nachdem ein besonderes Problem der Gemeinde Kirchzell bekannt wurde, nämlich dass die Notaufnahme in der Helios-Klinik 15 km entfernt war, ab dem 01.01.2015 die nächste Notaufnahme in Erlenbach aber ca. 32 km entfernt ist? Soll dies auch in Zukunft weiterhin durch den Einsatz von ehrenamtlichen Helfern geschehen (im Jahr 2014 gab es bereits 46 solcher Einsätze mit ehrenamtlichen Helfern) oder hat die Staatsregierung andere Vorschläge bzw. Konzepte? 7. Nachdem die Helios-Kliniken angekündigt haben, die konzentrierte Notaufnahme in Erlenbach aufstocken zu wollen, frage ich die Staatsregierung, was im Einzelnen vorgesehen ist und ab wann dies der Fall sein wird? 8. Ist es richtig, dass es in anderen Bundesländern (z. B. Baden-Württemberg) eine 12-Minuten-Regelung als gesetzliche Mussregelung gibt und welche Konsequenzen gibt es dort bei Überschreitung dieser Frist im Einzelnen? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 11.02.2015 1. Was sind die jeweiligen Gründe für das Versagen der statistischen Erfassung, nachdem es von Januar 2013 bis Oktober 2014 im Landkreis Miltenberg 1673 Notfälle (= 13,3 %) gab, die laut Statistik nicht auswertbar waren? Maßgeblich für die Einhaltung der 12-Minuten-Frist ist die Fahrzeit des ersteintreffenden qualifizierten Rettungsmittels am Einsatzort. Damit diese Fahrzeit auswertbar ist, müssen zwei Bedingungen erfüllt sein: – Es muss möglich sein zu bestimmen, welches Rettungs- mittel als Erstes am Einsatzort eintraf. Dazu muss bei Notfallereignissen mit mehreren beteiligten qualifizierten Rettungsmitteln die Ankunftszeit aller dieser Rettungsmittel dokumentiert sein, also der Zeitpunkt des Erreichens des Einsatzortes (sog. Status 4 – die Besatzung meldet diesen Status der Integrierten Leitstelle über Funk durch Drücken des entsprechenden Knopfes im Fahrzeug). – Für das erste qualifizierte Rettungsmittel am Einsatzort muss weiterhin die Ausrückzeit dokumentiert sein, also der Zeitpunkt der Einsatzübernahme (sog. Status 3 – die Besatzung meldet diesen Status der Integrierten Leitstelle über Funk durch Drücken des entsprechenden Knopfes im Fahrzeug). Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 22.04.2015 17/5381 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Hans Jürgen Fahn FREIE WÄHLER vom 22.12.2014 Rettungsdienstliche Versorgung und Notarztdienste im Landkreis Miltenberg Im Rahmen einer Anfrage zum Plenum (Drs. 17/4728) habe ich in der 50. KW nach den verschiedenen Hilfsfristen am Untermain gefragt, aber aufgrund der Kürze der Zeit nicht alle Antworten erhalten. Die in der SA genannten Werte stammen aus der Antwort der Staatsregierung zu meiner Anfrage zum Plenum. Ich frage die Staatsregierung: 1. Was sind die jeweiligen Gründe für das Versagen der sta- tistischen Erfassung, nachdem es von Januar 2013 bis Oktober 2014 im Landkreis Miltenberg 1.673 Notfälle (= 13,3 %) gab, die laut Statistik nicht auswertbar waren? 2. Welche Möglichkeit gibt es, diese „nicht auswertbaren Notfälle“ in Zukunft dennoch zu erfassen (z. B. durch eine technische Aufrüstung)? 3. Nachdem die sog. 12-Minuten-Frist in Bayern als Orientierungsgröße für den Rettungszweckverband gilt, die noch um 20 % überschritten werden darf, der Zweckverband über geeignete Maßnahmen zur Verbesserung zu entscheiden hat, wenn dieser Wert in einem Gemeindegebiet überschritten wird und der 20 %-Wert in der Zeit vom Januar 2013–Oktober 2014 in folgenden Gemeinden überschritten worden ist (ohne die nicht auswertbaren Notfälle): Eichenbühl: 25 %, Hausen: 26 %, Kirchzell: 43,5 %, Kleinwallstadt: 20,8 %, Leidersbach: 62,8 %, Mönchberg: 22,1 %, Neunkirchen: 67,3 %, Schneeberg: 26,8 % und Sulzbach: 23,8 %, frage ich die Staatsregierung , ob in den genannten Orten Verbesserungen vorgenommen werden müssen? Wenn ja, welche und in welchem Zeitraum? 