurde das Justizministerium und/oder die Generalstaats- anwaltschaft im Berichtswege von den Strafanzeigen und Ermittlungsergebnissen informiert und was hat das Justizministerium und/oder die Generalstaatsanwaltschaft genau veranlasst? 5. Wurde die Führung der CSU über die Strafanzeigen oder die Ermittlungen informiert und wurde sie wann und in welcher Form zu den Strafanzeigen befragt? 6. Haben die Bayerische Justiz oder Finanzverwaltung sei- tens der Staatsanwaltschaft Bochum, der Steuerfahndung Düsseldorf oder von anderer Seite einschlägige Hinweise auf den CSU-Amtsträger erhalten, ggf. welchen Inhalts? 7. Wurden Vorermittlungsverfahren nach Bayern abgege- ben? 8. Was war das Ergebnis dieser ggf. durchgeführten Vorer- mittlungen? Antwort des Staatsministeriums der Justiz vom 27.11.2014 Die Schriftliche Anfrage wird hinsichtlich der Fragen 1, 6, 7 und 8 im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat wie folgt beantwortet : 1. Welche Ermittlungen haben die Staatsanwaltschaften München I und Augsburg aufgrund der Strafanzeigen vom 21.05.1999, 26.11.1999, 06.12.1999, 09.02.2000 und 30.04.2001 vorgenommen und wurde eine Vernehmung des CSU-Amtsträgers durchgeführt? Nach den Ausführungen auf den Seiten 312 und 313 des Buches „Wahn und Willkür“ von Herrn Dr. Schlötterer, auf das in der Einleitung der Schriftlichen Anfrage Bezug genommen wird, sollen die in der Schriftlichen Anfrage genannten Strafanzeigen vom 21. Mai 1999, vom 6. Dezember 1999 und vom 9. Februar 2000 bei der Staatsanwaltschaft München I eingereicht worden sein. Die zwei weiteren in der Schriftlichen Anfrage bezeichneten Strafanzeigen vom 26. November 1999 und 30. April 2001 sollen nach den Ausführungen in dem vorgenannten Buch bei der Staatsanwaltschaft Augsburg bzw. beim Landgericht Augsburg eingereicht worden sein. Im Zuge der Beantwortung der Schriftlichen Anfrage wurden umfassende Recherchen durch die betroffenen Staatsanwaltschaften München I und Augsburg durchgeführt. Bei einer Recherche im Datenbestand dieser Staatsanwaltschaften in Bezug auf die in der Schriftlichen Anfrage bezeichnete Person sowie in Bezug auf die Person des Anzeigeerstatters konnten keine Vorgänge festgestellt werden , die den vorgenannten Strafanzeigen entsprechen. Sowohl bei der Staatsanwaltschaft München I als auch bei der Staatsanwaltschaft Augsburg kann anhand des Datenbestandes schon nicht festgestellt werden, ob die in der Schriftlichen Anfrage genannten Anzeigen früher überhaupt eingegangen sind, unter welchen Aktenzeichen diese gegebenenfalls erfasst wurden, was – gegebenenfalls – im Einzelnen Gegenstand der Anzeigen war und wie diese Verfahren abgeschlossen wurden. Es ist davon auszugehen, dass entsprechende Datensätze sowie Ermittlungsakten – soweit früher vorhanden – nach Ablauf der Aufbewahrungsfristen (vgl. Verordnung über die Aufbewahrung von Schriftgut der Gerichte, Staatsanwaltschaften und Justizvollzugsbehörden (Aufbewahrungsverordnung – AufbewV)) zwischenzeitlich gelöscht bzw. vernichtet wurden. Nach den oben genannten Bestimmungen, die unter anderem dem Schutz persönlichkeitsrelevanter Daten dienen, sind Akten etwa im Falle einer Einstellung des Verfahrens nach fünf Jahren zu vernichten. Datensätze zu den in der Schriftlichen Anfrage genannten Strafanzeigen sind korrespondierend nicht mehr vorhanden. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 23.01.2015 17/4615 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/4615 Im Rahmen der durch die Schriftliche Anfrage veranlassten umfassenden Recherchen wurde bekannt, dass die Steuerfahndung Düsseldorf im Jahr 2010 der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts München Unterlagen zugeleitet hat, die die Steuerfahndung Düsseldorf im Zusammenhang mit einem Steuerstrafverfahren gegen Dritte erhalten hatte (s. hierzu auch noch näher die Antworten zu den Fragen 6 und 8). In diesen 2010 zugeleiteten Unterlagen befanden sich auch zwei Strafanzeigen des Anzeigeerstatters vom 26. November 1999 an die Staatsanwaltschaft Augsburg und vom 6. Dezember 1999 an die Staatsanwaltschaft München I. Die Strafanzeige vom 6. Dezember 1999 