Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Christoph Rabenstein SPD vom 10.12.2013 Genehmigungsverfahren neuer Windkraftanlagen Im Frühjahr 2013 hat der Ministerpräsident Horst Seehofer neue Abstandsregelungen für Windparks bzw. Windkraftanlagen eingeführt. Demnach wird der Abstand zwischen Ortschaften und Wohnanlagen von derzeit 800 Metern auf bis zu zwei Kilometer vergrößert. Im Bundesrat soll eine Öffnungsklausel beschlossen werden, nach der die Bundesländer diese Abstandsregeln beim Genehmigungsverfahren selbst festlegen können. Diese Neuregelung wird auch im Koalitionsvertrag angesprochen. Die bayerischen Behörden , die für das Genehmigungsverfahren neuer Windkraftanlagen zuständig sind, wurden angewiesen, sich schon jetzt an die sogenannte 10H-Regelung zu halten. Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie viele geplante Windkraftanlagen wurden in Bayern nach der Ankündigung des Ministerpräsidenten Horst Seehofer, den Abstand zwischen Ortschaften und Windparks von bisher 800 Metern auf bis zu zwei Kilometer zu vergrößern (sog. 10H-Regelung), genehmigt (gesamt und aufgelistet nach Standorten in den 18 Planungsregionen)? 2. Wie viele geplante und bei den Behörden beantragte Windkraftanlagen wurden aufgrund der 10H-Ankündigung nicht genehmigt und um welche Betreibermodelle (private Investoren, kommunale Betreiber, genossenschaftliche Modelle etc.) handelt es sich (gesamt und aufgelistet nach Standorten in den 18 Planungsregionen , jeweils mit geplanter Leistung nach Investitionssumme )? 3. Welche Antragsteller bzw. Betreiber klagen zurzeit gegen die Nichtgenehmigung? 4. Steht die geplante 10H-Abstandsregelung in Einklang zum Konzept der Staatsregierung „Energie innovativ“, in dem vorgesehen ist, in Bayern bis zum Jahre 2021 bis zu 1.500 Windkraftanlagen zu errichten? 5. a) Wie wird die 10H-Ankündigung bzw. die Anweisung an die Behörden, diese Initiative als Gesetz zu bewerten, rechtlich begründet? b) Ist die Anweisung an die Landratsämter, Planungsverbände und Bezirksregierungen, bei Genehmigungen so zu verfahren, als sei die 10H-Ankündigung bereits Gesetz, rechtlich unbedenklich? c) Wie schätzt die Staatsregierung in diesem Zusammenhang die Aussage des renommierten Fachanwalts für Verwaltungsrecht Prof. Dr. Martin Maslaton ein, das Agieren der Staatsregierung sei „ein glatter Aufruf zum Rechtsbruch“? d) Inwieweit sind die Verwaltungen an die oben genannte Weisung der Staatsregierung gebunden? e) Sind der Staatsregierung Fälle bekannt, bei denen sich oben genannte Behörden nicht an die Anweisungen gehalten haben, also weiterhin Windkraftanlagen nach der alten Abstandsregel genehmigen? f) Wie verfährt die Staatsregierung gegebenenfalls mit ihnen? g) Hat ein Antragsteller auf Errichtung neuer Windkraftanlagen das Recht, dass nach der derzeit geltenden Gesetzeslage entschieden wird? 6. Wie lange möchte die Staatsregierung noch diese Praxis der (Nicht-)Genehmigung fortsetzen? 7. Wie viele geplante Windkraftanlagen könnten in Bayern noch genehmigt werden, wenn die 10H-Abstandsregelung in Kraft tritt (gesamt und aufgelistet nach Standorten in den 18 Planungsregionen)? Antwort des Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie vom 29.01.2014 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz , dem Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr und dem Bayerischen Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat wie folgt beantwortet: 1. Wie viele geplante Windkraftanlagen wurden in Bayern nach der Ankündigung des Ministerpräsidenten Horst Seehofer, den Abstand zwischen Ortschaften und Windparks von bisher 800 Metern auf bis zu zwei Kilometer zu vergrößern (sog. 10H-Regelung ), genehmigt (gesamt und aufgelistet nach Standorten in den 18 Planungsregionen)? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 28.02.2014 17/542 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/542 Insgesamt wurden in Bayern seit dem 7. August 2013 37 Windkraftanlagen immissionsschutzrechtlich genehmigt (Stand Oktober 2013). Regierungsbezirk Genehmigt am 07.08.13 oder später Oberbayern 4 Niederbayern 2 Oberpfalz 10 Oberfranken 7 Mittelfranken 10 Unterfranken 4 Schwaben 0 ------- Summe 37 2. Wie viele geplante und bei den Behörden beantragte Windkraftanlagen wurden aufgrund der 10H-Ankündigung nicht genehmigt und um welche Betreibermodelle (private Investoren, kommunale Betreiber, genossenschaftliche Modelle etc.) handelt es sich (gesamt und aufgelistet nach Standorten in den 18 Planungsregionen, jeweils mit geplanter Leistung nach Investitionssumme)? Die beteiligten Staatsministerien haben den Vollzugsbehörden im August 2013 Hilfestellung im Vollzug, insbesondere zu den Fragen der Unwirtschaftlichkeit des Betriebes von Windkraftanlagen und zur Umzingelung einzelner Ortschaften gegeben. Gleichzeitig wurde auf die von Bayern gemeinsam mit Sachsen eingebrachte Bundesratsinitiative hingewiesen , die zum Ziel hat, die bislang im Baugesetzbuch geregelte Privilegierung von Windkraftanlagen sowie die Festsetzungsmöglichkeiten in der Baunutzungsverordnung insoweit einzuschränken, als die Länder nunmehr selbst angemessene gesamthöhenbezogene Mindestabstände von Windkraftanlagen zur nächstgelegenen Wohnbebauung festsetzen können. Bis zum Inkrafttreten dieser Gesetzesänderung sollen keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden, sofern nicht Vertrauensschutzgesichtspunkte entgegenstehen. Solche Vertrauensschutzgesichtspunkte liegen vor, wenn in einem immissionsschutzrechtlichen Verfahren die Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt sind. Im Übrigen wurden die beteiligten Behörden aufgefordert, möglichst einvernehmliche Lösungen mit den Beteiligten zu finden. Die ministeriellen Schreiben vom August 2013 enthalten jedoch nicht die Vorgabe , die 10H-Ankündigung wie ein Gesetz zu behandeln. 3. Welche Antragsteller bzw. Betreiber klagen zurzeit gegen die Nichtgenehmigung? Dem für Fragen der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren von Windkraftanlagen zuständigen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 4. Steht die geplante 10H-Abstandsregelung in Einklang zum Konzept der Staatsregierung „Energie innovativ“, in dem vorgesehen ist, in Bayern bis zum Jahre 2021 bis zu 1.500 Windkraftanlagen zu errichten? Die Energiewende ist in den letzten Jahren erfolgreich angelaufen und vorangekommen. Bei einem Projekt dieser Größenordnung ist es natürlich, dass von Zeit zu Zeit Nachjustierungen vorgenommen werden. Dies macht eine Überarbeitung des Bayerischen Energiekonzepts „Energie innovativ “ erforderlich. Voraussetzung für ein neues bayerisches Programm ist auch der Abschluss der geplanten Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. 5. a) Wie wird die 10H-Ankündigung bzw. die Anweisung an die Behörden, diese Initiative als Gesetz zu bewerten, rechtlich begründet? b) Ist die Anweisung an die Landratsämter, Planungsverbände und Bezirksregierungen, bei Genehmigungen so zu verfahren, als sei die 10H-Ankündigung bereits Gesetz, rechtlich unbedenklich? c) Wie schätzt die Staatsregierung in diesem Zusammenhang die Aussage des renommierten Fachanwalts für Verwaltungsrecht Prof. Dr. Martin Maslaton ein, das Agieren der Staatsregierung sei „ein glatter Aufruf zum Rechtsbruch“? d) Inwieweit sind die Verwaltungen an die oben genannte Weisung der Staatsregierung gebunden? f) Wie verfährt die Staatsregierung gegebenenfalls mit ihnen? g) Hat ein Antragsteller auf Errichtung neuer Windkraftanlagen das Recht, dass nach der derzeit geltenden Gesetzeslage entschieden wird? Siehe hierzu Antwort zu Frage 2. e) Sind der Staatsregierung Fälle bekannt, bei denen sich oben genannte Behörden nicht an die Anweisungen gehalten haben, also weiterhin Windkraftanlagen nach der alten Abstandsregel genehmigen ? Bis zum Inkrafttreten einer landesrechtlichen Neuregelung wenden die Genehmigungsbehörden das derzeit geltende Recht an. 6. Wie lange möchte die Staatsregierung noch diese Praxis der (Nicht-)Genehmigung fortsetzen? Siehe hierzu Antwort zu Frage 5 e. 7. Wie viele geplante Windkraftanlagen könnten in Bayern noch genehmigt werden, wenn die 10H-Abstandsregelung in Kraft tritt (gesamt und aufgelistet nach Standorten in den 18 Planungsregionen)? Vor dem Hintergrund der EEG-Novelle und der nicht bekannten Förderbedingungen können hierzu keine konkreten Zahlen genannt werden.