Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian von Brunn SPD vom 22.09.2014 Morde nach fortgesetzter häuslicher Gewalt und Stalking Seit Januar 2011 erfasst das Bundeskriminalamt in der Kriminalstatistik erstmalig auch die „Opfer-TatverdächtigenBeziehung “. Schon für das erste Jahr der Erhebung ergab sich: von den 313 Frauen, die 2011 in Deutschland getötet wurden, wurden 154, fast die Hälfte, vom eigenen aktuellen oder ehemaligen Lebenspartner ermordet. In den letzten Jahren kam es auch in Bayern zu Morden an Frauen durch aktuelle oder ehemalige Partner, bei denen es eine aktenkundige Vorgeschichte häuslicher Gewalt gab. Die Warnsignale existierten – trotzdem konnten diese Straftaten nicht verhindert werden. Das weist auf gravierende Defizite in diesem Bereich hin. Ich frage daher die Staatsregierung: 1. a) Wie viele vollendete Mord- bzw. Totschlagsdelikte an Frauen erfolgten in Bayern in den letzten fünf Jahren nach vorhergehenden Anzeigen durch die späteren Opfer im Rahmen häuslicher Gewalt oder anderweitigem Bekanntwerden von möglicher häuslicher Gewalt (zum Beispiel Körperverletzung, Nachstellung bzw. Verstößen gegen das Gewaltschutzgesetz)? b) Wie viele der Opfer der unter 1 a fallenden Strataten in den letzten fünf Jahren hatten zum Tatzeitpunkt minderjährige Kinder? c) In wie vielen dieser Fälle lagen auch Anzeigen wegen Misshandlung Schutzbefohlener vor? 2. a) Wie war bei den unter 1 a fallenden Straftaten der letzten 12 Monate der jeweilige aktenkundige Verlauf häuslicher Gewalt bis zur Tat? b) In wie vielen der unter 1 a fallenden Straftaten der letzten 12 Monate wurden Kontakt- oder Annäherungsverbote durch die Polizei oder durch Gerichte nach dem Gewaltschutzgesetz ausgesprochen? c) Wie oft wurden die späteren Täter der unter 1 a fallenden Straftaten der letzten 12 Monate in polizeilichen Gewahrsam oder in Untersuchungshaft genommen? 3. a) Gab es auch im Fall der im März 2013 spurlos ver- schwundenen Daniela K., einer zweifachen Mutter aus München-Pasing, Anzeigen gegen den Vater ihrer beiden Kinder wegen Körperverletzung, Nachstellung, Verstößen gegen das Gewaltschutzgesetz oder der Misshandlung Schutzbefohlener? b) Wenn ja, was wurde in diesem Fall konkret zum Schutz der Frau oder ggf. der Kinder unternommen? 4. a) Gab es auch im Fall der am 25. Oktober 2013 ermordeten Ehefrau und Mutter drei erwachsener Kinder aus Oberschleißheim Anzeigen gegen den Ehemann wegen Körperverletzung oder Verstößen gegen das Gewaltschutzgesetz? b) Wenn ja, was wurde in diesem Fall konkret zum Schutz der Frau unternommen? 5. a) Gab es im Fall der am 29. Oktober 2013 ermordeten dreifachen Mutter aus Augsburg, die von ihrem Ehemann Leonid F. totgefahren wurde, Anzeigen gegen den Täter wegen Körperverletzung, Verstößen gegen das Gewaltschutzgesetz oder der Misshandlung Schutzbefohlener? b) Wenn ja, was wurde in diesem Fall konkret zum Schutz der Frau oder ggf. der Kinder unternommen? 6. a) Zu welchen konkreten Empfehlungen und Schlussfolgerungen (mit Auflistung der Analyse und Vorschläge) ist die zuständige Arbeitsgruppe der Polizei gekommen , die nach Aussage des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr damit beauftragt wurde, „weiteren Optimierungsbedarf des polizeilichen bzw. staatlichen Umgangs mit Stalking-Fällen zu prüfen“, nachdem die Staatsregierung resp. das Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr in der Antwort auf eine Schriftliche Anfrage Drs. 17/367 zum Mord an der zweifachen Mutter Sampre B. in München-Giesing am 14. Oktober 2013 Handlungsbedarf eingeräumt hat? b) Wie wurden diese Empfehlungen bis heute konkret umgesetzt (mit Auflistung der Maßnahmen)? c) Welche Initiativen hat das Bayerische Justizministerium bzw. die Bayerische Staatsregierung seit Oktober 2013 in der Justizministerkonferenz oder dem Bundesrat zur Anpassung des Stalking-Paragraphen und zum besseren Schutz vor allem von Frauen vor häuslicher Gewalt ergriffen (bitte Auflistung der Initiativen mit Datum und Inhalt)? 