Antwort des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 25.02.2015 1. a) Wie viele Menschen leiden in Bayern an einer psychischen Erkrankung? b) Bestehen regionale Auffälligkeiten? Ich verweise auf die Antwort der Staatsregierung auf die Interpellation der SPD-Fraktion betreffend die Entwicklung der ambulanten, teilstationären und stationären Versorgung psychisch erkrankter, seelisch behinderter und suchtkranker Menschen in Bayern (LT-Drucksache 17/482). Aktuellere Zahlen liegen der Staatsregierung derzeit nicht vor. 2. Welchen Nutzen bzw. welche Wirkung misst die Staatsregierung körperlicher Bewegung/Sport zur Prävention und Therapie von psychischen Erkrankungen bei? In der Therapie ist aus wissenschaftlicher Sicht belegt, dass Ausdauertraining antidepressiv wirkt und zur Einsparung antidepressiver Medikamente führen kann. Bei Schizophrenien bessern sich kognitive Defizite, aber auch Positiv - und Negativsymptomatik (vgl. Malchow et al, Physical activity in mental disorders, MMW Fortschr Med. 2014 Jan 20;156(1):41-3). Unter Positivsymptomatik werden Übersteigerungen und Fehlinterpretation des normalen Erlebens bis hin zu Halluzinationen und Wahnbildung zusammengefasst . Negativsymptomatik bezeichnet die Einschränkungen des normalen Erlebens, z. B. Rückzug, Antriebsarmut und verminderter Mimik und Gestik. Im Bereich der Prävention haben neuere Studien (vgl. Ranoyen et al, Familial aggregation of anxiety and depression in the community: the role of adolescents’ self-esteem and physical activity level (the HUNT Study) BMC Public Health. 2015 Feb 4;15(1):78) gezeigt, dass bei Jugendlichen Sport präventiv gegen Angst und Depression wirken kann. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 22.04.2015 17/5576 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Kathrin Sonnenholzner SPD vom 22.01.2015 Psychische Erkrankungen und Sport Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Wie viele Menschen leiden in Bayern an einer psychi- schen Erkrankung? b) Bestehen regionale Auffälligkeiten? 2. Welchen Nutzen bzw. welche Wirkung misst die Staatsregierung körperlicher Bewegung/Sport zur Prävention und Therapie von psychischen Erkrankungen bei? 3. Mit welchen Maßnahmen fördert die Staatsregierung Sport- und Bewegungstherapie bei psychischen Erkrankungen ? 4. a) Hat die Staatsregierung Kenntnis, wie viele Sportangebote es in Bayern für Menschen mit psychischen Erkrankungen derzeit gibt? b) Wenn ja, wie viele gibt es in den einzelnen Regierungsbezirken ? 5. a) Hat die Staatsregierung Kenntnis von Untersuchungsergebnissen zum Zusammenhang von Sport und Psyche ? b) Wenn ja, welche? c) Wie bewertet die Staatsregierung diese? 6. Wie bewertet die Staatsregierung die Forderung, sportliche Betätigung (z. B. Lauf-Treff, Nordic-Walking) für psychisch kranke Menschen in den ambulanten Maßnahmenkatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufzunehmen? Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/5576 3. Mit welchen Maßnahmen fördert die Staatsregierung Sport- und Bewegungstherapie bei psychischen Erkrankungen? Die Staatsregierung fördert keine spezifischen Sport- und Bewegungsmaßnahmen. Alle Kliniken für Psychiatrie und Psychotherapie bieten sport- und bewegungstherapeutische Angebote für ihre Patienten an; diese sind Teil auch der stationären Behandlung. 4. a) Hat die Staatsregierung Kenntnis, wie viele Sportangebote es in Bayern für Menschen mit psychischen Erkrankungen derzeit gibt? Hierzu liegen der Staatsregierung keine Erkenntnisse vor. b) Wenn ja, wie viele gibt es in den einzelnen Regierungsbezirken ? Entfällt. 