Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katharina Schulze BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 13.11.2014 Vereinsfußball für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Bayern Der Sport in Bayern ist vielfältig und Ausdruck einer lebendigen und bunten Gesellschaft. Der Breitensport in Bayern sollte allen offenstehen. Aktuelle Transferregeln des Deutschen Fußball-Bund (DFB) legen fest, dass die Eltern minderjähriger Spieler/ -innen einen Wohnsitz im Land des aktuellen Fußballvereins haben müssen. Zudem muss ein internationaler Passantrag mit der Unterschrift der Eltern vorliegen. Ein Fall im rheinland-pfälzischen Niederwörresbach verdeutlicht , dass unbegleitete minderjährige Flüchtlingskinder in Deutschland aufgrund dieser Regelung nicht im Fußballverein spielen können. Das betrifft viele Kinder aus Krisengebieten , bei denen das Schicksal der Eltern ungeklärt ist oder deren gesetzlicher Vormund vom DFB für die Formalitäten nicht anerkannt wird. Der DFB verweist auf Vorgaben des Weltfußballverbands FIFA, ist sich deren Auswirkung in Deutschland aber bewusst. Eine Lösung ist noch nicht gefunden . Daher frage ich die Staatsregierung: 1. Wie viele unbegleitete minderjährige Flüchtlinge leben derzeit in Bayern? 2. Wo sind diese Kinder und Jugendlichen untergebracht (bitte aufschlüsseln nach Erstaufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften und Jugendhilfeeinrichtungen )? 3. Hat die Staatsregierung Kenntnis davon, ob unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen in Bayern ein Spielerpass des DFB verweigert wurde? 4. Welche Maßnahmen unternimmt die Staatsregierung, dass unbegleitetete minderjährige Flüchtlinge in Bayern am Vereinssport teilnehmen können? 4.1 Welche Maßnahmen ergreift die Staatsregierung in der Ausbildung für Übungsleiterinnen und Übungsleiter , um die überwiegend ehrenamtlich tätigen Trainerinnen und Trainer in den Vereinen bei ihrer Integrationsaufgabe zu unterstützen? 5. Hat die Staatsregierung Kenntnis darüber, ob unbegleitetete minderjährige Flüchtlinge in Bayern an Wettkämpfen für ihre Vereine, auch im Ausland, teilnehmen können? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 23.12.2014 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration wie folgt beantwortet: 1. Wie viele unbegleitete minderjährige Flüchtlinge leben derzeit in Bayern? 2. Wo sind diese Kinder und Jugendlichen untergebracht (bitte aufschlüsseln nach Erstaufnahmeeinrichtungen , Gemeinschaftsunterkünften und Jugendhilfeeinrichtungen)? Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sind in Bayern ausschließlich in Einrichtungen der Jugendhilfe untergebracht. 3. Hat die Staatsregierung Kenntnis davon, ob unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen in Bayern ein Spielerpass des DFB verweigert wurde? Die Ausstellung von Spielerpässen für ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger und mithin von Flüchtlingen unterliegt ausschließlich den Regularien des jeweils zuständigen internationalen Sportverbandes, in der Sportart Fußball den Regularien des Weltfußballverbandes FIFA, und entzieht sich der staatlichen Einflussnahme. Nach Auskunft des Bayerischen Fußballverbandes (BFV) wurde bislang keinem unbegleiteten minderjährigen Flüchtling in Bayern ein Spielerpass des DFB verweigert, der folgende für alle ausländischen Antragsteller gültigen Voraussetzungen erfüllt hat: ausgefüllter Antrag, Vereinsmitgliedschaft , Zustimmung der Eltern bzw. eines behördlich bestimmten Vormunds; ab einem Alter von 12 Jahren sind zusätzlich erforderlich: amtlicher Identitätsnachweis (Ausweiskopie oder Aufenthaltsgenehmigung) sowie die Freigabe des zuständigen nationalen Sportverbandes des Herkunftslandes. Diese Regularien dienen im Jugendbereich, gerade in der profitträchtigen Sportart Fußball, u. a. dem Schutz minderjähriger Sportler, da die Erfahrung gezeigt hat, dass insbesondere auf dem internationalen Fußball-Transfermarkt das seelische, geistige und körperliche Wohl von Kindern und Jugendlichen den kommerziellen Interessen von Profivereinen mitunter untergeordnet wurde. 4. Welche Maßnahmen unternimmt die Staatsregierung , dass unbegleitetete minderjährige Flüchtlinge in Bayern am Vereinssport teilnehmen können? Der Teilnahme von unbegleiteten Minderjährigen an Angeboten des Vereinssports stehen unabhängig vom jeweiligen Aufenthaltsstatus der Ausländer keine Vorschriften des Ausländer - und Asylrechts entgegen. Die aktive Teilnahme an vereinssportlichen Angeboten unterliegt vielmehr rein vereinsinternen bzw. verbandlichen Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 27.02.2015 17/4876 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/4876 Regularien, für die allein der organisierte Sport im Rahmen seiner Autonomie Verantwortung trägt und für die eine staatliche Regelungsbefugnis nicht existiert. Grundsätzlich ist die Teilnahme an vereinssportlichen Angeboten an die Mitgliedschaft im jeweiligen Verein gebunden . Der Verein hat für