Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katharina Schulze BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 30.10.2014 Zuammenarbeit von Hooligans und Neonazis in Bayern Am 26. Oktober 2014 veranstalteten Neonazis und rechtsextreme Hooligans unter dem Namen „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa) in Köln eine gewalttätige Demonstration , an der mehr als 4.500 Personen teilnahmen. Die HoGeSa begannen als Internet-Phänomen in sozialen Netzwerken. Dann folgten Demonstrationen in Mannheim, Essen und Dortmund. Die Demonstrationen der HoGeSa stehen stets unter dem Motto „In den Farben getrennt, in der Sache vereint“. Dieses Motto erinnert sehr stark an den Leitspruch der sog. „GnuHonnters“ („Kameraden im Geiste. Viele Farben, dennoch eine Einheit“), einen Zusammenschluss von Hooligangruppen aus ganz Deutschland, der erstmals Anfang 2012 in Erscheinung getreten ist und seitdem an verschiedenen Orten regelmäßige Treffen abhält. Laut einem Spiegel-Online-Artikel vom 13. November 2013 sind bei den „GnuHonnters“ auch „rechtsextreme Kader (...) aus München“ aktiv (http://www.spiegel.de/sport/fussball/ rechtsextreme-im-fussball-hooligans-und-nazis-vernetzensich -a-933194.html). Medienberichten zufolge befanden sich auch unter den „Demonstranten“ in Köln Teilnehmer aus München und Nürnberg (http://www.deutschlandfunk.de/ koelner-krawalle-hooligans-planen-naechste-demo.1766. de.html?dram:article_id=301493).Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung: 1.1 Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über die Beteiligung von rechtsextremen Hooligangruppen bzw. von sonstigen rechtsextremen Gruppierungen aus Bayern an der gewalttätigen HoGeSa-Demonstration am 26.10.14 in Köln? 1.2 Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über die Mobilisierung von rechtsextremen Hooligangruppen bzw. von sonstigen rechtsextremen Gruppierungen aus Bayern für die gewalttätige HoGeSa-Demonstration am 26.10.14 in Köln? 1.3 Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung grundsätzlich über die Beteiligung von rechtsextremen Hooligangruppen bzw. von sonstigen rechtsextremen Gruppierungen aus Bayern an den Aktivitäten der HoGeSa ? 2.1 Wie bewertet die Staatsregierung die Aktivitäten des Hooliganzusammenschlusses „GnuHonnters“, insbesondere hinsichtlich der Verbindungen bzw. Überschneidungen zur rechtsextremen Szene? 2.2 Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über Verbindungen von (rechtsextremen) Hooligangruppen bzw. von sonstigen rechtsextremen Gruppierungen aus Bayern zu den sog. „GnuHonnters”“? 2.3 Welche Aktivitäten der „GnuHonnters“ in Bayern sind der Staatsregierung bekannt? 3. Wie viele Personen aus Bayern, die derzeit in der Datei „Gewalttäter Sport“ gespeichert sind, sind dem rechtsmotivierten Bereich zuzuordnen? 4. Wie viele rechtsmotivierte Straf- und Gewalttaten sind in Bayern seit der Saison 2009/2010 im Kontext von Fußballspielen dokumentiert (bitte Daten nach Spielzeiten einzeln auflisten)? 5.1 Welche rechtsextremen oder rechtsextrem beeinflussten Hooligan- und Fangruppen sind der Staatsregierung in Bayern bekannt? 5.2 Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über Unterwanderungsversuche der bayerischen Fanszenen durch rechtsextreme Gruppierungen? 5.3 Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über Verbindungen bayerischer Rechtsextremisten zu rechtsextremen Hooligan- und Fangruppen außerhalb Bayerns? 6. Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über Drohungen und Übergriffe von rechtsgerichteten Hooligans auf antirassistische Ultras und Fangruppen? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 17.12.2014 1.1 Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über die Beteiligung von rechtsextremen Hooligangruppen bzw. von sonstigen rechtsextremen Gruppierungen aus Bayern an der gewalttätigen HoGeSaDemonstration am 26.10.14 in Köln? Durch Recherchen in sozialen Netzwerken und Tageszeitungen hat das Polizeipräsidium München festgestellt, dass zehn Personen aus der Fanszene des TSV 1860 München der Gruppierung „Brigade Giesing“, die bekanntermaßen im Block 132 der Allianz Arena bei Heimspielen anwesend sind, an der Versammlung „Hooligans gegen Salafisten“ am 26.10.2014 in der Kölner Innenstadt teilgenommen haben . Diese zehn Personen sind namentlich bekannt. Nach Überprüfung der Personalien liegen bei sechs Personen Erkenntnisse aus dem Bereich Politisch motivierte Kriminalität – rechts vor. Nach bisherigem Kenntnisstand gibt es keine Hinweise, die darauf hindeuten, dass diese Personen an Straftaten in Köln beteiligt waren. