Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Florian von Brunn, Prof. Dr. Peter Paul Gantzer SPD vom 03.03.2015 Belastung der Umwelt durch Laubbläser und Laubsauger Zahlreiche Laubbläser und -sauger machen in Bayerns Gärten Krach und wirbeln die Natur durcheinander. Die Geräte können eine Lautstärke von 112 Dezibel, die eines Presslufthammers , erreichen. In der österreichischen Stadt Graz sind die Laubsauger und -bläser seit 1. Oktober 2014 verboten. Nicht nur wegen der Lärmbelästigung ist der Einsatz von diesen Geräten strittig. Durch das Entfernen von Laub aus Beeten werden dem Boden wichtige Nährstoffe für Kleinstlebewesen entzogen. Fehlt das Laub, kann kein Humus entstehen . Dazu werden Insekten, aber auch Frösche und Igel von Geräten mit Häckselfunktion zerstückelt. Laubbläser wirbeln zudem Feinstaub und Pilzsporen auf. Ein restriktiverer Einsatz dieser Geräte wird daher von einer Vielzahl der bayerischen Bürgerinnen und Bürger gewünscht. Wir fragen daher die Staatsregierung: 1. a) Welche Schäden für die Natur entstehen nach Er- kenntnissen der Staatsregierung durch den Einsatz von Laubbläsern? b) Bzw. Laubsaugern? c) Liegen zur Belastung der Natur durch Laubbläser und Laubsauger Studien vor, auf die die Staatsregierung ihre Aussage stützt? 2. a) Besteht für die bayerische Bevölkerung, aufgrund des Einsatzes von Laubbläsern, eine Gefahr für die Gesundheit unter anderem durch Feinstaub und aufgewirbelte Pilzsporen, wenn nein, auf welche Studien stützt sie diese Aussage? b) Wenn ja, welche Maßnahmen sind hiergegen zu treffen ? 3. a) Wie beurteilt die Staatsregierung die Lärmbelastung der Umwelt durch den Einsatz dieser Geräte? b) Wie steht die Staatsregierung zu einer verpflichtenden Lärmwertangabe in Dezibel direkt auf den Geräten? 4. Wie steht die Staatsregierung zu einem Verbot von Laubsaugern und/oder Laubbläsern? 5. Setzt die Staatsregierung selbst Laubbläser oder Laubsauger a) im Bereich der Schlösserverwaltung und b) im Bereich anderer staatseigener Immobilien ein? c) Falls ja, gibt es hierfür, zusätzlich zu den gesetzlich vorgeschriebenen, bestimmte Vorgaben unter anderem zur Art der eingesetzten Geräte? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 14.04.2015 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Gesundheit und Pflege sowie dem Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat wie folgt beantwortet: 1. a) Welche Schäden für die Natur entstehen nach Erkenntnissen der Staatsregierung durch den Einsatz von Laubbläsern? Betroffen durch die Störung sind in erster Linie kleine Bodenlebewesen wie z. B. Insekten, Spinnen, Tausendfüßler oder Würmer, die sich in frisch gefallenem Laub relativ schnell einfinden und die u. a. die wichtige bodenbiologische Aufgabe der Zersetzung der Blätter übernehmen. Auch die zugehörigen Prädatoren und größere Tiere wie z. B. Amphibien werden beeinträchtigt. Die ökologischen Auswirkungen sind auf unbefestigten Flächen deutlich gravierender, da hier die Bodenfauna stärker vertreten, permanent und reichhaltiger ist. b) Bzw. Laubsaugern? Zusätzlich zu den unter 1 a geschilderten Beeinträchtigungen der Bodenfauna durch Laubbläser nehmen Laubsauger am Boden lebende Kleintiere auf und verursachen insbesondere bei eingebauter Häckselfunktion den Tod der Tiere. Überlebende Individuen werden beim Entleeren der Saugbeutel verfrachtet und können ihre angestammten Lebensräume nicht wieder finden. c) Liegen zur Belastung der Natur durch Laubbläser und Laubsauger Studien vor, auf die die Staatsregierung ihre Aussage stützt? Der Staatsregierung liegen keine derartigen Studien vor. 2. a) Besteht für die bayerische Bevölkerung, aufgrund des Einsatzes von Laubbläsern, eine Gefahr für die Gesundheit unter anderem durch Feinstaub und aufgewirbelte Pilzsporen, wenn nein, auf welche Studien stützt sie diese Aussage? Zum Schutz der menschlichen Gesundheit sind in der Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen (39. BImSchV) Immissionsgrenzwerte für Luftschadstoffe, unter anderem für Feinstaub, festgelegt. Zur Feststellung und Überwachung der Luftqualität betreibt der Freistaat Bayern das Lufthygienische Landesüberwachungssystem Bayern (LÜB) mit derzeit 54 Messstationen. Seit dem Jahr 2012 werden an allen LÜB-Messstationen in ganz Bayern alle Feinstaub-Grenzwerte der 39. BImSchV eingehalten. Die Grenzwerte für Feinstaub (PM10) beziehen sich auf den Mittelwert der Schadstoffkonzentrationen pro Tag bzw. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 13.05.2015 17/6170 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/6170 pro Jahr. Kurzzeitige lokale Emissionen, wie die Aufwirbelung von Staub durch Laubbläser, haben nur geringfügige Auswirkungen auf die Ermittlung dieser Tages- bzw. Jahresmittelwerte . Durch den Einsatz von Laubbläsern und Laubsaugern können mikrobiell belastete Stäube, die u. a. ubiquitär vorkommende Schimmelpilze/-Sporen sowie deren Stoffwechselprodukte (Mykotoxine) und Bestandteile enthalten können, aufgewirbelt und als Bioaerosol auf die Haut und Schleimhäute gelangen und auch inhalativ vermehrt aufgenommen werden. Schimmelpilzhaltige Bioaerosole können grundsätzlich Infektionen, Allergien und toxische Wirkungen beim Menschen auslösen. Insbesondere Asthmatiker, gegenüber Schimmelpilzen sensibilisierte Personen, Mukoviszidose-, Bronchiektasie- und immungeschwächte Patienten können betroffen sein. Studien zur Gefahr des Einsatzes von Laubbläsern auf die Gesundheit der Allgemeinbevölkerung hinsichtlich Feinstaub und aufgewirbelter Pilzsporen sind nicht bekannt. b) Wenn ja, welche Maßnahmen sind hiergegen zu treffen? Bei der Verwendung von Laubbläsern besteht aufgrund der beschränkten lokalen Staubaufwirbelung vor allem für die Geräte-führenden Personen eine gesundheitsrelevante längere Exposition zu Bioaerosolen und somit auch zu Schimmelpilzen . Entsprechende Arbeitsschutzmaßnahmen sind daher in Betracht zu ziehen. In der weiteren Umgebung ist nicht zu erwarten, dass es zu einer relevanten Bioaerosolexposition kommt, die über derjenigen liegt, die auch üblicherweise z. B. bei windigen Wetterlagen vorkommt. Personen mit einem eingeschränkten Immunsystem werden i. d. R. im Rahmen der allgemeinen Aufklärung durch den behandelnden Arzt darauf aufmerksam gemacht, dass sie bioaerosolhaltige Stäube generell meiden sollten. 3. a) Wie beurteilt die Staatsregierung die Lärmbelastung der Umwelt durch den Einsatz dieser Geräte? Das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) untersuchte vor einigen Jahren 40 marktübliche Laubbläser. Es zeigte sich, dass bei der Kennzeichnung Schallleistungspegel zwischen 95 dB(A) und 112 dB(A) angegeben wurden. Geräte mit Elektromotoren hatten dabei nicht immer geringere Schallleistungspegel als diejenigen mit Benzinmotoren . Der mittlere Schallleistungspegel lag bei dieser Untersuchung bei etwas über 104 dB(A). Das bedeutet, dass bei Verwendung eines Gerätes dieser Art in einem reinen Wohngebiet der Immissionsrichtwert von 50 dB(A) nach TA Lärm nach 1 Stunde Betriebszeit in 40 m Entfernung überschritten wird. Laubsauger und -bläser unterliegen der Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung (32. BImSchV), die die EURichtlinie 2000/14/EG in deutsches Recht umsetzt. Darin werden die Marktverkehrs- und Betriebsregeln festgesetzt. Allerdings gehören Laubsauger und -bläser zu den Geräten und Maschinen, die nur einer Kennzeichnungspflicht unterliegen, und nicht zu der Gruppe, für die Geräuschemissionsgrenzwerte gelten. Solange die EU keine Änderungen der Regelungen für mobile im Freien betriebene Maschinen und Geräte vornimmt , ist auch nicht mit einer Änderung der 32. BImSchV zu rechnen, da der Gesetzgeber auf eine 1:1-Umsetzung Wert legt. b) Wie steht die Staatsregierung zu einer verpflichtenden Lärmwertangabe in Dezibel direkt auf den Geräten? Gemäß 32. BImSchV dürfen die ihr unterliegenden Geräte und Maschinen in Deutschland nur in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden, wenn der Hersteller oder sein in der Europäischen Gemeinschaft ansässiger Vertreter sichergestellt hat, dass sie mit einer CE-Kennzeichnung (die nach EU-Richtlinie 2000/14/EG auf Konformitätsbewertungen von Konformitätsbewertungsstellen beruht) und der Angabe des garantierten Schallleistungspegels versehen sind. Diese Kennzeichnungen müssen laut Verordnung sichtbar, lesbar und dauerhaft angebracht sein. 4. Wie steht die Staatsregierung zu einem Verbot von Laubsaugern und/oder Laubbläsern? Bei Einhaltung der Regelungen der 32. BImSchV dürfen entsprechende Geräte und Maschinen in Verkehr gebracht und genutzt werden, ein landesweites Verbot ist demnach nicht möglich. Gemeinden und Städte können jedoch über eigene Satzungen oder Verordnungen den Einsatz derartiger Geräte weitgehend auch über die in der 32. BImSchV angegebenen Betriebszeiten hinaus einschränken. Entsprechende Appelle verbreitet das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz bereits seit Jahren in Pressemitteilungen und weitergehenden Beiträgen (z. B. Heft 2/2014 „Bayerischer Gemeindetag“). 5. Setzt die Staatsregierung selbst Laubbläser oder Laubsauger a) im Bereich der Schlösserverwaltung und b) im Bereich anderer staatseigener Immobilien ein? c) Falls ja, gibt es hierfür, zusätzlich zu den gesetz- lich vorgeschriebenen, bestimmte Vorgaben unter anderem zur Art der eingesetzten Geräte? In den Gärten und Parks der Schlösserverwaltung werden verschiedenste Geräte zur Laubbeseitigung eingesetzt. Neben der klassischen Methode des Rechens per Hand erfolgt in den Außenverwaltungen auch unterschiedlich intensiver Maschineneinsatz. Dadurch kann die Verkehrssicherheit (Rutschgefahr auf nassem Laub) auch während der Arbeitsspitzen (z. B. Herbstbepflanzung) gewährleistet werden. Ein großer Teil des Laubs wird in die Gehölzbestände geblasen , wo es bis zum Frühjahr verrotten kann. Die noch vereinzelt vorhandenen Laubsauger werden derzeit außer Dienst gestellt, die Kombigeräte werden nur noch als Laubbläser eingesetzt.