4. Welche Verbesserungen sind möglich, damit zumindest diese „20 %-Frist“ eingehalten werden kann? 5. Nachdem es ab 01.01.2015 im Landkreis Miltenberg keine Notfallversorgung an der Klinik in Miltenberg geben wird, frage ich die Staatsregierung, welche Änderungen muss es im Konzept der Notfallversorgung geben, um diesen „Ausfall“ zu kompensieren? 6. Welche Konzepte hat die Staatsregierung, um die Zeiten bis zum Eintreffen des Rettungswagens zu überbrücken, Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/5381 Mögliche Gründe für die fehlende Dokumentation der Ankunfts - bzw. der Ausrückzeit sind: – Bei Einsätzen auf bayerischem Staatsgebiet mit Ret- tungsmitteln, die nicht in Bayern stationiert sind, wird der Status 3 grundsätzlich nicht und der Status 4 häufig nicht an die den Einsatz führende bayerische Leitstelle übergeben . – Bei Einsätzen mit bayerischen Rettungsmitteln, die nicht der für den Einsatzort zuständigen Leitstelle zugeordnet sind, wird der Status 3 nicht an die zuständige Leitstelle übergeben. In diesen Fällen versucht man im Zuge der Datenaufbereitung, die Daten der beiden am Einsatz beteiligten Leitstellen zusammenzuführen. Dies gelingt jedoch nicht immer. – Die Besatzung des Rettungsmittels hat versäumt, beim Ausrücken bzw. bei der Ankunft am Einsatzort am Funkgerät den Status zu drücken. – Zum Zeitpunkt des Ausrückens oder der Ankunft bestand keine Funkverbindung zur Leitstelle, sodass trotz Drückens am Funkgerät kein FMS-Status übermittelt wurde. 2. Welche Möglichkeiten gibt es, diese „nicht auswertbaren Notfälle“ in Zukunft dennoch zu erfassen (z. B. durch eine technische Aufrüstung)? Eine Verbesserung der Auswertbarkeit könnte durch folgende Maßnahmen erreicht werden: – Ermöglichung einer direkten Übergabe der Einsatzdaten von der Heimatleitstelle zur einsatzführenden Leitstelle in den EDV-Systemen der Leitstellen (rettungsdienstbereichsübergreifend sowie landesübergreifend). – Bereitstellung der Einsatzdaten außerbayerischer Leitstellen für das Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement (INM), welches die Auswertungen vornimmt. – Verbesserung der Dokumentationsdisziplin der Besatzungen der Rettungsmittel. – Verbesserung der Funkabdeckung. 3. Nachdem die sog. 12-Minuten-Frist in Bayern als Orientierungsgröße für den Rettungszweckverband gilt, die noch um 20 % überschritten werden darf, der Zweckverband über geeignete Maßnahmen zur Verbesserung zu entscheiden hat, wenn dieser Wert in einem Gemeindegebiet überschritten wird und der 20 %-Wert in der Zeit vom Januar 2013–Oktober 2014 in folgenden Gemeinden überschritten worden ist (ohne die nicht auswertbaren Notfälle): Eichenbühl: 25%, Hausen: 26%, Kirchzell: 43,5%, Kleinwallstadt: 20,8 %, Leidersbach: 62,8 %, Mönchberg: 22,1%, Neunkirchen: 67,3%, Schneeberg: 26,8% und Sulzbach :23,8%, frage ich die Staatsregierung, ob in den genannten Orten Verbesserungen vorgenommen werden müssen? Wenn ja, welche und in welchem Zeitraum? Aufgrund der Vorgaben in der Verordnung zur Ausführung des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes (AVBayRDG) werden Hilfsfristen nicht auf Gemeindeebene ermittelt, sondern auf Versorgungsbereichsebene. Dabei sind jeder Teil eines Gemeindegebiets in Bayern sowie die gemeindefreien Gebiete ausgehend von der planerisch kürzesten Fahrzeit dem festgelegten Versorgungsbereich einer Rettungswache zugeordnet. Die genannten Gemeinden gehören entweder zum Versorgungsbereich der Rettungswache Miltenberg oder zum Versorgungsbereich der Rettungswache Obernburg. Im Versorgungsbereich der Rettungswache Obernburg wird die Fahrzeit regelmäßig zu etwa 85 % eingehalten, im Versorgungsbereich