Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Gabi Schmidt FREIE WÄHLER vom 14.11.2014 Wasserschutzgebiete in Bayern Ich frage die Staatsregierung: 1. Welcher Anteil an der Landesfläche Bayerns ist der- zeit als Wasserschutzgebiet ausgewiesen (bitte auch in Flächenangabe) und wie entwickelte sich der Anteil in den vergangenen zehn Jahren? 2. Sollen in den kommenden zehn Jahren weitere Flä- chen als Wasserschutzgebiet ausgewiesen werden, und falls ja, in welchem Ausmaß? 3. Hat die Staatsregierung ein definiertes Ziel, wie viel Prozent der Landesfläche als Wasserschutzgebiet ausgewiesen werden soll? a) Falls ja, welche Gründe sprechen für eine solch konkrete Zieldefinition? b) Welche anwohnerfreundlicheren Alternativen sieht die Staatsregierung, um den Schutz von Gewässern zu sichern? 4. Wie viele Verfahren laufen derzeit, die die Ausweisung eines Wasserschutzgebiets zum Ziel haben (bitte alle Standorte sowie jeweils das zuständige Wasserwirtschaftsamt )? a) Wie hoch ist die Anzahl an Petitionen, die sich in den vergangenen zehn Jahren mit Wasserschutzgebieten beschäftigt haben? b) Wo sind diese räumlich zu verorten? 5. Wie viele Prozesse wurden in den vergangenen zehn Jahren gegen Wasserschutzgebiete in Bayern geführt (aufgeteilt nach zuständigem Wasserwirtschaftsamt) und wie viele Prozesse wurden von den Klägern gewonnen ? 6. Was waren die Gründe für den Prozessgewinn der Kläger (bitte je Wasserwirtschaftsamt)? a) Wie viele Prozesse wurden wegen Verfahrensfehlern gewonnen? b) Wie viele Prozesse wurden wegen berechtigter Ein- wendungen gewonnen? 7. Wie viele Wasserschutzgebiete wurden in den vergan- genen zehn Jahren durch Klagen verhindert und wie viele Wasserschutzgebiete wurden in den vergangenen zehn Jahren durch Klagen verkleinert (bitte je zuständigem Wasserwirtschaftsamt)? 8. Wie viele geplante Wasserschutzgebietserweiterungen wurden in den vergangenen zehn Jahren durch Klagen gestoppt (bitte je zuständigem Wasserwirtschaftsamt )? a) Wie viele geplante Wasserschutzgebietserweiterungen wurden in den vergangenen zehn Jahren durch Klagen verringert (bitte jeweils um wie viel Prozent angeben )? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 11.12.2014 1. Welcher Anteil an der Landesfläche Bayerns ist derzeit als Wasserschutzgebiet ausgewiesen (bitte auch in Flächenangabe) und wie entwickelte sich der Anteil in den vergangenen zehn Jahren? Der Flächenanteil der Wasserschutzgebiete in Bayern stieg von 4,2 % (2.959 km2) im Jahre 2004 auf 4,7 % (3.321 km2) im Jahre 2014. 2. Sollen in den kommenden zehn Jahren weitere Flächen als Wasserschutzgebiet ausgewiesen werden , und falls ja, in welchem Ausmaß? Die Neuausweisung oder Erweiterung von Wasserschutzgebieten richtet sich nach der Erforderlichkeit (u. a. Anpassung an die allgemein anerkannten Regeln der Technik); bspw. bei neuen, für die öffentliche Wasserversorgung errichteten Trinkwasserbrunnen, bei Erhöhungen der Grundwasserentnahmemenge oder bei neuen Erkenntnissen zu den hydrogeologischen Verhältnissen. Die Anzahl der diesbezüglich in den kommenden zehn Jahren erforderlichen Flächenausweisungen lässt sich nicht vorhersagen. 