Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Klaus Adelt SPD vom 29.01.2015 Hooligandroge Crystal Meth? Sei es die „LEGIDA“-Demonstration in Leipzig oder die „HOGESA“-Demonstration in Köln – die mediale Berichterstattung vermittelt den Eindruck, dass die Gewalt von Hooligans gegenüber Polizisten zugenommen hat. Ich frage daher die Staatsregierung: 1. a) Wie viele strafrechtlich relevante Handlungen wurden von Hooligans (gemäß Definition des Dudens) gegenüber Polizisten in den Jahren 2009 bis 2014 verübt (bitte aufgeschlüsselt nach Jahren und Ort des Übergriffs)? b) Um welche konkreten strafrechtliche Handlungen handelte es sich hierbei (bitte aufgeschlüsselt nach Jahren und Art der tätlichen Übergriffe, z. B. Werfen mit Gegenständen, sexuelle Belästigung etc.)? c) Wie viele Polizisten wurden dabei verletzt (bitte aufgeschlüsselt nach Jahren)? 2. Wie viele nicht-tätliche Angriffe, worunter hier verbale Provokationen, Bedrängen, Beleidigungen, Androhen von körperlicher Gewalt etc. subsumiert werden, wurden seitens Hooligans gegenüber Polizisten in den Jahren 2009 bis 2014 verübt (sofern möglich, bitte aufgeschlüsselt nach Jahren und Ort der nicht-tätlichen Angriffe)? 3. Wie beurteilt die Staatsregierung das Gefährdungspotenzial , das gegenwärtig von gewaltbereiten Hooligans gegenüber Unbeteiligten und Polizeikräften im Vergleich zu 2009 ausgeht? 4. a) Stimmt es, dass die Droge Crystal Meth vermehrt in der Hooliganszene konsumiert wird, weil sie die betreffenden Konsumenten schmerzunempfindlich macht? b) Falls ja, besteht aus Sicht der Staatsregierung ein Zusammenhang zwischen etwaigen steigenden strafrechtlichen Handlungen von Hooligans gegenüber Polizisten und dem Konsum der Droge Crystal Meth? c) Wenn dies zutrifft, welche Schlussfolgerungen bzw. Konsequenzen zieht die Staatsregierung daraus? 5. a) Ist der Staatsregierung bekannt, ob die in Bayern existierenden Fanprojekte in ihrer Präventionsarbeit auch diese etwaige Drogenproblematik thematisieren und berücksichtigen? b) Falls ja, um welche konkreten Fanprojekte handelt es sich dabei? c) In welchem Umfang werden diese Projekte finanziell durch den Freistaat Bayern unterstützt? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 30.03.2015 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration wie folgt beantwortet: Vorbemerkung zur Beantwortung der Fragen 1 a – 3: Für die Erfassung von Vorgangsdaten im Zusammenhang mit „Hooligans“ gibt es bei der Bayerischen Polizei keine einheitlichen Erfassungskonventionen bzw. schlagwortbasierte Erfassungsmöglichkeiten. Insofern sind automatisierte Recherchemöglichkeiten zur Thematik Hooligans nicht möglich. Eine manuelle Auswertung wäre nur unter einem erheblichen Arbeitsaufwand zu leisten und lässt sich nicht in der für die Beantwortung der Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit erledigen. Eine abschließende belastbare Auflistung zu „Straftaten begangen durch Hooligans“ ist dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr daher nicht möglich. Bezug nehmend auf die Fragen 1 a–2 im Zusammenhang mit verletzten Polizeibeamten wurde eine ergänzende Recherche und Auswertung in der Datei „Gewalt gegen Polizeibeamte“ (Gewa-Pol) durchgeführt. Diese Datei berücksichtigt Vorgänge, die von bayerischen Dienststellen zur Polizeilichen Kriminalstatistik gemeldet wurden und den Merker „Opferspezifika Polizeibeamter“ beinhalten (ausgegrenzt werden hierbei Fälle der Bundespolizei). Eine Einordnung von Tatverdächtigen nach der Kategorie „Hooligan“ findet zwar nicht statt, allerdings können Tatverdächtige und das begangene Delikt nach der Szeneangehörigkeit zur „Sport-Szene“ und „Gewalttäter Sport“ ausgewertet werden. Die beiden Parameter „Sport-Szene“ und „Gewalttäter Sport“ werden jeweils durch den polizeilichen Sachbearbeiter der erfassenden Dienststelle bei der Befüllung der Datei „Gewa-Pol“ nach folgenden Kriterien vergeben: Ist der Tatverdächtige bereits in der Datei „Gewalttäter Sport“ entsprechend der Errichtungsanordnung erfasst oder erfüllt er durch das begangene Delikt zugleich die Kriterien dieser Datei, dann wird der Merker „Gewalttäter Sport“ auch in der Datei „Gewa-Pol“ gesetzt. Der Merker „Sport-Szene“ wird nach Entscheidung durch den jeweiligen polizeilichen Sachbearbeiter in der Datei „Gewa-Pol“ anhand des ihm vorliegenden Sachverhalts vergeben , wenn daraus hervorgeht, dass der Tatverdächtige einer entsprechenden Szene z. B. Fußball oder Eishockey angehört. Abweichend von der Fragestellung wurden im Folgenden die Auswertungen auf Datenbasis für den Zeitraum 2010– 2013 erstellt, da eine Erfassung entsprechender Daten erst seit dem Jahr 2010 erfolgt. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 22.04.2015 17/5991 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/5991 Hierzu wird angemerkt, dass eine Aufschlüsselung nach Tatbegehungsweise wie zum Beispiel das Werfen mit Gegenständen nicht recherchierbar ist. c) Wie viele Polizisten wurden dabei verletzt (bitte aufgeschlüsselt nach Jahren)? Angaben über Polizeibeamte, die nur durch Szeneangehörige „Sport-Szene“ und „Gewalttäter Sport“ verletzt oder getötet wurden, können aufgrund fehlender Recherchemöglichkeiten nicht getroffen werden. Die nachfolgende Tabelle enthält Zahlen zu verletzten Polizeibeamten anlässlich der Betreuung von Fußballspielen (Länderspiele, Spiele bayerischer Vereine in der Bundesliga , der 2. Bundesliga, der 3. Liga, DFB-Pokal, UEFA-Wettbewerb ) für die Spielzeiten 2008/2009–2013/2014. Eine Differenzierung, ob die Verletzungen von Tatverdächtigen der „Sport-Szene“, von „Gewalttätern Sport“ oder dem fußballorientierten Fan, der keiner Szene zuzuordnen ist, zugefügt wurden, kann nicht getroffen werden. Saison 2008/09 Saison 2009/10 Saison 2010/11 Saison 2011/12 Saison 2012/13 Saison 2013/14 verletzte Beamte: 20 49 37 64 45 21 3. Wie beurteilt die Staatsregierung das Gefährdungspotenzial , das gegenwärtig von gewaltbereiten Hooligans gegenüber Unbeteiligten und Polizeikräften im Vergleich zu 2009 ausgeht? Eine signifikante Veränderung des von Tatverdächtigen der Kriterien „Sport-Szene“ und „Gewalttäter Sport“ ausgehenden Gefährdungspotenzials für Unbeteiligte und Polizeikräfte kann anhand der genannten Zahlen in den letzten sechs Jahren nicht verzeichnet werden. Hier wird angemerkt, dass sich die Gewalt der als „klassische Hooligans“ bekannten Personen in aller Regel nicht gegen Unbeteiligte oder primär gegen Polizeibeamte richtet, sondern die Adressaten in der Regel gegnerische gleichgesinnte Personen sind. Die Folgestraftaten ereignen sich im Rahmen polizeilichen Einschreitens und richten sich daraufhin gegen Polizeibeamte. 