Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Herbert Woerlein SPD vom 27.10.2014 Zukunft der Bahnlinie Augsburg–Ulm Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Wie stellt sich die Auslastungssituation der Bahnstrecke Ulm–Augsburg momentan dar (Anzahl der verkehrenden Züge im Nah-, Fern- und Güterverkehr, Entwicklung der letzten zehn Jahre, Verspätungssituation )? b) Hält die Staatsregierung einen Streckenneubau Augsburg –Burgau, wie er auf Anregung der DB AG nun geprüft wird, zur Lösung der momentanen Probleme für zielführend? c) Wie ist zu erklären, dass der komplette Neubau einer Teilstrecke nun geprüft wird, während in den vergangenen Jahren die Notwendigkeit selbst kleiner Maßnahmen zur Verbesserung der Situation auf der Strecke (z. B. dritte Gleise) von der Staatsregierung infrage gestellt wurden? 2. a) Wird der Freistaat sein in früheren Jahren getätigtes Angebot der Vorfinanzierung von Planungen eines Ausbaus der bestehenden Strecke für den jetzt ins Gespräch gekommenen Neubau der Teilstrecke erneuern ? b) Wie hoch schätzt die Staatsregierung die Kosten eines Neubaus zwischen Augsburg und Burgau ein? c) Wie hoch wäre der Fahrzeitgewinn? 3. a) Wie ist der Kenntnisstand der Bayerischen Staats- regierung zum konkreten Stand der Pläne der Deutschen Bahn AG für einen Neubau der Bahnstrecke Augsburg–Burgau? b) Wie genau lässt sich der wahrscheinliche Streckenverlauf skizzieren? c) Wann würde nach Einschätzung der Staatsregierung die Neubaustrecke frühestens realisiert? 4. a) Für welche Abschnitte der Strecke Augsburg-Ulm ist der Bau „dritter Gleise“ für den Bundesverkehrswegeplan 2015 angemeldet? b) Wird der Bau dieser Gleisabschnitte auch durchgeführt , wenn die Bahn sich zum Bau der genannten Neubaustrecke Augsburg–Burgau entschließt? c) Kann nach Einschätzung der Staatsregierung möglicherweise die Diskussion um die Neubaustrecke den Bau dritter Gleise verzögern? 5. a) Welchen Zeitplan zur Aktivierung der Staudenbahn sieht die Staatsregierung derzeit vor? b) Wird der u. a. in der Presse genannte Termin für eine Reaktivierung der Staudenbahn im Jahr 2018 eingehalten ? c) Ist ein durchgehender Zugverkehr der Staudenbahn bis Augsburg auch möglich, wenn es keinen raschen Ausbau der dritten Gleise gibt, und wenn ja, in welcher Taktung? 6. a) Wird nach derzeitigem Wissensstand durch die Bahn geprüft, ob anstelle eines Neubaus der Bahnstrecke Augsburg–Burgau eine Fahrzeitverkürzung dadurch erreicht werden kann, dass stattdessen der Streckenabschnitt Dinkelscherben–Jettingen für höhere Fahrgeschwindigkeiten ertüchtigt („begradigt“) wird? b) Hat die Staatsregierung in der Vergangenheit bei der DB AG einen solchen Neubau zwischen Dinkelscherben und Jettingen angeregt bzw. wird sie es jetzt, als Alternative zum Neubau der kompletten Bahnstrecke, tun? c) Wie hoch wären nach Einschätzung der Staatsregierung Kosten und Fahrzeitgewinn bei einer Entschärfung der kurvenreichen Strecke zwischen Dinkelscherben und Jettingen? 7. a) Wie haben sich die Reisendenzahlen an den Bahn- höfen der Strecke Augsburg–Ulm seit Beginn des Fuggerexpress entwickelt? b) Wie hat sich die Verspätungssituation auf der Strecke Augsburg–Ulm in den Jahren seit dem Start des Fuggerexpress verändert? c) Welche Investitionen in Bahnhöfe entlang der Strecke sind in den kommenden Jahren geplant? 8. a) Wann wird die geplante Entlastung der Anwohner der Bahnstrecke Ulm–Augsburg im Landkreis Augsburg vom Schienenlärm (Lärmsanierung) realisiert? b) Welche konkreten Schritte sind geplant? c) In welchem Umfang (aufgeschlüsselt nach Gemeinde) werden Sanierungsmaßnahmen durchgeführt? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 16.12.2014 1. a) Wie stellt sich die Auslastungssituation der Bahnstrecke Ulm–Augsburg momentan dar (Anzahl der verkehrenden Züge im Nah-, Fern- und Güterverkehr , Entwicklung der letzten zehn Jahre, Verspätungssituation )? Auf Anfrage hat die Deutsche Bahn folgende Zugzahlen mitgeteilt . Für die Jahre vor 2010 liegen keine Zugzahlen vor, sodass hierzu keine Aussagen möglich sind. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 27.02.2015 17/4845 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/4845 Grundsätzlich bewegt sich die Auslastung der Gesamtstrecke damit nach Einschätzung der Staatsregierung nicht im kritischen Bereich. Lediglich im Zulauf auf Augsburg lässt sich die exakte Taktlage des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) aufgrund der Restriktionen der Infrastruktur nicht herstellen. Nach den Erkenntnissen einer gemeinsamen Arbeitsgruppe unter Beteiligung von Freistaat Bayern, der DB und der Region sind nach Inbetriebnahme der Neubaustrecke Wendlingen–Ulm durch steigende Zugzahlen Engpasserscheinungen zwischen Augsburg und Gessertshausen wahrscheinlich, weshalb die Staatsregierung den Bau eines dritten Gleises in diesem Abschnitt zum Bundesverkehrswegeplan (BVWP) angemeldet hat. Der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG) liegen lediglich die Pünktlichkeitswerte der bestellten Nahverkehrsleistungen vor. Die Daten des von der DB AG eigenwirtschaftlich betriebenen Fernverkehrs sowie von Güterverkehrsleistungen sind der Staatsregierung nicht bekannt. Die Strecke Augsburg–Ulm wird im Regionalverkehr als Teilstrecke im E-Netz Augsburg von DB Regio (Fuggerexpress ) bedient. Im Jahr 2014 hat der Fuggerexpress auf dem Abschnitt Augsburg–Ulm bisher eine durchschnittliche Pünktlichkeit von 92,1 % erreicht (Stand inklusive September 2014). Damit liegt die genannte Teilstrecke über dem aktuellen Durchschnittswert für das gesamte E-Netz Augsburg von 91,7 %. Im Hinblick auf die langfristige Entwicklung der Pünktlichkeit seit Inbetriebnahme des Fuggerexpress im Dezember 2008 wird auf Frage 7 b verwiesen. b) Hält die Staatsregierung einen Streckenneubau Augsburg–Burgau, wie er auf Anregung der DB AG nun geprüft wird, zur Lösung der momentanen Probleme für zielführend? Dieser Streckenneubau würde die oben genannten Restriktionen vermutlich auflösen. c) Wie ist zu erklären, dass der komplette Neubau einer Teilstrecke nun geprüft wird, während in den vergangenen Jahren die Notwendigkeit selbst kleiner Maßnahmen zur Verbesserung der Situation auf der Strecke (z. B. dritte Gleise) von der Staatsregierung infrage gestellt wurden? Die Neubaustrecke Augsburg–Burgau ist nicht von der Staatsregierung angemeldet worden. Anmeldungen für den BVWP im Bereich Schiene setzen keinen Nachweis über die Notwendigkeit voraus. Erkenntnisse über Nutzen und Kosten dieser Neubaustrecke werden frühestens für das zweite Halbjahr 2015 erwartet. Drucksache 17/4845 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 2. a) Wird der Freistaat sein in früheren Jahren getätigtes Angebot der Vorfinanzierung von Planungen eines Ausbaus der bestehenden Strecke für den jetzt ins Gespräch gekommenen Neubau der Teilstrecke erneuern? Nein. b) Wie hoch schätzt die Staatsregierung die Kosten eines Neubaus zwischen Augsburg und Burgau ein? Erkenntnisse darüber liegen der Staatsregierung nicht vor. Auch hierzu wird das Bewertungsverfahren des Bundes Erkenntnisse bringen. c) Wie hoch wäre der Fahrzeitgewinn? Aussagen darüber sind ohne detaillierte Annahmen über eingesetzte Fahrzeuge, Streckengeschwindigkeiten und weitere Parameter nicht möglich. 