Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Kathrin Sonnenholzner SPD vom 05.12.2014 Umsetzungsstand Notfallsanitätergesetz (NotSanG) Am 01.01.2014 ist das Notfallsanitätergesetz in Kraft getreten , welches die Regelungen der bisherigen Rettungsassistentenausbildung ablöst. Die Geltungsdauer des Rettungsassistentengesetzes endet zum 31.12.2014. Der Vollzug des Notfallsanitätergesetzes fällt in den Aufgabenbereich der Bundesländer. Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Zu welchem Zeitpunkt wurde in Bayern mit der Ausbildung zum Notfallsanitäter begonnen? b) Mit wie vielen Teilnehmern? c) Liegen der Staatsregierung Informationen über das Al- ter der Schülerinnen und Schüler vor? 2. a) Wer sind die Ausbildungsträger (s. § 12 Absatz 1 NotSanG )? b) Welche Erfahrungen gibt es mit den Ausbildungsträgern (wie Schulen, Lehrrettungswachen und Krankenhäusern )? c) Gibt es Planungen von Hochschulen zur Nutzung der Modellvorhaben nach § 7 NotSanG? 3. a) Welche Informationen liegen der Staatsregierung zur Bewerberlage vor? b) Wie bewertet die Staatsregierung das Interesse an der Ausbildung zur Notfallsanitäterin bzw. zum Notfallsanitäter ? 4. a) Gibt es in Bayern ein Landescurriculum, in dem die Ausbildungsinhalte näher geregelt werden, oder ist ein solches Curriculum geplant? b) Inwieweit wird in diesem Zusammenhang von der Möglichkeit des § 1 Absatz 2 NotSan-APrV Gebrauch gemacht? c) Wie bewertet die Staatsregierung den Pyramidenprozess , der vom Bundesverband Ärztlicher Leiter Rettungsdienst initiiert wurde? 5. a) In welchem Umfang sind bisher in Bayern Ergänzungsprüfungen ohne zusätzliche Ausbildung durchgeführt worden? b) Wie bewertet die Staatsregierung die Ergebnisse der Prüfungen? 6. a) Wurde in Bayern mit der zusätzlichen Ausbildung nach § 32 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 und 2 NotSanG begonnen ? b) In welchem Umfang sind Ergänzungsprüfungen im Anschluss an diese Ausbildung durchgeführt worden? c) Wie bewertet die Staatsregierung die Ergebnisse der Prüfungen? 7. Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung zum Interesse des bisherigen Rettungsassistenten am Erwerb der Berufserlaubnis als Notfallsanitäter? 8. a) Welche Probleme gab bzw. gibt es mit der Finanzierung der Ausbildung? b) Welche weiteren Probleme gab bzw. gibt es bei der Umsetzung des Notfallsanitätergesetzes? c) Welcher Änderungsbedarf in den landesrechtlichen Regelungen hat sich durch die Umsetzung gezeigt? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 05.01.2015 1. a) Zu welchem Zeitpunkt wurde in Bayern mit der Ausbildung zum Notfallsanitäter begonnen? Zum 01.10.2014. b) Mit wie vielen Teilnehmern? 120 Schülerinnen und Schüler (ohne Bundeswehr). c) Liegen der Staatsregierung Informationen über das Alter der Schülerinnen und Schüler vor? Nein. 2. a) Wer sind die Ausbildungsträger (s. § 12 Absatz 1 NotSanG)? Ausbildungsträger sind in Bayern die Durchführenden des Rettungsdienstes, da nur sie nach den Regelungen des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes Entgeltvereinbarungen mit den Sozialversicherungsträgern als Kostenträgern des Rettungsdienstes treffen können. b) Welche Erfahrungen gibt es mit den Ausbildungsträgern (wie Schulen, Lehrrettungswachen und Krankenhäusern)? Ausbildungsträger sind ausschließlich die Durchführenden des Rettungsdienstes (vgl. Ziffer 2 a), die demnach entsprechend bekannt und bewährt sind. c) Gibt es Planungen von Hochschulen zur Nutzung der Modellvorhaben nach § 7 NotSanG? Nein, vorrangig werden die Regelausbildung an den Berufsfachschulen für Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter sowie die Weiterqualifikation von Rettungsassistentinnen Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 27.02.2015 17/4904 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/4904 bzw. Rettungsassistenten zu Notfallsanitäterinnen bzw. Notfallsanitätern umgesetzt. 3. a) Welche Informationen liegen der Staatsregierung zur Bewerberlage vor? Weitere Informationen als die unter Ziffer 1 b genannte Anzahl liegen der Staatsregierung nicht vor. b) Wie bewertet die Staatsregierung das Interesse an der Ausbildung zur Notfallsanitäterin bzw. zum Notfallsanitäter? Da keine weiteren Informationen zur Bewerberlage vorliegen (vgl. Ziffer 3 a), ist eine Bewertung des Interesses an der Ausbildung nicht möglich. 