Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Jürgen Mistol BündniS 90/die Grünen vom 07.01.2015 Umweltbelastung des Truppenübungsplatzes in Grafenwöhr Bei Schließungen von Standorten der US-Army kommt es immer wieder zu einem hohen Kostenaufwand für die Umweltsanierung , wie zum Beispiel nach der Schließung der Air Base Bitburg. Die Untersuchungen zeigen, dass Böden, Grundwasser und Gewässer erheblich mit Flugzeugtreibstoffen , chemischen Lösungsmitteln und Lösch-Chemikalien belastet sind. In Bitburg wurde zum Beispiel jahrzehntelang PFT-haltiger Löschschaum verwendet, dessen Inhaltsstoffe als krebserregend bekannt und jetzt in Boden und Grundwasser gelangt sind. Umweltbelastungen sind aber auch während des laufenden Betriebs von Truppenübungsplätzen so gut wie möglich zu vermeiden. Ich frage die Staatsregierung: 1. Ist der Staatsregierung eine Belastung des Truppenübungsplatzes Grafenwöhr mit Flugzeugtreibstoffen, chemischen Lösungsmitteln und Lösch-Chemikalien bekannt? a) Wurde und wird auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr PFT-haltiger Löschschaum verwendet? 2. Wird das Grundwasser rund um den Flugplatz Grafen- wöhr überwacht? a) Wo gibt es Pegelbrunnen? b) Nach welchen Substanzen wird gesucht? c) Mit welchen Ergebnissen? 3. Gibt es Informationen bzw. Untersuchungen, ob die an den Truppenübungsplatz angrenzenden Grundstücke und das Grundwasser von einer Schadstoffbelastung betroffen sind? a) Gibt es eine Kartierung aller Belastungen auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr? b) Welche Bodenbelastungen werden jeweils gefunden? c) Nachdem in unmittelbarer Nähe zum Flugplatz Gra- fenwöhr die mittlerweile als „saniert“ bezeichnete Altdeponie Haderbühl, die durch hohe Toxizitäten im Grundwasser (Daphnientest) und Funden von Schwermetallen ect. negativ bekannt wurde, liegt, stellt sich die Frage, wie die Ergebnisse der aktuellen Pegelbeprobungen sind? 4. Wer ist für die Umweltsanierung von evt. geschädigten angrenzenden Gebieten und des Grundwassers verantwortlich ? a) Wer übernimmt die Kosten einer solchen evt. notwendigen Umweltsanierung? 5. Wer ist nach einer evt. Schließung für die Umweltsanierung des Truppenübungsplatzes Grafenwöhr verantwortlich ? a) Wer übernimmt die Kosten für die Umweltsanierung? b) Welche Vereinbarungen wurden im Überlassungsver- trag zum Zustand der Liegenschaften bei einer Rückgabe getroffen? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 03.02.2015 1. ist der Staatsregierung eine Belastung des Truppenübungsplatzes Grafenwöhr mit Flugzeugtreibstoffen , chemischen Lösungsmitteln und LöschChemikalien bekannt? Der zuständigen Bodenschutzbehörde (dem Landratsamt Neustadt a. d. Waldnaab) und dem Wasserwirtschaftsamt Weiden sind Belastungen mit Treibstoffen, chemischen Lösungsmitteln und Lösch-Chemikalien auf dem Truppenübungsplatz (TÜP) Grafenwöhr bekannt. a) Wurde und wird auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr PFT-haltiger Löschschaum verwendet? Nach derzeitigem Kenntnisstand wurden und werden PFThaltige Löschschäume bei Bränden mit brennbaren Flüssigkeiten verwendet. 2. Wird das Grundwasser rund um den Flugplatz Grafenwöhr überwacht? Ein regelmäßiges Grundwassermonitoring wird innerhalb des TÜP durch die US-Army, außerhalb durch das Wasserwirtschaftsamt Weiden durchgeführt. a) Wo gibt es Pegelbrunnen? Siehe Lageplan (Anlage). b) nach welchen Substanzen wird gesucht? Die Analytik umfasst (z. T. abhängig von der Lage des Entnahmepegels ) die folgenden Parameter: Chlorid, Sulfat, Natrium, Kalium, Calcium, Magnesium, Barium, Fluorid, Kieselsäure, Eisen, Blei, Kupfer, Orthophosphat, Mangan, Ammonium, Nitrat, Nitrit, n-Alkane, KohlenwasserstoffIndex , BTEX und MTBE, leichtflüchtige halogenierte Kohlenwasserstoffe (LHKW), sprengstofftypische