Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Doris Rauscher SPD vom 11.02.2015 Weiterentwicklung der diagnosebezogenen Fallgruppen -Systematik (DRGs) Im Zuge der geplanten Krankenhausreform auf Bundesebene frage ich die Staatsregierung: 1. a) Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über Abrechnungsprobleme in bayerischen Krankenhäusern, in denen Patienten noch vor Erreichen der unteren Grenzverweildauer (uGVD) im Krankenhaus versterben ? b) Wie bewertet die Staatsregierung, dass in den vergangenen Jahren eine Vielzahl ebensolcher Fälle ein Krankenhaus, insbesondere Häuser der Maximalversorgung , in ernsthafte Finanzierungsschwierigkeiten gebracht hat (bitte aufgeschlüsselt nach Jahren und Klinikstandorten)? c) Gibt es vonseiten der Staatsregierung Überlegungen, Todesfälle vor Erreichen der uGVD als Sonderfälle in die Reform der diagnosebezogenen Fallgruppen-Systematik (DRGs) aufzunehmen, um Krankenhäuser vor unverschuldet hohen Abschlägen bei der Refinanzierung der entstandenen Behandlungskosten zu schützen ? 2. a) Wie bewertet die Staatsregierung, dass in Krankenhäusern auf bestimmte moderne Behandlungsmethoden trotz medizinischer Präferenz verzichtet wird, da durch einen kleineren Eingriff und damit eine kürzere Verweildauer im Krankenhaus das Erreichen der uGVD und damit die volle Refinanzierung gefährdet worden wäre (bitte aufgeschlüsselt nach Jahren und Standorten)? b) Wie gedenkt die Staatsregierung darauf zu reagieren, dass bestimmte Behandlungsmethoden aufgrund der DRG-Systematik nicht durchgeführt werden, obwohl sie für den Patienten die effektiveren und verträglicheren Methoden wären? 3. a) Wie hat sich die Zahl der Prüfungen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) hinsichtlich der Einhaltung der uGVD in den vergangenen drei Jahren entwickelt? b) Besteht hier in den Augen der Staatsregierung Regulierungs - und Handlungsbedarf? 4. a) Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über die Auswirkung der Weiterentwicklung des DRG-Systems 2014 im Hinblick auf die Behandlung von Kindern und Jugendlichen? b) Welche weiteren Veränderungen an der DRG-Systematik müssten im Hinblick auf die Behandlung von (chronisch kranken) Kindern und Jugendlichen erfolgen , um eine angemessene Refinanzierung der Behandlungskosten in Zukunft sicherstellen zu können? c) Welche dieser notwendigen Maßnahmen hat die Staatsregierung auf Bundesebene in die Überlegungen zur Krankenhausreform eingebracht? 5. a) Welche zusätzlichen Veränderungen müssten in die DRG-Systematik eingebracht werden, um insbesondere in Kinderstationen der Universitätskliniken für eine angemessene Refinanzierung der Behandlungskosten zu sorgen? b) Welche dieser notwendigen Maßnahmen für die Universitätskliniken hat die Staatsregierung auf Bundesebene in die Überlegungen zur Krankenhausreform tatsächlich eingebracht? 6. a) Welche Auswirkungen erwartet die Staatsregierung für bayerische Krankenhäuser und Universitätskliniken durch die in den Eckpunkten der Bund-Länder-AG zur Krankenhausreform 2015 angestrebte Angleichung der Landesbasisfallwerte? b) Wie können in den Augen der Staatsregierung ggf. negative Auswirkungen verhindert werden? 7. a) Welche Maßnahmen hat die Staatsregierung ergriffen, um bei der Reform der DRGs auf Bundesebene durch eine Erhöhung der Mittel im System zu einer Verbesserung der Finanzierungs- und Abrechnungssystematik zu gelangen und eine Verbesserung durch reine Umschichtung zu verhindern? b) Welche Überlegungen gibt es in der Staatsregierung darüber hinaus, eine angemessene Refinanzierung der Behandlungskosten insbesondere in der Kinderund Jugendmedizin sicherzustellen? Antwort des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 20.03.2015 Vorab ist anzumerken, dass die Staatsregierung in dem Bereich , auf den sich die Schriftliche Anfrage bezieht, keine Einfluss- und Handlungsmöglichkeiten besitzt. Krankenhaus -Vergütungsrecht ist Bundesrecht, das nicht zustimmungspflichtig ist. Einfluss könnten daher lediglich die bayerischen Abgeordneten im Deutschen Bundestag nehmen. Das Fallpauschalensystem wird gemäß § 17b Abs. 2 des Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 24.04.2015 17/5877 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/5877 Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) von der Selbstverwaltung auf Bundesebene, also der Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), dem GKV-Spitzenverband und dem Verband der privaten Krankenversicherungen (PKV) gemeinsam