3. Hat die Staatsregierung ein definiertes Ziel, wie viel Prozent der Landesfläche als Wasserschutzgebiet ausgewiesen werden soll? Trinkwasserschutz ist ein elementarer Bestandteil der Daseinsvorsorge . Es ist gesetzlicher Auftrag (§ 51 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG)), Gewässer im Interesse der öffentlichen Wasserversorgung durch Festsetzung von Wasserschutzgebieten vor nachteiligen Einwirkungen zu schützen, soweit es das Wohl der Allgemeinheit erfordert. Um einen zuverlässigen Schutz zu gewährleisten, sind die Wasserschutzgebiete fortgeschrittenen hydrogeologischen Erkenntnissen und den Anforderungen an die Trinkwasser- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 06.02.2015 17/4819 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/4819 qualität nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik anzupassen. Konkrete Zieldefinitionen hinsichtlich der Flächengröße sind daher weder möglich noch sinnvoll. Siehe auch Antwort zu Frage 2. a) Falls ja, welche Gründe sprechen für eine solch konkrete Zieldefinition? Entfällt. b) Welche anwohnerfreundlicheren Alternativen sieht die Staatsregierung, um den Schutz von Gewässern zu sichern? Die Wasserschutzgebiete in Bayern beschränken sich auf die empfindlichen Teile des Grundwassereinzugsgebiets. Ihr Anteil an der Landesfläche ist daher im Gegensatz zu anderen Ländern sehr gering. Um den erforderlichen Trinkwasserschutz dennoch sicherzustellen, gleichzeitig aber auch Belastungen für die betroffenen Grundstücksbesitzer so gering wie möglich zu halten, werden flankierende Maßnahmen ergriffen. So werden zusätzlich zur Festsetzung der besonders empfindlichen Einzugsgebietsflächen als Wasserschutzgebiet weitere, weniger empfindliche Bereiche lediglich als Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für die öffentliche Wasserversorgung in der Regionalplanung ausgewiesen , wo sie nur im Hinblick auf raumbedeutsame Planungen Wirkung entfalten. Ferner werden in vielen Fällen freiwillige Vereinbarungen zwischen Landwirten und Wasserversorgungsunternehmen geschlossen, um die Umsetzung einer trinkwasserschonenden Landbewirtschaftung bei angemessenem finanziellem Ausgleich für Ertragseinbußen und Mehraufwand zu begünstigen. Die ordnungsrechtliche Sicherung der empfindlichsten Teile des Grundwassereinzugsgebiets als Wasserschutzgebiet ist jedoch unerlässlich, um die erforderlichen Nutzungsbeschränkungen rechtsverbindlich umsetzen zu können. 4. Wie viele Verfahren laufen derzeit, die die Ausweisung eines Wasserschutzgebiets zum Ziel haben (bitte alle Standorte sowie jeweils das zuständige Wasserwirtschaftsamt)? Derzeit sind in Bayern 410 Verfahren zur Ausweisung von Wasserschutzgebieten anhängig. Hierbei wird allerdings nicht unterschieden, ob es sich um die erstmalige Neuausweisung von einem Wasserschutzgebiet oder um eine Schutzgebietsänderung bzw. Anpassung handelt. Detaillierte Informationen zum Verfahrensstand können – nach Regierungsbezirken aufgeteilt – der unten stehenden Tabelle entnommen werden. Regierung anhängigeVerfahren Stand der anhängigen Verfahren erledigte Verfahren Antragsunterlagen liegen bei der Kreisverwaltungsbehörde vollständig vor Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung ist abgeschlos- sen Erörterungstermin ist abgeschlossen zwischen 02.12.2013 und 01.12.2014 Oberbayern 116 40 32 10 11 Niederbayern 44 14 12 5 6 Schwaben 65 25 4 2 13 Oberpfalz 44 14 12 5 6 Oberfranken 48 12 17 12 6 Mittelfranken 34 7 8 6 9 Unterfranken 59 38 11 2 1 Summe 410 150 96 42 52 a) Wie hoch ist die Anzahl an Petitionen, die sich in den vergangenen zehn Jahren mit Wasserschutzgebieten beschäftigt haben? Hierüber wird vom Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz keine Statistik geführt. Eine Recherche kann in der zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht geleistet werden. b) Wo sind diese räumlich zu verorten? Siehe Antwort zu Frage 4 a. 5. Wie viele Prozesse wurden in den vergangenen zehn Jahren gegen