Verbindungen (STV, 20 EP), Acetat, Formiat, perfluorierte Tenside (PFT) (14 EP). c) Mit welchen ergebnissen? Die Grundwasseruntersuchungen der letzten Jahre zeigten eine erhöhte Belastung durch Enteisungsmittel. Als Gegen- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 27.03.2015 17/5188 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode drucksache 17/5188 maßnahme wurde ein anderes, umweltverträglicheres Enteisungsmittel verwendet und die Entwässerung so umgebaut, dass das anfallende Niederschlagswasser aufgefangen und einer Abwasserbehandlungsanlage zugeführt wird. Erhöhte Werte durch Blei im Grundwasser sind geogener Herkunft (vgl. 3 b). Aufgrund der Grundwasserbelastungen durch PFT wurde die US-Army durch das Landratsamt Neustadt zu weiteren diesbezüglichen Untersuchungen aufgefordert. 3. Gibt es informationen bzw. Untersuchungen, ob die an den Truppenübungsplatz angrenzenden Grundstücke und das Grundwasser von einer Schadstoffbelastung betroffen sind? Bodenbelastungen von an den TÜP angrenzenden Grundstücken sind nicht bekannt. Das Grundwasser in und um den TÜP Grafenwöhr wird durch ein umfangreiches jährliches Grundwassermonitoring mit standortbezogener Analytik an 54 Messstellen innerhalb des TÜP durch die US-Army und 11 ergänzenden Messstellen außerhalb des TÜP durch das Wasserwirtschaftsamt Weiden überwacht. Das Grundwasser ist zum Teil durch STV, Mineralkohlenwasserstoffe (MKW), LHKW und PFT belastet. In den betroffenen Bereichen wurden umfangreiche Sicherungs- und Sanierungsmaßnahmen eingeleitet bzw. bereits ausgeführt. Bezüglich PFT laufen Erkundungs- und Beobachtungsmaßnahmen . 22 innerhalb des TÜP gelegene Messstellen wurden 2014 zusätzlich auf PFT untersucht; der Bericht hierzu wird für Mitte 2015 erwartet. a) Gibt es eine Kartierung aller Belastungen auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr? Hinsichtlich des TÜP Grafenwöhr ist seit den 80er-Jahren das Wasserwirtschaftsamt Weiden mit den Belangen des Umweltschutzes befasst. Durch eine regelmäßige Überwachung von Brunnen, Messstellen und Oberflächengewässer über das genannte Grundwassermonitoring hinaus soll sichergestellt werden, dass eventuelle Gewässerverunreinigungen frühzeitig erkannt und saniert werden, bevor sie den Bereich des Truppenübungsplatzes verlassen können. Alle bekannten Schadensfälle, schädliche Bodenveränderungen , Altlasten und Messstellen sind im Geoinformationssystem des Wasserwirtschaftsamtes Weiden und der Umweltabteilung des TÜP erfasst; die zugehörigen Gutachten , Stellungnahmen und Berichte der Ingenieurbüros und des Wasserwirtschaftsamtes liegen den Landratsämtern Neustadt a. d. Waldnaab und Amberg-Sulzbach als zuständige Bodenschutzbehörden sowie der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) als grundstücksverwaltende Behörde vor. b) Welche Bodenbelastungen werden jeweils gefunden ? In den untersuchten Bereichen des TÜP wurden meistens alte Verunreinigungen durch Treibstoffe (MKW, BTEX), Reinigungsmittel (LHKW), Schwermetalle oder durch STV gefunden . Im Bereich der Impact-Areas sind nutzungsbedingt STV zu erwarten. Untersuchungen hierüber gibt es aus Sicherheitsgründen (Blindgänger, laufender militärischer Betrieb) nicht. Eine am Rand der Impact-Area vorhandene Grundwassermessstelle zeigt Belastungen durch STV. Bei den Schwermetallen ist zu beachten, dass die Gesteine insbesondere im Ostteil des TÜP Vererzungen enthalten, die zu geogen erhöhten Schwermetallkonzentrationen im Boden und im Grundwasser (Blei, Arsen, Cadmium, Kupfer, Zink) führen. c) nachdem in unmittelbarer nähe zum Flugplatz Grafenwöhr die mittlerweile als „saniert“ bezeichnete Altdeponie Haderbühl, die durch hohe Toxizitäten im Grundwasser (daphnientest) und Funden von Schwermetallen ect. negativ bekannt wurde, liegt, stellt