7. a) Wie begründet die Staatsregierung, dass das „Münch- ner Unterstützungsmodell für Opferberatung“ (MUM) nicht aus Landesmitteln finanziert wird? b) Welchen Stellenwert misst die Staatsregierung der Arbeit von MUM zu? c) Gibt es Projekte mit ähnlicher Ausrichtung wie MUM in Bayern, die von der Bayerischen Staatsregierung finanziell unterstützt werden? 8. a) Welche konkreten Initiativen plant die Staatsregierung zum besseren, präventiven Schutz vor eskalierender häuslicher Gewalt bis hin zu Totschlag oder Mord (mit Auflistung)? b) Bis wann werden die unter 8 a genannten Maßnahmen und Initiativen umgesetzt bzw. tatsächlich ergriffen? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 30.01.2015 17/4665 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/4665 Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 28.11.2014 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Bayer . Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration sowie dem Bayer. Staatsministerium der Justiz wie folgt beantwortet: Einleitend darf ich anmerken, dass zur Beantwortung der Fragen 1 a–c, 2 a–c zunächst die Zahlen aus der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) für die Jahre 2009 bis 2013 für vollendete Mord- bzw. Totschlagsdelikte an Frauen in Verbindung mit der für (Ex-)Partnergewalt relevanten Tatverdächtigen -/Opferbeziehungen herangezogen wurden. Diese vom Bayer. Landeskriminalamt übermittelten PKS-Fälle wurden in umfangreichen Einzelfallauswertungen durch die Verbände dahingehend geprüft, in welchen Fällen vorhergehende Anzeigen durch die späteren Opfer im Rahmen häuslicher Gewalt oder anderweitigem Bekanntwerden von möglicher häuslicher Gewalt erstattet wurden, wie viele der Opfer minderjährige Kinder hatten und in wie vielen Fällen Anzeigen wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen vorlagen . 1. a) Wie viele vollendete Mord- bzw. Totschlagsdelikte an Frauen erfolgten in Bayern in den letzten fünf Jahren nach vorhergehenden Anzeigen durch die späteren Opfer im Rahmen häuslicher Gewalt oder anderweitigem Bekanntwerden von möglicher häuslicher Gewalt (zum Beispiel Körperverletzung, Nachstellung bzw. Verstößen gegen das Gewaltschutzgesetz )? Nach der Einzelfallauswertung für die Jahre 2009 bis 2013 erfolgten für diesen Zeitraum 17 vollendete Mord- bzw. Totschlagsdelikte an Frauen nach vorhergehenden Anzeigen von häuslicher Gewalt. b) Wie viele der Opfer der unter 1 a fallenden Strataten in den letzten fünf Jahren hatten zum Tatzeitpunkt minderjährige Kinder? In den 17 unter 1 a genannten Fällen hatten 10 Opfer minderjährige Kinder. c) In wie vielen dieser Fälle lagen auch Anzeigen wegen Misshandlung Schutzbefohlener vor? In 2 der genannten Fälle lagen Anzeigen wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen vor. 2. a) Wie war bei den unter 1 a fallenden Straftaten der letzten 12 Monate der jeweilige aktenkundige Verlauf häuslicher Gewalt bis zur Tat? Nachdem die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) lediglich die Zahlen bis einschließlich des Jahres 2013 aufweist, wurden zur Beantwortung der Frage die PKS-Zahlen für das Jahr 2013 zugrunde gelegt. Demzufolge liegt kein Fall der unter 1 a fallenden Straftaten für das Jahr 2013 vor. Hierzu ist anzumerken, dass gemäß den „Richtlinien für die Führung der Polizeilichen Kriminalstatistik“ die statistische Erfassung eines Falles nach Abschluss der polizeilichen Ermittlungen