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 09.02.2015 17/4852 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/4852 Darüber hinaus liegen dem Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz (BayLfV) keine Erkenntnisse vor, dass sich rechtsextremistische Gruppierungen aus Bayern geschlossen an der Demonstration am 26.10.2014 in Köln beteiligten. Jedoch waren Einzelpersonen aus der bayerischen rechtsextremistischen Szene dort anwesend. 1.2 Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über die Mobilisierung von rechtsextremen Hooligangruppen bzw. von sonstigen rechtsextremen Gruppierungen aus Bayern für die gewalttätige HoGeSa-Demonstration am 26.10.14 in Köln? Dem BayLfV liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass rechtsextremistische Gruppierungen aus Bayern maßgeblich für die Demonstration am 26.10.2014 in Köln mobilisierten . 1.3 Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung grundsätzlich über die Beteiligung von rechtsextremen Hooligangruppen bzw. von sonstigen rechtsextremen Gruppierungen aus Bayern an den Aktivitäten der HoGeSa? Die zuvor wenig bekannte HoGeSa erreichte spätestens durch die mediale Aufmerksamkeit für die Demonstration in Köln einen breiten Bekanntheitsgrad. Somit kann auch davon ausgegangen werden, dass die Demonstration am 15.11.2014 in Hannover bereits im Vorfeld auch der rechtsextremistischen Szene in Bayern bekannt war. Dennoch war die Mobilisierung in der rechtsextremistischen Szene zu dieser Demonstration gering. Dies dürfte auch daran gelegen haben, dass zeitgleich eine Demonstration der bayerischen Szene in Wunsiedel stattfand. So beteiligten sich an den HoGeSa-Demonstrationen in Köln und Hannover nur vereinzelte Extremisten aus Bayern, beispielsweise NPDMitglieder oder Mitglieder der Partei Die Freiheit sowie Einzelpersonen aus dem Spektrum der „Freien Nationalisten“. 2.1 Wie bewertet die Staatsregierung die Aktivitäten des Hooliganzusammenschlusses „GnuHonnters“, insbesondere hinsichtlich der Verbindungen bzw. Überschneidungen zur rechtsextremen Szene? Bei der Gruppierung „GnuHonnters“ handelt es sich derzeit nicht um ein Beobachtungsobjekt der Verfassungsschutzbehörden . Dem BayLfV liegen zu der Gruppierung „GnuHonnters “ deshalb keine Erkenntnisse vor. 2.2 Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über Verbindungen von (rechtsextremen) Hooligangruppen bzw. von sonstigen rechtsextremen Gruppierungen aus Bayern zu den sog. „GnuHonnters“? Dem BayLfV liegen dazu keine Erkenntnisse vor. 2.3 Welche Aktivitäten der „GnuHonnters“ in Bayern sind der Staatsregierung bekannt? Dem BayLfV liegen keine Erkenntnisse zu Aktivitäten der Gruppierung in Bayern vor. 3. Wie viele Personen aus Bayern, die derzeit in der Datei „Gewalttäter Sport“ gespeichert sind, sind dem rechtsmotivierten Bereich zuzuordnen? Zur Beantwortung der Frage wurde durch das Bayerische Landeskriminalamt (BLKA) ein Abgleich mit dem Personenbestand aus der Datei „Gewalttäter Sport“, die durch bayerische Dienststellen ausgeschrieben wurden, mit der Datei „Gewalttäter Rechts“ und „INPOL Fall“ durchgeführt. Der Bestand der Datei „Gewalttäter Sport“ beinhaltet auch diejenigen Personen, die als Gastfans nach Bayern reisten und dort auffällig waren, aber nicht in Bayern wohnen. Der Abgleich des BLKA mit dem bayerischen Bestand der Datei „Gewalttäter Rechts“ führte zu keinem Treffer. Der Abgleich des BLKA mit der bundesweiten Datei „INPOL Fall“ ergab 103 Treffer. Hierbei handelt es sich um Personen , die durch bayerische Dienststellen ausgeschrieben wurden. Diese Personen haben bundesweit politisch motivierte Straftaten, die als „Rechts“ eingestuft sind, begangen. Die ausgeschriebenen Personen müssen nicht in Bayern wohnhaft sein. Weitere Abgleiche nach Wohnort Bayern oder Vereinszugehörigkeit zu einem bayerischen Verein sind z. T. nicht möglich und aus folgenden Gründen nicht zielführend: – Abgleich nach Wohnort Bayern: Der Datenbestand ist nicht komplett, da einige Bundesländer den Wohnort in der Ausschreibung in der Datei „Gewalttäter Sport“ nicht angeben. – Abgleich nach Vereinszugehörigkeit zu einem bayerischen Verein: Dieser Datenbestand beinhaltet auch Anhänger bayerischer Vereine, die nicht in Bayern wohnen, und vernachlässigt in Bayern wohnende Anhänger außerbayerischer Vereine. Zudem ergab ein Abgleich mit den durch die Landesinformationsstelle für Sporteinsätze gespeicherten Personen durch das BayLfV hinsichtlich der im BayLfV gespeicherten Rechtsextremisten eine Schnittmenge im niedrigen einstelligen Prozentbereich. 