Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian Streibl FREIE WÄHLER vom 28.10.2014 Schwerpunktstaatsanwaltschaften Der Staatsminister der Justiz hat angekündigt, ab Oktober 2014 drei Schwerpunktstaatsanwaltschaften (München I, Nürnberg-Fürth, Hof) einzurichten, die künftig für die strafrechtliche Verfolgung von Korruptions- und Vermögensdelikten Angehöriger akademischer Heilberufe im Zusammenhang mit ihrer Berufsausübung sowie Korruptionsdelikte anderer Personen zuständig sind. Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung: 1. a) Falls die Ankündigung umgesetzt wurde, wie viele Staatsanwälte sind in den einzelnen drei Schwerpunktstaatsanwaltschaften für diesen Bereich jeweils zuständig? b) Welche Anforderungen müssen die Staatsanwälte dieser Schwerpunktstaatsanwaltschaften erfüllen (z. B. mehrjährige Berufserfahrung als Staatsanwalt, spezielle medizinrechtliche Kenntnisse usw.) und wurden oder werden sie speziell geschult? c) Wie erfolgt die Zusammenarbeit mit Beihilfestellen, privaten Krankenversicherungen, der gesetzlichen Krankenversicherung , Ärzte- und Apothekerkammern etc.? 2. Welche konkreten Maßnahmen wurden parallel in Bezug auf die Polizei ergriffen, um sicherzustellen, dass die Schwerpunktstaatsanwaltschaften von genügend speziell geschulten Ermittlungsbeamten unterstützt werden? Antwort des Staatsministeriums der Justiz vom 02.12.2014 Die Schriftliche Anfrage wird hinsichtlich der Frage 2 im Einvernehmen mit dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr wie folgt beantwortet: 1. a) Falls die Ankündigung umgesetzt wurde, wie viele Staatsanwälte sind in den einzelnen drei Schwerpunktstaatsanwaltschaften für diesen Bereich jeweils zuständig? Zur effektiven strafrechtlichen Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen sind in Bayern seit 1. Oktober 2014 die Staatsanwaltschaften München I, Nürnberg-Fürth und Hof als Schwerpunktstaatsanwaltschaften für die Bearbeitung von Korruptions- und Vermögensdelikten von Angehörigen der akademischen Heilberufe im Zusammenhang mit ihrer Berufsausübung zuständig. Zur Anzahl der bei den Schwerpunktstaatsanwaltschaften in diesem Deliktsbereich jeweils tätigen Staatsanwältinnen und Staatsanwälte kann Folgendes mitgeteilt werden: Bei der Staatsanwaltschaft München I sind eine Staatsanwältin ausschließlich und ein Staatsanwalt als Gruppenleiter zu einem erheblichen Anteil seiner Arbeitszeit mit der Verfolgung von Korruptions- und Vermögensdelikten von Angehörigen der Heil- und Pflegeberufe betraut. Der Staatsanwalt als Gruppenleiter wurde außerdem als Ansprechpartner für die Arbeitsgruppe der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen und als Ansprechpartner für Anzeigen wegen Vermögensstraftaten (Betrug und Untreue) zum Nachteil von gesetzlichen oder privaten Kranken- oder Pflegeversicherungen bestimmt. Im Übrigen soll der Personaleinsatz nach Auskunft des Generalstaatsanwalts in München flexibel am Bedarf ausgerichtet werden. Es wurde bereits ein weiteres Referat für die oben genannten Abrechnungsbetrugs - und Korruptionsstraftaten geschaffen, das kurzfristig besetzt werden soll, sobald in beträchtlichem Ausmaß Verfahren anderer Staatsanwaltschaften eingehen oder sonst die Zahl und/oder der Umfang der zu bearbeitenden Fälle die Besetzung erfordert. Bei der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth wurden die entsprechenden Aufgaben im Rahmen der Geschäftsverteilung der Hauptabteilung für die Verfolgung von Wirtschaftsstraftaten zugewiesen. Zuständig hierfür ist der Abteilungsleiter einer Wirtschaftsabteilung, der bereits vor Übertragung dieser Aufgabe als Ansprechpartner für die Verfolgung von Straftaten aus dem Bereich des Gesundheitswesens bei der Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg tätig war und über langjährige Erfahrung bei der Bearbeitung komplexer