vereinbart. Nach Vorarbeit durch die InEk GmbH (Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus), deren Gesellschafter DKG und GKV-Spitzenverband und PKV sind, vereinbaren die Selbstverwaltungspartner jährlich den Fallgruppen - und Zusatzentgeltekatalog, §§ 17b Abs. 2 KHG, § 9 Abs. 1 Nr. 1 und 2 KHG. 1. a) Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über Abrechnungsprobleme in bayerischen Krankenhäusern , in denen Patienten noch vor Erreichen der unteren Grenzverweildauer (uGVD) im Krankenhaus versterben? b) Wie bewertet die Staatsregierung, dass in den vergangenen Jahren eine Vielzahl ebensolcher Fälle ein Krankenhaus, insbesondere Häuser der Maximalversorgung, in ernsthafte Finanzierungsschwierigkeiten gebracht hat (bitte aufgeschlüsselt nach Jahren und Klinikstandorten)? c) Gibt es vonseiten der Staatsregierung Überlegungen , Todesfälle vor Erreichen der uGVD als Sonderfälle in die Reform der diagnosebezogenen Fallgruppen-Systematik (DRGs) aufzunehmen, um Krankenhäuser vor unverschuldet hohen Abschlägen bei der Refinanzierung der entstandenen Behandlungskosten zu schützen? Der Staatsregierung liegen keine derartigen Erkenntnisse vor. Das Abrechnungsproblem wurde bisher nicht an das Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege (StMGP) herangetragen , was sicher geschehen wäre, wenn es sich tatsächlich um ein existenzielles Problem der Krankenhäuser handeln würde. 2. a) Wie bewertet die Staatsregierung, dass in Kran- kenhäusern auf bestimmte moderne Behandlungsmethoden trotz medizinischer Präferenz verzichtet wird, da durch einen kleineren Eingriff und damit eine kürzere Verweildauer im Krankenhaus das Erreichen der uGVD und damit die volle Refinanzierung gefährdet worden wäre (bitte aufgeschlüsselt nach Jahren und Standorten)? b) Wie gedenkt die Staatsregierung darauf zu reagieren , dass bestimmte Behandlungsmethoden aufgrund der DRG-Systematik nicht durchgeführt werden, obwohl sie für den Patienten die effektiveren und verträglicheren Methoden wären? Die Staatsregierung hat keine Erkenntnisse darüber, ob auf bestimmte Behandlungsmethoden trotz Präferenz verzichtet wurde. Die angewandten Behandlungsmethoden unterliegen der ärztlichen Therapiefreiheit. Eine Prüfung von staatlicher Seite ist nicht möglich, eine „Staatsmedizin“ kann und wird es nicht geben. Es ist davon auszugehen, dass die behandelnden Ärzte ihrer Verantwortung gerecht werden, die geeignete Therapie für ihre Patienten festzulegen. 3. a) Wie hat sich die Zahl der Prüfungen des Medizi- nischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) hinsichtlich der Einhaltung der uGVD in den vergangenen drei Jahren entwickelt? In den vergangenen drei Jahren hat der MDK zu Fragen der Krankenkassen nach der Einhaltung der unteren Grenzver- weildauer in folgender Häufigkeit Stellung genommen: 2012: 95.479 Stellungnahmen 2013: 100.454 Stellungnahmen 2014: 111.201 Stellungnahmen Die Angaben beziehen sich auf Krankenkassenanfragen an den MDK Bayern zu Behandlungsfällen in bayerischen Krankenhäusern. Allerdings beinhaltet ein einzelner Prüfauftrag zu einem Behandlungsfall oft mehrere Teilfragen (stationäre Behandlungsnotwendigkeit, Verweildauer, Kodierqualität u.a.), sodass es nicht ohne Weiteres möglich ist, die Zahl dieser Stellungnahmen ins Verhältnis zur Gesamtzahl der Prüfungen zu setzen. b) Besteht hier in den Augen der Staatsregierung Re- gulierungs- und Handlungsbedarf? Nein. Die Staatsregierung hat hier keine Einfluss- und Handlungsmöglichkeiten. Anzahl und Gegenstand der Abrechnungsprüfungen werden von den Gesetzlichen Krankenkassen in Auftrag gegeben. Soweit eine Minderung des Abrechnungsbetrags nicht erfolgt, werden dem Krankenhaus 300 EURO von den Kassen erstattet. 4. a) Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über die Auswirkung der Weiterentwicklung des DRGSystems 2014 im Hinblick auf die Behandlung von Kindern und Jugendlichen? Die Weiterentwicklung des DRG-Systems durch das InEK hat grundsätzlich zum Ziel, eine für den Einzelfall zutreffende Vergütung zu erreichen. So wurden im Hinblick auf Kinder - und Jugendmedizin in den letzten Jahren eine Vielzahl an sog. „Alterssplits“ eingeführt, um die DRGs für bestimmte Behandlungen an den unterschiedlichen Behandlungsaufwand von Kindern und Erwachsenen anzupassen. Die konkreten Auswirkungen derlei Änderungen sind dem StMGP nicht bekannt. Das StMGP hat keine Aufsicht über die Krankenhäuser und prüft weder die Abrechnungs- noch die Geschäftsergebnisse der