Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Herbert Woerlein, Susann Biedefeld SPD vom 06.10.2014 Forschungsprojekte an der Universität Würzburg auf der Grundlage von Tierversuchen an Affenbabys Wir fragen die Staatsregierung: 1. a) Sind Medienberichte zutreffend, wonach Institute der Universität Würzburg an Forschungsprojekten von US-Gesundheitsinstituten beteiligt sind, in deren Rahmen Tierversuche an Affenbabys stattfinden bzw. stattfanden ? b) Welche Einrichtungen der Universität waren bzw. sind an dem Projekt beteiligt? c) In welchem Umfang waren bzw. sind diese Einrichtungen der Universität an dem Projekt beteiligt? 2. Welche Tierversuche wurden im Rahmen des Projek- tes im Einzelnen durchgeführt? 3. a) Wer hat diese Versuche bzw. die Forschungen auf der Grundlage von Tierversuchen an der Universität Würzburg genehmigt? b) Mit wie vielen Tieren wurden und werden in den Tierversuchen gearbeitet? c) Welche Auflagen wurden festgelegt? 4. a) Wurde die Möglichkeit geprüft, anstelle der Tierversu- che alternative Forschungsmethoden anzuwenden? Wenn ja, mit welchem konkreten Ergebnis? b) Welche gesetzlichen Beschränkungen gibt es für Fälle , in denen an bayerischen Universitäten Forschungen durchgeführt werden, deren Grundlage auf Tierversuchen im Ausland beruhen? c) Ist sichergestellt, dass die Erkenntnisse, die bei den Versuchen erzielt werden, auf Menschen übertragbar sind? 5. a) In welchen Einrichtungen und Universitäten in Bayern werden Tierversuche mit Affen bzw. Affenbabys praktiziert und mit wie vielen Tieren? b) In welchen Einrichtungen und Universitäten Bayerns werden Forschungen auf der Grundlage von Tierversuchen an Affen durchgeführt? 6. a) Wie viele Tierversuche an Affen hat es in den letzten fünf Jahren in Bayern gegeben? b) Wie viele Anträge auf Tierversuche an Affen und mit wie vielen Tieren liegen derzeit vor? 7. In welchem Umfang erfolgt eine Finanzierung der Tier- versuche bzw. Forschungen auf der Grundlage von Tierversuchen durch Steuermittel (Nennung konkreter Summen und konkreter Haushaltstitel)? 8. Wie verhindert die Staatsregierung, dass auf dem Wege der internationalen Kooperation die in Deutschland geltenden ethischen Standards für Tierversuche an bayerischen Forschungseinrichtungen unterlaufen werden? Antwort des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 09.02.2015 Die Schriftliche Anfrage wird aufgrund einer Stellungnahme der Universität Würzburg sowie in Absprache mit dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz wie folgt beantwortet: 1. a) Sind Medienberichte zutreffend, wonach Institute der Universität Würzburg an Forschungsprojekten von US-Gesundheitsinstituten beteiligt sind, in deren Rahmen Tierversuche an Affenbabys stattfinden bzw. stattfanden? Es besteht seit 1998 eine Kooperation des Lehrstuhls für Molekulare Psychiatrie, Zentrum für Psychische Gesundheit der Universität und des Universitätsklinikums Würzburg, mit Dr. Stephen Suomi, Leiter der Comparative Behavioral Genetics Section des Eunice Kennedy Shriver National Institute of Child Health and Human Development (NICHD), National Institutes of Health (NIH), Poolesville, MD 20837, USA, mit dem Ziel der Erforschung genetischer Grundlagen von Emotionalität und Verhalten sowie deren Störungen. Im Rahmen dieser Forschung werden von den amerikanischen Kooperationspartnern Tierversuche an neugeborenen und adulten Rhesusmakaken (Macaca mulatta) durchgeführt. b) Welche Einrichtungen der Universität waren bzw. sind an dem Projekt beteiligt? Beteiligt sind die unter 1 a genannten Einrichtungen. c) In welchem Umfang waren bzw. sind diese Einrichtungen der Universität an dem Projekt beteiligt? Das Labor des Lehrstuhls für Molekulare Psychiatrie ist international als Referenzzentrum für die molekulargenetische Analyse psychischer Erkrankungen