4. a) Gibt es in Bayern ein Landescurriculum, in dem die Ausbildungsinhalte näher geregelt werden, oder ist ein solches Curriculum geplant? Es liegt bereits ein Lehrplan für das erste Schuljahr vor, auf dessen Grundlage mit der Ausbildung begonnen werden konnte (vgl. Ziffer 1 a). Der Lehrplan für das zweite und dritte Schuljahr wird derzeit entworfen mit dem Ziel einer Fertigstellung bis Ende des ersten Quartals 2015. b) Inwieweit wird in diesem Zusammenhang von der Möglichkeit des § 1 Absatz 2 NotSan-APrV Gebrauch gemacht? Der Lehrplan lehnt sich an den Vorschlag des § 1 Absatz 2 NotSan-APrV an, ist aber im Hinblick auf eine qualitativ möglichst hochwertige Ausbildung verfeinert. c) Wie bewertet die Staatsregierung den Pyramidenprozess , der vom Bundesverband Ärztlicher Leiter Rettungsdienst initiiert wurde? Die Regelungen für die Umsetzung des Notfallsanitäterrechts müssen in den dafür zuständigen Ländern getroffen werden, insoweit kann der Bundesverband Ärztlicher Leiter Rettungsdienst e.V. keine verbindlichen Vorgaben machen. Gleichwohl können die Überlegungen des Bundesverbands Ärztlicher Leiter Rettungsdienst e.V. der Arbeit in den Ländern zugrunde gelegt werden. 5. a) In welchem Umfang sind bisher in Bayern Ergänzungsprüfungen ohne zusätzliche Ausbildung durchgeführt worden? b) Wie bewertet die Staatsregierung die Ergebnisse der Prüfungen? 6. a) Wurde in Bayern mit der zusätzlichen Ausbildung nach § 32 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 und 2 NotSanG begonnen? b) In welchem Umfang sind Ergänzungsprüfungen im Anschluss an diese Ausbildung durchgeführt worden ? c) Wie bewertet die Staatsregierung die Ergebnisse der Prüfungen? In Bayern erfolgt derzeit noch keine Weiterqualifizierung von Rettungsassistenten zu Notfallsanitätern. Erst auf der Grundlage des Lehrplans für alle drei Jahre wird erarbeitet werden können, welche durch die reguläre Notfallsanitäterausbildung zu vermittelnden Kompetenzen den Rettungsassistenten vom Notfallsanitäter unterscheiden und was demnach in den Ergänzungslehrgängen und der Ergänzungsprüfung nach § 32 Absatz 2 NotSanG vermittelt und geprüft werden muss. Der Staatsregierung ist sehr daran gelegen, dass aus der Umsetzung des neuen Notfallsanitäterrechts keine Notfallsanitäter mit unterschiedlicher Qualifikation hervorgehen. Dieses Ziel wird mit Blick auf die – bedingt durch die föderale Struktur – unterschiedliche Ausbildung in den Ländern, nicht zuletzt aber auch vor dem Hintergrund der verschiedenen Möglichkeiten, mit denen die Berufsbezeichnung „Rettungsassistentin “/„Rettungsassistent“ erworben und die Tätigkeit als Rettungsassistent ausgeübt werden konnten, nicht leicht zu erreichen sein. Umso mehr legt die Staatsregierung Wert darauf, dass durch entsprechend hochwertige Ergänzungslehrgänge und Ergänzungsprüfungen eine qualitativ hochwertige Weiterqualifikation von Rettungsassistenten zu Notfallsanitätern erfolgt. Die Patientinnen und Patienten haben einen Anspruch auf eine gleichwertige, hohe Versorgungsqualität , unabhängig davon, ob sie von einem Notfallsanitäter mit regulärer dreijähriger Ausbildung oder von einem zum Notfallsanitäter weiterqualifizierten Rettungsassistenten versorgt werden. Dies sorgfältig vorzubereiten, bedarf einer gewissen Zeit. 7. Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung zum Interesse des bisherigen Rettungsassistenten am Erwerb der Berufserlaubnis als Notfallsanitäter? Es ist davon auszugehen, dass zumindest diejenigen Rettungsassistentinnen und Rettungsassistenten, die noch länger berufstätig sein werden, sich zu Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitätern weiterqualifizieren wollen. 8. a) Welche Probleme gab bzw. gibt es mit der Finanzierung der Ausbildung? Die Ausbildungskosten fallen deutlich höher aus als vom Bundesgesetzgeber veranschlagt und können nicht mit den bisherigen Zuweisungen an die Krankenkassen aus dem Gesundheitsfond abgedeckt werden. Dies erschwert die Verhandlungen der Ausbildungsträger mit den Sozialversicherungsträgern über die Finanzierung der Ausbildung erheblich . In Bayern haben zwar die Sozialversicherungsträger dem Grunde nach ihre Finanzierungspflicht für die Kosten in Verbindung mit der Einführung des Notfallsanitätergesetzes anerkannt. Allerdings sind die Verhandlungen über die Finanzierung der Schulbetriebskosten