jedes Mitglied einen bestimmten Mitgliedsbeitrag beim zuständigen Dachverband zu entrichten , der im Gegenzug u. a. einen Versicherungsschutz für die Teilnahme an vereinssportlichen Angeboten gewährt. In diesem Zusammenhang begrüßt die Staatsregierung ausdrücklich, dass der Bayerische Landes-Sportverband (BLSV) die Kosten für eine pauschale Sportversicherung aller Flüchtlinge und Asylbewerber in Bayern übernommen hat, die an Angeboten von BLSV-Mitgliedsvereinen teilnehmen . Damit können die Vereine Flüchtlingen nunmehr auch ohne Vereinszugehörigkeit unbürokratisch die Teilnahme an ihren vereinssportlichen Angeboten ermöglichen, ohne dass diese auf eine notwendige Sportversicherung verzichten müssen bzw. der Verein selber die Kosten für eine Sportversicherung der teilnehmenden Flüchtlinge tragen müsste. 4.1 Welche Maßnahmen ergreift die Staatsregierung in der Ausbildung für Übungsleiterinnen und Übungsleiter, um die überwiegend ehrenamtlich tätigen Trainerinnen und Trainer in den Vereinen bei ihrer Integrationsaufgabe zu unterstützen? Die inhaltliche Ausgestaltung der Ausbildung der Übungsleiterinnen und Übungsleiter obliegt dem organisierten Sport und richtet sich u. a. an den Rahmenrichtlinien des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) aus. Nach Auskunft des BLSV, der als Landessportbund Mitglied im DOSB ist, wurden im Rahmen der Fachübungsleiterausbildungen noch keine Maßnahmen ergriffen, um die Fachübungsleiterinnen und -übungsleiter speziell für den Umgang mit Flüchtlingen zu schulen. Änderungen in den Fachübungsleiterausbildungen wären lediglich mittelfristig umsetzbar. Der organisierte Sport in Bayern nimmt sich in seiner Gesamtheit allerdings schon seit vielen Jahren der Integration von Ausländerinnen und Ausländern intensiv und erfolgreich an. Neben zahlreichen Integrationsprojekten sowie der Einrichtung von aktuell 49 Integrations-Stützpunktvereinen in Bayern spielen dabei auch Qualifizierungsangebote eine wesentliche Rolle. So bietet der BLSV z. B. die Ausbildung zur „Sportassistentin interkulturell“ an, durch die v. a. Mädchen und Frauen mit Migrationshintergrund als zukünftige Übungsleiterinnen gewonnen werden sollen. 5. Hat die Staatsregierung Kenntnis darüber, ob unbegleitetete minderjährige Flüchtlinge in Bayern an Wettkämpfen für ihre Vereine, auch im Ausland, teilnehmen können? Die Rechtslage stellt sich momentan wie folgt dar: Eine Teilnahme an Wettkämpfen (Fußballspielen) für die jeweiligen Vereine ist bei Inhabern einer Duldung innerhalb Bayerns ausländerrechtlich ohne Weiteres möglich, solange die zuständige Behörde im Einzelfall keine engere räumliche Beschränkung angeordnet hat. Bei Spielen in anderen Bundesländern kann die Ausländerbehörde dem Betreffenden das vorübergehende Verlassen des Landes erlauben. Dazu müsste eine Verlassenserlaubnis mit der entsprechenden Begründung bei der zuständigen Ausländerbehörde beantragt werden. Die Teilnahme an Fußballspielen im Ausland ist nicht möglich, da über die Einreise allein der ausländische Staat entscheidet und die in Deutschland erteilte Duldung dafür unerheblich ist. Die Duldung gem. § 60 a des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) stellt keinen Aufenthaltstitel dar, sondern bedeutet lediglich die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung. Sofern es sich um unbegleitete Minderjährige handelt, die einen Asylantrag gestellt haben, sind diese während des Verfahrens in Besitz einer Aufenthaltsgestattung. Die Aufenthaltsgestattung ist grundsätzlich auf den Bezirk der zuständigen Ausländerbehörde, d. h. das Gebiet des Landkreises bzw. der kreisfreien Stadt beschränkt. Sie dürfen sich jedoch vorübergehend im gesamten jeweiligen Regierungsbezirk sowie bei Grenzlagen zusätzlich in benachbarten Kommunen des angrenzenden Regierungsbezirks aufhalten . Verlassenserlaubnisse werden bei entsprechendem Vorbringen unbürokratisch und gebührenfrei von der zuständigen Ausländerbehörde erteilt. Die Teilnahme an Auslandsspielen ist für diesen Personenkreis ebenfalls nicht möglich, da die Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung gem. § 64 Abs. 2 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) nicht zum Grenzübertritt berechtigt und wie bei der Duldung eine deutsche Behörde nicht darüber entscheiden kann, ob ein ausländischer Staat die Einreise erlaubt. Das Gesetz zur Verbesserung der Rechtsstellung von asylsuchenden und geduldeten Ausländern, das am 04.12.2014 vom Bundestag beschlossen wurde und dem der Bundesrat am 19.12.2014 zugestimmt hat, sieht eine Änderung des Aufenthaltsgesetzes und des Asylverfahrensgesetzes dahingehend vor, dass die räumliche Beschränkung nach drei Monaten Aufenthalt im Bundesgebiet sowohl bei Geduldeten als auch bei Asylbewerbern grundsätzlich erlischt. Hiernach wäre nach dreimonatigem Aufenthalt die Teilnahme an Wettkämpfen im gesamten Bundesgebiet ohne Verlassungserlaubnis möglich. Bezüglich der Teilnahme an Auslandsspielen wird sich die Rechtslage nicht ändern .