Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Christian Magerl BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 25.11.2014 Hochwasserschutz Erlau, Markt Obernzell, und Priorisierung Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie viele Häuser waren vom Hochwasser 2013 in Erlau , Markt Obernzell, betroffen und wie hoch war der Schaden? 2. Welche Hochwasserschutzmaßnahmen sind für Erlau geplant, wann sollen diese umgesetzt werden und welche Priorität haben diese? 3. a) Ist es zutreffend, dass der kleine Ort Erlau mit 550 Einwohnern unterteilt wird in verschiedene Schutzklassen und kein gleichwertiger technischer Hochwasserschutz für ganz Erlau vorgesehen ist, wenn ja, aufgrund welcher Kriterien wurden diese erstellt? b) Wie viele Anwesen befinden sich in den unterschiedlichen Klassen jeweils, und wer trägt jeweils die Kosten für die vorgesehenen Maßnahmen? 4. Welche Faktoren fließen und flossen bei der Priorisierung von Hochwasserschutzmaßnahmen an der Donau mit ein und insbesondere mit welcher durchschnittlichen Schadenssumme pro Anwesen wurde in Erlau gerechnet? 5. Wann wurden die Berechnungsgrundlagen der Priorisierung a) erstellt, b) letztmals überprüft und c) aktualisiert? 6. a) Wie viele Prioritätsstufen mit wie vielen Maßnahmen an der Donau gibt es? b) Welche Maßnahmen sind in den einzelnen Stufen vorgesehen ? c) Wie sieht der Realisierungszeitplan für die jeweiligen Maßnahmen aus? 7. a) Wie setzt sich die Finanzierung der Maßnahmen zusammen , wie hoch ist insbesondere der Anteil der Kommunen? b) Welcher Anteil mit welcher geschätzten Summe kommt für einen Hochwasserschutz in Erlau auf die Gemeinde zu? 8. Wie wird die finanzielle Leistungsfähigkeit der jeweiligen Kommune in den Finanzierungsanteil einbezogen , wie werden leistungsschwache Kommunen bei der Finanzierung unterstützt und warum werden die Kommunen beim Hochwasserschutz für Gewässer 1. Ordnung an den Kosten beteiligt? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 19.12.2014 1. Wie viele Häuser waren vom Hochwasser 2013 in Erlau, Markt Obernzell, betroffen und wie hoch war der Schaden? In Erlau waren beim Hochwasser 2013 nach Auskunft des Marktes Obernzell insgesamt 75 Anwesen betroffen. Da die Schadensabwicklung noch nicht abgeschlossen ist, liegen abschließende Zahlen zum Schaden noch nicht vor. 2. Welche Hochwasserschutzmaßnahmen sind für Erlau geplant, wann sollen diese umgesetzt werden und welche Priorität haben diese? In Erlau sind aktuell Hochwasserschutzmaßnahmen für das Gewerbegebiet Erlau und für das Gebiet Erlau West geplant . Für das Gewerbegebiet Erlau wurde der Planfeststellungsbeschluss am 28.11.2014 erlassen, der Baubeginn ist für Anfang 2015 vorgesehen. Für das Gebiet Erlau West liegt ein Antrag des Marktes Obernzell vom 17.10.2014 auf Planungsbeginn vor. Aktuell laufen die Vorbereitungen zur Vergabe der Planungsleistungen . Die Maßnahme hat die Prioritätsklasse 4. 3. a) Ist es zutreffend, dass der kleine Ort Erlau mit 550 Einwohnern unterteilt wird in verschiedene Schutzklassen und kein gleichwertiger technischer Hochwasserschutz für ganz Erlau vorgesehen ist, wenn ja, aufgrund welcher Kriterien wurden diese erstellt? Hochwasserschutzplanungen erfolgen grundsätzlich polderweise, das heißt in solchen Abschnitten, wo eine Hochwasserschutzmaßnahme für sich wirksam ist. Eine gemeinsame Betrachtung mehrerer Abschnitte ist nur dann vorgesehen, wenn gegenseitige Abhängigkeiten, wie z. B. höhere Wasserstände durch Maßnahmen auf der einen Seite eines Flusses, bestehen. In Erlau ist die Unterteilung in vier Abschnitte durch die Topografie (Einmündung des Zuflusses „Erlau“, Hochränder, räumliche Entfernung eines Einzelobjektes) vorgegeben. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 09.02.2015 17/4850 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/4850 b) Wie viele Anwesen befinden sich in den unterschiedlichen Klassen jeweils, und wer trägt jeweils die Kosten für die vorgesehenen Maßnahmen? Abschnitt „Gewerbegebiet Erlau“: 4 Anwesen und der Firmenstandort der Firma SUMIDA Abschnitt „Edlhof“: 1 Anwesen Abschnitt „Erlau West“: 55 Anwesen Abschnitt „Erlau Ost“: 15 Anwesen An der Donau, einem Gewässer 1. Ordnung, ist der Freistaat Bayern unter den Voraussetzungen des Art. 39 Abs. 1 Bayerisches Wassergesetz (BayWG) ausbauverpflichtet und trägt entsprechend Art. 42 BayWG die Kosten mit Beteiligung der Vorteilsziehenden bzw. der Gemeinden, die diese Kosten übernehmen können. Dies gilt auch für Erlau. 