sich die Frage, wie die ergebnisse der aktuellen Pegelbeprobungen sind? Sowohl der sog. „Altbereich“ der Deponie Haderbühl als auch der „Erweiterungsbereich“ (Bauabschnitt I) sind heute saniert. Einzig noch ausstehend ist derzeit der Abschluss des an den Bauabschnitt I anschließenden „Verfüllfeld 17“. Da hier weder eine Abfalleinlagerung erfolgte noch künftig erfolgen soll, ist beabsichtigt, dieses vollständig zurückzubauen und zu rekultivieren. Die Sanierung sämtlicher zur Ablagerung genutzter Bereiche mit einer endgültigen Oberflächenabdichtung zeigen durch die damit verbundene deutliche Verbesserung der Wasserhaushalts- und Vegetationssituation erste positive Auswirkungen auf die Grundwasserbeschaffenheit. So zeigen die Ergebnisse der aktuellen Messungen vom 16./17. Juni 2014 (Anlage) Überschreitungen von Stufenwerten (nach LfW Merkblatt 3.8/1) lediglich bei den Parametern Quecksilber und Kupfer. Beim Parameter Quecksilber lagen die Werte in 4 von 9 Messstellen über dem Stufe-2-Wert, beim Kupfer in 2 von 9. Insgesamt sind gleichbleibende bis deutlich rückläufige Entwicklungen zu verzeichnen, die sich im Laufe der Zeit noch verstärken werden. Dies ist ein bei Deponiesanierung durch Oberflächenabdichtung typischer Konzentrationsverlauf. 4. Wer ist für die Umweltsanierung von evt. geschädigten angrenzenden Gebieten und des Grundwassers verantwortlich? Nach § 4 Abs. 3 Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG) sind i. d. R. der Verursacher der schädlichen Bodenveränderung oder Altlast (Handlungsverantwortlicher) sowie der Grundstückseigentümer (Zustandsverantwortlicher) für die Erkundung und Sanierung verantwortlich. a) Wer übernimmt die Kosten einer solchen evt. notwendigen Umweltsanierung? Die für die Abgeltung der von Gaststreitkräften in Deutschland verursachten Schäden zuständige Stelle ist die BImA. Ansprechpartner für betroffene Bürgerinnen und Bürger, aber auch für Behörden, sind die bei der BImA gebildeten Schadensregulierungsstellen des Bundes (SRB). Diese regulieren die Schadensfälle auf der Grundlage deutschen Rechts bundesweit und fordern anschließend bei den Gaststreitkräften die völkerrechtlich geschuldeten Erstattungen an. 5. Wer ist nach einer evt. Schließung für die Umweltsanierung des Truppenübungsplatzes Grafenwöhr verantwortlich? Der TÜP Grafenwöhr ist den US-Streitkräften nach den Bestimmungen des NATO-Truppenstatuts und des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut (ZANTS) zur Nutzung überlassen. Das Gebiet des Truppenübungsplatzes fällt nach einer Schließung wieder dem Bund, vertreten durch die BImA, zu. drucksache 17/5188 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 a) Wer übernimmt die Kosten für die Umweltsanierung ? Damit trägt der Bund (die BImA) nach einer möglichen Schließung des TÜP die Kosten für eine ggf. durchzuführende Umweltsanierung, da der Bund nach wie vor Grundstückseigentümer (Zustandsverantwortlicher nach § 4 Abs. 3 BBodSchG) ist. b) Welche Vereinbarungen wurden im überlassungsvertrag zum Zustand der Liegenschaften bei einer rückgabe getroffen? Im Falle einer Frei- und Rückgabe der Liegenschaft durch die US-Streitkräfte an den Bund wird das Überlassungsverhältnis auf der Grundlage der völkerrechtlichen Vereinbarungen abgewickelt. Hierzu wird u. a. zum Zeitpunkt der Freigabe der Zustand der Liegenschaft einschließlich der darauf befindlichen Gebäude und sonstigen baulichen Anlagen festgestellt. Eine mögliche Restwertentschädigung richtet sich nach den Vorschriften des Art. 52 ZANTS. Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode drucksache 17/5188 Anlage 1 drucksache 17/5188 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 5 Anlage 2 – Untersuchungsergebnisse deponie „Haderbühl“ Anlage 2- Untersuchungsergebnisse Deponie „Haderbühl“