Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Paul Wengert SPD vom 23.02.2015 Hausärztliche Versorgung im Allgäu In Gesprächen mit Bürgerinnen und Bürgern wird immer wieder deren Sorge über die Zukunft der hausärztlichen Versorung im ländlich geprägten Allgäu deutlich. Viele der in der Region tätigen Allgemeinmediziner und Internisten mit hausärztlicher Tätigkeit werden in den nächsten Jahren das Pensionsalter erreichen. Damit droht auch in diesen ländlichen Gebieten die Gefahr einer Unterversorgung für die Patienten. Oftmals finden Hausärzte keinen Nachfolger für ihre Praxen – da scheint auch der Slogan „Arbeiten, wo andere Urlaub machen“ nicht zu helfen. Ich frage daher die Staatsregierung: 1. a) Wie gestaltet sich die Altersstruktur der Haus- und Allgemeinärzte (in Zehnjahresschritten) im Landkreis Ostallgäu? b) Wie gestaltet sich die Altersstruktur der Haus- und Allgemeinärzte (in Zehnjahresschritten) im Landkreis Oberallgäu? c) Wie gestaltet sich die Altersstruktur der Haus- und Allgemeinärzte (in Zehnjahresschritten) im Landkreis Unterallgäu? 2. a) Wie gestaltet sich die Altersstruktur der Haus- und Allgemeinärzte (in Zehnjahresschritten) im Landkreis Lindau? b) Wie gestaltet sich die Altersstruktur der Haus- und Allgemeinärzte (in Zehnjahresschritten) in der kreisfreien Stadt Kempten? c) Wie gestaltet sich die Altersstruktur der Haus- und Allgemeinärzte (in Zehnjahresschritten) in der kreisfreien Stadt Kaufbeuren? 3. a) Welche Kommunen im Allgäu sind aktuell von Praxisschließungen bedroht? b) Welche Kommunen im Allgäu sind in den nächsten Jahren von Praxisschließungen bedroht? 4. a) Wie hat sich die Versorgung mit Hausärzten im Allgäu in den vergangenen fünf Jahren verändert? b) In welchen Kommunen im Allgäu ist die Versorgungslage mit Hausärzten besonders dramatisch? 5. a) Wie viele Patienten kommen im Landkreis Ostallgäu im Durchschnitt auf einen Hausarzt? b) Wie viele Patienten kommen im Landkreis Oberallgäu im Durchschnitt auf einen Hausarzt? c) Wie viele Patienten kommen im Landkreis Unterallgäu im Durchschnitt auf einen Hausarzt? 6. a) Wie viele Patienten kommen im Landkreis Lindau im Durchschnitt auf einen Hausarzt? b) Wie viele Patienten kommen in der kreisfreien Stadt Kempten im Durchschnitt auf einen Hausarzt? c) Wie viele Patienten kommen in der kreisfreien Stadt Kaufbeuren im Durchschnitt auf einen Hausarzt? Antwort des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 23.03.2015 Vorab wird darauf hingewiesen, dass das Staatsministerium für Gesundheit und Pflege zur Beantwortung der nachfolgenden Fragen über kein eigenes Zahlenmaterial verfügt, da die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versor gung nicht Aufgabe der Staatsregierung ist. Diese Aufgabe wurde nach dem Willen des Bundesgesetzgebers vielmehr auf die Kassenärztliche Vereini gung Bayerns (KVB) übertragen, die diese Aufgabe als Selbstverwaltungsan gelegenheit eigenverantwortlich wahrnimmt. Das StMGP führt lediglich die Rechtsaufsicht über die KVB. Die Angaben, die zur Beantwortung der Anfrage erforderlich waren, wurden daher dem Versorgungsatlas der KVB (Stand Januar 2015) entnommen, der unter www.kvb.de/ ueber-uns/versorgungsatlas/ abrufbar und allgemein zugänglich ist. Darüber hinaus wurde Zahlenmaterial aus dem Versorgungsatlas der KVB mit Stand Oktober 2010 verwendet . Die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung und somit auch die flächenmä ßig gleichmäßige Verteilung der Vertragsärzte erfolgt auf der Basis der bundesweit geltenden Bedarfsplanungs-Richtlinie. Die in der Bedarfsplanungsrichtlinie ge troffenen Gebietseinteilungen orientieren sich nur zum Teil an Landkreis-Grenzen bzw. kreisfreien Städten. Die für die Bedarfsplanung in der hausärztlichen Versor gung maßgebenden sogenannten Mittelbereiche basieren vielmehr auf der Abgren zung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung und orientieren sich an den