Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Linus Förster SPD vom 16.12.2014 Medizinische Versorgung von Flüchtlingen auf dem Land Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Wie ist die medizinische Versorgung von Flüchtlingen auf dem Land geregelt, wenn es keine Gesundheitsämter gibt? b) Wird die Versorgung von dort niedergelassenen Ärzten durchgeführt? c) Wer trägt die Kosten für die medizinische Versorgung der Flüchtlinge, sofern diese nicht von den Gesundheitsämtern gewährleistet wird? 2. Welche Maßnahmen werden ergriffen, um Hausärzte und Fachärzte vor Ort zu unterstützen? 3. Welche Maßnahmen werden ergriffen, um die reibungslose Kommunikation zwischen Ärzten und Flüchtlingen sicherzustellen? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 20.01.2015 Die Schriftliche Anfrage wird in Abstimmung mit dem Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege wie folgt beantwortet: Flüchtlinge sind Personen, deren Status als Flüchtling von einer nationalen Regierung anerkannt wurde. Sie sind nach den allgemeinen Sozialgesetzen sozialleistungsberechtigt und erhalten daher keine Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz . Die medizinische Versorgung dieser Menschen richtet sich ebenfalls nach den allgemeinen Sozialgesetzen . Nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) sind vor allem Personen leistungsberechtigt, bei denen noch nicht feststeht, ob sie sich berechtigterweise auf einen Schutzgrund berufen können. Bei der Beantwortung der Anfrage wird davon ausgegangen, dass sie auf die medizinische Versorgung von Asylbewerbern abzielt. 1. a) Wie ist die medizinische Versorgung von Flüchtlingen auf dem Land geregelt, wenn es keine Gesundheitsämter gibt? Die medizinische Versorgung von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern nach dem Asylbewerberleistungsgesetz auf dem Land unterscheidet sich nicht von der medizinischen Versorgung dieser Menschen in Ballungszentren und Städten . Nach § 4 AsylbLG wird grundsätzlich die erforderliche ärztliche und zahnärztliche Behandlung bei akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandsmitteln sowie sonstiger zur Genesung, zur Besserung oder Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen erforderlichen Leistungen gewährt. Nach § 6 Abs. 1 AsylbLG können andere Behandlungen übernommen werden, wenn die Maßnahme zur Sicherung der Gesundheit unerlässlich ist. Asylbewerberinnen und Asylbewerber nehmen hierzu grundsätzlich am allgemeinen ärztlichen Versorgungsangebot teil. Sie haben ein Recht auf freie Arztwahl. Sie erhalten hierfür vom zuständigen örtlichen Träger pro Quartal einen Krankenschein und können damit niedergelassene Ärzte aufsuchen. Im Rahmen der Erstaufnahme unmittelbar nach Ankunft der Asylbewerberinnen und Asylbewerber erfolgt aufgrund der besonderen Umstände im Verhältnis zur Anschlussunterbringung (erhöhte Orientierungsschwierigkeiten aufgrund erstmaligen Ankommens in einer fremden Kultur, erstmalige Einbindung in das hiesige Gesundheitssystem nach Zustand der schlechten Versorgung im Heimatland und/oder auf der Flucht, kurze Verweildauer) die medizinische Versorgung von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern in drei Schritten: a) Kurzscreening: Unmittelbar nach Ankunft der Asylbewerberinnen und Asylbewerber erfolgt ein sogenanntes Kurzscreening, d. h. eine Untersuchung durch Inaugenscheinnahme auf offensichtliche Krankheiten, Infektionen und Verletzungen . Zudem wird eine Temperaturmessung durchgeführt . Das Kurzscreening ist von der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde sicherzustellen. Es kann durch Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) oder sonstige Ärzte wie z. B. niedergelassene Ärzte oder Klinikärzte durchgeführt werden. b) Untersuchung gemäß § 62 Asylverfahrensgesetz: In den ersten drei Tagen nach Ankunft erfolgt sodann die gesetzlich vorgeschriebene Untersuchung gemäß § 62 Asylverfahrensgesetz. Diese Gesundheitsuntersuchung liegt in der Verantwortung des ÖGD, wobei die vorgeschriebenen Röntgenuntersuchungen der Lunge zum Ausschluss einer Tuberkulose überwiegend durch niedergelassene Radiologen oder in Kliniken durchgeführt werden. Bei Kapazitätserschöpfung des ÖGD können auch diese Untersuchungsschritte vollumfänglich oder teilweise durch andere Ärzte durchgeführt werden. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 06.03.2015 17/4988 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/4988 c) Kurative Versorgung: Soweit neben dem allgemeinen ärztlichen Versorgungs- angebot nötig, richtet der Freistaat Bayern derzeit in sämtlichen Aufnahmeeinrichtungen sowie deren Dependancen und Notunterkünften sog. Ärztezentren ein, um die kurative Versorgung von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern in den Aufnahmeeinrichtungen vor Ort auf niederschwelliger Basis vornehmen zu können. Die Ärztezentren umfassen neben der allgemeinmedizinischen Versorgung bedarfsabhängig in der Regel auch die Bereiche Gynäkologie, Pädiatrie und Psychiatrie. Neben diesem niederschwelligen Versorgungsangebot bleibt es auch hier den Menschen unbenommen, sich mit einem Krankenschein an die niedergelassenen Ärzte vor Ort zu wenden. b) Wird die Versorgung von dort niedergelassenen Ärzten durchgeführt? Soweit Asylbewerberinnen und Asylbewerber nicht im Rahmen der Erstaufnahme vor Ort in den Aufnahmeeinrichtungen medizinisch versorgt werden, erfolgt die Versorgung durch niedergelassene Ärzte. Asylbewerberinnen und Asylbewerber haben das Recht auf freie Arztwahl (siehe Ziffer 1 a). c) Wer trägt die Kosten für die medizinische Versorgung der Flüchtlinge, sofern diese nicht von den Gesundheitsämtern gewährleistet wird? Kostenträger der Leistungen nach dem AsylbLG und somit auch der sich aus den §§ 4, 6 AsylbLG ergebenden medizinischen Versorgung ist der Freistaat Bayern (vgl. § 11 Abs. 1 der Asyldurchführungsverordnung (DVAsyl). 2. Welche Maßnahmen werden ergriffen, um Hausärzte und Fachärzte vor Ort zu unterstützen? Die Einrichtung von Ärztezentren in Aufnahmeeinrichtungen wird zu einer Entlastung der niedergelassenen Haus- und Fachärzte vor Ort führen. Daneben existieren Informationsblätter der örtlichen Träger, mit denen die Haus- und Fachärzte vor Ort über die gesetzlichen Regelungen und insbesondere über das Verfahren der Kostenerstattung informiert werden. 3. Welche Maßnahmen werden ergriffen, um die reibungslose Kommunikation zwischen Ärzten und Flüchtlingen sicherzustellen? Grundsätzlich ist zunächst zu prüfen, ob die Sprachvermittlung nicht durch Familienangehörige, Bekannte oder sonst nahestehende Personen des Asylbewerbers geleistet werden kann. In Ausnahmefällen kann abhängig von der Art und Schwere der Krankheit sowie der Art der ärztlichen oder zahnärztlichen Behandlung auch der Einsatz von Dolmetschern erforderlich sein; die anfallenden Kosten trägt dann gemäß §§ 4, 6 AsylbLG der Freistaat Bayern.