Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Mütze BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 09.02.2015 Mobile Reserve für Volksschulen im Schulamtsbereich Stadt und Landkreis Aschaffenburg Bedingt durch den Ausfall schwangerer Lehrerinnen und langzeiterkrankter Lehrer/-innen ist die Versorgung der SchülerInnen durch Mobile Reserve, trotz angeblich gleichbleibendem Stundenkontingent, nicht gegeben. Außerdem steigt durch zunehmende Belastungen der Lehrerschaft durch Inklusion, Ganztagsangebote etc. der Krankenstand und damit die Notwendigkeit einer verlässlichen Mobilen Reserve. Ich frage in diesem Zusammenhang die Staatsregierung: 1. Wieso werden schwangere Kolleginnen ganzjährig eingerechnet , obwohl viele (aus nachvollziehbaren Gründen) schon kurz nach Beginn des Schuljahres ausscheiden? 2. Hat die Staatsregierung Kenntnis darüber, wie hoch der Krankenstand bei schwangeren Lehrerinnen in den drei Monaten vor dem errechneten Geburtstermin des/der Kindes bzw. der Kinder ist? Wenn ja, wie hoch ist dieser Prozentsatz? 3. Werden langzeiterkrankte Lehrer/-innen bei der Berechnung der Mobilen Reserve berücksichtigt, und wenn ja, wie? 4. Welche Maßnahmen wird die Staatsregierung ergreifen, um die Versorgung durch die Mobile Reserve sicherzustellen ? 5. Welche Maßnahmen wird die Staatsregierung ergreifen, um ihrer Fürsorgepflicht in Hinblick auf Krankheitsprävention der Lehrerinnen und Lehrer nachzukommen? 6. Wird die Staatsregierung auch für den Mobilen Sonderpädagogischen Dienst eine Mobile Reserve einführen und für wann ist dies geplant? Antwort des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 24.03.2015 Vorbemerkung: In den vergangenen Jahren sind Maßnahmen realisiert worden , um die Ar beitssituation und Personalausstattung insbesondere in den angesproche nen Bereichen Ganztag und Inklusion zu verbessern. Für die Umsetzung eines qualitativ hochwertigen Ganztagsschulprogramms erhalten gebundene Ganztagsschulen bei Grund-, Mittel- und Förderschu len in Bayern je gebundener Ganztagsklasse und Schuljahr eine staatliche Zuweisung von zusätzlichen 12 Lehrerwochenstunden sowie einen Pau schalbetrag für externe Kräfte in Höhe von 6.100 €. Die Pauschale erhöhte sich zum Schuljahr 2013/2014 in Jahrgangsstufe 1 um zusätzlich 4.500 Euro und in Jahrgangsstufe 2 um zusätzlich 3.000 Euro pro Klasse. Lehrkräfte , die als Klassenleiter einer Ganztagsklasse eingesetzt werden, ha ben die gleiche Unterrichtszeitverpflichtung wie Klassenleiter einer Halbta gesklasse. Die Schulleitungen haben dabei die Möglichkeit, die in Ganz tagsklassen eingesetzten Lehrkräfte schulintern zu entlasten bzw. Freiräu me in der Stundenplangestaltung zu nutzen. Zur Unterstützung und Entlas tung der Schulleitungen an Grund- und Mittelschulen mit gebundenen Ganztagszügen konnten bereits in den letzten Jahren Haushaltsmittel zur Finanzierung zusätzlicher Stunden für Verwaltungskräfte bereitgestellt wer den. Auch im Bereich der Inklusion ist das Kultusministerium seit Jahren be müht, weitere Verbesserungen umzusetzen. Hier ist besonders auf die zu sätzlichen Stellen, die für die Umsetzung der Inklusion bereitgestellt werden konnten, zu verweisen. Insgesamt wurden für die schrittweise Umsetzung der Inklusion an den bayerischen Schulen in den vergangenen Haushalts jahren jeweils 100 Stellen zusätzlich zur Verfügung gestellt. Bis 2016 wird der Freistaat damit insgesamt 600 zusätzliche Stellen für den Ausbau der Inklusion an den Schulen in Bayern bereitgestellt haben. Zudem erfolgt eine gezielte Unterstützung durch die Förderlehrer und Mobi len Sonderpädagogischen Dienste. In diesem Bereich werden schrittweise weitere Verbesserungen angestrebt. Gleichzeitig ist es in den letzten Jah ren gelungen, die Anzahl der großen Klassen kontinuierlich zu senken. Auf der Grundlage der derzeit vorliegenden Zahlen beträgt der Durchschnitts wert an den Grundschulen 21,3 und für die Mittelschulen 19,7 Schüler pro Klasse. Schließlich konnte auch die Unterrichtspflichtzeit der Lehrkräfte an Grund- und Mittelschulen in den letzten Jahren im Zuge der Arbeitszeitverkürzung reduziert werden. 