Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ruth Müller SPD vom 10.12.2014 Abbau KKW Isar 1 ohne Risiko für die Anlieger Am 22. Juli fand in Essenbach bei Landshut die Anhörung der Einwendungen statt, die im Verfahren zur Stilllegung und zum Abbau des Kraftwerks Isar 1 vorgebracht wurden. Antragsteller ist der Betreiber E.ON Kernkraft GmbH, zuständige Behörde das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV). Die Stadt Landshut kritisiert mit Schreiben vom 30.10.2014 an das StMUV die geplante Vorgehensweise und bemängelt vor allem die unvollständigen Unterlagen sowie das Konzept der „Freimessung“ von Anlagen und Stoffen, die beim Rückbau anfallen. Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Trifft es zu, dass die Verfügbarkeit eines Endlagers Voraussetzung für die Genehmigungsfähigkeit des Abbaus von Isar 1 ist? b) Wenn ja, welches Endlager ist für die Aufnahme dieser radioaktiven Abfälle vorgesehen? c) Welche Mengen an radioaktivem Abfall fallen durch den Abbau an, die in einem Endlager entsorgt werden müssen? 2. a) Trifft es zu, dass der Rückbau von Isar 1 erfolgen soll, während weiterhin Brennelemente im Abklingbecken lagern? b) Wenn ja, warum wird so verfahren? c) Welche Gefahren ergeben sich hieraus für die Bevöl- kerung? 3. a) Was bedeutet eine „Freimessung“ von Material nach § 29 der Strahlenschutzverordnung (StrlSchV)? b) Welches Material (in welchen Mengen) kommt beim Abbau von Isar 1 hierfür infrage? c) Wie soll dieses Material anschließend entsorgt bzw. verwertet werden? 4. a) Trifft es zu, dass die derzeitigen Sicherheitsanlagen nicht an die durch die Rückbausituation veränderte Ausgangslage angepasst werden sollen? b) Trifft es zu, dass es hierzu an einem entsprechenden Gutachten fehlt? 5. a) Wie schätzt die Staatsregierung den derzeitigen Sicherheitsstand in Bezug auf Sabotage und Terrorangriffe ein? b) Wie schätzt die Staatsregierung dabei die Umweltbelastung für die Anwohner ein? c) Wie sieht die Staatsregierung in diesem Zusammenhang die Gefährdungspotenziale durch den Rückbau verändert? 6. a) Trifft es zu, dass entsprechende Berichte und Gutachten , u. a. der Sicherheitsbericht und die Umweltverträglichkeitsuntersuchungen , u. a. der Stadt Landshut nicht bekannt gemacht wurden? b) Trifft es zu, dass sie deshalb die möglicherweise auftretenden Risiken nicht umfassend einschätzen kann? 7. a) Trifft es zu, dass der genaue Ablauf des Rückbaus nicht umfassend planbar ist? b) Trifft es zu, dass es deshalb vorkommen kann, dass entsprechende Genehmigungen erst im Nachhinein und ohne weitere Öffentlichkeitsbeteiligung erteilt werden müssen? c) Wer sorgt dabei für die Sicherheit der Anlieger? 8. a) Erkennt die Staatsregierung den Einspruch der Stadt Landshut an? b) Wird sie einen neuen Erörterungstermin anberaumen, damit die ausstehenden Gutachten besprochen und gegebenenfalls Einwände eingebracht werden können ? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 07.01.2015 1. a) Trifft es zu, dass die Verfügbarkeit eines Endlagers Voraussetzung für die Genehmigungsfähigkeit des Abbaus von Isar 1 ist? Nein. b) Wenn ja, welches Endlager ist für die Aufnahme dieser radioaktiven Abfälle vorgesehen? Siehe Antwort zu Frage 1 a. c) Welche Mengen an radioaktivem Abfall fallen durch den Abbau an, die in einem Endlager entsorgt werden müssen? Es werden für das Kernkraftwerk Isar 1 Massen von etwa 3.400 Mg erwartet. 2. a) Trifft es zu, dass der Rückbau von Isar 1 erfolgen soll, während weiterhin Brennelemente im Abklingbecken lagern? Zum Beginn der Abbauarbeiten werden sich noch bestrahlte Brennelemente im Nasslagerbecken befinden. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 27.02.2015 17/4902 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/4902 b) Wenn ja, warum wird so verfahren? Teile der Anlage können rückwirkungsfrei auf die Lagerung der Brennelemente abgebaut werden. c) Welche Gefahren ergeben sich hieraus für die Bevölkerung ? Die erforderliche Vorsorge gegen Schäden ist unabhängig davon zu gewährleisten, ob die Abbauarbeiten mit oder ohne bestrahlte Brennelemente im Nasslagerbecken erfolgen . Gefahren für die Bevölkerung sind damit nach dem Maßstab der praktischen Vernunft ausgeschlossen. 