Krankenhäuser. Krankenhäuser wären bei einer entsprechenden Abfrage auch nicht zur Auskunft verpflichtet. b) Welche weiteren Veränderungen an der DRG-Sys- tematik müssten im Hinblick auf die Behandlung von (chronisch kranken) Kindern und Jugendlichen erfolgen, um eine angemessene Refinanzierung der Behandlungskosten in Zukunft sicherstellen zu können? Die Weiterentwicklung des Systems obliegt der Selbstverwaltung . Grundlage dafür sind die tatsächlichen Kosten der an der Kalkulation beteiligten Krankenhäuser. Es bestehen keine Einflussmöglichkeiten der Staatsregierung (etwa über den Bundesrat) auf die Kalkulation der Fallpauschalen. Vielmehr sind Krankenhäuser und ihre Verbände selbst aufgerufen , Anregungen und Kritikpunkte im jährlichen Vorschlagsverfahren des InEK einzubringen und die Treffgenauigkeit der Entgelte durch Beteiligung am Kalkulationsverfahren zu erhöhen. c) Welche dieser notwendigen Maßnahmen hat die Staatsregierung auf Bundesebene in die Überlegungen zur Krankenhausreform eingebracht? Die Staatsregierung hat sich im Rahmen der Bund-LänderArbeitsgruppe Krankenhausreform (B-L-AG) dafür eingesetzt , eine nachhaltig gesicherte Finanzierung der Krankenhäuser sicherzustellen. In den konsentierten Eckpunkten Drucksache 17/5877 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 der B-L-AG ist vereinbart, dass die doppelte Degression abgeschafft wird. Ab dem Jahr 2017 werden Kostenvorteile infolge von Mehrleistungen nur noch verursachungsgerecht bei dem einzelnen Krankenhaus berücksichtigt, das die Mehrleistungen erbringt, nicht mehr im Rahmen des Landesbasisfallwerts . Außerdem hat sich das StMGP dafür eingesetzt , dass die tatsächlichen Kosten der Krankenhäuser in Zukunft besser abgebildet werden. Zukünftig wird der Orientierungswert, der bei der Bestimmung der Obergrenze für die Landesbasisfallwerte zu berücksichtigen ist, passgenauer und damit gerechter entwickelt. Diese Neuerungen kommen sämtlichen Krankenhäusern zugute. Speziell für den Bereich der Behandlung von Kindern hat sich die Staatsregierung im Rahmen der B-L-AG dafür eingesetzt, dass Mehrkosten der Krankenhäuser, die aus Beschlüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses resultieren und die noch nicht bei der DRG-Kalkulation berücksichtigt werden konnten, durch krankenhausindividuelle Zuschläge zeitnah finanziert werden. In den Eckpunkten ist ausdrücklich geregelt, dass dies auch die Beschlusslage zur Neonatologie erfasst. Von der Regelung können daher insbesondere die Krankenhäuser profitieren, denen hohe Kosten durch die Qualitätssicherungsrichtlinie Früh- und Reifgeborene entstanden sind. 5. a) Welche zusätzlichen Veränderungen müssten in die DRG-Systematik eingebracht werden, um insbesondere in Kinderstationen der Universitätskliniken für eine angemessene Refinanzierung der Behandlungskosten zu sorgen? b) Welche dieser notwendigen Maßnahmen für die Universitätskliniken hat die Staatsregierung auf Bundesebene in die Überlegungen zur Krankenhausreform tatsächlich eingebracht? Ob und inwieweit die Kinderstationen der Universitätsklinika eine angemessene Refinanzierung der Behandlungskosten erreichen, ist dem StMGP nicht bekannt. 6. a) Welche Auswirkungen erwartet die Staatsregierung für bayerische Krankenhäuser und Universitätskliniken durch die in den Eckpunkten der Bund-Länder-AG zur Krankenhausreform 2015 angestrebte Angleichung der Landesbasisfallwerte? b) Wie können in den Augen der Staatsregierung ggf. negative Auswirkungen verhindert werden? Kurzfristig sind für Bayern keine Auswirkungen durch die in den Eckpunkten vereinbarte Angleichung der Landesbasisfallwerte zu erwarten. Eine längerfristige Bewertung kann erst erfolgen, wenn die genaue gesetzliche Regelung bekannt ist. Dafür ist das Gesetzgebungsverfahren zur Krankenhausreform abzuwarten. 7. a) Welche Maßnahmen hat die Staatsregierung ergrif- fen, um bei der Reform der DRGs auf Bundesebene durch eine Erhöhung der Mittel im System zu einer Verbesserung der Finanzierungs- und Abrechnungssystematik zu gelangen und eine Verbesserung durch reine Umschichtung zu verhindern? b) Welche Überlegungen gibt es in der Staatsregierung darüber hinaus, eine angemessene Refinanzierung der Behandlungskosten insbesondere in der Kinder- und Jugendmedizin sicherzustellen? Die Weiterentwicklung des Systems obliegt der Selbstverwaltung . Es bestehen keine Einflussmöglichkeiten der Staatsregierung. Zur allgemein verbesserten Vergütung der Krankenhäuser wird auf die Antwort zu Frage 4 c verwiesen.