1. Wieso werden schwangere Kolleginnen ganzjährig eingerechnet, obwohl viele (aus nachvollziehbaren Gründen) schon kurz nach Beginn des Schuljahres ausscheiden? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 22.04.2015 17/5948 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/5948 Schwangere Lehrerinnen sind zunächst bis zum Eintritt in den Mutterschutz grundsätzlich dienstfähig. Sollten hier Fälle der Dienstunfähigkeit eintreten, werden diese von der Mobilen Reserve abgedeckt. Lehrkräfte, die sich zum Stichtag (1. Schultag) in Elternzeit befinden und für die Erteilung von Unter richtsstunden nicht zur Verfügung stehen, werden im Rahmen der Klassen bildung vollständig ersetzt. Um Lehrkräfte zu ersetzen, die sich nicht ganz jährig, also nur einen Teil des Schuljahres in Elternzeit befinden, wird ein Kontingent für das jeweilige Schuljahr gebildet. Das festgesetzte Kontingent der Lehrkräfte mit nicht ganzjähriger Elternzeit wird (genauso wie die ganz jährigen Beurlaubungen und Elternzeiten) von den in einem Schuljahr zur Verfügung stehenden Lehrerstunden vorab abgezogen. Dieser Bedarf wird im Rahmen der Neueinstellung berücksichtigt. Im Umfang dieses Kontin gents können also keine Vertretungsfälle infolge von Elternzeit mehr auftre ten. Die zum Schuljahr zur Verfügung stehenden Lehrerstunden können so ausschließlich für die eigentliche Unterrichtsversorgung und für die Mobile Reserve verwendet werden. 2. Hat die Staatsregierung Kenntnis darüber, wie hoch der Krankenstand bei schwangeren Lehrerinnen in den drei Monaten vor dem errechneten Geburtstermin des Kindes bzw. der Kinder ist? Wenn ja, wie hoch ist dieser Prozentsatz? 3. Werden langzeiterkrankte Lehrer/-innen bei der Berechnung der Mobilen Reserve berücksichtigt, und wenn ja, wie? Die Daten über die Abwesenheitszeiten einer Lehrkraft (Erkrankungen, Mutterschutz usw.) werden vom Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst nicht zentral erfasst und gespeichert; zur Beant wortung der Frage müsste daher eine Prüfung der Personalakten aller Lehrkräfte der 3.187 staatlichen Grund- und Mittelschulen vorgenommen werden. Neben dem damit verbundenen erheblichen Mehraufwand wäre eine detaillierte Erfassung auch aus datenschutzrechtlichen Aspekten prob lematisch, da Rückschlüsse auf Einzelpersonen nicht ausgeschlossen wer den können. Von einer solchen Erhebung wird daher abgesehen . Im Rahmen der Aufstockungen der Mobilen Reserve werden Abfragen zur generellen Vertretungssituation in den einzelnen Schulamtsbezirken vorge nommen. Laut den Rückmeldungen der Regierungen bestand im Schuljahr 2013/2014 zu den jeweiligen Stichtagen eine Versorgungssituation, die bayernweit mit der der Vorjahre vergleichbar war, allerdings regional unter schiedliche Ausprägungen zeigte (z. B. erhöhter Vertretungsbedarf infolge von Schwangerschaften in bestimmten Schulamtsbezirken). Zusätzliche Bedarfe können im Rahmen der Aufstockungen der Mobilen Reserven berücksichtigt werden (vgl. u. die Antwort zu Frage 4). 