Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Markus Ganserer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 25.11.2014 Verspätungen durch Sturmwarnungen Laut Bahnland Bayern, Ausgabe 2/2014, kommt es in Bayern aufgrund von Sturmwarnungen regelmäßig zu Verspätungen im bayerischen Schienenpersonennahverkehr. Demnach fordert die BEG Nachbesserungen von der DB Netz. Deshalb frage ich die Staatsregierung: 1. In wie vielen Fällen wurde seit April 2013 aufgrund von Sturmwarnungen eine Reduzierung der Geschwindigkeit vorgeschrieben (Angaben bitte für die einzelnen Strecken )? 2. Zu wie vielen verspäteten Zügen kam es aufgrund dieser Geschwindigkeitsbeschränkungen und wie hoch ist der Anteil an den Gesamtverspätungen in diesem Zeitraum (Angaben bitte für die einzelnen Strecken)? 3. Mussten die Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) auf Grund der durch Geschwindigkeitsbeschränkungen verspäteten Züge Vertragsstrafen zahlen, und wenn ja, in welcher Höhe? Angaben bitte für die einzelnen EVU. 4. Werden den EVU auch weiterhin bei Verspätungen durch Geschwindigkeitsbeschränkungen Vertragsstrafen in Rech nung gestellt? Wenn ja, mit welcher Begründung? 5. Gibt es seitens der DB Netz AG bereits konkrete Zusagen , wann ein umfassender Vegetationsrückschnitt erfolgen soll? Wenn ja, Angaben bitte für die einzelnen Regionalnetze . 6. Falls nein, was wird die Staatsregierung unternehmen, damit die DB Netz AG den notwendigen Vegetationsrückschnitt nachholt? 7. Welche konkreten Vorschläge zur Überarbeitung der DB Netz-Richtlinie 408 wurden seitens der Staatsregierung bzw. der BEG bisher eingebracht? 8. Ist derzeit absehbar, bis wann die DB Netz diese Richtlinie überarbeitet? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 02.01.2015 Vorbemerkung: Das derzeitige Verfahren, auf Basis landkreisscharfer Sturmwarnungen die Zuggeschwindigkeit auf windbruchgefährdeten Streckenabschnitten auf 80 km/h zu beschränken, hat sich nach Auffassung der Staatsregierung nicht bewährt. Grund ist, dass die Sturmwarnungen zeitlich und räumlich oft zu unspezifisch sind. Hierdurch kommt es in vielen Fällen zu unnötigen Langsamfahrten mit entsprechenden negativen Auswirkungen auf die Pünktlichkeit. Zudem ist es aus Sicht der Staatsregierung grundsätzlich nicht akzeptabel, dass der Zugverkehr durch nicht ausreichenden Grünschnitt beeinträchtigt wird. 1. In wie vielen Fällen wurde seit April 2013 aufgrund von Sturmwarnungen eine Reduzierung der Geschwindigkeit vorgeschrieben (Angaben bitte für die einzelnen Strecken)? Zwischen April 2013 und November 2014 gab es im Regionalbereich Süd der Deutschen Bahn AG, der weitgehend identisch mit dem Freistaat Bayern ist, insgesamt 721 Sturmwarnungen, die zu einer Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit auf bestimmten Strecken führten. Differenzierungen nach einzelnen Strecken liegen der Staatsregierung nicht vor. 2. Zu wie vielen verspäteten Zügen kam es aufgrund dieser Geschwindigkeitsbeschränkungen und wie hoch ist der Anteil an den Gesamtverspätungen in diesem Zeitraum (Angaben bitte für die einzelnen Strecken)? Für eine Auswertung der Verspätungsursache „Sturmwarnung “ erforderliche streckenscharfe Daten liegen der Staatsregierung nicht vor. Nach Auskunft von DB Netz kam es im Zeitraum 1. April 2013 bis 30. November 2014 im Regionalbereich Süd an 144 Tagen zu Einschränkungen als Folge von Unwetterwarnungen des Deutschen Wetterdienstes. 3. Mussten die Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) aufgrund der durch Geschwindigkeitsbeschränkungen verspäteten Züge Vertragsstrafen zahlen, und wenn ja, in welcher Höhe? Angaben bitte für die einzelnen EVU. Verspätungen, die wegen Geschwindigkeitsreduzierungen infolge einer Sturmwarnung entstehen, führen grundsätzlich zu Vertragsstrafen (Pönalen). Zwar können bestimmte Verspätungsursachen in Fällen höherer Gewalt bei der Ermittlung der Pönalen herausgerechnet werden, allerdings gehört eine bloße Sturmwarnung nicht zu den Ereignissen, die vom Begriff „höhere Gewalt“ umfasst sind. Wie hoch die Vertragsstrafen sind, die explizit auf die Verspätungen hinsichtlich der Richtlinienänderung zurück- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 16.02.2015 17/4882 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/4882 zuführen sind, kann