5. a) Hat die Staatsregierung Kenntnis von Untersuchungsergebnissen zum Zusammenhang von Sport und Psyche? b) Wenn ja, welche? Hierzu gibt es eine Vielzahl von Studien. Aufgrund der hohen Zahl von Untersuchungen existieren Metaanalysen, die verschiedene Studien zusammenfassen und bewerten. Einige wichtige Metaanalysen sind die nachfolgenden: Daley, Exercise and depression: a review of reviews, J Clin Psychol Med Settings. 2008 Jun;15(2):140-7; Hanson & Jones, Is there evidence that walking groups have health benefits? A systematic review and meta-analysis, Br J Sports Med. 2015 Jan 19; Harvey et al, Physical activity and common mental disorders, Br J Psychiatry. 2010 Nov;197(5):357-64. In diesen Metaanalysen sind aus Einzelstudien teilweise mehrere Tausend Probanden zusammengefasst. Die Ergebnisse dieser Metaanalysen fanden Berücksichtigung in sogenannten Leitlinien. So führt die Nationale Versorgungsleitlinie (S3-Leitlinie) Depression (http://www.leitlinien .de/nvl/depression) aus: „Körperliches Training kann aus klinischer Erfahrung heraus empfohlen werden, um das Wohlbefinden zu steigern und depressive Symptome zu lindern .“ (Empfehlung 3-55). Leitlinien und entsprechende Metaanalysen kommen ganz überwiegend zur Einschätzung, dass der Effekt von Sport ein additiver ist und nicht eine entsprechende medikamentöse , psychotherapeutische und nicht-medikamentöse Behandlung einer psychischen Störung ersetzen kann. Dies betrifft insbesondere die Anwendung von Sport und Bewegung bei Depressionen, manisch-depressiven Erkrankungen , Panikstörungen und schizophrenen Psychosen. c) Wie bewertet die Staatsregierung diese? Die Staatsregierung begrüßt den Eingang der wissenschaftlichen Erkenntnisse in die Versorgungsleitlinien. 6. Wie bewertet die Staatsregierung die Forderung, sportliche Betätigung (z. B. Lauf-Treff, NordicWalking ) für psychisch kranke Menschen in den ambulanten Maßnahmenkatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufzunehmen? Grundsätzlich können durch Prävention und Gesundheitsvorsorge zahlreiche Gesundheitsprobleme wirksam vermieden oder positiv unterstützt werden. Entsprechende Leistungen sieht die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) deshalb bereits vor. Die Krankenkasse soll in ihrer Satzung Leistungen zur Primärprävention vorsehen (§ 20 Abs. 1 SGB V). In Umsetzung des bundesgesetzlichen Auftrags hat der Spitzenverband Bund der Krankenkassen prioritäre Handlungsfelder und Kriterien für diese Leistungen beschlossen (Leitfaden Prävention ). Dabei ist Bewegung ein wichtiges Handlungsfeld. In diesem Rahmen bieten die gesetzlichen Krankenkassen ihren Versicherten auch Kurse zur sportlichen Betätigung an. Gefördert werden in diesem Rahmen zeitlich befristete Maßnahmen bzw. Kurse. Kernziel bleibt die Motivation zu regelmäßiger gesundheitssportlicher Aktivität. Darüber hinaus können bei einer bestehenden Krankheit Leistungen der Rehabilitation (§§ 40, 41 SGB V) oder ergänzende Leistungen der Rehabilitation (§ 44 Abs. 1 Nr. 3 und 4 SGB IX) in Form von Rehabilitationssport und Funktionstraining angezeigt sein. Diese Leistungen sind auf längere Dauer angelegt. Der Leistungsrahmen wird von der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) bundeseinheitlich in Rahmenempfehlungen, wie z. B. der „Rahmenvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining“ sowie den „Rahmenempfehlungen zur ambulanten Rehabilitation bei psychischen und psychosomatischen Erkrankungen“, vorgegeben. Inwieweit Leistungsangebote der GKV zur sportlichen Betätigung ggf. speziell für psychisch kranke Menschen in die Rahmenempfehlungen aufgenommen werden können, wäre einer Bewertung der zuständigen Gremien auf Bundesebene vorbehalten.