richtete sich unter anderem gegen die in der Schriftlichen Anfrage genannte Person. Die Strafanzeige vom 26. November 1999 richtete sich vornehmlich gegen Dritte. Die in der Schriftlichen Anfrage genannte Person wird in dieser Strafanzeige ebenfalls namentlich erwähnt, wobei von dem Anzeigeerstatter eine gesonderte Strafanzeige gegen diese sowie weitere Personen angekündigt wurde. Eine von diesen Erkenntnissen ausgehende Recherche im Datenbestand der Staatsanwaltschaften München I und Augsburg ergab erneut, dass keine weiterführenden Erkenntnisse in Bezug auf diese beiden Strafanzeigen vorliegen. Im Rahmen der durchgeführten Recherche wurde ferner eine Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft München I aus dem Jahr 2000 bekannt, die sich auf eine Strafanzeige des Anzeigeerstatters vom 21. Mai 1999 bezog. Ausweislich dieser Einstellungsverfügung richtete sich das Verfahren jedoch nicht gegen die in der Schriftlichen Anfrage genannte Person, sondern gegen eine dritte Person. Die Strafanzeige selbst konnte nicht mehr festgestellt werden. Die Akte wurde bereits im Jahr 2009 aufgrund der geltenden Aufbewahrungsfristen vernichtet. Ob es sich bei dieser Anzeige um die Strafanzeige handelt, auf die die Schriftliche Anfrage abzielt, lässt sich daher nicht mehr feststellen. Insgesamt können vor dem geschilderten Hintergrund etwaige auf die bezeichneten Strafanzeigen hin eingeleitete Ermittlungs- bzw. Vorermittlungsverfahren nicht mehr nachvollzogen werden. 2. Wurde die Steuerfahndung eingeschaltet? Diesbezüglich wird auf die Antwort unter Frage 1. Bezug genommen . 3. Was war das Ergebnis der jeweiligen Ermittlungen? Diesbezüglich wird auf die Antwort unter Frage 1 Bezug genommen . 4. Wurde das Justizministerium und/oder die Generalstaatsanwaltschaft im Berichtswege von den Strafanzeigen und Ermittlungsergebnissen informiert und was hat das Justizministerium und/oder die Generalstaatsanwaltschaft genau veranlasst? Im Staatsministerium der Justiz konnten keine entsprechenden Vorgänge festgestellt werden. Im Übrigen wird auf die Antwort unter Frage 1 Bezug genommen. 5. Wurde die Führung der CSU über die Strafanzeigen oder die Ermittlungen informiert und wurde sie wann und in welcher Form zu den Strafanzeigen befragt? Diesbezüglich wird auf die Antwort unter Frage 1 Bezug genommen . 6. Haben die Bayerische Justiz oder Finanzverwaltung seitens der Staatsanwaltschaft Bochum, der Steuerfahndung Düsseldorf oder von anderer Seite einschlägige Hinweise auf den CSU-Amtsträger erhalten , ggf. welchen Inhalts? Die Steuerfahndungsstelle Düsseldorf hat mit Schreiben vom 9. Juni 2010 der Steuerfahndung München beim Finanzamt München Unterlagen übersandt, die sich unter anderem mit dem Vorwurf befassen, dass die in der Schriftlichen Anfrage genannte Person über unversteuerte Vermögenswerte in Liechtenstein verfügen soll, die aber tatsächlich der Christlich Sozialen Union in Bayern e.V. (im Folgenden CSU) wirtschaftlich zuzurechnen seien. Die Unterlagen waren der Steuerfahndung Düsseldorf im Rahmen eines gegen Dritte geführten Steuerstrafverfahrens von dem Anzeigeerstatter zur Verfügung gestellt worden, auf den auch die in der Schriftlichen Anfrage genannten fünf Strafanzeigen zurückgehen sollen. 7. Wurden Vorermittlungsverfahren nach Bayern abgegeben ? Diesbezüglich wird auf die Antwort unter Frage 6 Bezug genommen . 8. Was war das Ergebnis dieser ggf. durchgeführten Vorermittlungen? Die unter Frage 6 genannten Vorwürfe wurden anhand der übergebenen Unterlagen durch die Steuerfahndung München im Rahmen eines Vorermittlungsverfahrens überprüft. Mit Verfügung vom 13. August 2010 stellte die Steuerfahndungsstelle beim Finanzamt München die Vorermittlungen ein, da sich nach der Bewertung der Steuerfahndungsstelle aufgrund der übergebenen Unterlagen keine konkreten Anhaltspunkte für den Verdacht einer Steuerstraftat durch die in der Schriftlichen Anfrage genannte Person ergeben hatten . Insbesondere lagen nach Beurteilung der Steuerfahndungsstelle keine konkreten Nachweise zu ausländischen Geldtransaktionen vor, die auf ausländisches Vermögen der CSU hindeuten würden.