Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian Streibl FREIE WÄHLER vom 03.02.2015 Zusammenarbeit von Kommunen mit privaten Unter nehmen bei Modernisierung und Betrieb (ehemals) kommunaler Schwimmbäder Ich frage die Staatsregierung: 1. In welchen bayerischen Kommunen wurden seit dem Jahr 2000 kommunale Bäder vollständig bzw. deren Betrieb (z. B. in Form von Dienstleistungsverträgen) an private Betreiber abgegeben, aufgeschlüsselt nach 1.1 den jeweils betroffenen Bädern, 1.2 der Art der Übertragung (z. B. vollständiger Verkauf, Verpachtung, Übertragung des Betriebs), 1.3 der jeweiligen Betriebsform? 2. Wie hat sich seit Übertragung der Bäder bzw. des Betriebs die wirtschaftliche Situation verändert, aufgeschlüsselt nach 2.1 den jährlichen Kosten für die einzelne Kommunen (Investitionskostenzuschüsse , Betriebskostenzuschüsse etc.), 2.2 der Anzahl der Beschäftigten in den jeweiligen Bädern, 2.3 der Anzahl der Gäste in den jeweiligen Bädern in fol- gendem Zeitraum: fünf Jahre vor Übertragung bis heute ? 3. Welche Kommunen in Bayern konnten durch diese Übertragung der Bäder die finanzielle Situation des kommunalen Haushalts verbessern, aufgeschlüsselt nach 3.1 den jeweiligen Gemeinden, 3.2 dem Umfang der Verbesserung der Haushaltssituati- on? 4. In wie vielen Fällen ist die Kristallbäder AG in Bayern seit der jeweils erfolgten Übernahme von Bädern bzw. dem Abschluss entsprechender Verträge mit Kommunen in Rechtsstreitigkeiten mit den betroffenen Kommunen verwickelt, aufgeschlüsselt nach 4.1 den einzelnen Bädern der Kristallbäder AG, die von Kommunen übernommen wurden, 4.2 dem Ausgang des jeweiligen Rechtsstreits einschließlich der Folgen für die Kommunen? 5. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, in welchem Umfang die Gemeinde Kochel (Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen) vor Vertragsabschluss seitens staatlicher Behörden beraten wurde, aufgeschlüsselt nach 5.1 den jeweils beteiligten staatlichen Behörden, 5.2 den möglicherweise vorgebrachten Bedenken und Ratschlägen zur Vertragsgestaltung? 6. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, wie viele ehemals bei Kommunen angestellte Beschäftigte von privatisierten Bädern zwischenzeitlich ihren Arbeitsplatz aus betriebsbedingten Gründen verloren haben? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 20.03.2015 Vorbemerkung: Zur Beantwortung der Schriftlichen Anfrage wurde eine flächendeckende Abfrage bei den bayerischen Kommunen über die Regierungen und Landratsämter durch geführt. Die Abfrage konnte sich dabei nur auf Themen beziehen, die der staatli chen Aufsicht unterliegen können. Gegenstand staatlicher Aufsicht ist zwar das Handeln der Kommunen, allerdings nicht das Handeln privater Betreiber von Bä dern. Eine Auskunftspflicht privater Betreiber von Bädern gegenüber der Staatsre gierung besteht nicht, sodass insoweit zu einigen Fragen eine Antwort nicht mög lich ist. Aufgrund der kurzen Frist, innerhalb derer die Abfrage durchgeführt werden musste, haben wir zudem nicht von allen bayerischen Kommunen Rückmel dung erhalten. 1. In welchen bayerischen Kommunen wurden seit dem Jahr 2000 kommunale Bäder vollständig bzw. deren Betrieb (z. B. in Form von Dienstleistungs verträgen) an private Betreiber abgegeben, aufge schlüsselt nach 1.1 den jeweils betroffenen Bädern, 1.2 der Art der Übertragung (z. B. vollständiger Ver kauf, Verpachtung, Übertragung des Betriebs), 1.3 der jeweiligen Betriebsform? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 22.04.2015 17/5863 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/5863 2. Wie hat sich seit Übertragung der Bäder bzw. des Betriebs die wirtschaftliche Situation verändert, aufgeschlüsselt nach 2.1 den jährlichen Kosten für die einzelne Kommunen (Investitionskostenzuschüsse, Betriebskostenzu schüsse etc.), 2.2 der Anzahl der Beschäftigten in den jeweiligen Bä dern, 2.3 der Anzahl der Gäste in den jeweiligen Bädern in folgendem Zeitraum: fünf Jahre vor Übertragung bis heute? Ziffer 2.2 und 2.3 dieser Frage können wir nicht beantworten, da die privaten Be treiber uns gegenüber nicht auskunftspflichtig sind und wir somit keine Daten er mitteln konnten. Zu Punkt 2.1 können die Angaben, welche über die Regierungen mitgeteilt wur den, nachfolgender Übersicht entnommen werden. Die Beantwortung der Frage kann nachfolgender Tabelle entnommen werden. Anmerkung: Bäder, die im Rahmen einer Formalprivatisierung auf private Gesell schaften übertragen wurden, die zu 100 % im Besitz der öffentlichen Hand ver blieben sind, sind nicht aufgeführt. Kommune Name des Schwimmbads Art der Übertragung (vollständiger Verkauf, Verpachtung, Übertragung des Betriebs) Betriebsform Oberbayern Wellheim Schutterbad Wellheim e.V. Verpachtung/Übertragung des Betriebs e.V. Kaufering Lechtalbad Kaufering vorübergehender Verkauf an GmbH & Co. KG; mittlerweile wieder Rückkauf durch Landkreis Landsberg Oberhaching Naturbad Furth Übertragung an Verein Oberhausen Waldbad Oberhausen Verpachtung e.V. Unterwössen Hallenbad Unterwössen Nutzungsüberlassungs-und Be triebsvertrag mittlerweile geschlossen Niederbayern Oberschneiding Freibad Reißing Verpachtung UG Bayerisch Eisenstein Arberwellenbad Verkauf mittlerweile geschlossen Oberpfalz - - - Oberfranken Ebrach Naturbad Ebrach Verpachtung UG Markt Pressig Natur-Erlebnisbad Rothenkir chen Betriebsführung Verein Weißenbrunn Freibad Weißenbrunn Verkauf privates Vereinsbad; e.V. Stadt Bad Staffelstein Aqua Riese Übertragung des Betriebs GmbH Fichtelberg Kristall Radon Sole Therme Betriebsübertragung/ Verpach tung/Verkauf nach Tilgung eines gemeindlichen Darlehens 2012 abgebrannt Mittelfranken Stadt Fürth Hallenbad am Scherbsgraben Sommerbad am Scherbsgraben Hallenbad Stadeln Verpachtung GmbH Markt Erlbach Rangaubad Übertragung des Betriebs Dienstleistungsvertrag Markt Burghaslach Freibad Burghaslach Übertragung des Betriebs GmbH Unterfranken Marktheidenfeld Bad Maradies/Wonnemar PPP-Verfahren im wettbewerbli chen Dialog PPP für 30 Jahre mit Erb baurechtsvertrag Schwaben Stadt Augsburg Naturfreibad Haunstetten Verpachtung Betreiberverein Oberstdorf Kristall Therme (1999–2004) Vital Therme (2004–2006) Verpachtung Verpachtung GmbH GmbH & Co. KG Schwangau Königliche Kristall-Therme am Kurpark Schwangau GmbH Verkauf GmbH Wertach Starzlachauenbad Wertach Übertragung des Betriebes privates Unternehmen Halblech Alpenfreibad Trauchgau Verpachtung Einzelkaufmann Mönchsdeggingen Almarin Verpachtung 2005; Verkauf 2006 mittlerweile geschlossen Drucksache 17/5863 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Kommune vor Übertragung nach Übertragung jährlich Durchschnitt der jährli chen Kosten der letz ten drei Jahre vor Übertra gung Jahr Investitions kosten zuschüsse Betriebskosten zuschüsse Sonstige (z. B. Verwaltungskosten u. a.) Oberbayern