durch die für die Endsachbearbeitung zuständige Dienststelle bei Abgabe des Vorganges an die Strafverfolgungsbehörde oder an das Gericht erfolgt. Bei den unter Fragestellung 4 a und 5 a geschilderten Fällen war die Tatzeit im Jahr 2013, die statistische Erfassung erfolgte nach Abschluss der polizeilichen Ermittlungen im Jahr 2014. Deswegen sind diese beiden Fälle nicht in der PKS für das Jahr 2013 enthalten, sondern werden für das Jahr 2014 erfasst. b) In wie vielen der unter 1 a fallenden Straftaten der letzten 12 Monate wurden Kontakt- oder Annäherungsverbote durch die Polizei oder durch Gerichte nach dem Gewaltschutzgesetz ausgesprochen? Entfällt. c) Wie oft wurden die späteren Täter der unter 1 a fallenden Straftaten der letzten 12 Monate in polizeilichen Gewahrsam oder in Untersuchungshaft genommen? Entfällt. 3. a) Gab es auch im Fall der im März 2013 spurlos verschwundenen Daniela K., einer zweifachen Mutter aus München-Pasing, Anzeigen gegen den Vater ihrer beiden Kinder wegen Körperverletzung, Nachstellung, Verstößen gegen das Gewaltschutzgesetz oder der Misshandlung Schutzbefohlener? Zum Fall Daniela K. liegen keine polizeilichen Erkenntnisse im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt vor. b) Wenn ja, was wurde in diesem Fall konkret zum Schutz der Frau oder ggf. der Kinder unternommen ? Entfällt. 4. a) Gab es auch im Fall der am 25. Oktober 2013 ermordeten Ehefrau und Mutter drei erwachsener Kinder aus Oberschleißheim Anzeigen gegen den Ehemann wegen Körperverletzung oder Verstößen gegen das Gewaltschutzgesetz? Vor dem Tötungsdelikt am 25. Oktober 2013 wurde beim Polizeipräsidium München durch das K 22 ein Fall von Häuslicher Gewalt bearbeitet. In diesem Zusammenhang verständigte die Geschädigte am 18. August 2013 die Einsatzzentrale des Polizeipräsidiums München. Den eintreffenden Beamten schilderte die Geschädigte, dass sie am Vortag von ihrem Ehemann unter der Drohung, sie umzubringen , genötigt wurde, vom gemeinsamen Konto der Eheleute am Bankautomaten 120 Euro abzuheben und an den Ehemann zu übergeben. Dieser benötigte das Geld zum Spielen. Darüber hinaus schilderte sie, dass sie mit ihrem Ehemann am 18. August 2013 in der gemeinsamen Wohnung erneut wegen Geldangelegenheiten in Streit geriet. In dessen Verlauf wurde die Geschädigte vom Ehemann geschlagen , gewürgt und beleidigt. Daraufhin floh die Frau aus der ehelichen Wohnung zu ihrer Tochter, die in der Nähe der ehelichen Wohnung lebt. Von dort verständigte sie dann die Polizei. Eine ärztliche Versorgung durch einen Rettungsdienst wurde von der Geschädigten abgelehnt, sie äußerte jedoch, dass sie selbst zum Hausarzt gehen würde. Äußerliche Verletzungen konnten die Beamten vor Ort nicht erkennen. Die Geschädigte wurde schriftlich als Zeugin zum Sachverhalt vernommen. Hierbei gab sie an, dass ihr Ehemann spielsüchtig sei. Sie stellte Strafantrag gegen den Ehemann Drucksache 17/4665 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 und entband ihren Arzt von der Schweigepflicht. Der Geschädigten wurde Informationsmaterial für Opfer häuslicher Gewalt ausgehändigt. b) Wenn ja, was wurde in diesem Fall konkret zum Schutz der Frau unternommen? Dem ebenfalls anwesenden Ehemann wurde am 18. August 2013 ein Platzverweis und ein Kontaktverbot zu seiner Frau bis zum 28. August 2013 ausgesprochen und gegen Unterschrift ausgehändigt. Er wurde als Beschuldigter belehrt, wollte sich zum Sachverhalt jedoch nicht äußern. Darüber hinaus wurde Rücksprache mit dem Betreuer des Beschuldigten, der aufgrund einer psychischen Erkrankung unter Betreuung steht, gehalten. Der Betreuer wollte sich am darauffolgenden Tag (Montag) mit dem Beschuldigten in Verbindung setzen. Im Anschluss an