4. Welche Faktoren fließen und flossen bei der Priorisierung von Hochwasserschutzmaßnahmen an der Donau mit ein und insbesondere mit welcher durchschnittlichen Schadenssumme pro Anwesen wurde in Erlau gerechnet? Die Priorisierung von Hochwasserschutzmaßnahmen an Gewässern 1. Ordnung erfolgt bayernweit einheitlich nach der „Handlungsanleitung zur Prioritätenreihung von Maßnahmen an Gewässern 1. Ordnung“ vom 01.12.2006. Nach dieser Handlungsanleitung werden folgende Einzelfaktoren berücksichtigt: „Vorwarnzeit“, „Verklausungsgefahr“, „Deich“, „Überflutungshöhe“, „Risikofaktor“ und „Nutzungsfaktor “. Das Schadenspotenzial SP ergibt sich aus Anzahl der Häuser/Gebäude mit dem jeweiligen Nutzungsfaktor x 50.000 €. Unter Einbeziehung der übrigen genannten Faktoren wird daraus das gewichtete Schadenspotenzial gSP ermittelt. Für die in Erlau untersuchten Bereiche beträgt der Wert gSP im Mittel rund 81.000 € pro Anwesen. 5. Wann wurden die Berechnungsgrundlagen der Priorisierung a) erstellt, b) letztmals überprüft und c) aktualisiert? Die Basisstudien für Erlau Ost und Edlhof wurden im Jahr 2014, die Basisstudie für Erlau West im Jahr 2008 erstellt. 6. a) Wie viele Prioritätsstufen mit wie vielen Maßnahmen an der Donau gibt es? Die in der Antwort zu Punkt 4 genannte Handlungsanleitung ist bayernweit gültig und sieht insgesamt 5 Prioritätsklassen vor. Der Ausbaubedarf an Gewässern 1. und 2. Ordnung, staatlichen Wasserspeichern sowie Wildbächen für die heute bekannten, noch erforderlichen Schutzmaßnahmen umfasst bayernweit rund 1.400 Vorhaben. b) Welche Maßnahmen sind in den einzelnen Stufen vorgesehen? Die in der Antwort zu Punkt 4 genannte bayernweit gültige Handlungsanleitung priorisiert nur Maßnahmen des technischen Hochwasserschutzes. c) Wie sieht der Realisierungszeitplan für die jeweiligen Maßnahmen aus? Es ist vorgesehen, in der Laufzeit des Bayerischen Hochwasserschutzaktionsprogramms 2020plus zusätzlich zu den bereits laufenden Projekten möglichst die prioritären Projekte der Klasse 1 und 2 der 5-stelligen bayerischen Prioritätsskala umzusetzen. 7. a) Wie setzt sich die Finanzierung der Maßnahmen zusammen, wie hoch ist insbesondere der Anteil der Kommunen? An den Gewässern 1. Ordnung ist der Freistaat Bayern unter den Voraussetzungen des Art. 39 Abs. 1 Bayerisches Wassergesetz (BayWG) ausbauverpflichtet und trägt entsprechend Art. 42 BayWG die Kosten mit Beteiligung der Vorteilsziehenden bzw. der Gemeinden, die diese Kosten übernehmen können. Der Regelsatz für Beteiligtenleistung bei Hochwasserschutzmaßnahmen an Gewässern 1. Ordnung ist 50 %. b) Welcher Anteil mit welcher geschätzten Summe kommt für einen Hochwasserschutz in Erlau auf die Gemeinde zu? Konkret stehen in Erlau die Abschnitte „Gewerbegebiet Erlau “ mit Kosten von rund 5,5 Mio. € und „Erlau West“ mit Kosten von rund 4 Mio. € an. Der Kostenanteil der Gemeinde beträgt 50 %. Der Barbeitrag, d. h. die Summe, die die Gemeinde tatsächlich zum Zeitpunkt der Verwirklichung aufwenden muss, kann durch Beiträge Dritter und die Anrechnung von unbaren Beteiligtenleistungen (z. B. Übernahme von Unterhalts- und Wartungsarbeiten, etc.) deutlich geringer ausfallen. Eine konkrete Summe kann vom Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) derzeit nicht genannt werden, da noch nicht bekannt ist, in welchem Umfang die Gemeinde von den genannten Möglichkeiten Gebrauch machen wird. 8. Wie wird die finanzielle Leistungsfähigkeit der jeweiligen Kommune in den Finanzierungsanteil einbezogen , wie werden leistungsschwache Kommunen bei der Finanzierung unterstützt und warum werden die Kommunen beim Hochwasserschutz für Gewässer 1. Ordnung an den Kosten beteiligt? Grundlage der Beteiligtenleistung ist Art. 42 Abs. 2 BayWG: „Sind die Unternehmer zum Ausbau verpflichtet, so können sie von denen, die von dem Ausbau Vorteile haben, je nach ihrem Vorteil (Nutzenmehrung, Schadensabwehr) Beiträge und Vorschüsse verlangen. Die örtlich zuständigen Gemeinden können diese Beiträge und Vorschüsse übernehmen. Der den Gemeinden erwachsende Aufwand kann auf die nach Satz 1 verpflichteten Personen umgelegt werden.“ Insbesondere besteht eine Ausbauverpflichtung u. a. nur dann, wenn die Finanzierung auch durch gemeindliche Vorschüsse gesichert ist (Art. 39 BayWG). Die Höhe des Vorteilsausgleichs ist unabhängig von der finanziellen Leistungsfähigkeit der Kommune.