Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Hans Jürgen Fahn FREIE WÄHLER vom 23.10.2014 Modified Arrival Routes (MAR) – geplantes Anflugverfahren der Deutschen Flugsicherung (DFS) über bayerischen Untermain-Landkreisen Die Deutsche Flugsicherung hat vor Kurzem ihre Absicht öffentlich vorgestellt, die Anflüge am Frankfurter Flughafen mit einem modifizierten Anflugverfahren leiser zu machen. Dabei wurde auch der Landkreis Aschaffenburg als künftiger Nutznießer erwähnt. Nach Prüfung des Verfahrens durch externe Experten zeigt sich jedoch, dass die Landkreise Aschaffenburg und Miltenberg ebenso wie alle anderen überflogenen Gebiete östlich und westlich des Flughafens durch das geplante Verfahren MAR lediglich geringfügig entlastet werden, da der gesamte Eindrehbereich, der wegen der geringen Überflughöhe von lediglich 4.000–5.000 Fuß am stärksten belastet ist, von der Neukonzipierung ausgenommen ist. Die Forderung, das international erfolgreich angewandte CDA/CDO (Continuous Descend Approach/-Operation) Anflugverfahren in das geplante MAR (Modified Arrival Routes) Anflugverfahren zu integrieren, was eine Lärmreduktion von ca. 55 Prozent bewirken würde, beantwortet die DFS mit dem Hinweis, das CDA-Verfahren würde bereits, allerdings nur zu verkehrsarmen Zeiten, in bis zu 70 Prozent der Fälle angewandt. Das von der DFS als CDA bezeichnete Anflugverfahren entspricht jedoch keinesfalls der internationalen Definition lt. ICAO, nach der der Sinkflug bis zum Beginn des Instrumentenlandeverfahrens ILS in 4.000–5.000 Fuß nur von max. einem Segment in level flight (gleichbleibender Höhe) von max. 2,5 NM (4,6 km) unterbrochen werden darf. Die DFS hält dagegen die Flugzeuge in level flight bis zu einer Strecke von ca. 30 NM (55 km) und überzieht so den gesamten Eindrehbereich mit einem unnötig langen Lärmteppich. Ich frage deshalb die Staatsregierung: 1. Warum favorisiert die DFS nach wie vor ein Anflugver- fahren, das nach einem bereits sehr früh begonnenen Sinkflug auf die Endanflughöhe von 4.000–5.000 Fuß mit einem horizontalen Flug bis zum Eindrehpunkt von bis zu ca. 30 NM (55 km) einen unnötig langen, unverhältnismäßig großen Lärmteppich am Bayerischen Untermain verursacht? 2. Warum realisiert die DFS nicht endlich und umgehend das international praktizierte CDA-Anflugverfahren, das aus ca. 7.000–11.000 Fuß mit den Triebwerken praktisch im Leerlauf einen lärmarmen Sinkflug von ca. 3 Grad beginnt und nach nur einem Segment von max. 2,5 NM in gleichbleibender Höhe in den Endanflug des ILS (Instrumentenlandesystem ) übergeht? 3. Warum plant die DFS, um das Problem der erforderlichen Staffelung von 1.000 Fuß beim Parallelbetrieb im Eindrehbereich zu lösen, den Sinkflug des CDA-Verfahrens nicht alternativ so, dass die Endanflughöhe von 4.000– 5.000 Fuß erst am Eindrehpunkt auf das ILS erreicht wird. Hierbei würde das Segment von max. 2,5 NM in gleichbleibender Höhe (level flight) lediglich geringfügig verlängert, da dies eine maximale Lärmreduzierung auch für alle betroffenen bayerischen Landkreise ergeben würde ? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 04.12.2014 Die Schriftliche Anfrage wird auf der Grundlage der Ausführungen der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH beantwortet , die sich gegenüber dem Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr zu den einzelnen Fragen geäußert hat. 1. Warum favorisiert die DFS nach wie vor ein Anflugverfahren , das nach einem bereits sehr früh begonnenen Sinkflug auf die Endanflughöhe von 4.000–5.000 Fuß mit einem horizontalen Flug bis zum Eindrehpunkt von bis zu ca. 30 NM (55 km) einen unnötig langen, unverhältnismäßig großen Lärmteppich am Bayerischen Untermain verursacht? Die Arbeitsweisen der DFS basieren ausschließlich auf internationalen sowie nationalen Vorschriften sowie betrieblichen Erfordernissen für die Erbringung sicherer Flugverkehrsdienste , dies unter größtmöglicher Ausnutzung fluglärmreduzierender Strecken- und Höhenzuweisungen an die Luftfahrzeugführer. Beim parallel unabhängigen Anflugbetrieb auf zwei Landebahnen auf dem Flughafen Frankfurt müssen sich die Flugzeuge entsprechend