Wirtschaftsstrafverfahren verfügt. Bei Bedarf sollen weitere Sachbearbeiter aus den Wirtschaftsabteilungen in die Bearbeitung von Verfahren aus dem Komplex Fehlverhalten im Gesundheitswesen eingebunden werden. Bei der Staatsanwaltschaft Hof sind ein Oberstaatsanwalt und drei Staatsanwältinnen und Staatsanwälte mit der Verfolgung von Korruptions- und Vermögensdelikten Angehöriger akademischer Heilberufe im Zusammenhang mit ihrer Berufsausübung sowie dazu im Zusammenhang stehender Korruptionsdelikte anderer Personen betraut. Die Zuständigkeiten dieser Mitarbeiter sind nach Landgerichtsbezirken aufgeteilt, sodass insbesondere für die jeweiligen örtlichen Krankenkassen wie auch für die örtlich zuständigen Kriminalpolizeiinspektionen immer der gleiche staatsanwaltliche Ansprechpartner zur Verfügung steht. b) Welche Anforderungen müssen die Staatsanwälte dieser Schwerpunktstaatsanwaltschaften erfüllen (z. B. mehrjährige Berufserfahrung als Staatsan- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 30.01.2015 17/4692 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/4692 walt, spezielle medizinrechtliche Kenntnisse usw.) und wurden oder werden sie speziell geschult? Zur effektiven Verfolgung der häufig äußerst komplexen Straftaten im Gesundheitswesen ist regelmäßig spezifisches Fachwissen und Erfahrung in speziellen Materien wie dem Sozialrecht oder dem kassenärztlichen Abrechnungssystem erforderlich. Die bei der Staatsanwaltschaft München I eingesetzten Sachbearbeiter verfügen daher über mehrjährige staatsanwaltliche Berufserfahrung, der Staatsanwalt als Gruppenleiter ferner über eine mehrjährige Erfahrung als Richter unter anderem in einer Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht, in der er als Berichterstatter auch Großverfahren wegen ärztlichen Abrechnungsbetruges bearbeitet hat. Die Sachbearbeiter nehmen auch an dem jährlich von der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns veranstalteten Symposium zu Fragen des ärztlichen Abrechnungsbetrugs teil, das zuletzt am 25. November 2014 stattgefunden hat. Darüber hinaus fungierte die zuständige Abteilungsleiterin mehrere Jahre als Ansprechpartnerin für ärztlichen Abrechnungsbetrug bei der Generalstaatsanwaltschaft München und betreute dort dienstaufsichtlich die betreffenden Verfahren aus dem gesamten Oberlandesgerichtsbezirk München. Neben ihrer Vortragstätigkeit zu der Thematik „Betrug und Korruption im Gesundheitswesen“ an der deutschen Richterakademie nahm sie darüber hinaus als Referentin an dem Fachforum „Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen “ zur Vorbereitung eines Gesetzentwurfes des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz teil. Der bei der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth für die Verfolgung von Straftaten aus dem Bereich des Gesundheitswesens zuständige Abteilungsleiter verfügt als ehemaliger Ansprechpartner für die Verfolgung von Straftaten aus dem Bereich des Gesundheitswesens bei der Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg ebenfalls über das erforderliche Fachwissen und zeichnet sich darüber hinaus durch langjährige Erfahrung in der Bearbeitung komplexer Wirtschaftsstrafverfahren aus. Auch die zuständigen Dezernenten bei der Staatsanwaltschaft Hof verfügen über besondere Kenntnisse des Wirtschaftslebens und sind mit den entsprechenden Anforderungen der Verfolgung von Korruptionsdelikten vertraut. Um den Sachbearbeitern die Problematik kassenärztlicher Abrechnungen nahezubringen, wurden bereits Arbeitstagungen mit der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) abgehalten. Darüber hinaus ist beabsichtigt, die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte im Rahmen von Hospitationen bei der KVB und bei entsprechenden Krankenkassen fortzubilden . Zur Thematik der Korruption im Gesundheitswesen werden an der Deutschen Richterakademie