3. a) Was bedeutet eine „Freimessung“ von Material nach § 29 der Strahlenschutzverordnung (StrlSchV)? Nach den Regelungen des § 29 der StrlSchV können Materialien aus Kontrollbereichen als nicht radioaktive Stoffe verwendet, verwertet, beseitigt, innegehabt oder an Dritte weitergegeben werden, wenn für sie die Einhaltung der Grenzwerte für die oberflächen- und massenspezifische Radioaktivität festgestellt wurde. Die Freimessung dient der Überprüfung dieser Vorgaben. b) Welches Material (in welchen Mengen) kommt beim Abbau von Isar 1 hierfür infrage? Grundsätzlich kommen alle Materialien infrage (bspw. Beton , Metalle, Isoliermaterial, Öle). Neben den Gebäudestrukturen werden für das Kernkraftwerk Isar 1 Massen von etwa 20.600 Mg erwartet. Die Freigabe wird dabei für jede Materialcharge durch Messung nachgewiesen. c) Wie soll dieses Material anschließend entsorgt bzw. verwertet werden? Für die Entsorgung stehen gemäß § 29 StrlSchV und entsprechend den Regelungen des Kreislaufwirtschaftsrechts verschiedene Wege von der Wiederverwendung und -verwertung bis hin zur Deponierung oder Verbrennung zur Verfügung . 4. a) Trifft es zu, dass die derzeitigen Sicherheitsanlagen nicht an die durch die Rückbausituation veränderte Ausgangslage angepasst werden sollen? Bei Kernkraftwerken wird zwischen Anlagensicherheit und Anlagensicherung unterschieden. Da die Kernkraftwerke Isar 1 und Isar 2 über ein gemeinsames Anlagensicherungskonzept und -system verfügen, sind bzgl. der Anlagensicherung bis auf Weiteres keine Änderungen vorgesehen. Die für die Anlagensicherheit des Kernkraftwerks Isar 1 vorgesehenen Systeme werden nach Erteilung der Stilllegungsgenehmigung schrittweise an die künftig sinkenden Anforderungen im Restbetrieb der Anlage angepasst. b) Trifft es zu, dass es hierzu an einem entsprechenden Gutachten fehlt? Nein, Anlagensicherung und Anlagensicherheit werden im Gutachten zur Stilllegungsgenehmigung betrachtet werden. 5. a) Wie schätzt die Staatsregierung den derzeitigen Sicherheitsstand in Bezug auf Sabotage und Terrorangriffe ein? b) Wie schätzt die Staatsregierung dabei die Umweltbelastung für die Anwohner ein? c) Wie sieht die Staatsregierung in diesem Zusammenhang die Gefährdungspotenziale durch den Rückbau verändert? Die Fragen 5 a–c werden wegen des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet: Das Kernkraftwerk Isar 1 erfüllt uneingeschränkt die Anforderungen des Atomgesetzes. Damit sind unzulässige Belastungen für die Anwohner – wie auch in der Vergangenheit – nach dem Maßstab praktischer Vernunft ausgeschlossen. Aufgrund des Anlagenzustands sind die Gefährdungspotenziale reduziert. Durch den Abbau ergeben sich keine neuen Gefährdungspotenziale. 6. a) Trifft es zu, dass entsprechende Berichte und Gutachten, u. a. der Sicherheitsbericht und die Umweltverträglichkeitsuntersuchungen, u. a. der Stadt Landshut nicht bekannt gemacht wurden? Nein. Diese nach § 6 der AtVfV (Atomrechtliche Verfahrensverordnung ) erforderlichen Unterlagen wurden öffentlich bekannt gemacht. b) Trifft es zu, dass sie deshalb die möglicherweise auftretenden Risiken nicht umfassend einschätzen kann? Nein. 7. a) Trifft es zu, dass der genaue Ablauf des Rückbaus nicht umfassend planbar ist? Nein. Die Stilllegung und der Abbau des Kernkraftwerks Isar 1 sind von der E.ON Kernkraft GmbH in einer für das Genehmigungsverfahren ausreichenden Weise beschrieben. b) Trifft es zu, dass es deshalb vorkommen kann, dass entsprechende Genehmigungen erst im Nachhinein und ohne weitere Öffentlichkeitsbeteiligung erteilt werden müssen? Nein. Neben der bereits im Sicherheitsbericht beschriebenen und damit im Zuge der Öffentlichkeitsbeteiligung behandelten 2. Stilllegungsteilgenehmigung sind keine weiteren Genehmigungsverfahren zu erwarten. c) Wer sorgt dabei für die Sicherheit der Anlieger? Die Verantwortung für Stilllegung und Abbau liegen in der Hand der Genehmigungsinhaberin. 8. a) Erkennt die Staatsregierung den Einspruch der Stadt Landshut an? Die Einwendungen der Stadt Landshut fließen in das Genehmigungsverfahren ein. b) Wird sie einen neuen Erörterungstermin anberaumen , damit die ausstehenden Gutachten besprochen und gegebenenfalls Einwände eingebracht werden können? Nein. Alle für die Öffentlichkeitsbeteiligung erforderlichen Unterlagen standen der Stadt Landshut zur Verfügung und wurden im Rahmen des Erörterungstermins am 22.07.2014 behandelt.