4. Welche Maßnahmen wird die Staatsregierung ergreifen , um die Versorgung durch die Mobile Reserve sicherzustellen ? Die Sicherstellung des Unterrichts ist ein zentrales Anliegen der Staatsre gierung und es werden in diesem Bereich erhebliche Anstrengungen unter nommen. Das Konzept der Mobilen Reserve sieht neben einer Grundver sorgung ab Schuljahresbeginn regelmäßige Aufstockungen in den Monaten November, Januar und Februar vor. Seit Jahren kommt eine konstante An zahl von bayernweit 1.900 Vollzeitstellen im Bereich Lehramt Grundschule und Lehramt Mittelschule sowie 212 Vollzeitkapazitäten für Fachlehrer für die Mobile Reserve ab Schuljahresbeginn zum Einsatz. Die konstante Ver sorgung bedeutet angesichts der seit Jahren bayernweit rückläufigen Klas senzahl eine jährliche Verbesserung der Situation. Die Mobile Reserve wird entsprechend den Schüleranteilen auf die Regie rungsbezirke verteilt und von dort bedarfsgerecht den Schulämtern zuge wiesen. Der Umfang ist dabei grundsätzlich so bemessen, dass neben kurzfristigen auch langfristige Erkrankungen und zusätzliche Klassenbildungsmaßnahmen sowie Vertretungen aufgrund von Mutterschutz , Erzie hungsurlaub oder Ausscheiden von Lehrkräften während des Schuljahres abgedeckt werden können. Ein Teil der Lehrkräfte der Mobilen Reserve ist daher auch über einen längeren Zeitraum in einem Einsatz gebunden. Darüber hinaus können die einzelnen Staatlichen Schulämter Kapazitäten, die sich aus einer günstigen Klassenbildung oder aus nicht verschiebbaren Fachlehrerüberkapazitäten ergeben, zusätzlich in die Mobile Reserve geben. Es hat sich bewährt, die Zahl der Mobilen Reserven jährlich im November um 150 Vollzeitkapazitäten und im Januar um 80 Vollzeitkapazitäten zu erhöhen. Im Februar wird zusätzlich jeweils der gesamte Ersatzbedarf für die im ersten Schulhalbjahr in den Ruhestand eingetretenen oder anderwei tig ausgeschiedenen Lehrkräfte durch zusätzliche Einstellungen abgedeckt. Die Aufstockungen werden jeweils bedarfsorientiert auf der Grundlage re gelmäßiger Stichtagserhebungen vorgenommen , d.h. aktuelle Entwicklun gen der Vertretungssituation (z. B. längerfristige Erkrankungen, Schwanger schaften, etc.) werden bei der jeweiligen Zuweisung der zusätzlichen Stel lenkontingente an die Regierungen berücksichtigt. Damit kann die Mobile Reserve unter Bezugnahme auf die konkreten Vertretungssituationen dem unterschiedlich steigenden Bedarf während des Schuljahres angepasst werden. In Zeiten, in denen keine Vertretungseinsätze anfallen, werden die Mobilen Reserven an der Stammschule zur weiteren individuellen Förderung einge setzt und stehen somit als Lehrkräfte an der Schule zur Verfügung. 5. Welche Maßnahmen wird die Staatsregierung ergreifen , um ihrer Fürsorgepflicht in Hinblick auf Krankheitsprävention der Lehrerinnen und Lehrer nachzukommen ? Vonseiten des Staatsministeriums wird seit Jahren ein umfassendes An gebot an Fortbildungs- und Präventionsmaßnahmen vorgehalten. – Auf lokaler Ebene der Schulämter, auf regionaler Ebene der Regierun gen und auf zentraler Ebene – primär durch die Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung Dillingen (ALP) – werden jährlich insgesamt ca. 100 Fortbildungsveranstaltungen zur Lehrergesundheit angeboten . Die Zahl der Plätze übersteigt dabei die Zahl der Bewer bungen. Darüber hinaus ermöglichen schulinterne Lehrerfortbildungen (SCHILF), die in Eigenregie von den Schulen durchgeführt werden, ei ne besonders schnelle Reaktion auf Fortbildungsbedarfe der Lehrkräf te. Schulen können dabei beispielsweise auf einschlägig geschulte Ansprechpartner der Staatlichen Schulberatungsstellen als Referenten zu rückgreifen. Damit wird den bayerischen Lehrkräften ein thematisch wie geografisch breit gefächertes Angebot an Fortbildungsveranstaltungen zu Aspekten der Lehrergesundheit unterbreitet. Drucksache 17/5948 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 – Im Rahmen des vom StMBW geförderten „Landesprogramms für die gute gesunde Schule“, dessen Ziel die gesundheitsförderliche Schul entwicklung ist, werden seit dem Schuljahr 2008/09 an derzeit ca. 40 Projektschulen besondere Fortbildungsangebote für Lehrkräfte z. B. zum Stress- und Zeitmanagement, zur Klassenführung, zur