die polizeilichen Maßnahmen verließ der Beschuldigte die gemeinsame eheliche Wohnung. Am 19. August 2013 informierte das K 105 des PP München die Rechtsantragstelle des Amtsgerichts München per Kurzbericht über den Vorfall. Noch am selben Tag nahm das K 105 telefonisch Kontakt zu der Geschädigten auf. Diese gab an, dass sie momentan keine Zeit für ein Gespräch habe. Am 20. August 2013 wurde die Geschädigte durch das K 105 ein weiteres Mal telefonisch kontaktiert. Sie gab an, dass sie am 21. August 2013 einen Termin mit ihrer Rechtsanwältin vereinbart habe und mit dieser Näheres zur Trennung von ihrem Ehemann besprechen würde. Die Geschädigte wurde bei dem Telefonat auf die Erstberatungsscheine , die beim Weißen Ring für eine kostenlose rechtsanwaltliche Erstberatung erhältlich sind, hingewiesen und ihr wurden die entsprechenden Kontaktdaten übermittelt . Am 27. August 2013 teilte die Geschädigte dem K 105 zunächst mit, dass sie kein Interesse mehr an einer Strafverfolgung habe und nun doch mit ihrem Ehemann zusammenbleiben wolle. Am 2. September 2013 meldete sich die Geschädigte telefonisch bei der Sachbearbeiterin des K 22 und teilte mit, dass sie den Strafantrag gegen ihren Ehemann zurückziehen möchte. Das Ermittlungsverfahren wurde am 13. September 2013 an die Staatsanwaltschaft München I abgegeben. Bei einem mit der Staatsanwältin geführten Telefonat teilte die Geschädigte mit, dass sie keine Angaben mehr mache. Das Ermittlungsverfahren wurde daraufhin mit Verfügung vom 30. September 2013 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, da kein Tatnachweis zu führen war. 5. a) Gab es im Fall der am 29. Oktober 2013 ermordeten dreifachen Mutter aus Augsburg, die von ihrem Ehemann Leonid F. totgefahren wurde, Anzeigen gegen den Täter wegen Körperverletzung, Verstößen gegen das Gewaltschutzgesetz oder der Misshandlung Schutzbefohlener? b) Wenn ja, was wurde in diesem Fall konkret zum Schutz der Frau oder ggf. der Kinder unternommen ? Die Fragen 5 a und 5 b werden zusammen beantwortet. Am 6. Oktober 2013 teilte das spätere Opfer über Notruf bei der Polizei mit, dass sie von ihrem stark alkoholisierten Ehemann gewürgt worden sei. Er habe versucht, sie zu schlagen. Als Grund für die Auseinandersetzung gab das Opfer an, dass ihr Ehemann nicht akzeptierte, dass sie sich von ihm trennen wollte. Darüber hinaus gab das Opfer gegenüber der eintreffenden Streife an, dass sie von ihrem Mann mit dem Kopf gegen die Glasfassung der Küchentüre geschlagen wurde, sodass diese zersplitterte. Seit längerer Zeit kam es wiederholt zu körperlichen Übergriffen durch ihren Ehemann, insbesondere wenn dieser alkoholisiert war. Nähere Angaben zu den körperlichen Übergriffen wollte das Opfer jedoch nicht machen. Nachdem der Täter erheblich alkoholisiert und nicht kooperativ war, bestand Grund zur Annahme, dass er sich nicht an das ausgesprochene Kontaktverbot halten würde. Er wurde deshalb am 6. Oktober 2014 um 09.20 Uhr in Gewahrsam genommen und um 16.25 Uhr wieder entlassen. Gleichzeitig wurde ihm ein Kontaktverbot bis 16. Oktober 2013 erteilt, welches ihm auch schriftlich ausgehändigt wurde . Am 7. Oktober 2013 nahm die Sachbearbeiterin Häusliche Gewalt der PI Augsburg telefonisch Kontakt zum Opfer auf. Dabei erklärte das Opfer, dass sie ihren Mann wieder bei sich aufgenommen habe, weil er ihr leidgetan hatte. Er habe versprochen, keinen Alkohol mehr zu trinken und ihren Wunsch nach Trennung zu akzeptieren. Deswegen wollte das Opfer auch keinen Strafantrag mehr stellen. Sie wurde für 10. Oktober 2013 zur Vernehmung vorgeladen. Bei der Vernehmung wurde sie über die Möglichkeiten des Gewaltschutzgesetzes sowie einer Opferberatung bei einer Fachberatungsstelle