Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Gabi Schmidt FREIE WÄHLER vom 27.02.2015 Kontaminierte Stilllegungsabfälle in Bayern In der Beantwortung meiner Schriftlichen Anfrage zum Abbau der Kernkraftwerke in Bayern Drs. 17/4643 heißt es wörtlich : „Die Zwischenlagerung [der Stilllegungsabfälle der bayerischen Kernkraftwerke] erfolgt in Verantwortung der Genehmigungsinhaber an den Standorten der Kernkraftwerke oder in anderen geeigneten Lagern wie der EVU-Lagerhalle in Mitterteich im Rahmen entsprechender Umgangsgenehmigungen . Für die Endlagerung wird vom Bund derzeit die Schachtanlage Konrad ausgebaut.“ Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie ist der Stand beim Ausbau der Schachtanlage Konrad (bitte auch das Datum des voraussichtlichen Abschlusses des Ausbaus angeben)? a) Wird die Anlage den gesamten radioaktiv kontaminierten oder aktivierten Abfall lagern können? b) Welche Alternativen zur Schachtanlage Konrad werden diskutiert und kommen für die Endlagerung auch Standorte in Bayern infrage? 2. Welche exakten Standorte sind für die Zwischenlage- rung der kontaminierten bzw. aktivierten Stilllegungsabfälle vorgesehen? a) Werden diese ausschließlich auf dem Gelände der Kernkraftwerke erstellt oder ist es möglich, dafür Grundstücke anderer Eigentümer in Anspruch zu nehmen ? b) Falls ja, an welchen Standorten und von welchem Eigentümer ? 3. Auf welche Weise erfolgt die Zwischenlagerung der kontaminierten oder aktivierten Abfälle an den Kraftwerksstandorten ? a) Werden dafür Hallen errichtet oder erfolgt die Zwischenlagerung im Freien? 4. Was versteht die Staatsregierung unter „aktivierte Ab- fälle“? a) Welche konkreten Gefahren gehen davon aus? b) Wie hoch liegt der Grenzwert zwischen „aktiviert“ und „kontaminiert“? 5. Welche Kapazitäten hat die EVU-Lagerhalle in Mitter- teich? a) Wie viel ist davon aktuell belegt? b) Wird Lagerfläche für den kommenden Stilllegungsab- fall in ausreichender Größe vorgehalten? 6. Sind weitere Lager wie die EVU-Lagerhalle in Mitter- teich in Planung? a) Falls ja, an welchen Standorten? b) Wann soll ggf. die Suche und Prüfung weiterer Lager- standorte beginnen? 7. Wie lange werden die kontaminierten oder aktivierten Stilllegungsabfälle in den Zwischenlagern aufbewahrt? a) Auf welche Weise werden sie anschließend in das Endlager weitertransportiert? b) Bis wann rechnet die Staatsregierung mit einer kom- pletten Endlagerung im Schacht Konrad? 8. Wie hoch schätzt die Staatsregierung die Kosten für die Zwischenlagerung der kontaminierten oder aktivierten Stilllegungsabfälle pro Jahr? a) Was versteht die Staatsregierung unter einem nicht „nennenswerten Gefahrenpotenzial“? b) Wie lange dauert es, bis die Strahlung des kontaminierten bzw. aktivierten Materials unter den gesundheitsgefährdenden Grenzwert fällt? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 25.03.2015 1. Wie ist der Stand beim Ausbau der Schachtanlage Konrad (bitte auch das Datum des voraussichtlichen Abschlusses des Ausbaus angeben)? Die Errichtung und der Betrieb des Endlagers Konrad liegen in der Zuständigkeit des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS). Derzeit befinden sich die Ausführungsplanungen und Errichtungsarbeiten in der Umsetzung. Mit einer Inbetriebnahme des Endlagers wird nach Angabe des BfS nicht vor dem Jahr 2022 gerechnet. a) Wird die Anlage den gesamten radioaktiv kontaminierten oder aktivierten Abfall lagern können? Die für das Endlager Konrad vorgesehenen Abfallmengen umfassen – abgesehen von den hoch radioaktiven Abfällen (bestrahlte Brennelemente und Abfälle aus der Wiederaufarbeitung ) – alle sowohl bei Betrieb als auch bei Stilllegung und Rückbau der Kernkraftwerke anfallenden radioaktiven Abfälle. b) Welche Alternativen zur Schachtanlage Konrad werden diskutiert und kommen für die Endlagerung auch Standorte in Bayern infrage? Derzeit werden keine Alternativen diskutiert. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 29.04.2015 17/5976 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/5976 2. Welche exakten Standorte sind für die Zwischenlagerung der kontaminierten bzw. aktivierten Stilllegungsabfälle vorgesehen? a) Werden diese ausschließlich auf dem Gelände der Kernkraftwerke erstellt oder ist es möglich, dafür Grundstücke anderer Eigentümer in Anspruch zu nehmen? b) Falls ja, an welchen Standorten und von welchem Eigentümer? Für die Zwischenlagerung stehen neben den Lagermöglichkeiten an den Standorten der Kernkraftwerke andere Lager zur Verfügung. In Bayern besteht die Möglichkeit, Stilllegungsabfälle in der EVU-Lagerhalle in Mitterteich zwischenzulagern . Außerhalb Bayerns gibt es Lager z. B. bei der GNS Gesellschaft für Nuklearservice mbH in Duisburg oder im Abfalllager Gorleben. Nach Kenntnis des StMUV ist derzeit nicht vorgesehen, Lagermöglichkeiten außerhalb der bestehenden Kraftwerksstandorte und der bereits in Betrieb befindlichen anderen Lager zu schaffen. Die grundsätzliche Möglichkeit der Errichtung weiterer Lager besteht jedoch. 