aufgrund einer Äußerung des Bundesgesundheitsministeriums gegenüber dem GKV-Spitzenverband, wonach die von den gesetzlichen Krankenkassen zu tragenden Mehrkosten nicht sämtliche Betriebskosten der Schulen erfassen, ins Stocken geraten. Nach Auffassung des Länderausschusses „Rettungswesen“ trifft dies so nicht zu. Der Ausschuss „Rettungswesen“ hat sich daher an das Bundesgesundheitsministerium gewandt; eine Äußerung steht noch aus. Jedoch hat die Staatsregierung vernommen, dass das Bundesgesundheitsministerium inzwischen anerkennt, dass sein Schreiben missverständlich formuliert war, und eine entsprechende Klarstellung angekündigt . Die Staatsregierung geht davon aus, dass nach der Klarstellung durch das Bundesgesundheitsministerium diese Finanzierungsproblematik in Bayern gemeinsam mit den Sozialversicherungsträgern gelöst werden kann. Auch die Finanzierung des Klinikpraktikums gestaltet sich schwierig. Rettungsassistentenpraktikanten sind im Klinikpraktikum gemäß den Anforderungen des Rettungsassistentengesetzes und der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung dazu „nur nebenbei mitgelaufen“, sodass die Kliniken für sie keine Kosten geltend gemacht haben. Für Notfallsanitäterschüler muss das Klinikpraktikum hingegen so vom ärztlichen und pflegerischen Klinikpersonal gestaltet werden, Drucksache 17/4904 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 dass Notfallsanitäterschüler durch intensive Praxisanleitung den Grad „Beherrschen“ einer Maßnahme erreichen und in einer Prüfung nachweisen können. Hierfür fallen in den Kliniken im Vergleich zur Rettungsassistentenausbildung nicht unerhebliche Zusatzkosten an. Dieser Umstand wurde im Gesetzgebungsverfahren bei der Kostenkalkulation nicht ausreichend berücksichtigt. Die Staatsregierung bemüht sich derzeit gemeinsam mit den Sozialversicherungsträgern und der Bayerischen Krankenhausgesellschaft um eine geeignete Lösung. b) Welche weiteren Probleme gab bzw. gibt es bei der Umsetzung des Notfallsanitätergesetzes? Der Bundesgesetzgeber hat das neue Notfallsanitäterrecht kurzfristig zum Ende der letzten Legislaturperiode erlassen, ohne die schon im Gesetzgebungsverfahren von den Ländern vorgetragenen Probleme gelöst zu haben. Der Vollzug gestaltet sich somit schwierig, da es viele Fragen gibt, die im Gesetz nicht hinreichend beantwortet wurden. Diese Fragen müssen nun von den Ländern bei der Vorbereitung der Umsetzung geklärt werden. Dies verlangsamt die Umsetzung. So lässt sich z. B. nach Auffassung der Staatsregierung die Vorschrift des § 4 Absatz 2 Nummer 2 c NotSanG nicht in der vom Bundesgesetzgeber gewollten Form vollziehen. Das vom Bundesgesetzgeber formulierte Ausbildungsziel zielt auf Delegationsmöglichkeiten ab, die jedoch nach der vom Bundesgesetzgeber vorgeschlagenen Vorgehensweise – durch Standard Operating Procedures (SOP) – rechtlich in der Regel eine (unzulässige und nicht angestrebte) Substitution darstellen. Zwar können die Notfallsanitäter auf Grundlage dieser Vorschrift ausgebildet werden, jedoch können sie nach derzeitiger Rechtslage die so gewonnenen Kenntnisse in der Praxis nicht umsetzen. Damit wird das zentrale Ziel des Bundesgesetzgebers, den Notfallsanitätern gegenüber den Rettungsassistenten regelhaft mehr Kompetenzen zuzugestehen und damit den Patienten eine hochwertigere Versorgung durch nichtärztliches Rettungsdienstpersonal auch ohne Einbindung eines Notarztes zukommen zu lassen, verfehlt. Es ist zu vernehmen, dass das Bundesgesundheitsministerium hier Nachregulierungsbedarf erkannt hat. Die Staatsregierung prüft zudem derzeit die Modalitäten für eine Umsetzung, die dem Wohl der Patientinnen und Patienten dient und zugleich für die Notfallsanitäter und Ärztlichen Leiter Rettungsdienst rechtssicher ist. c) Welcher Änderungsbedarf in den landesrechtlichen Regelungen hat sich durch die Umsetzung gezeigt? Die Einführung des neuen Berufsbildes „Notfallsanitäter“ erfordert eine Änderung der Vorschriften im Bayerischen Rettungsdienstgesetz zur Besetzung der Rettungsmittel mit nichtärztlichem Rettungsdienstpersonal. Bis der Notfallsanitäter anstelle eines Rettungsassistenten als verpflichtende Besetzung auf einem Rettungswagen festgeschrieben wird, müssen jedoch erst ausreichend Notfallsanitäter ausgebildet sein. Dies wird geschätzt noch sieben bis zehn Jahre dauern.