Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Jutta Widmann FREIE WÄHLER vom 09.12.2014 Landwirtschaft und Hochwasserschutz Ich frage die Staatsregierung: 1. Inwiefern ist es üblich, technische Hochwasserschutzan- lagen wie beispielsweise Überflutungswiesen, Flutmulden etc. für die Umsetzung der bayerischen Biodiversitätsstrategie heranzuziehen? 2. Gibt es einen bestimmten Zeitplan, innerhalb dessen die Umstellung staatseigener, landwirtschaftlich genutzter Flächen von einer intensiven zu einer extensiven Bewirtschaftung im Rahmen der bayerischen Biodiversitätsstrategie zu erfolgen hat? 3. Gibt es von staatlicher Seite Ausgleichsmittel für betroffe- ne Landwirte, wenn bisher intensiv landwirtschaftlich genutzte Flächen, die gleichzeitig dem Hochwasserschutz dienen, zur Umsetzung der bayerischen Biodiversitätsstrategie künftig nur noch extensiv genutzt werden dürfen (wie dies beispielsweise in der Flutmulde Landshut der Fall ist)? 4. Gibt es für betroffene Landwirte Ausgleichszahlungen, wenn Flächen, die von ihnen landwirtschaftlich genutzt werden, aber gleichzeitig dem Hochwasserschutz dienen , bei Hochwasser geflutet werden? 5. Wer bestimmt, welche staatseigenen Flächen für die Um- setzung der Biodiversitätsstrategie verwendet werden (Ministerium, Behörden vor Ort)? 6. Inwiefern steht die bereits stattfindende bzw. möglicher- weise geplante Freizeitnutzung solcher Anlagen, wie z. B. der Flutmulde in Landshut, der Umsetzung der Biodiversitätsstrategie im Wege? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 03.02.2015 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten wie folgt beantwortet: 1. Inwiefern ist es üblich, technische Hochwasserschutzanlagen wie beispielsweise Überflutungswiesen , Flutmulden etc. für die Umsetzung der bayerischen Biodiversitätsstrategie heranzuziehen? Technische Hochwasserschutzanlagen wie zum Beispiel Deiche, Mauern, Flutmulden oder auch Hochwasserrückhaltebecken müssen in erster Linie ihre Zweckbestimmung für den Hochwasserschutz sicher und zuverlässig erfüllen. In vielen Fällen können solche Anlagen aber auch Synergieeffekte für den Erhalt und die Verbesserung der Biodiversität haben. In der Regel werden solche Synergien dort, wo mit der Hochwasserschutzfunktion der Anlage vereinbar, bereits bei der Planung und dem Bau von Hochwasserschutzvorhaben mit berücksichtigt und unterstützt. So können zum Beispiel naturnah gestaltete und entsprechend gepflegte Hochwasserschutzdeiche oder auch renaturierte Gewässerabschnitte im Rückstauraum von Hochwasserrückhaltebecken wertvolle Lebensräume darstellen, welche die Artenvielfalt im und am Gewässer verbessern und somit der Umsetzung der bayerischen Biodiversitätsstrategie dienen. 2. Gibt es einen bestimmten Zeitplan, innerhalb dessen die Umstellung staatseigener, landwirtschaftlich genutzter Flächen von einer intensiven zu einer extensiven Bewirtschaftung im Rahmen der bayerischen Biodiversitätsstrategie zu erfolgen hat? Einen verpflichtenden Zeitplan gibt es nicht. Allerdings sollen gerade Flächen im Staatseigentum bevorzugt für die Umsetzung der bayerischen Biodiversitätsstrategie und dem zugehörigen Biodiversitätsprogramm Bayern 2030 genutzt werden. Strategie und Programm wurden im Ministerrat von allen Ressorts beschlossen. Flächen im Eigentum der Wasserwirtschaftsverwaltung werden regelmäßig nicht intensiv landwirtschaftlich genutzt. 3. Gibt es von staatlicher Seite Ausgleichsmittel für betroffene Landwirte, wenn bisher intensiv landwirtschaftlich genutzte Flächen, die gleichzeitig dem Hochwasserschutz dienen, zur Umsetzung der bayerischen Biodiversitätsstrategie künftig nur noch extensiv genutzt werden dürfen (wie dies beispielsweise in der Flutmulde Landshut der Fall ist)? Auf Flächen, die sich im Eigentum des Freistaates Bayern befinden, gibt es hierfür keinen finanziellen Ausgleich. Wenn sich Privateigentümer auf freiwilliger Basis für eine extensive landwirtschaftliche Nutzung entscheiden, gibt es Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 27.03.2015 17/5182 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/5182 die Möglichkeit, hierfür Fördermittel im Rahmen des Bayerischen Kulturlandschaftsprogramms bzw. des Bayerischen Vertragsnaturschutzprogramms zu beantragen. 4. Gibt es für betroffene Landwirte Ausgleichszahlungen , wenn Flächen, die von ihnen landwirtschaftlich genutzt werden, aber gleichzeitig dem Hochwasserschutz dienen, bei Hochwasser geflutet werden? Eine Entschädigung bzw. ein Ausgleich kommt nur infrage, wenn durch ein bauliches Eingreifen (zum Beispiel die Anlage eines Flutpolders oder eines Hochwasserrückhaltebeckens ) oder auch durch ein aktives Handeln (zum Beispiel Öffnung eines Deiches im Katastrophenfall) eine wesentliche Verschlechterung der derzeitigen örtlichen Situation mit Auswirkungen auf das Abflussgeschehen entsteht. Schäden durch natürliche Überschwemmungen können nicht entschädigt werden. 5. Wer bestimmt, welche staatseigenen Flächen für die Umsetzung der Biodiversitätsstrategie verwendet werden (Ministerium, Behörden vor Ort)? Die bayerische Biodiversitätsstrategie zählt die „vorbildliche Berücksichtigung der Belange der biologischen Vielfalt auf staatlichen Flächen“ zu ihren Zielen. Da die Umsetzung der Strategie wie auch des Biodiversitätsprogramms Bayern 2030 auf dem Prinzip der Freiwilligkeit basiert, wird von den jeweiligen Verwaltungsstellen im Einzelfall über die Nutzung bzw. Verwendung der Flächen entschieden. 6. Inwiefern steht die bereits stattfindende bzw. möglicherweise geplante Freizeitnutzung solcher Anlagen, wie z. B. der Flutmulde in Landshut, der Umsetzung der Biodiversitätsstrategie im Wege? Natürliche und renaturierte Flächen sind als Lebensraum heimischer Arten und Pflanzen für den Erhalt der Biodiversität von besonderer Bedeutung. Gleichzeitig können solche Gebiete oft auch für die Naherholung sehr attraktiv sein. Hier ist es sinnvoll und notwendig, den jeweiligen Gegebenheiten entsprechende Kompromisse zu finden. Wenn schützenswerte Tier- und Pflanzenarten vorkommen, kann es erforderlich sein, mögliche Konflikte durch die gezielte Lenkung und Beschränkung der Freizeitnutzung auf ausgewählte Bereiche zu minimieren. Bei Hochwasserschutzanlagen kommt eine Freizeitnutzung nur in seltenen Fällen wie z. B. bei Talsperren oder Flutmulden infrage. Das Konfliktpotenzial mit den Synergieeffekten im Bereich der Biodiversität wird deshalb an solchen Anlagen als relativ gering eingeschätzt.