3. a) Wie ist der Kenntnisstand der Bayerischen Staatsregierung zum konkreten Stand der Pläne der Deutschen Bahn AG für einen Neubau der Bahnstrecke Augsburg–Burgau? Der Staatsregierung sind keinerlei diesbezügliche Planungsaktivitäten seitens der DB bekannt. b) Wie genau lässt sich der wahrscheinliche Streckenverlauf skizzieren? Der Staatsregierung sind keine Festlegungen zum Trassenverlauf bekannt. c) Wann würde nach Einschätzung der Staatsregierung die Neubaustrecke frühestens realisiert? Die zur Finanzierung des Bedarfsplans Schiene vom Bund zur Verfügung gestellten Mittel reichen für dessen zeitgerechte Realisierung bei Weitem nicht aus. Daher kann von einer zügigen Umsetzung nicht ausgegangen werden, selbst wenn die Strecke in den neuen BVWP aufgenommen würde. 4. a) Für welche Abschnitte der Strecke Augsburg–Ulm ist der Bau „dritter Gleise“ für den Bundesverkehrswegeplan 2015 angemeldet? Ein dreigleisiger Ausbau ist für die Abschnitte Augsburg – Gessertshausen und Neuoffingen – Neu-Ulm vom Freistaat angemeldet worden. Von anderen Anmeldern wurde den veröffentlichten Anmeldungslisten des Bundes zufolge zudem ein drittes Gleis zwischen Gessertshausen und Dinkelscherben vorgeschlagen. b) Wird der Bau dieser Gleisabschnitte auch durchgeführt , wenn die Bahn sich zum Bau der genannten Neubaustrecke Augsburg–Burgau entschließt? Aufgrund der Anforderungen an die Wirtschaftlichkeit der Vorhaben erscheint sehr unwahrscheinlich, dass die Aufnahme sowohl eines dreigleisigen Ausbaus und einer parallel verlaufenden Neubaustrecke in den neuen Bundesverkehrswegeplan erfolgt. c) Kann nach Einschätzung der Staatsregierung möglicherweise die Diskussion um die Neubaustrecke den Bau dritter Gleise verzögern? Dies ist nicht auszuschließen. 5. a) Welchen Zeitplan zur Aktivierung der Staudenbahn sieht die Staatsregierung derzeit vor? Die Reaktivierung der Staudenbahn im Schienenpersonennahverkehr setzt u. a. die Ertüchtigung der Infrastruktur voraus , für die der Freistaat nicht zuständig ist. Daher stellt die Staatsregierung keinen Zeitplan für diese Reaktivierung auf. b) Wird der u. a. in der Presse genannte Termin für eine Reaktivierung der Staudenbahn im Jahr 2018 eingehalten? Aus Sicht der Staatsregierung sind aufgrund des Projektstandes derzeit keine belastbaren Prognosen zur Reaktivierung der Staudenbahn möglich. c) Ist ein durchgehender Zugverkehr der Staudenbahn bis Augsburg auch möglich, wenn es keinen raschen Ausbau der dritten Gleise gibt, und wenn ja, in welcher Taktung? Dazu liegen noch keine belastbaren Erkenntnisse vor. Zumindest in der Hauptverkehrszeit scheinen Durchbindungen nach Augsburg aus derzeitiger Sicht möglich. 6. a) Wird nach derzeitigem Wissensstand durch die Bahn geprüft, ob anstelle eines Neubaus der Bahnstrecke Augsburg–Burgau eine Fahrzeitverkürzung dadurch erreicht werden kann, dass stattdessen der Streckenabschnitt Dinkelscherben –Jettingen für höhere Fahrgeschwindigkeiten ertüchtigt („begradigt“) wird? Der Staatsregierung liegen keinerlei Erkenntnisse über Planungsaktivitäten der DB in dieser Richtung vor. b) Hat die Staatsregierung in der Vergangenheit bei der DB AG einen solchen Neubau zwischen Dinkelscherben und Jettingen angeregt bzw. wird sie es jetzt, als Alternative zum Neubau der kompletten Bahnstrecke, tun? Im Jahr 2001 wurden von dem damaligen Verkehrsminister Dr. Otto Wiesheu Gespräche über denkbare Ausbauvarianten zwischen Augsburg und Ulm geführt. Seitens der DB wurde daraufhin eine Beschleunigung der Strecke durch Begradigungen unter anderem in diesem Abschnitt untersucht. c) Wie hoch wären nach Einschätzung der Staatsregierung Kosten und Fahrzeitgewinn bei einer Entschärfung der kurvenreichen Strecke zwischen Dinkelscherben und Jettingen? Für den Abschnitt Dinkelscherben–Jettingen wurden im Jahr 2001 seitens der DB Kosten von ca. 300 Mio. DM bei einer Fahrzeitersparnis von etwa zwei Minuten geschätzt. 