4. Wie viele rechtsmotivierte Straf- und Gewalttaten sind in Bayern seit der Saison 2009/2010 im Kontext von Fußballspielen dokumentiert (bitte Daten nach Spielzeiten einzeln auflisten)? Bei den Straftaten handelt es sich überwiegend um Vergehen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gemäß § 86 a Strafgesetzbuch (StGB sowie Volksverhetzung gemäß § 130 StGB. Dabei wird nicht zwischen Anhängern der Heim- oder Gastmannschaft unterschieden . Fußballsaison Anzahl der rechtsmotivierten Straf- und Gewalttaten in Bayern 2009/2010 34 2010/2011 24 2011/2012 25 2012/2013 16 2013/2014 17 2014/2015 16 (eingeleitete Strafverfahren, Stand 20.11.2014) 5.1 Welche rechtsextremen oder rechtsextrem be- einflussten Hooligan- und Fangruppen sind der Staatsregierung in Bayern bekannt? Zu rechtsextremistisch beeinflussten Hooligan- und Fangruppierungen liegen die folgenden Erkenntnisse vor: Im Bereich des Polizeipräsidiums München ist die Gruppierung „Brigade Giesing“ als rechtsextrem beeinflusst bekannt . Von dieser Gruppierung sind 17 Personen bekannt, wobei bei neun Personen Erkenntnisse aus dem Phänomenbereich „Rechts“ vorliegen. Drucksache 17/4852 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Im Bereich des Polizeipräsidiums Mittelfranken kann der Fangruppierung „Commando Noris“ eine rechtsideologische Affinität zugesprochen werden, welche allerdings nicht in den Fußballstadien ausgelebt wird. Im Bereich des Polizeipräsidiums Schwaben Nord entwickelte sich aus der Ultra-Szene Augsburg im Jahr 2009 die „Bürgerwehr Augsburg“. Diese befindet sich mit ca. 30 Personen derzeit in einer Phase der Neustrukturierung. Bei dieser Personengruppe gibt es Überschneidungen mit dem rechten Bereich. 5.2 Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über Unterwanderungsversuche der bayerischen Fanszenen durch rechtsextreme Gruppierungen? Dem BayLfV liegen Hinweise vor, dass Rechtsextremisten aus dem Raum Bamberg über Kontakte zur regionalen Hooliganszene verfügen. Darüber hinaus ist dem BayLfV bekannt , dass sich unter den Fans des TSV 1860 München einzelne Rechtsextremisten befinden. Dazu gehören auch in der Öffentlichkeit bekannte Vertreter der bayerischen rechtsextremistischen Szene, insbesondere aus der neonazistischen Szene Münchens. Im Rahmen der Beobachtung rechtsextremistischer Bestrebungen war bislang aber nicht festzustellen, dass es Gruppierungen innerhalb der Fan-szene gibt, die extremistische Ziele verfolgen. Eine beabsichtigte „Unterwanderung“ der Fanszene des TSV 1860 München oder anderer bayerischer Vereine durch Rechtsextremisten konnte nicht festgestellt werden. Es han-delt sich um einzelne Rechtsextremisten, für die bislang insoweit das Interesse am Fußball im Vordergrund stehen dürfte. 5.3 Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über Verbindungen bayerischer Rechtsextremisten zu rechtsextremen Hooligan- und Fangruppen außerhalb Bayerns? Grundsätzlich kann nicht ausgeschlossen werden, dass Rechtsextremisten, die in Bayern wohnen, Fans außerbayerischer Fußballvereine sind. Vor allem aus anderen Bundesländern zugezogene Rechtsextremisten identifizieren sich meist noch mit den Vereinen ihrer Heimat. Dem BayLfV sind einzelne Rechtsextremisten bekannt, die weiterhin als Fans ihrer Heimatvereine bezeichnet werden können und Spiele dieser Vereine besuchen. Einige dieser Vereine sind für ihre zum Teil „rechte“ Anhängerschaft bekannt. Das BayLfV verfügt allerdings nicht über Erkenntnisse, dass sich bayerische Rechtsextremisten in dezidiert rechtsextremistischen Zusammenhängen in der dortigen Fanszene engagieren. 6. Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über Drohungen und Übergriffe von rechtsgerichteten Hooligans auf antirassistische Ultras und Fangruppen ? Das BayLfV beobachtet mögliche Auseinandersetzungen zwischen Rechtsextremisten und linksgerichteten Fangruppen sowie antirassistischen Ultras sehr aufmerksam. Dem BayLfV sind Drohungen und Übergriffe von rechtsgerichteten Hooligans auf antirassistische Ultras und Fangruppen aus anderen Bundesländern bekannt. Auseinandersetzungen zwischen Rechtsextremisten und linksgerichteten Gruppierungen in Bayern weisen nach jetziger Erkenntnislage keine Bezüge zum Fußball auf.