Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Alexander Muthmann FREIE WÄHLER vom 02.02.2015 Personalsituation in den Polizeipräsidien im Freistaat Bayern Wie bereits von der Staatsregierung angekündigt, werden die offenen Planstellen, die durch gesetzliche und vorzeitige Ruhestandseintritte in den Jahren 2015 bis 2020 entstehen, vollständig ersetzt. Ich frage die Staatsregierung: 1. Gibt es über diese Planstellen hinaus angesichts der prognostizierten Einwohnerzuwächse sowie der komplexer werdenden Aufgaben der Polizei, wie zum Beispiel Internetkriminalität, Terrorismusbekämpfung und zusätzliche Kontrollaufgaben durch die zunehmende Zahl an Asylbewerbern, einen zusätzlichen Bedarf an Polizeibeamten in Bayern, und wenn ja, wie hoch ist dieser? a) Wie verteilt sich dieser Bedarf auf die einzelnen Polizeipräsidien in ganz Bayern? b) Kann dieser Gesamtbedarf durch die geplanten Neueinstellungen gedeckt werden? c) Wie hoch ist die Zahl der geplanten Neueinstellungen aufgeschlüsselt nach den einzelnen Polizeipräsidien in den Jahren 2015 bis 2020? 2. Wie viele Beamte gehen in den Jahren 2015 bis 2020 in den einzelnen Polizeipräsidien in Bayern in den Ruhestand (gesetzliche und vorzeitige Ruhestandseintritte )? 3. Wie viele Ausbildungsstellen gibt es derzeit in Bayern (aufgeschlüsselt nach den einzelnen Polizeischulen)? a) Reichen diese Ausbildungskapazitäten für die aktuell geplanten Neueinstellungen in den Jahren 2015 bis 2020 aus? 4. Wie hoch waren in den Jahren 2011 bis 2015 in den Polizeipräsidien Niederbayern, Oberpfalz und Oberfranken die Ruhestandsabgänge (gesetzliche und vorzeitige )? a) Sind die unterschiedlichen und stark schwankenden Personalzuteilungen in den Jahren 2011 bis 2015 in diesen drei Polizeipräsidien ausschließlich über die Zahl der Ruhestandsabgänge zu erklären? b) Werden bei der Personalzuteilung auch die Entwicklung der Bevölkerung oder aktuell auftretende Probleme , wie zum Beispiel derzeit die Verbreitung von Crystal Speed, berücksichtigt? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 23.03.2015 1. Gibt es über diese Planstellen hinaus angesichts der prognostizierten Einwohnerzuwächse sowie der komplexer werdenden Aufgaben der Polizei, wie zum Beispiel Internetkriminalität, Terrorismusbekämpfung und zusätzliche Kontrollaufgaben durch die zunehmende Zahl an Asylbewerbern, einen zusätzlichen Bedarf an Polizeibeamten in Bayern , und wenn ja, wie hoch ist dieser? Die Organisation der Bayerischen Polizei befindet sich im Sinne einer „lernenden Organisation“ in einer beständigen Überprüfung hinsichtlich ihrer Wirkungsentfaltung. Grundsätzlich ist es die Führungsaufgabe der Polizeipräsidien, permanent die Entwicklungen in ihren Bereichen zu beobachten und darauf belastungs- und kräfteorientiert zu reagieren . Falls erforderlich, sind dazu auch Änderungen in der Aufbauorganisation möglich. Aufgrund dieser kontinuierlichen Beobachtung der Entwicklungen und der daraus resultierenden Maßnahmen wird sichergestellt, dass sich die Bayerische Polizei ständig durch kurz-, mittel- und langfristige organisatorische und personelle Maßnahmen neuen Gegebenheiten, Anforderungen und Bedürfnissen anpassen kann. Im Vordergrund aller Überlegungen zu organisatorischen Maßnahmen auf Ebene der Basisdienststellen wird hierbei stets die umfassende orts- und bürgernahe polizeiliche Betreuung der Bevölkerung stehen. a) Wie verteilt sich dieser Bedarf auf die einzelnen Polizeipräsidien in ganz Bayern? Die Verteilung von Sollstellen an die einzelnen Polizeipräsidien erfolgt nicht nach dem Gießkannenprinzip, sondern wird individuell für jeden Einzelfall mit den Verbänden abgesprochen . Bei der Verteilung der im Bayerischen Doppelhaushalt 2009/2010 beschlossenen 1.000 neuen Stellen für die Bayerische Polizei wurde die Verteilung von den Faktoren Arbeitsbelastung, Bevölkerung, Fläche und