4. a) Stimmt es, dass die Droge Crystal Meth vermehrt in der Hooliganszene konsumiert wird, weil sie die betreffenden Konsumenten schmerzunempfindlich macht? Bei den bayer. Polizeiverbänden liegen keine belastbaren Erkenntnisse vor, welche die These, Crystal Meth würde in der Hooligan-Szene konsumiert, verifizieren. b) Falls ja, besteht aus Sicht der Staatsregierung ein Zusammenhang zwischen etwaigen steigenden strafrechtlichen Handlungen von Hooligans gegenüber Polizisten und dem Konsum der Droge Crystal Meth? Siehe Antwort zu Frage 4 a. c) Wenn dies zutrifft, welche Schlussfolgerungen bzw. Konsequenzen zieht die Staatsregierung daraus ? Siehe Antwort zu Frage 4 a. 5. a) Ist der Staatsregierung bekannt, ob die in Bayern existierenden Fanprojekte in ihrer Präventionsarbeit auch diese etwaige Drogenproblematik thematisieren und berücksichtigen? Die bayerischen Fanprojekte und ihr präventiver Ansatz der sozialpädagogischen Arbeit mit Fußballfans sind ein Baustein zur Verhinderung von Gewalttätigkeiten am Rande von Fußballspielen. In der konzeptionellen Fanprojektarbeit ist die Drogenprävention ein Bestandteil von vielen. Hier wird mit Flyern, Vorträgen, Diskussionsabenden, Streetwork und 1. a) Wie viele strafrechtlich relevante Handlungen wurden von Hooligans (gemäß Definition des Dudens) gegenüber Polizisten in den Jahren 2009 bis 2014 verübt (bitte aufgeschlüsselt nach Jahren und Ort des Übergriffs)? b) Um welche konkreten strafrechtliche Handlungen handelte es sich hierbei (bitte aufgeschlüsselt nach Jahren und Art der tätlichen Übergriffe, z. B. Werfen mit Gegenständen, sexuelle Belästigung etc.)? 2. Wie viele nicht-tätliche Angriffe, worunter hier verbale Provokationen, Bedrängen, Beleidigungen, Androhen von körperlicher Gewalt etc. subsumiert werden, wurden seitens Hooligans gegenüber Polizisten in den Jahren 2009 bis 2014 verübt (sofern möglich, bitte aufgeschlüsselt nach Jahren und Ort der nicht-tätlichen Angriffe)? Die Fragen 1 a,1 b und 2 werden im Folgenden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. 2010 2011 2012 2013 SportSzene Gewalttäter Sport SportSzene Gewalttäter Sport SportSzene Gewalttäter Sport SportSzene Gewalttäter Sport Gesamt Bayern 233 63 280 59 265 59 277 66 Widerstand 22 7 23 8 39 6 11 5 Körperverletzung 25 6 44 13 38 11 28 5 gefährliche Körperverletzung 32 7 16 2 21 2 16 2 schwere Körperverletzung 0 0 0 0 0 0 1 0 Raubdelikte 0 0 1 1 0 0 1 0 Landfriedensbruch 60 28 33 9 21 0 47 22 Gefangenenbefreiung 3 0 9 2 6 1 1 1 Nötigung 1 2 3 2 0 0 0 0 Bedrohung 1 0 1 0 0 0 4 3 Beleidigung 89 13 150 22 140 39 168 28 Drucksache 17/5991 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 offenen Treffs die Thematik vermittelt und behandelt. Im Falle von Problemlagen werden außerdem Beratung und Kurzintervention angeboten, außerdem kann bei Bedarf unmittelbar Kontakt zur Drogenberatungsstelle hergestellt werden. Der Konsum von Crystal Meth wird von den Fanprojekten nicht signifikant höher eingeschätzt als der Konsum anderer illegaler Substanzen. b) Falls ja, um welche konkreten Fanprojekte handelt es sich dabei? Hier handelt es sich um die Fanprojekte Augsburg, Fürth, München und Nürnberg. c) In welchem Umfang werden diese Projekte finanziell durch den Freistaat Bayern unterstützt? Die aktuelle jährliche Unterstützung vom Freistaat Bayern beträgt 207.000 Euro. Zudem beteiligt sich seit der Saison 2014/2015 die DFL bzw. der DFB mit 50 % an den Kosten der Fanprojekte; Land und Kommune tragen jeweils 25 %.