einer Vorgabe der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO – International Civil Aviation Organization DOC 9643 -SOIR-, Kap. 2.2.1.5) bereits vor dem Eindrehvorgang in den Endanflug in einer festgelegten Flughöhe befinden. Im konkreten Fall müssen sich die Flugzeuge im Bereich des Bayerischen Untermains im Gegenanflug bereits in einer Höhe von 4.000 Fuß (Anflug auf die Süd- und Centerbahn) bzw. 5.000 Fuß (Anflug auf die Nordwestlandebahn) befinden, bevor sie auf den Endanflug eingedreht werden. Dieses Verfahren ermöglicht die Einhaltung der Staffelungskriterien, die einen Abstand zweier Flugzeuge zueinander von 1.000 Fuß in der Vertikalen, oder Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 30.01.2015 17/4727 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/4727 mind. drei Seemeilen in der Horizontalen vorschreiben. Letzteres kann während des zeitgleichen Eindrehvorganges aus dem Norden und Süden nicht erfüllt werden, sodass eine Höhenstafflung von 1.000 Fuß sichergestellt werden muss. Die Staffelungskriterien (Höhenstafflung) können erst dann aufgehoben werden – so schreibt es die ICAO weiter vor –, sobald sich beide Flugzeuge auf dem InstrumentenLandesystem (bestehend aus einem Gleitpfadsender und einem Landekurssender) befinden. Da der Gleitwegsender einen festen Sinkwinkel von 3° bzw. 3,2° aussendet und eine maximal zugelassene und zertifizierte Reichweite von ca. 15 Nautischen Meilen besitzt , lässt sich ein Eindrehen in größeren Höhen nicht umsetzen . Außerhalb dieser Entfernung sind die Abweichungen des Signals zu groß, sodass keine sichere Staffelung gewährleistet werden kann. 2. Warum realisiert die DFS nicht endlich und umgehend das international praktizierte CDA-Anflugverfahren, das aus ca. 7.000–11.000 Fuß mit den Triebwerken praktisch im Leerlauf einen lärmarmen Sinkflug von ca. 3 Grad beginnt und nach nur einem Segment von max. 2,5 NM in gleichbleibender Höhe in den Endanflug des ILS (Instrumentenlandesystem) übergeht? Am 13. Oktober 2013 wurde der kontinuierliche Sinkflug (CDO Continuous Descent Operations) am Flughafen Frankfurt/Main in den Regelbetrieb überführt. Da die Einführung neuer Verfahren wie CDO an Großflughäfen wie Frankfurt aufgrund der hohen Verkehrsdichte ein komplexer Vorgang ist, wurde das Verfahren bereits seit dem Jahr 2011 im Probebetrieb getestet. Das Verfahren endet an jenem Punkt, an dem das Flugzeug seine vorgegebene Höhe, die zur sicheren Staffelung und zum Eindrehen in den Endan- flug notwendig ist (siehe Antwort zu Frage 1), eingenommen hat. 3. Warum plant die DFS, um das Problem der erforderlichen Staffelung von 1.000 Fuß beim Parallelbetrieb im Eindrehbereich zu lösen, den Sinkflug des CDAVerfahrens nicht alternativ so, dass die Endanflughöhe von 4.000–5.000 Fuß erst am Eindrehpunkt auf das ILS erreicht wird. Hierbei würde das Segment von max. 2,5 NM in gleichbleibender Höhe (level flight) lediglich geringfügig verlängert, da dies eine maximale Lärmreduzierung auch für alle betroffenen bayerischen Landkreise ergeben würde? Die DFS setzt in der Tat alles daran, den kontinuierlichen Sinkflug, wann immer der Verkehr es zulässt, bis zum spätest möglichen Zeitpunkt auszudehnen bzw. zu verlängern. Insbesondere drei Faktoren ermöglichen ein nicht immer perfektes bzw. befriedigendes Ergebnis. Dies ist erstens die komplexe Zusammenführung unterschiedlicher Verkehrsströme aus unterschiedlichen Richtungen in unterschiedlichen Höhen, die nicht nur untereinander, sondern ebenfalls mit kreuzendem abfliegendem Verkehr gestaffelt werden müssen. Zweitens setzen aus unterschiedlichen Gründen nicht alle Luftfahrzeugführer immer die optimale Sinkrate in diesem Flugsegment um. Drittens kann nicht zu jedem Zeitpunkt exakt vorhergesagt werden, an welcher Stelle ein Flugzeug tatsächlich in den Endanflug eingedreht werden kann. In einzelnen Fällen ist dies zu einem frühen Zeitpunkt geplant (z. B. querab Aschaffenburg), während das Flugzeug aus sich dann ergebenden Staffelungsgründen dennoch weiter nach Osten fliegen muss, bevor es in den Endanflug eindrehen kann, obwohl es schon die Endanflughöhe von 4.000 Fuß erreicht hat.