der Rettungswache Miltenberg zu etwa 90 %. Insoweit wurden die rechtlichen Vorgaben eingehalten . Gleichwohl hat der zuständige Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung (ZRF) Bayerischer Untermain in Abstimmung mit dem Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement (INM) bei der letzten Nachbetrachtung Feinjustierungen in den Standortstrukturen vorgenommen . Die Vorhaltezeiten an den Stellplätzen Amorbach und Eschau wurden ausgeweitet und der Stellplatz Eschau nach Hobbach verlegt. Hierdurch gelangen weitere Verbesserungen auf Gemeindeebene. Angesichts der geringen Einsatzzahlen auf Gemeindeebene sind weitere Verbesserungen in den Vorhaltemodalitäten zurzeit nicht wirtschaftlich darstellbar. 4. Welche Verbesserungen sind möglich, damit zumindest diese „20 %-Frist“ eingehalten werden kann? Wird die Fahrzeit nicht eingehalten, so hat der ZRF nach pflichtgemäßem Ermessen über geeignete Maßnahmen zur Verbesserung zu entscheiden. Infrage kommen u.a. eine Änderung der Dispositionsstrategie, eine Verlagerung eines Standorts sowie als Ultima Ratio die Errichtung eines neuen Stellplatzes oder einer neuen Rettungswache. Jede Änderung, die sich auf die Betriebskosten der Notfallrettung auswirkt, bedarf der Zustimmung der Sozialversicherungsträger . Der ZRF hat bei jeder Entscheidung auch die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten. Vorliegend hat der Zweckverband bereits eine Ausweitung der Vorhaltezeiten sowie eine Stellplatzverlegung mit Zustimmung der Kostenträger umgesetzt. 5. Nachdem es ab dem 01.01.2015 im Landkreis Miltenberg keine Notfallversorgung an der Klinik in Miltenberg geben wird, frage ich die Staatsregierung, welche Änderungen muss es im Konzept der Notfallversorgung geben, um diesen „Ausfall“ zu kompensieren ? Der Faktor Zeit ist für die Genesung bestimmter Notfallpatienten (insbes. bei den sog. Tracer Diagnosen Schlaganfall, Herzinfarkt, Schädel-Hirn-Trauma, Polytrauma) entscheidend . Das präklinische Zeitintervall soll im Regelfall höchstens 60 Minuten (sog. „golden hour“) betragen, die definitive klinische Therapie sollte nach höchstens 90 Minuten beginnen . Bereits seit dem Jahr 2008 entwickelte sich das Kreiskrankenhaus Miltenberg hin zu einer Teleportalklinik des RhönKlinikums , in der die akutklinischen Einrichtungen geschlossen worden sind. Notfallpatienten mit einem Herzinfarkt, Schlaganfall oder schweren Unfallverletzungen wurden daher bereits vor dem 01.01.2015 in das in rund 20 Minuten erreichbare Krankenhaus Erlenbach gebracht. Dort sind ein Herzkatheterlabor für Infarktpatienten, ein Anschluss an das Netzwerk zur Behandlung von Schlaganfallpatienten und ein zertifiziertes Traumazentrum zur Behandlung von Unfallpatienten vorhanden. Die konkreten Auswirkungen auf den Rettungsdienst durch den Wegfall der Zentralen Notaufnahme in Miltenberg sind derzeit nach Auskunft des ZRF nicht abschätzbar. Es wurde seitens des ZRF beim Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement (INM) angefragt, ob es in der Lage ist, eine Prognoseberechnung für einen etwaigen zusätzlichen Not- Drucksache 17/5381 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 fallrettungsbedarf zu erstellen. Sollte dies der Fall sein, muss mit den Kostenträgern geklärt werden, ob sie bereit sind, die Ergebnisse einer solchen Prognoseberechnung zu akzeptieren , wenn sich daraus ein Mehrbedarf ergeben sollte. 