Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Paul Wengert SPD vom 22.10.2014 Salafisten in Bayern Im Januar 2014 ist der Salafist und Konvertit David G. aus Kempten beim Kampf in der ISIS-Miliz in Syrien gestorben . Im Oktober wurde der Salafist Erhan A., ebenfalls aus Kempten, in Abschiebehaft genommen und abgeschoben, nachdem er überregional seine Ansichten und Kampfabsichten geäußert hatte. Ich frage daher die Staatsregierung: 1. a) Gibt es außer in Kempten in weiteren bayerischen Städten radikale Salafisten-Gruppen? b) Wenn ja, wie groß sind diese Gruppierungen? 2. Was unternimmt die Staatsregierung, um die Ausreise von gewaltbereiten Salafisten zu unterbinden? 3. Was unternimmt die Staatsregierung, um das weitere Anwerben von ISIS-Kämpfern zu unterbinden? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 02.12.2014 Vorbemerkung: Der Salafismus ist die derzeit am schnellsten wachsende islamistische Strömung in Deutschland. Bundesweit gehen die Verfassungsschutzbehörden derzeit von 6.300 Salafisten aus. BfV-Präsident Maaßen rechnet, dass sich die Zahl bis zum Jahresende auf 7.000 erhöhen wird. Die Zahl der jihad-orientierten Ausreisen in Richtung Syrien, insbesondere aus dem salafistischen Spektrum, steigt ebenfalls seit 2012 deutlich an. Mit einem Ende dieser Reisewelle ist vorerst nicht zu rechnen. Zu 1. a): Nach aktuellem Sachstand liegt die Zahl der Salafisten in Bayern derzeit bei 570. Die Tätigkeitsschwerpunkte der bayerischen Salafismus-Szene erstrecken sich derzeit vor allem auf die Ballungsräume München und Nürnberg. Weitere Aktionsschwerpunkte befinden sich aktuell in Kempten und Weiden. In der Regel organisieren sich die Anhänger in Netzwerken; sie betreiben regelmäßig Infostände, bei denen überwiegend salafistische Publikationen verteilt werden. Zu 1. b): Die Anhänger organisieren sich in der Regel in Netzwerken (siehe Antwort zu Frage 1 a). Die personelle Stärke dieser Netzwerke variiert und lässt sich nicht im Einzelnen beziffern . Zu 2.: Bayern verfügt mit dem 2009 erarbeiteten und 2013 aufgrund der Entwicklungen in Syrien aktualisierten „Gemeinsamen Handlungskonzept des Bayerischen Landeskriminalamts , des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz und des Operativen Staatsschutzes der Bayerischen Polizei im Zusammenhang mit Reisebewegungen von Islamisten in terroristische Ausbildungslager oder zur Teilnahme am bewaffneten Jihad“ über ein bewährtes Maßnahmenpaket für jihadistisch-salafistisch motivierte Ausreiseabsichten in Krisengebiete. Schwerpunkt ist dabei ein möglichst frühzeitiger , umfassender und kontinuierlicher Informationsaustausch aller Sicherheitsbehörden. Ziel ist dabei grundsätzlich die Verhinderung der Ausreise. Bei jihadistischen Salafisten ausländischer Staatsangehörigkeit werden durch die Arbeitsgruppe BIRGiT (Beschleunigte Identifizierung und Rückführung von Gefährdern aus dem Bereich des islamistischen Extremismus/Terrorismus) im Einzelfall aufenthaltsbeendende Maßnahmen geprüft. Kann der Aufenthalt nicht beendet werden, dann werden auch bei diesen Personen Ausreiseverbote geprüft und erlassen . Hinsichtlich der Personen, die nach Deutschland zurückkehren , ist es das gemeinsame Ziel der Sicherheitsbehörden , Strafverfahren zu eröffnen. Dabei geht es um Straftaten wie das Anwerben für einen fremden Wehrdienst, die Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung oder die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. Zur Informationsgewinnung und –verdichtung , Beweissicherung und Beweiserhebung nutzen die Sicherheitsbehörden die durch den Gesetzgeber eröffneten Maßnahmen, soweit sie hierzu geeignet, erforderlich und angemessen sind. Zudem finden ständige Fortschreibungen der einschlägigen Konzepte sowie bundesweite Abstimmungen statt. Zu 3.: Die bayerischen Sicherheitsbehörden, insbesondere Polizei und Verfassungsschutz, haben die Salafisten-Szene im Blick. Die Beobachtung verfassungsschutzrelevanter Betätigungen erfolgt mit allen gesetzlich zulässigen und möglichen Mitteln. Auch die Bundesbehörden sowie die zuständigen Behörden anderer Länder werden bei konkreten Fällen im jeweils erforderlichen Umfang beteiligt. Neben einer Reihe von Exekutivmaßnahmen, wie Vereinsverboten und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, müssen zukünftig verstärkt auch präventive Maßnahmen Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 13.02.2015 17/4710 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/4710 genützt werden, um bereits in einem frühen Stadium einer weiteren Radikalisierung junger Menschen hin zum Salafismus zu begegnen. Dabei ist jedoch festzustellen, dass Radikalisierungsprozesse nicht immer gleich verlaufen. Die Analysen der Sicherheitsbehörden haben vielmehr ergeben, dass die Biografien und damit auch die Radikalisierungshintergründe und die Radikalisierungsverläufe der Syrien-Reisenden vielfältig sind. Hier wollen wir mit Prävention durch Information ansetzen. Das heißt, wir müssen vermehrt auch darüber informieren und aufklären, wo die geistigen Wurzeln für eine derartige Radikalisierung liegen. Daher hat das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr im Oktober 2014 die Broschüre „Salafismus – Prävention durch Information“ herausgegeben. Diese Broschüre zeigt die Unterschiede zwischen politischem und jihadistischem Salafismus auf. Sie informiert über Strukturen und Erscheinungsformen in Bayern. Zugleich geht die Broschüre auch auf den Radikalisierungsprozess junger Salafisten ein und informiert Eltern, Lehrer und weitere Multiplikatoren über Anzeichen einer beginnenden Radikalisierung. Sie gibt darüber hinaus Verhaltenstipps , falls sich ein Angehöriger zu radikalisieren droht, und benennt Ansprechpartner. Die Prävention im Bereich des Salafismus ist dabei eine gesamtstaatliche und gesamtgesellschaftliche Aufgabenstellung , die nur in der Breite durch unterschiedliche Präventionsträger erfolgreich sein kann. Dies schließt Bereiche der Bildungsarbeit ebenso mit ein wie Maßnahmen aus dem Bereich der Integrations- und Sozialpolitik sowie der Jugendarbeit oder des Strafvollzuges. Im Übrigen wird die Staatsregierung dem Landtag Anfang 2015 zur Problematik der Aus- und Wiedereinreise gewaltbereiter Islamisten sowie über präventive Ansätze zur Verhinderung der Radikalisierung vor allem junger Leute berichten (siehe Beschluss des Bayer. Landtags vom 15.10.2014 auf der Drs. 17/3459).