spezielle Fortbildungen angeboten, die auch Staatsanwältinnen und Staatsanwälten aus Bayern zur Verfügung stehen. So wird in der Tagungsstätte Trier vom 13. bis 17. Juli 2015 die Tagung „Vermögensstraftaten und Korruption im Gesundheitswesen“ stattfinden, die sich speziell an Strafrichterinnen und Strafrichter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte wendet, die sich mit der Verfolgung von Straftaten im Gesundheitswesen befassen, namentlich mit Abrechnungsbetrug, Untreue, Korruption und Steuerhinterziehung . Die Thematik wird ferner ein Gegenstand der durch Bayern vom 2. bis 6. März 2015 ebenfalls an der Tagungsstätte Trier veranstalteten Tagung „Erscheinungsformen der Korruption und ihre Bekämpfung“ sein. Dort ist ein gesonderter Beitrag zu „Erscheinungsformen und Strafbarkeit von Korruption im Gesundheitswesen“ vorgesehen. c) Wie erfolgt die Zusammenarbeit mit Beihilfestellen , privaten Krankenversicherungen, der gesetzlichen Krankenversicherung, Ärzte- und Apothekerkammern etc.? Die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns und einzelne Krankenkassen sind häufig Anzeigeerstatter in Verfahren wegen ärztlichen Abrechnungsbetruges und Adressaten staatsanwaltschaftlicher Auskunftsersuchen im Rahmen der Ermittlungen. Insoweit verläuft die Zusammenarbeit insgesamt konstruktiv. Daneben wird eine fallbezogene Zusammenarbeit mit Kostenträgern im Gesundheitswesen und sonstigen wichtigen Stellen bzw. eine enge Zusammenarbeit auf aktueller Informationsbasis angestrebt. Nach Mitteilung des Generalstaatsanwalts in München kontaktieren beispielsweise die Sachbearbeiter der Staatsanwaltschaft München I für Detailfragen der sozialversicherungsrechtlichen Zulässigkeit der Abrechnung bestimmter Leistungen bzw. der Anwendung der Gebührenordnung für Ärzte, aber auch hinsichtlich medizinischer Vorfragen häufig die Landesärztekammer und die Landeszahnärztekammer. Über das jährliche Treffen mit Vertretern der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns hinaus ist seitens der Staatsanwaltschaft München I ferner geplant, den Austausch mit der Fehlverhaltensstelle der AOK Bayern durch einen persönlichen Besuch der Sachbearbeiter und der Abteilungsleiterin weiter zu intensivieren. 2. Welche konkreten Maßnahmen wurden parallel in Bezug auf die Polizei ergriffen, um sicherzustellen , dass die Schwerpunktstaatsanwaltschaften von genügend speziell geschulten Ermittlungsbeamten unterstützt werden? Dem Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr wurde mit Schreiben vom 25. Juli 2014 die Konzeption zur Einrichtung bayerischer Schwerpunktstaatsanwaltschaften zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen zur Kenntnisnahme und mit der Bitte um Mitteilung etwaiger Änderungsvorschläge übersandt. Die kriminalpolizeiliche Zuständigkeit für den entsprechenden Deliktsbereich liegt neben dem Bayerischen Landeskriminalamt bei den Kommissariaten 3 (Vermögens- und Wirtschaftskriminalität) der Kriminalpolizeiinspektionen der Flächenpolizeipräsidien bzw. dem Kriminalfachdezernat 7 des Polizeipräsidiums München und dem Kriminalfachdezernat 4/Nürnberg des Polizeipräsidiums Mittelfranken als Ballungsraumdienststellen. Nach Zuleitung der Konzeption zur Einrichtung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften wurde diese zur Kenntnisnahme den einzelnen Polizeipräsidien übermittelt. Aufgrund der bisherigen kurzen Laufzeit der Umsetzungsphase der Konzeption liegen hinsichtlich der tatsächlichen Auswirkungen auf die Kommissariate der Kriminalpolizeiinspektionen und insbesondere der Kriminaldienststellen in München, Nürnberg und Hof mit unmittelbarem Zuständigkeitsbereich am Sitz der Schwerpunktstaatsanwaltschaften noch keine bewertbaren Erkenntnisse vor. Hinsichtlich etwaiger Anpassungen struktureller oder organisatorischer Art ist die vorgesehene Evaluation abzuwarten.