anerkannt. In diesem Zusammenhang analysiert es im Auftrag zahlreicher Forschungsgruppen menschliche und nicht-menschliche DNA-Proben mit Blick auf Genvariationen, die an Angst- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 27.03.2015 17/5317 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/5317 und anderen psychiatrischen Erkrankungen beteiligt sind. Solche DNA-Proben werden auch für die Arbeitsgruppe von Dr. Suomi (Comparative Behavioral Genetics Section des Eunice Kennedy Shriver National Institute of Child Health and Human Development, National Institutes of Health) analysiert . Eine darüber hinausgehende Kooperation mit dieser Arbeitsgruppe, insbesondere eine Beteiligung an Tierversuchen , besteht nicht. Nach Auskunft von Dr. Suomi werde die Blutentnahme aus der Armvene der Affen zur Gewinnung der DNA-Probe im Rahmen von routinemäßigen Gesundheitsprüfungen durchgeführt, die auch die Bestimmung von anderen Blutparametern umfassten. Diese Gesundheitsprüfungen erfolgten in regelmäßigen Abständen am erwachsenen Tier, eine Belastung oder Schädigung sei hierdurch nicht gegeben . Nach der Gesundheitsprüfung würden die Tiere wieder in ihre Kolonie zurückgeführt, um im Rahmen der normalen Lebenserwartung dort zu verbleiben. 2. Welche Tierversuche wurden im Rahmen des Projektes im Einzelnen durchgeführt? Die Wissenschaftler der Universität Würzburg waren bzw. sind weder an der Durchführung der Versuche noch an den Entnahmen der Proben beteiligt. Deshalb können dazu keine über die Antwort zu Frage 1 c hinausgehenden Angaben gemacht werden. 3. a) Wer hat diese Versuche bzw. die Forschungen auf der Grundlage von Tierversuchen an der Universität Würzburg genehmigt? Sämtliche Versuche und Blutentnahmen an den Affen wurden in den USA an den unter Frage 1 a genannten US-staatlichen Institutionen auf der dort geltenden Rechtsgrundlage durchgeführt. Die Bestimmung von Laborparametern an den aus den USA erhaltenen Blutproben der Affen unterliegt nicht den Regelungen des deutschen oder europäischen Tierschutzrechts . b) Mit wie vielen Tieren wurden und werden in den Tierversuchen gearbeitet? c) Welche Auflagen wurden festgelegt? Siehe Antwort auf Frage 2. 4. a) Wurde die Möglichkeit geprüft, anstelle der Tierversuche alternative Forschungsmethoden anzuwenden ? Wenn ja, mit welchem konkreten Ergebnis ? Auch hierzu sind mangels Beteiligung keine Angaben zu den US-amerikanischen Richtlinien und Vorgehensweisen möglich. b) Welche gesetzlichen Beschränkungen gibt es für Fälle, in denen an bayerischen Universitäten Forschungen durchgeführt werden, deren Grundlage auf Tierversuchen im Ausland beruhen? Für jedes Forschungsvorhaben an Wirbeltieren, das in Deutschland durchgeführt wird, gelten die Vorgaben des deutschen Tierschutzrechts. Vor der Genehmigung muss von den zuständigen Behörden sorgfältig geprüft werden, ob die materiellen und formalen Voraussetzungen erfüllt sind, die durch das Tierschutzgesetz und die TierschutzVersuchstierverordnung detailliert vorgegeben sind. Europäische und nationale Bestimmungen für die Verwendung von Tieren zu wissenschaftlichen Zwecken sind nur für solche Maßnahmen anwendbar, die im Geltungsbereich dieser Bestimmungen durchgeführt werden. Das europäische und nationale Tierschutzrecht stellen keine Regelungen für die Analyse biologischer Proben auf, die in Drittländern nach ausländischem Recht gewonnen wurden. c) Ist sichergestellt, dass die Erkenntnisse, die bei den Versuchen erzielt werden, auf Menschen übertragbar sind? Eine Übertragbarkeit von Forschungsergebnissen aus Tierversuchen auf Menschen kann nicht in vollem Umfang sichergestellt werden. Die Versuche liefern aber wichtige Informationen über biologische Mechanismen und Zusammenhänge , die für die Beantwortung medizinischer Fragestellungen unverzichtbar