aufgeklärt. Das Opfer gab an, dass sich ihr Mann nicht an sein Versprechen gehalten habe, nicht mehr zu trinken und sich eine eigene Wohnung zu suchen. Daraufhin wurde dem Täter ein erneutes Kontaktverbot bis 18. Oktober 2013 ausgestellt. Am 26. Oktober 2013 verständigte das Opfer die Polizei, weil sie befürchtete, dass ihr Ehemann wieder gewalttätig werden könnte, nachdem er erheblich Alkohol konsumiert hatte, seine Frau wiederholt beschimpft hatte und ihr ein Verhältnis mit anderen Männern unterstellte. Zu gewalttätigen Übergriffen ist es nicht gekommen. Der Täter wurde erheblich alkoholisiert in Gewahrsam genommen. Es wurde ein weiteres Kontaktverbot bis 8. November 2013 ausgesprochen und in schriftlicher Form ausgehändigt. Am 28. Oktober 2013 teilte das Opfer einen Verstoß ihres Ehemannes gegen das bestehende Kontaktverbot mit. Er hatte die Wohnung betreten und Kleidungsstücke seiner Ehefrau eingepackt und mitgenommen. Zu Gewalttätigkeiten des Ehemanns kam es dabei nicht. Beim Eintreffen der Streife hatte sich der Ehemann jedoch bereits wieder entfernt . Das Opfer wurde daraufhin am 29. Oktober 2013, nachdem sie sich um 08.06 Uhr telefonisch an die Polizeiinspektion Augsburg wandte, durch Polizeikräfte begleitet, als sie sich die tags zuvor vom Täter entwendeten Kleidungsstücke zurückholen wollte. Die Gegenstände befanden sich im Fahrzeug des Täters, das auf einem nahegelegenen Parkplatz abgestellt war und in dem der Täter nächtigte. Das Opfer holte ihre Sachen aus dem Auto, lehnte den von den Beamten gemachten Vorschlag, sie nach Hause zu fahren jedoch ab und ging zu Fuß nach Hause. Der Täter wurde bei diesem Einsatz von den Beamten aufgeweckt. Der Einsatz verlief reibungslos. Am 29. Oktober 2013 gegen 10.30 Uhr wurde die Frau, die mit ihrem Fahrrad unterwegs war, vom Ehemann mit dem Auto angefahren. Sie verstarb noch am Tatort. Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/4665 Die Anzeigen wegen gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil des Opfers am 6. Oktober 2013 sowie die Anzeige wegen Beleidigung am 26. Oktober 2013 wurden aufgenommen und waren zum Zeitpunkt des Tötungsdeliktes noch in Bearbeitung der Sachbearbeiterin für Häusliche Gewalt. 6. a) Zu welchen konkreten Empfehlungen und Schlussfolgerungen (mit Auflistung der Analyse und Vorschläge ) ist die zuständige Arbeitsgruppe der Polizei gekommen, die nach Aussage des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr damit beauftragt wurde, „weiteren Optimierungsbedarf des polizeilichen bzw. staatlichen Umgangs mit Stalking-Fällen zu prüfen“, nachdem die Staatsregierung resp. das Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr in der Antwort auf eine Schriftliche Anfrage Drs. 17/367 zum Mord an der zweifachen Mutter Sampre B. in München-Giesing am 14. Oktober 2013 Handlungsbedarf eingeräumt hat? Die Arbeitsgruppe der Bayerischen Polizei wurde beauftragt , in Anlehnung an die AG Stalking und unter Einbeziehung des Forschungsprojekts „Gewalteskalation in Paarbeziehungen “ sowie der Evaluationsstudie „Evaluation der Maßnahmen zur Verhinderung von Gewalteskalationen in Paarbeziehungen bis hin zu Tötungsdelikten und vergleichbaren Bedrohungsdelikten“ des Instituts für Polizei und Sicherheitsforschung (IpoS) der Hochschule für Öffentliche Verwaltung, Freie Hauptstadt Bremen, die „Rahmenvorgabe zur polizeilichen Bekämpfung der häuslichen Gewalt und damit in Zusammenhang stehender Stalking-Fälle“ fortzuschreiben . Grundsätzliches Ziel ist eine weitere Professionalisierung im Umgang mit Fällen häuslicher Gewalt unter Berücksichtigung aktueller Erkenntnisse aus der Forschung bzw. aus Best-practice-Ansätzen. Darüber hinaus sollen insbesondere die Aspekte der