Wellheim 83.108 € 2007 20.570 € 20.570,09 € 2008 12.743 € 30.138 € 30.137,56 € 2009 67.214 € 35.240 € 35.240,06 € 2010 35.835 € 35.835,11 € 2011 40.636 € 40.635,62 € 2012 13.963 € 13.963,03 € 2013 noch nicht ermittelt noch nicht ermittelt 2014 noch nicht ermittelt noch nicht ermittelt Oberhaching keine Angabe 2009 15.000 € 2010 25.000 € 2011 20.000 € 2012 20.000 € 2013 23.000 € 2014 23.500 € Oberhausen 12.236 € 2003 8.688 € 2004 8.450 € 2005 10.169 € 2006 5.630 € 2007 8.209 € 2008 8.086 € 2009 7.996 € 2010 8.792 € 2011 8.084 € 2012 10.057 € 2013 10.264 € 2014 12.404 € Unterwössen 180.000 € 2005 140.000 € geschlossen seit 05/2012 2006 115.000 € 2007 130.000 € 2008 120.000 € 2009 126.000 € 2010 187.000 € 2011 225.000 € Niederbayern Oberschneiding 24.875 € 2010 8.553 € 2011 6.447 € 2.000 € 2012 1.995 € 2013 2.000 € 2014 1.803 € Bayerisch Eisenstein 325.846 € (ohne Zins und Tilgung für bestehende Darlehen)geschlossen seit 05/2006 Oberpfalz Fehlanzeige Oberfranken Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/5863 Kommune vor Übertragung nach Übertragung jährlich Durchschnitt der jährli chen Kosten der letz ten drei Jahre vor Übertra gung Jahr Investitions kosten zuschüsse Betriebskosten zuschüsse Sonstige (z. B. Verwaltungskosten u. a.) Ebrach keine Angabe möglich seit 2005 ca. 100.000 € p.a. Pressig 65.000 € 2012 15.000 € 2013 60.000 € 11.000 € 2014 15.100 € 22.000 € Weißenbrunn 66.590 € 2013 17.389 € 2014 5.620 € 9.997 € Bad Staffelstein 2003 853.173 € 1.042.145 € 2004 611.110 € 1.024.660 € 2005 8.820 € 167.262 € 2006 0 € 200.159 € 2007 5.116 € 189.411 € 2008 4.587 € 197.293 € 2009 0 € 246.340 € 2010 4.342 € 227.658 € 2011 3.442 € 278.197 € 2012 7.452 € 295.753 € 2013 5.000 € 259.800 € 2014 50.000 € 11.600 € Fichtelberg 200.000 € abgebrannt 2012 (vor dem Jahr 2000) Mittelfranken Burghaslach 58.778 € 2006 41.820 € 2007 42.565 € 2008 43.509 € 2009 44.380 € 2010 45.267 € 2011 46.173 € 2012 47.096 € 2013 48.038 € 2014 48.999 € Fürth 1,5 -1,7 Mio. € seit 2006 2,6 Mio. € p. a. Erlbach Hallenbad erst seit einem dreiviertel Jahr in Betrieb, deshalb noch keine Kostenangaben möglich Unterfranken Maktheidenfeld ca.1,4 Mio. € 2012 840.000 € 2013 840.000 € 2014 840.000 € Schwaben Augsburg 18.000 € 2011 40.000 € 17.181 € 819 € 2012 40.000 € 18.000 € 2013 40.000 € 18.000 € 2014 40.000 € 18.000 € Oberstdorf 450.000 € (Kristall-Therme) Oberstdorf keine Angabe möglich (Vital-Therme) Schwangau 276.521 € 2000 3.067.751 € Drucksache 17/5863 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 5 3. Welche Kommunen in Bayern konnten durch die se Übertragung der Bäder die finanzielle Situation des kommunalen Haushalts verbessern, aufge schlüsselt nach 3.1 den jeweiligen Gemeinden, 3.2 dem Umfang der Verbesserung der Haushaltssitu ation? Die Haushaltssituation einer Gemeinde wird durch eine Vielzahl von Parametern geprägt. Mangels statistischer Daten kann eine Kausalität zwischen der Übertra gung der Bäder und der Veränderung der Haushaltssituation nicht belegt werden. 