nicht beziffert werden, da sie nicht zugscharf erhoben werden. Es wird vielmehr eine monatliche Pünktlichkeitsquote aller gefahrenen Züge ermittelt und nur der Anteil, der unterhalb eines vertraglich definierten Schwellenwerts liegt, wird pönalisiert. Ferner ist es aufgrund der Systematik der Pünktlichkeitserhebung bei DB Netz nicht möglich, alle Verspätungen, die auf Geschwindigkeitsbeschränkungen zurückzuführen sind, zu ermitteln, da nur die Primärverspätungen auf die jeweils ursächlichen Ereignisse codiert werden. Dies bedeutet, dass nur derjenige Zug, der aufgrund der Geschwindigkeitsreduzierung wegen Sturmwarnung verspätet ist, unter „Sturmwarnung“ erfasst wird. Überträgt dieser Zug seine Verspätung auf andere Züge, also Gegen- oder Anschlusszüge, werden diese unter dem Begriff „Zugfolgeverspätung“ erfasst. Außerdem werden auf diese Weise Verspätungen auch auf andere Netze und Strecken übertragen, die von der eigentlichen Geschwindigkeitsreduzierung nicht betroffen waren. 4. Werden den EVU auch weiterhin bei Verspätungen durch Geschwindigkeitsbeschränkungen Vertragsstrafen in Rechnung gestellt? Wenn ja, mit welcher Begründung? Verspätungen aufgrund von Geschwindigkeitsreduzierungen werden mit folgender Begründung auch weiterhin grundsätzlich über Vertragsstrafen sanktioniert: Zwischen dem Freistaat Bayern als Besteller von Schienenpersonennahverkehrsleistungen und dem Infrastrukturbetreiber DB Netz besteht kein direktes Vertragsverhältnis. In vertraglicher Beziehung zu DB Netz stehen vielmehr die Eisenbahnverkehrsunternehmen . Aus Sicht der Staatsregierung muss der mit Vertragsstrafen verbundene wirtschaftliche Druck über die Eisenbahnverkehrsunternehmen an DB Netz weitergegeben werden, damit erforderliche Vegetationsarbeiten zeitnah durchgeführt und somit die negativen Auswirkungen von Sturmwarnungen auf die Fahrgäste so gering wie möglich gehalten werden. Anderenfalls bestünde für den Infrastrukturbetreiber kaum Veranlassung, Abhilfe zu schaffen, was sich letztlich zum Nachteil der Fahrgäste auswirkt. 5. Gibt es seitens der DB Netz AG bereits konkrete Zusagen, wann ein umfassender Vegetationsrückschnitt erfolgen soll? Wenn ja, Angaben bitte für die einzelnen Regionalnetze. 6. Falls nein, was wird die Staatsregierung unternehmen , damit die DB Netz AG den notwendigen Vegetationsrückschnitt nachholt? Wegen ihres Sachzusammenhanges werden die Fragen 5 und 6 gemeinsam beantwortet: Die DB Netz AG hat zugesagt, die notwendigen Vegetationsarbeiten im Bereich des Fern- und Ballungsnetzes bis März 2015 abzuschließen. Im Bereich der Regionalnetze sollen die Arbeiten bis April 2016 abgeschlossen werden. Ab diesem Zeitpunkt würde es entsprechend keine sturmbedingten Geschwindigkeitsbegrenzungen mehr geben. 7. Welche konkreten Vorschläge zur Überarbeitung der DB Netz-Richtlinie 408 wurden seitens der Staatsregierung bzw. der BEG bisher eingebracht? Das StMI bzw. die BEG haben vorgeschlagen, den Triebfahrzeugführern einen Ermessensspielraum zuzugestehen. Demnach könnte den Triebfahrzeugführern gestattet werden , auch bei Vorliegen einer Sturmwarnung schneller als 80 km/h zu fahren, solange das angekündigte Sturmereignis zweifelsfrei nicht eingetreten ist. Zudem haben StMI und BEG vorgeschlagen, die Geschwindigkeitsbegrenzungen nicht bereits ab Warnungen vor Windstärke 8 (stürmischer Wind), sondern erst ab Warnungen vor Windstärke 9 (Sturm) auszusprechen. Erst ab Windstärke 9 ist gemäß der Beaufort-Skala mit dem Brechen von Ästen zu rechnen. 8. Ist derzeit absehbar, bis wann die DB Netz diese Richtlinie überarbeitet? Nach Aussage der DB Netz AG soll die Richtlinie selbst nicht überarbeitet werden. Bezüglich der Regionalnetzstrecken in Bayern wird jedoch an einer genaueren Definition der sturmbetroffenen Strecken und der Wetterprognosen gearbeitet. So sollen meteorologische Dienste beauftragt werden, die Sturmwarnungen auch unterhalb der Landkreisebene herauszugeben. Dementsprechend könnten betroffene Streckenabschnitte dann genauer eingegrenzt werden. Seit dem 8. Dezember 2014 starten nach Angaben der DB Netz AG entsprechende Pilotversuche . Wichtigstes Ziel der DB Netz AG bleibt aber, durch eine Beseitigung der Rückstände beim Vegetationsrückschnitt die sturmbedingten Geschwindigkeitsbegrenzungen vollständig entbehrlich zu machen.