3. Auf welche Weise erfolgt die Zwischenlagerung der kontaminierten oder aktivierten Abfälle an den Kraftwerksstandorten? a) Werden dafür Hallen errichtet oder erfolgt die Zwischenlagerung im Freien? Die Lagerung erfolgt in bestehenden Gebäuden oder noch zu errichtenden Hallen. 4. Was versteht die Staatsregierung unter „aktivierte Abfälle“? Bei aktivierten Abfällen wird die Radioaktivität im Material durch Neutroneneinfang erzeugt, bei kontaminierten Abfällen werden radioaktive Stoffe von außen an Materialoberflächen angelagert oder in das Volumen des Materials eingebracht . a) Welche konkreten Gefahren gehen davon aus? Bei vorschriftsmäßiger Handhabung gemäß den Vorgaben der Strahlenschutzverordnung gehen weder von aktivierten noch von kontaminierten radioaktiven Abfällen Gefahren aus. b) Wie hoch liegt der Grenzwert zwischen „aktiviert“ und „kontaminiert“? Aus sicherheitstechnischer Sicht, aus Sicht des Strahlenschutzes und hinsichtlich einschlägiger Grenzwerte besteht kein Unterschied zwischen aktivierten und kontaminierten radioaktiven Abfällen. Diese Unterscheidung erfolgt lediglich aufgrund der Entstehung (siehe Antwort zu Frage 4). 5. Welche Kapazitäten hat die EVU-Lagerhalle in Mitterteich ? Die Lagerkapazität der EVU-Lagerhalle Mitterteich umfasst gemäß aktuellem Lagerkonzept ca. 28.500 Abfallgebinde. a) Wie viel ist davon aktuell belegt? Zum 05.02.2015 betrug der Lagerbestand 14.867 Abfallgebinde . b) Wird Lagerfläche für den kommenden Stilllegungsabfall in ausreichender Größe vorgehalten? Die EVU-Lagerhalle ist vorrangig für die Lagerung von schwach- und mittelradioaktiven Abfällen aus dem Betrieb der bayerischen Kernkraftwerke vorgesehen. Inwieweit die vorhandene Lagerkapazität auch für Stilllegungsabfälle genutzt wird, liegt in der Zuständigkeit der Kernkraftwerksbetreiber . Es ist davon auszugehen, dass die Kapazität der EVULagerhalle nicht für alle radioaktiven Stilllegungsabfälle ausreicht . Daher werden diese auch an den Kraftwerksstandorten oder in anderen bestehenden Lagern zwischengelagert bzw. für den Abtransport zur Schachtanlage Konrad bereitgestellt (siehe Antwort zu Frage 2). 6. Sind weitere Lager wie die EVU-Lagerhalle in Mitterteich in Planung? Nein. a) Falls ja, an welchen Standorten? b) Wann soll ggf. die Suche und Prüfung weiterer La- gerstandorte beginnen? Siehe Antwort zu Frage 6. 7. Wie lange werden die kontaminierten oder aktivierten Stilllegungsabfälle in den Zwischenlagern aufbewahrt ? Die Aufbewahrung wird voraussichtlich bis zur Abgabe an ein Bundesendlager, also an die Schachtanlage Konrad, dauern. a) Auf welche Weise werden sie anschließend in das Endlager weitertransportiert? Der Transport erfolgt mit der Bahn oder mit Lkw. b) Bis wann rechnet die Staatsregierung mit einer kompletten Endlagerung im Schacht Konrad? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 8. Wie hoch schätzt die Staatsregierung die Kosten für die Zwischenlagerung der kontaminierten oder aktivierten Stilllegungsabfälle pro Jahr? Zu den Lagerkosten liegen der Staatsregierung keine Zahlen vor. Diese Kosten sind vollständig von den Betreibern der Kernkraftwerke zu tragen. a) Was versteht die Staatsregierung unter einem nicht „nennenswerten Gefahrenpotenzial“? Bei vorschriftsmäßiger Handhabung radioaktiver Stoffe ist durch die Regelungen der Strahlenschutzverordnung der Schutz des Menschen und der Umwelt vor den schädlichen Wirkungen ionisierender Strahlung sichergestellt. Da durch die jeweils verantwortlichen Betreiber und durch die Überwachung der Behörden die Einhaltung der Vorschriften der Strahlenschutzverordnung gewährleistet wird, ist somit nur noch ein theoretisches Gefahrenpotenzial vorhanden. b) Wie lange dauert es, bis die Strahlung des kontaminierten bzw. aktivierten Materials unter den gesundheitsgefährdenden Grenzwert fällt? Das Abklingen der Radioaktivität ist abhängig von den Halbwertszeiten der im Einzelnen enthaltenen Radionuklide. Die Frage der Gesundheitsgefährdung durch radioaktive Abfälle hängt nicht nur vom Gehalt an radioaktiven Stoffen, sondern vor allem vom vorschriftsmäßigen Umgang mit diesen Abfällen ab. Einen „gesundheitsgefährdenden Grenzwert“ gibt es daher nicht.