4. In wie vielen Fällen ist die Kristallbäder AG in Bay ern seit der jeweils erfolgten Übernahme von Bä dern bzw. dem Abschluss entsprechender Verträ ge mit Kommunen in Rechtsstreitigkeiten mit den betroffenen Kommunen verwickelt, aufgeschlüs selt nach 4.1 den einzelnen Bädern der Kristallbäder AG, die von Kommunen übernommen wurden, 4.2 dem Ausgang des jeweiligen Rechtsstreits ein schließlich der Folgen für die Kommunen? Die Rückmeldung der Regierungen hat ergeben, dass die Kristallbäder AG in (ge richtliche) Rechtsstreitigkeiten mit drei Kommunen verwickelt ist bzw. war. Mit dem Markt Oberstdorf (Kristall-Therme, früher Brandungsbad Oberstdorf ) führte die Kristallbädergruppe einen Rechtsstreit, der Ende 2005 mit einem Vergleich endete, in dem auf die gegenseitigen Ansprüche verzichtet wurde. Der Markt Oberstdorf betreibt die Oberstdorf-Therme seit 2006 wieder durch Eigenbetrieb. Die Gemeinde Fichtelberg (Therme Fichtelberg ) befindet sich derzeit in einem Rechtsstreit mit der Kris- tallbäder AG, in dem es um Pachtzahlungen, Personalkostenersatzleistungen und Gebühren geht. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlos sen. Gegen die Gemeinde Kochel am See (Kristall Trimini Kochel ) macht die Kristall bäder AG Zahlungen im Klageweg geltend. Das Verfahren ist noch nicht abge schlossen, das im Umbau befindliche Bad ist geschlossen. 5. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, in welchem Umfang die Gemeinde Kochel (Landkreis Bad TölzWolfratshausen) vor Vertragsabschluss seitens staatlicher Behörden beraten wurde, auf geschlüsselt nach 5.1 den jeweils beteiligten staatlichen Behörden, 5.2 den möglicherweise vorgebrachten Bedenken und Ratschlägen zur Vertragsgestaltung? Hinsichtlich der vertraglichen Ausgestaltung des PPPVertrages wurde die Ge meinde Kochel am See von einer privaten Rechtsanwaltskanzlei beraten und be treut. Das Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen wurde hinsichtlich der Ausgestal tung des PPP-Vertrages nicht hinzugezogen. Die Gemeinde legte dem Landrats amt den Vertragsentwurf „Bau- und Betriebskonzession betreffend Planung, Bau, Betrieb und Finanzierung des Tourismus-und Freizeitbades trimini“ zur Genehmi gung vor; die nach Art. 72 der Gemeindeordnung erforderliche rechtsaufsichtliche Genehmigung erteilte das Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen mit Schreiben vom 12. Mai 2011. Die Regierung von Oberbayern war in die Ausgestaltung des PPP-Vertrages ebenfalls nicht eingebunden, das Wirtschaftsförderungssachge biet beriet die Gemeinde Kochel am See hinsichtlich der üblichen förderrechtli chen Bestimmungen. Kommune vor Übertragung nach Übertragung jährlich Durchschnitt der jährli chen Kosten der letz ten drei Jahre vor Übertra gung Jahr Investitions kosten zuschüsse Betriebskosten zuschüsse Sonstige (z. B. Verwaltungskosten u. a.) Wertach 229.000 € 2004 73.500 € 2005 75.000 € 2006 1.600 € 239.500 € 2007 245.600 € 2008 244.000 € 2009 9.700 € 246.800 € 2010 269.500 € 2011 253.000 € 2012 260.000 € 2013 263.600 € 2014 272.000 € Halblech 110.310 € 2010 83.802 € 2011 101.450 € 2012 116.706 € 2013 112.800 € 2014 3.500 € 117.800 € Mönchsdeggingen 228.333 € 2005 50.000 € geschlossen seit 2010 2006 50.000 € 2007 50.000 € 2008 50.000 € Seite 6 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/5863 6. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, wie viele ehemals bei Kommunen angestellte Be schäftigte von privatisierten Bädern zwischen zeitlich ihren Arbeitsplatz aus betriebsbedingten Gründen verloren haben? Zu dieser Fragestellung liegen der Staatsregierung keine Erkenntnis se vor. Da private Betreiber von Bädern der Staatsregierung gegenüber nicht zur Auskunft verpflichtet sind, konnten die Daten nicht aufgrund einer entsprechenden Umfrage ermittelt werden.