Entfernungen, Lagebeziehungen, Verkehrsanbindungen und traditionellen Bindungen zwischen Gemeinden und damit an dem zu erwartenden Verhalten der Bevölkerung bei der Inanspruchnahme von Infrastruktureinrichtungen der Daseins vorsorge. Die durch die Bedarfsplanungs-Richtlinie getroffene Festlegung der Mittel bereiche als Planungsberei- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 22.04.2015 17/5978 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/5978 che für die hausärztliche Versorgung ist für die KVB grundsätzlich verbindlich. Eine Beantwortung der Fragen erfolgt daher nicht in Bezug auf Landkreise bzw. kreisfreie Städte, sondern auf Basis der festgelegten Mittelbereiche. 1. a) Wie gestaltet sich die Altersstruktur der Haus- und Allgemeinärzte (in Zehnjahresschritten) im Landkreis Ostallgäu? b) Wie gestaltet sich die Altersstruktur der Haus- und Allgemeinärzte (in Zehnjahresschritten) im Landkreis Oberallgäu? c) Wie gestaltet sich die Altersstruktur der Haus- und Allgemeinärzte (in Zehnjahresschritten) im Landkreis Unterallgäu? Planungsbereich Landkreis Anzahl Ärzte* unter 50 J. 50 bis 59 J. ab 60 J. Mindelheim Unterallgäu 25 24,0 % 36,0 % 40,0 % Bad Wörishofen Unterallgäu 23 34,8 % 21,7 % 43,5 % Memmingen Süd Unterallgäu 53 39,7 % 37,8 % 22,6 % Memmingen Nord Unterallgäu 18 33,3 % 33,3 % 33,3 % Kaufbeuren Ostallgäu 65 26,2 % 35,4 % 38,5 % Marktoberdorf Ostallgäu 32 28,2 % 43,8 % 28,1 % Füssen Ostallgäu 37 27,0 % 32,4 % 40,5 % Kempten Oberallgäu 91 30,8 % 28,6 % 40,7 % Immenstadt/Sonthofen Oberallgäu 55 29,1 % 36,4 % 34,5 % Oberstdorf Oberallgäu 19 31,6 % 36,9 % 31,6 % *nach Köpfen 2. a) Wie gestaltet sich die Altersstruktur der Haus- und Allgemeinärzte (in Zehnjahresschritten) im Landkreis Lindau? Planungsbereich Landkreis Anzahl Ärzte* unter 50 J. 50 bis 59J. ab 60 J. Lindenberg (Allgäu) Lindau 29 37,9 % 34,5 % 27,6 % Lindau (Bodensee) Lindau 36 27,8 % 33,3 % 38,9 % *nach Köpfen b) Wie gestaltet sich die Altersstruktur der Haus- und Allgemeinärzte (in Zehnjahresschritten) in der kreisfreien Stadt Kempten? c) Wie gestaltet sich die Altersstruktur der Haus- und Allgemeinärzte (in Zehnjahresschritten) in der kreisfreien Stadt Kaufbeuren? Eine gesonderte Ausweisung der Altersstruktur der Hausund Allgemeinärzte für die Stadtkreise Kempten und Kaufbeuren kann nicht erfolgen, da diese aufgrund ihrer Größe nicht gesondert, sondern vielmehr gemeinsam mit den Mittelbereichen Oberallgäu oder Ostallgäu beplant werden. 3. a) Welche Kommunen im Allgäu sind aktuell von Praxisschließungen bedroht? b) Welche Kommunen im Allgäu sind in den nächsten Jahren von Praxisschließungen bedroht? Zur Frage nach aktuellen und zukünftigen Praxisschließungen kann die Staatsregie rung keine Einschätzung abgeben . So ist zum 01.01.2009 die bisher auf 68 Jahre festgelegte Altersgrenze abgeschafft worden. Man kann daher nicht mehr davon ausgehen, dass ein Hausarzt spätestens mit dem 68. Lebensjahr aus der vertrags ärztlichen Versor- gung ausscheidet. Zum anderen haben ausscheidende Hausärzte die Möglichkeit, ihre Praxis an einen Nachfolger zu übergeben. Hinsichtlich einer Prognose über künftige Praxisschließungen kommt es insofern da rauf an, wie lange ein Hausarzt tatsächlich noch an der vertragsärztlichen Versor gung teilnehmen will und ob er einen Nachfolger für seine Praxis findet. Daher kann somit nur auf die bereits zu Frage 1 dargelegte Altersstruktur der Hausärzte hinge wiesen werden. 