sind. Die Übertragung an Primaten gewonnener Forschungsergebnisse führte in der Biologischen Psychiatrie zu einem Paradigmenwechsel in Richtung einer grundlegenden Bedeutung von Gen-/Umwelt-Interaktionen auf molekularer Ebene. Dadurch wurde die Forschung zur Epigenetik psychischer Erkrankungen zu einem weltweit zentralen Anliegen . Die Ergebnisse der Arbeiten des Lehrstuhls für Molekulare Psychiatrie haben darüber hinaus weitreichende öffentlich-gesundheitliche und damit gesellschaftliche Implikationen . Sie zeigen z. B., dass bei gesellschaftspolitischen Entwicklungen wie der Einrichtung von Kindertagesstätten und Krippen auch die psychosozialen Folgen mit ins Kalkül gezogen werden müssen. Eine undifferenzierte Trennung von Kleinkindern von der Mutter und ihre Verbringung in qualitativ suboptimale Einrichtungen können bei einzelnen, dafür ungeeigneten Kindern zu einem lebenslang erhöhten Risiko für Angsterkrankungen und Depression führen. 5. a) In welchen Einrichtungen und Universitäten in Bayern werden Tierversuche mit Affen bzw. Affenbabys praktiziert und mit wie vielen Tieren? Im Zeitraum von 2009 bis 2013 wurden insgesamt 178 Affen (Makaken und Paviane) in genehmigten Tierversuchen verwendet , und zwar – 38 Tiere in Tierversuchen der Ludwig-Maximilians-Uni- versität sowie – 140 Tiere durch ein forschendes pharmazeutisches Un- ternehmen. b) In welchen Einrichtungen und Universitäten Bayerns werden Forschungen auf der Grundlage von Tierversuchen an Affen durchgeführt? Genehmigungspflichtige Tierversuche an Affen werden nur durch die Ludwig-Maximilians-Universität München und ein forschendes pharmazeutisches Unternehmen durchgeführt. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 4 b verwiesen. 6. a) Wie viele Tierversuche an Affen hat es in den letzten fünf Jahren in Bayern gegeben? In Bayern wurden in den letzten fünf Jahren zwei genehmigungspflichtige Tierversuche an Affen durchgeführt. b) Wie viele Anträge auf Tierversuche an Affen und mit wie vielen Tieren liegen derzeit vor? Derzeit liegt ein Antrag auf Tierversuche an Affen vor, der 36 Tiere umfasst. Drucksache 17/5317 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 7. In welchem Umfang erfolgt eine Finanzierung der Tierversuche bzw. Forschungen auf der Grundlage von Tierversuchen durch Steuermittel (Nennung konkreter Summen und konkreter Haushaltstitel)? Das Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst fördert grundsätzlich keine bestimmten Forschungsfelder oder -projekte. Der Zuschuss für Forschung und Lehre wird zur Gänze an die Universitäten ausgezahlt, die im Rahmen ihrer Wissenschaftsfreiheit eigenständig über die Gegenstände ihrer Forschung entscheiden. Eine singuläre Ausnahme hiervon bildet Kap. 15 09 Tit. 532 81 für den Einkauf von Tieren für Versuchszwecke bei den Tierkliniken der Tierärztlichen Fakultät der Universität München. Tierversuche in der Tierärztlichen Fakultät der Universität München werden ausschließlich entsprechend den Vorgaben des Tierschutzgesetzes durchgeführt und nehmen nur einen verhältnismäßig geringen Umfang ein. Entsprechend ist der genannte Haushaltstitel lediglich mit 26,2 T€ dotiert. Die Mittel sind für den Einkauf von Tieren für Versuchszwecke notwendig, um die nach den Vorgaben des Tierschutzgesetzes durchgeführten und genehmigten Tierversuche in der Tierärztlichen Fakultät der Universität München durchführen zu können. Die Tierärztliche Fakultät der Universität München als einzige tierärztliche Ausbildungsstätte in Süddeutschland ist dem Tierschutz gerade in besonderer Weise verpflichtet. 8. Wie verhindert die Staatsregierung, dass auf dem Wege der internationalen Kooperation die in Deutschland geltenden ethischen Standards für Tierversuche an bayerischen Forschungseinrichtungen unterlaufen werden? Siehe Antwort zu Frage 4 b.