6. Welche Konzepte hat die Staatsregierung, um die Zeiten bis zum Eintreffen des Rettungswagens zu überbrücken, nachdem ein besonderes Problem der Gemeinde Kirchzell bekannt wurde, nämlich dass die Notaufnahme der Helios-Klinik 15 km entfernt war, ab dem 01.01.2015 die nächste Notaufnahme in Erlenbach aber ca. 32 km entfernt ist? Soll dies auch in Zukunft weiterhin durch den Einsatz von ehrenamtlichen Helfern geschehen (im Jahr 2014 gab es bereits 46 solcher Einsätze mit ehrenamtlichen Helfern) oder hat die Staatsregierung andere Vorschläge bzw. Konzepte ? In der Notfallrettung setzt die Integrierte Leitstelle gemäß § 4 Satz 1 AVBayRDG grundsätzlich das am schnellsten verfügbare geeignete Einsatzmittel des öffentlichen Rettungsdienstes ein. Damit wird sichergestellt, dass das sog. therapiefreie Zeitintervall (bis zum Eintreffen des Einsatzmittels ) möglichst kurz gehalten wird. Um diesen Intervall noch weiter zu verkürzen, können von der Integrierten Leitstelle bei bestimmten Lagebildern auch Einrichtungen der organisierten Ersten Hilfe (Helfer vor Ort bzw. First Responder) mitalarmiert werden. Der Wegfall der Zentralen Notaufnahme in Miltenberg hat keine Auswirkungen auf die Eintreffzeit der Einsatzmittel am Unfallort. Die rettungsdienstlichen Strukturen haben sich dadurch nicht verändert. Rettungswachen bzw. Stellplätze werden unabhängig von Kliniken bzw. Krankenhäusern errichtet und das Rettungsdienstpersonal samt Rettungswagen wird von den Durchführenden des Rettungsdienstes und nicht von den Kliniken gestellt. Die Kliniken können sich im Rahmen des Notarztdienstes an der präklinischen Versorgung beteiligen. Aufgrund des Charakters einer Teleportalklinik gab es jedoch in Miltenberg bereits seit dem Jahr 2008 weniger Ärzte mit der geforderten Notarztqualifikation, sodass auch in diesem Bereich mit keinen nachteiligen Auswirkungen auf den Rettungsdienst gerechnet wird. 7. Nachdem die Helios-Kliniken angekündigt haben, die konzentrierte Notaufnahme in Erlenbach aufstocken zu wollen, frage ich die Staatsregierung, was im Einzelnen vorgesehen ist und ab wann dies der Fall sein wird? Die HELIOS-Klinik Erlenbach hat seit Januar 2015 den Ärztlichen Dienst in der Notaufnahme aufgestockt, sowohl in der Chirurgie als auch in der Inneren Medizin wurde der Notaufnahme ein Arzt mehr zugeteilt. Seit Januar 2015 steht der Notaufnahme am Wochenende und an Feiertagen ein zweiter internistischer Dienst zur Verfügung. Der Pflegedienst in der Notaufnahme wurde seit Januar 2015 um eine Vollkraft in einer Schicht erhöht. Die HELIOS-Klinik Erlenbach beobachtet das Geschehen in der Notaufnahme sehr aufmerksam und tauscht sich hierzu regelmäßig mit dem ZRF und der ILS Bayerischer Untermain aus; hierzu fanden im Januar bereits zwei gemeinsame Veranstaltungen statt. 8. Ist es richtig, dass es in anderen Bundesländern (z. B. Baden-Württemberg) eine 12-Minuten-Regelung als gesetzliche Mussregelung gibt, und welche Konsequenzen gibt es dort bei Überschreitung dieser Frist im Einzelnen? Diese Aussage ist nicht zutreffend. Es wurde eine Länderumfrage zu diesem Thema durchgeführt mit dem Ergebnis , dass in allen Bundesländern, die geantwortet haben (14 von 15), die Hilfsfrist eine reine Planungsgröße darstellt und als einzige Konsequenz bei einer dauerhaften Nichteinhaltung der vorgegebenen Zielerreichungsgröße eine Anpassung des rettungsdienstlichen Bedarfs erfolgt. In Baden-Württemberg z. B. regelt das Landesrettungsdienstgesetz in § 3 „Planung“ (Abs. 2 Satz 6) Folgendes: „Die Hilfsfrist soll aus notfallmedizinischen Gründen möglichst nicht mehr als 10, höchstens 15 Minuten betragen.“ Die Gesetzesbegründung sieht als Zielerreichungsgrad 95 % aller Einsätze im Rettungsdienstbereich pro Jahr vor. Die Hilfsfrist bezieht sich auf den bodengebundenen Rettungsdienst und stellt eine reine Planungsgröße dar; es gibt keine unmittelbaren Konsequenzen; auf die Einhaltung der Planungsvorgaben ist ggf. im Wege der Rechtsaufsicht durch die untere Verwaltungsbehörde auf den die Strukturplanung durchführenden Bereichsausschuss einzuwirken.