Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Christine Kamm BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 23.02.2015 Arbeitsverbote und Ausbildungsverbote für geduldete Flüchtlinge in Bayern Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie vielen geduldeten Flüchtlingen in Bayern mit dreimonatigem Aufenthalt ist es derzeit nicht gestattet , eine Arbeit aufzunehmen, und wie viele dieser Flüchtlinge halten sich schon länger als 15 Monate in Deutschland auf (nach Möglichkeit bitte nach Landkreisen aufgeschlüsselt)? 2. Wie vielen geduldeten Flüchtlingen in Bayern ist es derzeit nicht gestattet, eine Ausbildung aufzunehmen (nach Möglichkeit bitte nach Landkreisen aufgeschlüsselt )? 3. Wie viele davon sind Jugendliche unter 18 Jahren (nach Möglichkeit bitte nach Landkreisen aufgeschlüsselt )? 4. Wie vielen Flüchtlingen zwischen 18 und 25 Jahren ist es nicht gestattet, a) eine Ausbildung, b) eine Arbeit aufzunehmen (nach Möglichkeit bitte nach Landkrei- sen aufgeschlüsselt)? 5. Wie vielen Flüchtlingen über 25 Jahren ist es derzeit nicht gestattet, eine Arbeit aufzunehmen (nach Möglichkeit bitte nach Landkreisen aufgeschlüsselt)? 6. Wie vielen berufsschulpflichtigen Flüchtlingen ist es derzeit nicht gestattet, Praktika zu absolvieren? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 23.03.2015 Zu 1 bis 6.: Zu den Fragen 1 bis 6 liegen keine statistischen Daten vor. Eine Datenerhebung bei den Ausländerbehörden, die mit einer Sichtung der Akten verbunden wäre, ist in der für die Beantwortung der Schriftlichen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich und wäre zudem mit unvertretbarem Aufwand für die Ausländerbehörden verbunden. Allgemein kann zu den angesprochenen Punkten Folgendes mitgeteilt werden: Asylbewerber, die als Flüchtlinge anerkannt werden, erhalten eine Aufenthaltserlaubnis mit der Berechtigung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit. Geduldete sind ausreisepflichtige , abgelehnte Asylbewerber, deren Abschiebung vorübergehend ausgesetzt ist. Die Ausländerbehörde setzt die Abschiebung aus und erteilt eine Duldung, wenn die Abschiebung zeitweise unmöglich ist (§ 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG). Das ist insbesondere bei fehlender Abschiebungsmöglichkeit (IMK-Abschiebungsstopp, nicht aufnahmebereiter sog. „Problemstaat“) oder dann der Fall, wenn die betreffenden Personen über ihre Identität täuschen oder an der Beschaffung von Heimreisepapieren nicht mitwirken. Die Duldung wird, solange die Unmöglichkeit der Abschiebung fortbesteht, regelmäßig verlängert. Darüber hinaus kann einem Ausländer nach § 60 a Abs. 2 Satz 3 AufenthG eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. In dem Fall, dass der Schüler oder Auszubildende sich im letzten Schul- bzw. Ausbildungsjahr befindet, sehen die Verwaltungsvorschriften des Bundes vor, dass eine Duldung aus dringenden persönlichen Gründen zum Abschluss der Schul- oder Berufsausbildung erteilt werden kann (60a.2.3.1, 25.4.1.6 der AVwV AufenthG). In allen Fällen ist jedoch eine Einzelfallprüfung vorzunehmen. Auch die dem Aufenthalt entgegenstehenden öffentlichen Interessen müssen einzelfallbezogen mit den privaten Interessen des Ausländers abgewogen werden. So kann einem weiteren Aufenthalt im Einzelfall beispielsweise die Straffälligkeit des Ausländers entgegenstehen. Hinsichtlich der Beschäftigungsmöglichkeiten stehen Geduldete weitgehend Asylbewerbern gleich. Jede Form der schulischen und universitären Ausbildung, auch der Besuch einer Berufsschule (nur schulische, keine duale Ausbildung) samt integriertem Praktikum ist ihnen erlaubnisfrei möglich. Für eine betriebliche Ausbildung oder die Ausübung einer Beschäftigung benötigen sie nach § 4 Abs. 2 AufenthG die Erlaubnis der Ausländerbehörde, die grds. an die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit geknüpft ist. Nach § 33 BeschV darf Geduldeten die Ausübung einer Beschäftigung nicht erlaubt werden, wenn sie sich zur Erlangung von Leistungen nach dem AsylbLG in das Inland begeben haben Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 06.05.2015 17/6012 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/6012 oder wenn aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihnen aus Gründen, die sie selbst zu vertreten haben, nicht vollzogen werden können (Identitätstäuschung, Mitwirkungsverweigerung ). Keiner Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit bedürfen Geduldete im Wesentlichen für eine Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf (§ 32 Abs. 2 Nr. 1 BeschV) oder nach vierjährigem ununterbrochenem Aufenthalt (§ 32 Abs. 3 BeschV). Soweit eine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit erforderlich ist, kann sie seit 06.11.2014 nach § 32 Abs. 1 BeschV bereits nach drei Monaten Aufenthalt erteilt werden (Art. 2 des Gesetzes zur Einstufung weiterer Staaten als sichere Herkunftsstaa- ten und zur Erleichterung des Arbeitsmarktzugangs für Asylbewerber und geduldete Ausländer vom 05.11.2014, BGBl I, S. 1649). Für Mangelberufe, Beschäftigungen in einem qualifizierten Ausbildungsberuf sowie für praktische Tätigkeiten als Voraussetzung für die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen seit 11.11.2014 wird die Zustimmung der Bundesagentur sofort, für alle übrigen Tätigkeiten nach 15 Monaten ununterbrochenem Aufenthalt ohne Vorrangprüfung erteilt (§ 32 Abs. 5 BeschV, Art. 1 der 2. Verordnung zur Änderung der Beschäftigungsverordnung vom 10.11.2014, BGBl I S. 1683).