Nachholbedarf abhängig gemacht. Für die Verteilung innerhalb der Verbände wurden im Benehmen mit diesen Leitlinien erarbeitet. Dies eröffnete den Verbänden die Möglichkeit, noch wesentliche Erkenntnisse aus dem Abschlussbericht der Expertenkommission zur Evaluation der Polizeireform zu berücksichtigen und auf neu auftretende Herausforderungen organisatorisch mit Stellenzuweisungen zu reagieren. Diese Leitlinien wurden in gemeinsamen Besprechungen mit den Verbänden erarbeitet und abgestimmt. Ebenfalls wurden hierbei die Personalvertretungen mit eingebunden. Auf Basis dieser Leitlinien wurden in den Verbänden belastungsorientierte Verteilungskonzepte erstellt. Durch diese konnten zum Beispiel folgende wesentliche Organisationsmaßnahmen initiiert werden: Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 17.04.2015 17/5942 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/5942 – Belastungsorientierte Stellenzuführung bei den besonders belasteten Inspektionen, – Einstieg in die bayernweite Bekämpfung der Cyberkriminalität und in die Etatisierung der Observationsgruppen sowie die bayernweite Neuausrichtung des operativen Staatsschutzes bei den Dienststellen der Kriminalpolizei, – personelle Verstärkung der Einsatzzentralen. Des Weiteren eröffnete dieses Vorgehen die Möglichkeit, bis zuletzt mit größtmöglicher Präzision auf neue Herausforderungen zu reagieren, ohne hierbei die Höhe der einzelnen Zuteilungskontingente der Verbände infrage zu stellen. Dieser Weg gewährleistete ein Höchstmaß an fachlicher Qualität mit einhergehender Flexibilität, darüber hinaus wurde die Einbindung aller Beteiligten sichergestellt. b) Kann dieser Gesamtbedarf durch die geplanten Neueinstellungen gedeckt werden? Im Doppelhaushalt 2015/2016 wurden für Polizei und Verfassungsschutz folgende insgesamt 50 neue Planstellen ausgebracht, die über die beiden kommenden Jahre verteilt zur Verfügung stehen werden. Konkret entfallen dabei – 30 zusätzliche Planstellen bei Polizei und Verfassungs- schutz auf die Stärkung der Cybersicherheit und die weitere Intensivierung der Bekämpfung von Cyberkriminalität ; – 20 zusätzliche Planstellen auf den weiteren Aufbau der Autorisierten Stelle Bayern als der zentralen Koordinierungsstelle für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben in Bayern. Hinzu kommen weitere 330 vorverlagerte Ausbildungsstellen , um genügend bereits ausgebildete Beamte als Ersatz für die steigenden Ruhestandsabgänge in den Jahren 2019/2020 zur Verfügung zu haben. Geplant sind außerdem 100 zusätzliche Stellen für Polizei und Verfassungsschutzbehörden als Reaktion auf die Terroranschläge von Paris, die schnellstmöglich zur Verfügung gestellt werden sollen. Aufgrund dieser geschaffenen Stellen und der regulär nachzubesetzenden Stellen können allein im Jahr 2015 insgesamt 1.200 Polizeianwärter eingestellt und der Gesamtbedarf gedeckt werden. c) Wie hoch ist die Zahl der geplanten Neueinstellun- gen aufgeschlüsselt nach den einzelnen Polizeipräsidien in den Jahren 2015 bis 2020? Die Anzahl der Neueinstellung in den kommenden Jahren orientiert sich grundsätzlich an den frei werdenden und besetzbaren Stellen, hauptsächlich durch Ruhestandseintritte. Aus der folgenden Tabelle sind abhängig von den zu erwartenden insgesamten Ruhestandseintritten (gesetzlich plus vorzeitig) im jeweiligen Jahr die voraussichtlichen Einstellungen ersichtlich. Jahr Ruhestandseintritte insgesamt 2015 930 2016 970 2017 970 2018 1.230 2019 1.170 2020 930 Diese Werte verändern sich aufgrund der Ausbringung neuer Stellen bzw. vorverlagerter Ausbildungsstellen, zusätzlich frei werdender Stellen durch andere Personalabgänge so- wie durch nicht vorhersehbare vorzeitige Ruhestandseintritte und Ruhestandseintritte auf Antrag nach Art. 129 BayBG, z. B. bei Vorliegen von 20 Jahren Schichtdienst, bzw. werden künftig reduziert um die