7. a) Wie haben sich die Reisendenzahlen an den Bahnhöfen der Strecke Augsburg–Ulm seit Beginn des Fuggersexpress entwickelt? In folgender Tabelle ist die Entwicklung der Nachfrage an den Bahnhöfen der Strecke Augsburg–Ulm nach Angaben der DB Regio AG dargestellt. Bei der Nachfrageauswertung wurden ausschließlich die Regionalzüge der Kursbuchstrecke 980 berücksichtigt. Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/4845 Entwicklung der Ein- + Aussteiger 2009 bis 2013 in % Augsburg Hbf 40 Augsburg-Oberhausen 20 Neusäß 25 Westheim 0 Diedorf 10 Gessertshausen 0 Kutzenhausen 0 Dinkelscherben 10 Freihalden 0 Jettingen 15 Burgau 10 Mindelaltheim 30 Offingen 5 Günzburg 40 Leipheim 10 Nersingen 0 Neu-Ulm 120 Ulm 200 b) Wie hat sich die Verspätungssituation auf der Strecke Augsburg–Ulm in den Jahren seit dem Start des Fuggerexpress verändert? Das Wettbewerbsnetz E-Netz Augsburg (Fuggerexpress) mit der Teilstrecke Augsburg–Ulm wurde von DB Regio im Dezember 2008 in Betrieb genommen. Mit Ausnahme des Jahres 2010, in welchem die Gesamtpünktlichkeit u. a. durch einen massiven Wintereinbruch im Dezember beeinträchtigt wurde, liegen die Pünktlichkeitswerte auf dem Abschnitt Augsburg–Ulm seit Inbetriebnahme konstant über 90 %. Die Pünktlichkeit zwischen Augsburg und Ulm wird im Regionalverkehr dabei im Allgemeinen neben Auswirkungen des Fernverkehrs und eine insgesamt hohe Zugdichte auch durch Verspätungsübertragungen aus dem Abschnitt München – Augsburg beeinflusst. 2009 2010 2011 2012 2013 2014 93,4 % 88,3 % 93,7 % 92,7 % 91,2 % 92,1 % Tab.: Jährliche Pünktlichkeit des Fuggerexpress im Abschnitt Augsburg–Ulm c) Welche Investitionen in Bahnhöfe entlang der Strecke sind in den kommenden Jahren geplant? Derzeit werden nach Angaben der DB Station & Service AG Sanierungsarbeiten am Bahnhof Augsburg-Oberhausen (Bahnsteigoberflächen) durchgeführt. In Abhängigkeit eines kommunalen Projektes ist darüber hinaus geplant, die Verkehrsstation in Westheim vsl. 2019 zu ertüchtigen. Ansonsten sind in den nächsten Jahren keine Maßnahmen an den Bahnhöfen entlang der Strecke geplant. 8. a) Wann wird die geplante Entlastung der Anwohner der Bahnstrecke Ulm–Augsburg im Landkreis Augsburg vom Schienenlärm (Lärmsanierung) realisiert ? b) Welche konkreten Schritte sind geplant? c) In welchem Umfang (aufgeschlüsselt nach Ge- meinde) werden Sanierungsmaßnahmen durchgeführt ? Die Fragen 8 a bis c werden wegen ihres Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet. Für die Lärmsanierung an Bundesschienenwegen unterhält die Bundesregierung ein freiwilliges Lärmsanierungsprogramm. Die Finanzierung des Programmes obliegt dem Bund, die Realisierung der Lärmschutzmaßnahmen erfolgt durch die DB Projektbau GmbH. In dem vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur veröffentlichten Gesamtkonzept für die Lärmsanierung sind die vorgesehenen Sanierungsbereiche bundesweit aufgelistet und mit einer Prioritätszahl versehen. Die Lärmsanierung erfolgt grundsätzlich in Reihenfolge der Prioritätszahlen. Das Gesamtkonzept nennt im Landkreis Augsburg entlang der Bahnstrecke Augsburg–Ulm die Sanierungsbereiche Neusäß, Westheim, Vogelsang, Diedorf, Gessertshausen und Dinkelscherben. Nach Angaben der DB Projektbau GmbH gibt es für diese Sanierungsbereiche aber noch keine konkreten Planungen. Aussagen sind weder zum Zeitpunkt noch zur konkreten Ausgestaltung der Lärmschutzmaßnahmen möglich.