Elternarbeit sowie zur kollegialen Fallberatung durchgeführt . – An den neun staatlichen Schulberatungsstellen in Bayern sind darüber hinaus Beauftragte für Lehrergesundheit tätig, die Ansprechpartner für Lehrkräfte aller Schularten sind und Fortbildungen durch Teams von Schulpsychologinnen und Schulpsychologen, die auch an Schulen stattfinden, koordinieren und durchführen. Für diese Tätigkeiten stellt das Staatsministerium jährlich insgesamt 90 Anrechnungsstunden und stetig wachsende finanzielle Mittel zur Verfügung. Inhalte der Fortbil dungen sind beispielsweise die kollegiale Fallberatung sowie Methoden des Zeit-, Ressourcen- und Stressmanagements, der Führung schwie riger Klassen sowie der Gesprächsführung und des Konfliktmanage ments. – Die Beauftragten für Lehrergesundheit mit Supervisionserfahrung bie ten darüber hinaus Supervision und Coaching für Lehrkräfte und Schul leitungen an. – Zur Entwicklung einer konkreten präventiven Maßnahme hat das Staatsministerium in den Jahren 2009 bis 2013 das Projekt „LeguPan Lehrergesundheit und Prävention “ finanziell und ideell gefördert. Die Ludwig-Maximilians -Universität München entwickelte in Zusammenarbeit mit der Klinik Roseneck, Prien am Chiemsee, ein Trainingspro gramm für Lehramtsanwärter und Lehrkräfte , in dem Klassenführungs kompetenzen und gesundheitsförderliches Verhalten geschult wird. Das StMBW unterstützte LeguPan durch die Abordnung einer Lehrkraft an den Lehrstuhl für Schulpädagogik der LudwigMaximilians -Universität. Nach der Projektphase wurden einzelne Projektbausteine in die Lehrerfortbildung an der ALP übernommen und durch die Ausbil dung von Multiplikatoren (Schulpsychologinnen und Schulpsychologen mit Supervisionsauftrag sowie Seminarlehrkräfte) verstetigt. – Ressortübergreifend hat das Bayerische Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat in Zusammenarbeit mit den anderen Staatsministerien einen Handlungsleitfaden zum Behördlichen Gesundheitsmanagement (BGM) sowie zentrale Informationen zu verschiedenen Themen der Gesundheitsförderung bzw. des Gesund heitsmanagements erarbeitet. Das BGM enthält alle gemeinsamen Maßnahmen des Dienstherrn und der Beschäftigten zu Schutz, Erhalt und Verbesserung von Wohlbefinden und Gesundheit am Arbeitsplatz. Aufgabe des BGM ist es, integrierte Strukturen und Prozesse zu entwi ckeln, die auf die gesundheitsförderliche Gestaltung von Arbeit, Orga nisation und Verhalten am Arbeitsplatz abzielen und den Beschäftigten und dem Dienstherrn gleichermaßen zugutekommen. Das Gesundheitsmanagement umfasst folgende Handlungsfelder : – Personalmanagement – Arbeitsschutzmanagement – Gesundheitsförderung – Suchtprävention – Notfall- und Krisenmanagement – Fehlzeitenmanagement – Mitarbeiterbeteiligung – Abschließend wird auf die Möglichkeiten des sog. Betrieblichen Ein gliederungsmanagements gem. § 84 Abs. 2 SGB IX im Falle einer Er krankung von sechs Wochen oder mehr innerhalb eines Jahres hinge wiesen. Dieses eröffnet Beschäftigten, die das wünschen, auch die Möglichkeiten , mit ihren Vorgesetzten über ihre Krankheit, deren Ursa chen und eventuelle Möglichkeiten der Abhilfe unter Einbeziehung ver schiedener sachkundiger Stellen (ggf. auch des Personalrats und der Schwerbehindertenvertretung ) zu sprechen. Hierzu wurde mit dem Hauptpersonalrat und der Hauptschwerbehindertenvertretung auch ein Leitfaden für die Schulen erarbeitet und diesen zur Verfügung gestellt. 6. Wird die Staatsregierung auch für den Mobilen Sonderpädagogischen Dienst eine Mobile Reserve einführen und für wann ist dies geplant? Bei den Mobilen Sonderpädagogischen Diensten handelt es sich um ein die Regelschulen beratendes, unterstützendes System. Mobile Reserven sind hingegen derzeit nur zur Sicherung der Unterrichtsversorgung vorgesehen.