vorverlagerten Einstellungen, die bereits erfolgt sind. Daher werden keine Ruhestandsabgänge auf Präsidiumsebene erhoben. Aus diesem Grund liegen genauere Einstellungszahlen für die Jahre 2016 ff. noch nicht vor. Für 2015 sind auf Basis der frei werdenden Stellen sowie der zusätzlichen Stellen im Doppelhaushalt 2015/2016 insgesamt ca. 1.200 Einstellungen für den Polizeivollzugsdienst in der 2. und 3. Qualifikationsebene geplant. Die Einstellung findet zentral über die Einstellungsbehörde der Bayer. Bereitschaftspolizei in Bamberg statt. Nur über das Sonderprogramm München werden etwa 48 Bewerber regional beim PP München eingestellt. 2. Wie viele Beamte gehen in den Jahren 2015 bis 2020 in den einzelnen Polizeipräsidien in Bayern in den Ruhestand (gesetzliche und vorzeitige Ruhestandseintritte )? Siehe Antwort zu Frage 1 c. 3. Wie viele Ausbildungsstellen gibt es derzeit in Bayern (aufgeschlüsselt nach den einzelnen Polizeischulen )? Grundsätzlich werden alle frei werdenden Planstellen zum nächstmöglichen Einstellungstermin wieder mit Anwärtern für den Polizeivollzugsdienst besetzt. Durch die vorverlagerten Ausbildungsstellen seit 2012 für die künftigen steigenden Ruhestandsabgänge hat sich die Zahl der regulären Ausbildungsstellen erhöht. Zum Stichtag 01.02.2015 befanden sich insgesamt 3.013 Beamte in Ausbildung beim Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei sowie 95 Beamte in Ausbildung beim Sonderprogramm für lebensältere Bewerber des Polizeipräsidiums München. Die Ausbildung im Rahmen des Sonderprogramms findet ebenfalls am Standort in Dachau statt. Die Ausbildung für Ämter ab der 2. Qualifikationsebene findet derzeit in den Bereitschaftspolizeiabteilungen (BPA) an den Standorten Dachau, Eichstätt, Königsbrunn, Nürnberg , Sulzbach-Rosenberg mit der Außenstelle Nabburg und Würzburg statt. Die Ausbildung in der Spitzensportförderung findet in Dachau und am BPFI Ainring statt. Die Ausbildung für Ämter ab der 3. Qualifikationsebene erfolgt bei der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und Rechtspflege in Bayern – Fachbereich Polizei – an den Standorten in Fürstenfeldbruck und Sulzbach-Rosenberg, wobei die Laufbahnbewerberinnen und -bewerber berufspraktische Teile auch bei der Bayerischen Bereitschaftspolizei am Standort in Eichstätt absolvieren. Aus diesem Grund werden die Beamten der 3. Qualifikationsebene in der Tabelle beim Standort Eichstätt geführt. Die Verteilung auf die einzelnen Bereitschaftspolizeistandorte ist wie folgt: Standort Beamte in Ausbildung 2. Qualifikationsebene Beamte in Ausbildung 3. Qualifikationsebene Eichstätt 572 297 Würzburg 367 Nürnberg 139 Königsbrunn 491 Dachau 309 Sonderprogr. München 95 Drucksache 17/5942 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Standort Beamte in Ausbildung 2. Qualifikationsebene Beamte in Ausbildung 3. Qualifikationsebene Sulzbach-Rosenberg 472 Außenstelle Nabburg 351 Ainring 15 Gesamt 2.811 297 a) Reichen diese Ausbildungskapazitäten für die ak- tuell geplanten Neueinstellungen in den Jahren 2015 bis 2020 aus? Die hohen Einstellungszahlen (Stichwort 1.000 zusätzliche Stellen, Kompensation Rückführung Wochenarbeitszeit , zusätzliche Ausbildungsstellen im Vorgriff auf die hohen Ruhestandseintritte bei der Bayerischen Polizei in den kommenden Jahren) haben alle vorhandenen Ausbildungskapazitäten gebunden. Zusätzlich zu den vorhandenen Ausbildungsseminaren wurden vorübergehend weitere Kapazitäten an den vorhandenen Standorten zugeführt. Dadurch konnten mittelfristig zwei weitere Ausbildungsseminare eingerichtet werden, eines am Standort der Bereitschaftspolizeiabteilung in Dachau für den südbayerischen Raum und eines in Nabburg als Außenstelle der Bereitschaftspolizeiabteilung Sulzbach-Rosenberg. Durch die Verfügbarkeit von Ausbildungs- und Einsatzkomponenten an den Standorten ist die Bayerische