4. a) Wie hat sich die Versorgung mit Hausärzten im Allgäu in den vergangenen fünf Jahren verändert? b) In welchen Kommunen im Allgäu ist die Versorgungslage mit Hausärzten besonders dramatisch? Der Zuschnitt der Planungsbereiche im hausärztlichen Bereich hat sich aufgrund der Novellierung der Bedarfsplanungsrichtlinie zum 01.01.2013 geändert. Vorher wurde das Allgäu in größeren Planungsbereichen beplant. Ein direkter Vergleich der Ver sorgungssituation ist daher nur bedingt möglich. So waren im Jahr 2010 die Pla nungsbereiche Ostallgäu mit Kaufbeuren (110,4 %), Oberallgäu mit Kempten (114,1 %) und Lindau (111,7 %) überversorgt. Im Planungsbereich Unterallgäu mit Memmingen (108,7 %) bestand im Jahr 2010 Regelversorgung. Aktuell herrscht in den neun von zwölf hausärztlichen Mittelbereichen im Allgäu Überversorgung. Diese Planungsbereiche sind für Neuniederlassungen gesperrt. Regelversorgung herrscht in den Planungsbereichen Memmingen Süd (102,9 %), Memmingen Nord (105,2 %) und Lindenberg (107,2 %). Eine besorgniserregende Versorgungssituation im Allgäu ist insofern nicht erkenn bar. Die für die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung zuständige KVB überwacht dennoch laufend die Versorgungsentwicklung in ganz Bayern . Im Rahmen einer halbjährlich stattfindenden Prüfung auf drohende Unterversorgung prüft sie sys tematisch, ob Planungsbereiche – insbesondere aufgrund einer ungünstigen Alters struktur der dort vorhandenen Ärzte – in absehbarer Zeit Versorgungsdefizite aufwei sen könnten. Wenn für einen Planungsbereich eine in absehbarer Zeit drohende Un terversorgung festgestellt wird, initiiert die KVB gezielte Fördermaßnahmen, um die se abzuwenden. 5. a) Wie viele Patienten kommen im Landkreis Ostallgäu im Durchschnitt auf einen Hausarzt? b) Wie viele Patienten kommen im Landkreis Oberallgäu im Durchschnitt auf einen Hausarzt? c) Wie viele Patienten kommen im Landkreis Unterallgäu im Durchschnitt auf einen Hausarzt? Im Rahmen der Bedarfsplanung ist ausschließlich das Verhältnis Einwohnerzahl je Arzt maßgebend, weil die Patientenzahl je Arzt keinen Aufschluss über die tatsächliche Versorgungssituation in einem Planungsbereich gibt. Die Frage wird insofern auf der Grundlage des bedarfsplanungsrelevanten Einwohner-/Arztverhältnisses beantwortet . Das Sollverhältnis liegt nach der BedarfsplanungsRichtlinie deutschlandweit einheitlich bei 1.671 Einwohnern je Hausarzt. Dieses Verhältnis wird ggf. noch an hand eines Demografiefaktors modifiziert, soweit die Altersstruktur im Planungsbe reich signifikant vom Bundesdurchschnitt abweicht (§ 9 Bedarfsplanungsrichtlinie). Drucksache 17/5978 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Planungsbereich Landkreis Anzahl Ärzte* Einwohner ** Einwohner / Arzt*** Mindelheim Unterallgäu 24,25 37.069 1.529 Bad Wörishofen Unterallgäu 22,00 29.104 1.323 Memmingen Süd Unterallgäu 51,75 84.051 1.624 Memmingen Nord Unterallgäu 17,50 29.032 1.659 * nach Versorgungsauftrag ** Einwohner Stand 31.12.2013 (Quelle LfStaD Bayern) *** Einwohner-/Arztverhältnis anhand der vorliegenden Zahlen ermittelt durch StMGP Planungsbereich Landkreis Anzahl Ärzte* Einwohner ** Einwohner / Arzt*** Kaufbeuren Ostallgäu 61,40 83.528 1.360 Marktoberdorf Ostallgäu 31,50 45.586 1.447 Füssen Ostallgäu 36,50 47.416 1.299 Kempten Oberallgäu 87,55 131.414 1.501 Immenstadt/ Sonthofen Oberallgäu 52,50 67.323 1.282 Oberstdorf Oberallgäu 19,00 16.785 883 * nach Versorgungsauftrag ** Einwohner Stand 31.12.2013 (Quelle LfStaD Bayern) *** Einwohner-/Arztverhältnis anhand der vorliegenden Zahlen ermittelt durch StMGP 6. a) Wie viele Patienten kommen im Landkreis Lindau im Durchschnitt auf einen Hausarzt? Planungsbereich Landkreis Anzahl Ärzte* Einwohner ** Einwohner /Arzt*** Lindenberg (Allgäu) Lindau 24,75 38.843 1.569 Lindau (Bodensee) Lindau 36,00 40.096 1.114 * nach Versorgungsauftrag ** Einwohner Stand 31.12.2013 (Quelle LfStaD Bayern) *** Einwohner-/Arztverhältnis anhand der vorliegenden Zahlen ermittelt durch STMGP b) Wie viele Patienten kommen in der kreisfreien Stadt Kempten im Durchschnitt auf einen Hausarzt? c) Wie viele Patienten kommen in der kreisfreien Stadt Kaufbeuren im Durchschnitt auf einen Hausarzt? Eine gesonderte Ausweisung des Einwohner-/Arztverhältnisses für die Stadtkreise Kempten und Kaufbeuren kann nicht erfolgen, da diese aufgrund ihrer Größe nicht gesondert , sondern vielmehr gemeinsam mit den Mittelbereichen Oberallgäu oder Ostallgäu beplant werden.