Wasserschutzgebiete in Bayern geführt (aufgeteilt nach zuständigem Wasserwirtschaftsamt ) und wie viele Prozesse wurden von den Klägern gewonnen? In den letzten zehn Jahren wurden rd. 90 Normenkontrollverfahren gegen Wasserschutzgebietsverordnungen geführt . Vor dem Hintergrund, dass es oft mehrere Antragsteller gibt, die gegen dasselbe Wasserschutzgebiet vorgehen, dürfte die Zahl der gerichtlich angegriffenen Schutzgebietsverordnungen allerdings geringer sein. Es wird darauf hingewiesen, dass es sich hierbei um sog. Normenkontrollverfahren handelt, bei welchen die Wasserschutzgebietsverordnungen auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden. Weitere Gerichtsverfahren, bei denen Wasserschutzgebietsverordnungen im Zusammenhang mit einem anderen Streitgegenstand inzident überprüft worden sind, sind hiervon nicht erfasst. Nach Einschätzung der Landesanwaltschaft Bayern beträgt die Erfolgsquote für die Kläger max. 5 % (d. h. ca. 4–5 Verfahren). 6. Was waren die Gründe für den Prozessgewinn der Kläger (bitte je Wasserwirtschaftsamt)? Das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz führt hierüber keine Statistik. Unter Bezugnahme auf eine Schätzung der Landesanwaltschaft Bayern können für ca. die Hälfte der gewonnenen Prozesse Verfahrensfehler, ansonsten materielle Fehler angenommen werden. Weitere, detailliertere Auskünfte sind in der zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht möglich. a) Wie viele Prozesse wurden wegen Verfahrensfehlern gewonnen? Siehe Antwort zu Frage 6. Drucksache 17/4819 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 b) Wie viele Prozesse wurden wegen berechtigter Einwendungen gewonnen? Siehe Antwort zu Frage 6. 7. Wie viele Wasserschutzgebiete wurden in den vergangenen zehn Jahren durch Klagen verhindert und wie viele Wasserschutzgebiete wurden in den vergangenen zehn Jahren durch Klagen verkleinert (bitte je zuständigem Wasserwirtschaftsamt)? Wasserschutzgebiete werden, da sie für einen wirksamen Trinkwasserschutz grundsätzlich erforderlich sind, durch Klagen in den seltensten Fällen dauerhaft verhindert. In der Regel werden die Schutzgebietsverfahren durch die verfahrensführende Behörde wiederholt und formelle sowie materielle bzw. inhaltliche Fehler im Hinblick auf die Schutzgebietsverordnung behoben. Informationen, wie viele Wasserschutzgebiete aufgrund von gerichtlicher Überprüfung in ihrem Umgriff verkleinert wurden, liegen dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz nicht vor. Eine Recherche ist in der zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht leistbar. Im Übrigen siehe Antwort zu Frage 6. 8. Wie viele geplante Wasserschutzgebietserweiterungen wurden in den vergangenen zehn Jahren durch Klagen gestoppt (bitte je zuständigem Wasserwirtschaftsamt )? Wasserschutzgebietserweiterungen werden regelmäßig nur dann durchgeführt, wenn die bestehenden Wasserschutzgebiete in ihrem fachlichen Umfang nicht mehr den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen, sodass davon auszugehen ist, dass Wasserschutzgebietserweiterungen in den seltensten Fällen durch gerichtliche Klagen verhindert werden. Dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz liegen hierzu keine weiteren Daten vor. Eine Recherche ist in der zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht leistbar. Im Übrigen siehe Antwort zu Frage 7. a) Wie viele geplante Wasserschutzgebietserweiterungen wurden in den vergangenen zehn Jahren durch Klagen verringert (bitte jeweils um wie viel Prozent angeben)? Siehe Antworten zu den Fragen 7 und 8.