Bereitschaftspolizei in der Lage, flexibel durch Organisationsanpassungen auf sich ändernde Rahmenbedingungen sowohl in der Ausbildung als auch im Einsatz zu reagieren. Diese Synergie bewirkt eine gegenseitige Flexibilität und muss bei der Betrachtung der Ausbildungskapazität stets berücksichtigt werden, sodass diese auch in den Jahren 2015 bis 2020 für die geplanten Neueinstellungen ausreichen werden. . Wie hoch waren in den Jahren 2011 bis 2015 in den Polizeipräsidien Niederbayern, Oberpfalz und Oberfranken die Ruhestandsabgänge (gesetzliche und vorzeitige)? Ruhestände Polizeivollzugsbeamte 2011 2012 2013 2014 PP Niederbayern 49 49 73 65 PP Oberpfalz 70 59 64 79 PP Oberfranken 64 69 72 70 Datenquelle: VIVA-PSV (Eintritt Versorgung) Die Werte für 2015 liegen noch nicht vor. a) Sind die unterschiedlichen und stark schwanken- den Personalzuteilungen in den Jahren 2011 bis 2015 in diesen drei Polizeipräsidien ausschließlich über die Zahl der Ruhestandsabgänge zu erklären ? Die Personalzuteilungen in der zweiten und dritten Qualifikationsebene erfolgen halbjährlich an alle Polizeipräsidien und Sonderverbände der Bayerischen Polizei orientiert an dem tatsächlich ermittelten Personalbedarf durch Ruhestandsversetzungen , langfristige Abordnungen, frei werden- de Dienstposten, etc. unter Berücksichtigung der Stellen aus der Rückführung der Wochenarbeitszeit und der 1.000 neuen Stellen für die Polizei. Die Anzahl der zum jeweiligen Termin zu verteilenden Beamten richtet sich dabei nach der Anzahl fertig ausgebildeter Beamter, die größtenteils nach ihrer Verwendung in der Einsatzstufe der Bereitschaftspolizei an den polizeilichen Einzeldienst abgegeben werden. Je nach Einstellungskontingent variiert bereits diese Abgabeanzahl stark. Ziel der Personalzuteilungen ist es, bayernweit eine vergleichbare , ausgewogene Personalausstattung sicherzustellen , die den Aufgaben und Belastungen gerecht wird. Dabei schwankt der Bedarf der einzelnen Polizeipräsidien und Verbände zu den einzelnen Zuteilungsterminen aufgrund zum Teil nicht vorhersehbarer Personalveränderungen wie Abordnungen, Beurlaubungen, Entlassungen etc. oft stark, was durch das halbjährliche bedarfsorientierte Zuteilungsverfahren am besten ausgeglichen werden kann. Eine reine Proporz-Verteilung nach dem Personalanteil des Verbandes im Vergleich zur bayernweiten Gesamtzahl des Personals würde dem unterschiedlich entstehenden Bedarf nicht gerecht werden. Die dem Polizeipräsidium bzw. dem Verband zugewiesenen Anteile werden anschließend von diesem selbstständig unter Berücksichtigung funktionaler, taktischer und belastungsorientierter Aspekte den einzelnen Dienststellen zugeteilt . b) Werden bei der Personalzuteilung auch die Ent- wicklung der Bevölkerung oder aktuell auftretende Probleme, wie zum Beispiel derzeit die Verbreitung von Crystal Speed, berücksichtigt? Bei der Verteilung der 1.000 neuen Sollstellen für die Polizei wurde als ein Faktor die Entwicklung der Bevölkerung berücksichtigt. Da Grundlage für die Personalzuteilung die Sollstärke des Verbandes ist, finden die Sollstellenentwicklungen hier Berücksichtigung. Daneben ist es Führungsaufgabe der Polizeipräsidien, permanent die Entwicklungen in ihren Bereichen zu beobachten und auf aktuell auftretende Probleme belastungsund kräfteorientiert und ggf. organisatorisch zu reagieren. In diesem Zusammenhang verfügen die Präsidien über einen entsprechenden Handlungsspielraum, der auch Sollstellenverlagerungen beinhaltet, soweit dadurch keine dienstpostenrelevanten oder grundsätzlichen Organisationsveränderungen vorgenommen werden. Gleiches gilt für die organisatorischen Änderungen in den Bereichen der Bekämpfung der Cyberkriminalität und des operativen Staatsschutzes. Hier wurde auf die aktuellen Herausforderungen reagiert und wurden bayernweit neue bzw. optimierte Organisationsstrukturen geschaffen.