Gefahrenprognose /Gefährderansprache weiter optimiert und bei geeigneten Fällen im Rahmen von Fallbesprechungen (ggf. unter Einbindung externer Institutionen, wie z. B. Jugendamt ) erörtert werden. Auch sind u. a. weitere Maßnahmen im Bereich Intensivierung der Opfernachsorge, Opferschutzmaßnahmen und die damit im Zusammenhang stehenden Fortbildungsmaßnahmen der Polizeibeamten geplant. Ziel dieser Maßnahmen ist die frühzeitige Erkennung und Vermeidung möglicher Gefahren für die Geschädigten sowie die Erstellung einer möglichst genauen Gefährdungsanalyse und der damit verbundenen Lageeinschätzung im jeweiligen Einzelfall. Ein abschließendes Ergebnis der Arbeitsgruppe ist bis Ende des Jahres 2014 zu erwarten. Die unmittelbare Umsetzung der überarbeiteten Rahmenvorgabe ist für das 1. Quartal 2015 vorgesehen. In der Gemeinsamen Dienstbesprechung des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr mit den Damen und Herren Polizeipräsidenten und Vertretern der Justiz am 13. November 2013 wurden die Themenbereiche Häusliche Gewalt/Stalking erörtert und eine weitere Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen der Polizei und den Justizbehörden vereinbart. Beispielsweise wird gewährleistet, dass die Rechtsantragstellen bei Anträgen nach dem GewSchG sich eng mit den polizeilichen Sachbearbeitern abstimmen und auf die polizeilichen Berichte Häusliche Gewalt zurückgreifen können. Ferner wurden die Themenbereiche in der Dienstbesprechung des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr mit den Leitern E3 Verbrechensbekämpfung der Polizeipräsidien am 26./27. November 2013 erörtert. Es wurde vereinbart, insbesondere die polizeilichen Optimierungspotenziale im Bereich des Ermittlungsverfahrens durch Einführung eines polizeilichen Vernehmungsspiegels „Stalking/ Cyberstalking“ umzusetzen. Darüber hinaus erfolgte seitens der Polizeiabteilung eine entsprechende Sensibilisierung im Rahmen der landesweiten Dienststellenleitertagung am 4. April 2014. b) Wie wurden diese Empfehlungen bis heute konkret umgesetzt (mit Auflistung der Maßnahmen)? Ungeachtet der für das 1. Quartal 2015 avisierten Umsetzung der Empfehlungen der Arbeitsgruppe zur Änderung der „Rahmenvorgabe zur polizeilichen Bekämpfung der häuslichen Gewalt und damit in Zusammenhang stehender Stalking-Fälle“ wurden bereits Einzelmaßnahmen veranlasst . So wurden z. B. durch das Polizeipräsidium München ab März 2014 interne Qualitätssicherungsmaßnahmen im Zusammenhang mit Fällen der häuslichen Gewalt durchgeführt . Unter Einbindung des zuständigen Fachkommissariats wurde die Zusammenarbeit von Schutz- und Kriminalpolizei im konkreten Sachverhalt sowie im Hinblick auf ablauforganisatorische Gesichtspunkte optimiert. Diesbezügliche Aspekte wurden in Führungsgesprächen, Dienstgruppenleiterseminaren und Seminaren für Einweisungsbeamte umgesetzt. Parallel hierzu wird seitens des Fortbildungsinstituts der Bayerischen Polizei (BPFI Ainring) in einschlägigen Seminaren eine Checkliste zur Gefährdungsbewertung an die Seminarteilnehmer ausgegeben sowie über das Intranetportal allen Polizeibeamtinnen und -beamten zur Verfügung gestellt. c) Welche Initiativen hat das Bayerische Justizministerium bzw. die Bayerische Staatsregierung seit Oktober 2013 in der Justizministerkonferenz oder dem Bundesrat zur Anpassung des Stalking-Paragraphen und zum besseren Schutz vor allem von Frauen vor häuslicher Gewalt ergriffen (bitte Auflistung der Initiativen mit Datum und Inhalt)? Zur Verbesserung der Bekämpfung von Stalking mit strafrechtlichen Mitteln hat die Staatsregierung am 6. Mai 2014 beschlossen, den von Herrn Staatsminister Prof. Dr. Bausback mit Schreiben vom 4. April 2014 vorgelegten „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuchs – Verbesserung des Schutzes gegen Nachstellungen“ als Gesetzesantrag des Freistaats Bayern im Bundesrat einzubringen. Der Gesetzesantrag (BR-Drs. 193/14), dem das Land Hessen beigetreten ist, wurde am 23. Mai 2014 im Bundesrat vorgestellt und anschließend den zuständigen Ausschüssen zur Beratung zugewiesen. Dort wurden die Beratungen im Mai/Juni 2014 jeweils mit Stimmenmehrheit vertagt. Der Gesetzesantrag sieht die Umwandlung des Tatbestandes der Nachstellung gemäß § 238 StGB von einem Erfolgsdelikt in ein Eignungsdelikt (= potenzielles Gefährdungsdelikt ) vor. Entscheidend soll nicht länger sein, ob die Tat eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung des Opfers verursacht hat, sondern ob sie geeignet ist, eine solche Beeinträchtigung herbeizuführen. An die Stelle einer ex-post-Betrachtung soll eine ex-ante zu stellen- Drucksache 17/4665 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 5 de Prognose treten. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die ausführliche Begründung des Gesetzesantrags Bezug genommen. 7. a) Wie begründet die Staatsregierung, dass das „Münchner Unterstützungsmodell für Opferberatung “ (MUM) nicht aus Landesmitteln finanziert wird? Die Bereitstellung von Hilfsangeboten für von häuslicher Gewalt betroffene Frauen ist als Teil der Daseinsvorsorge primär eine kommunale Aufgabe. Der Staat unterstützt die Kommunen bei der Erfüllung dieser Aufgabe durch Beteiligung an den Personalkosten der Frauenhäuser bzw. Personal - und Sachkosten der Notrufe. Die für die Förderung von Maßnahmen zum Abbau von Gewalt gegen Frauen zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel werden vollumfänglich für die richtlinienmäßige Förderung der Frauenhäuser und Notrufe benötigt. b) Welchen Stellenwert misst die Staatsregierung der Arbeit von MUM zu? Das nach dem pro-aktiven Beratungsansatz arbeitende MUM-Projekt wird vom Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration (StMAS) fachlich begrüßt. Im Gegensatz zu den meisten bestehenden Beratungsangeboten, die ein Aktivwerden des Opfers voraussetzen (sog. „Komm-Struktur“), ist der pro-aktive Beratungsansatz ein zugehendes psychosoziales Beratungsangebot (sog. „Geh-Struktur“). Damit werden auch diejenigen gewaltbetroffenen Frauen erreicht, die aus den unterschiedlichsten Gründen nicht auf die bestehenden Beratungsangebote zurückgreifen, und zudem wird eine verbesserte Nutzung der Möglichkeiten des Gewaltschutzgesetzes eröffnet. Aus diesem Grund hat das StMAS die wissenschaftliche Begleitung der Arbeit von MUM durch das Staatsinstitut für Familienforschung an der Universität Bamberg (ifb) finanziell unterstützt. c) Gibt es Projekte mit ähnlicher Ausrichtung wie MUM in Bayern, die von der Bayerischen Staatsregierung finanziell unterstützt werden? Der pro-aktive Beratungsansatz wird derzeit in Bayern von einigen Frauenhäusern, Notrufen und eigenständigen Interventionsstellen mit kommunaler Unterstützung oder aus sonstigen Drittmitteln praktiziert. Eine staatliche Förderung dieser zugehenden Beratung erfolgt bislang nicht. Vorbehaltlich der Zustimmung des Landtags als Haushaltsgesetzgeber plant die Staatsregierung jedoch ab dem Jahr 2015 Beratungsstellen, die nach dem pro-aktiven Ansatz arbeiten, im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel staatlich zu fördern. 8. a) Welche konkreten Initiativen plant die Staatsregierung zum besseren, präventiven Schutz vor eskalierender häuslicher Gewalt bis hin zu Totschlag oder Mord (mit Auflistung)? b) Bis wann werden die unter 8 a genannten Maßnahmen und Initiativen umgesetzt bzw. tatsächlich ergriffen ? Es darf auf die Antworten zu 6 a, 6 b und 6 c verwiesen werden .