Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Herbert Kränzlein SPD vom 03.03.2015 Korruption in Bayern Laut einem Artikel in der Welt vom 23.01.2015 stieg im Jahr 2013 die Zahl der Verfahren aufgrund von Korruption im öf fentlichen Dienst in Deutschland deutlich an. Dabei bemän gelt der Autor des Artikels, dass trotz dieses Anstiegs die Bundesländer sehr unterschiedlich mit der Bekämpfung des Tatbestandes der Bestechlichkeit umgingen. Daher frage ich die Staatsregierung: 1. Wie viele Ermittlungsverfahren wegen Bestechlichkeit von Beamten und anderen Beschäftigten im öffentli chen Dienst des Freistaates Bayern gab es 2014? 2. Wie hat sich diese Zahl in den letzten 10 Jahren entwi ckelt? 3. Welche Geschäftsbereiche der Staatsministerien wa ren davon betroffen? 4. Welche präventiven Maßnahmen ergreift die Staatsre gierung, um Korruption zu bekämpfen? 5. a) Plant die Staatsregierung weitere Schritte, um Korrup tion in Zukunft zu verhindern? b) Wenn ja, welche? c) Wenn nein, warum nicht? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 14.04.2015 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Justiz wie folgt beantwortet: 1. Wie viele Ermittlungsverfahren wegen Bestechlichkeit von Beamten und anderen Beschäftigten im öffentlichen Dienst des Freistaates Bayern gab es 2014? Im Jahr 2014 verzeichnet die Statistik der bayerischen Staatsanwaltschaften bei den Ermittlungsverfahren zu Straf taten nach den §§ 331 bis 337 StGB (Vorteilsannahme, Be stechlichkeit, Vorteilsgewährung oder Bestechung) insge samt 391 Neuzugänge und 604 erledigte Verfahren. Diese Zahlen beziehen sich aber nicht nur auf staatliche Beamte, Beamtinnen, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, sondern auch auf Bedienstete der Kommunen oder von Bundesbe hörden; diese Zuordnung wird in der Statistik nicht erfasst. 2. Wie hat sich diese Zahl in den letzten 10 Jahren entwickelt? Die Zahl der Ermittlungsverfahren für die Jahre 2005 bis 2014 ergibt sich aus nachstehender Tabelle. Für die Jahre 2005 bis 2007 sind keine belastbaren Angaben für die Neu zugänge verfügbar. Jahr 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Neuzugänge n. v. n. v. n. v. 120 138 145 104 92 390 391 erledigte Verfahren 85 151 201 140 151 162 90 108 107 604 3. Welche Geschäftsbereiche der Staatsministerien waren davon betroffen? Die Betroffenheit von Geschäftsbereichen der Staatsminis terien wird in der Statistik nicht erfasst. 4. Welche präventiven Maßnahmen ergreift die Staatsregierung, um Korruption zu bekämpfen? Die Staatsregierung sieht die Bekämpfung der Korruption als zentrale gesellschaftspolitische Aufgabe an. Für die Ak zeptanz der öffentlichen Verwaltung ist es unerlässlich, dass Bürger auf die Integrität und Unbestechlichkeit der dort Han delnden vertrauen können. Das kollusive Zusammenwirken von Privaten mit Amtsträgern zur Erlangung rechtswidriger Vorteile erschüttert das Vertrauen der Bevölkerung in die Integrität der öffentlichen Verwaltung und stellt darüber hi naus ein beachtliches Schadenspotenzial dar. Auch wenn der öffentliche Dienst in Bayern in einem guten Ruf steht, seine Aufgaben unparteiisch, gerecht und ausschließlich zum Wohl der Allgemeinheit zu erfüllen, ist es dauerhaftes Ziel der Staatsregierung, der Entstehung von Korruption auf allen Ebenen der Verwaltung vorzubeugen und korruptive Verstrickungen ggf. schonungslos aufzudecken und zu ahn den. Die Staatsregierung hat deshalb ein Konzept zur Verhin derung und Bekämpfung von Korruption in der öffentlichen Verwaltung beschlossen. Es umfasst die Richtlinie zur Ver hütung und Bekämpfung von Korruption in der öffentlichen Verwaltung (Korruptionsbekämpfungsrichtlinie – KorruR) in der Fassung der Bekanntmachung der Staatsregierung vom 13. April 2004 (Az. B III 2515238), zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 14. September 2010 (AllMBl S. 243), welche die bereits in der Vergangenheit zur Korruptionsprä vention und bekämpfung veranlassten Maßnahmen zum Teil ergänzt und systematisch zusammengeführt hat, sowie einen Verhaltenskodex und einen Leitfaden für Führungs kräfte. Die Richtlinie gilt für alle Behörden und Gerichte des Freistaats und wurde auch den Kommunen zur Anwendung empfohlen. Die KorruR legt Mindeststandards fest und sieht verschie dene präventive und repressive Maßnahmen vor. Diese knüpfen daran an, ob ein Dienstposten bzw. eine Funkti on korruptionsgefährdet, besonders korruptionsgefährdet Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 29.05.2015 17/6187 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/6187 oder besonders systematisch korruptionsgefährdet ist. Zur Identifizierung korruptionsgefährdeter Bereiche enthält sie verbindliche Grundentscheidungen. Zur Konkretisierung hat das Innenministerium verschiedene Unterlagen erarbeitet und den anderen Ressorts als Muster zur Verfügung ge stellt. Alle Staatsministerien setzen die Standards in ihren Geschäftsbereichen eigenverantwortlich um und achten auf ihre dauerhafte Einhaltung. In allen Ressortbereichen sind organisatorische Maßnah men zur Prävention und zur Bekämpfung von Korruption getroffen worden: • Innenrevisionen für besonders korruptionsgefährdete Bereiche sollen durch planmäßige und/oder unvorher sehbare Kontrollen das Entdeckungsrisiko erhöhen und dadurch abschreckend wirken. Sie haben neben der Prü fung abgeschlossener sowie laufender Vorgänge auch die Aufgabe, Anzeichen mangelnder Korruptionsvorsorge aufzuzeigen, um Empfehlungen für präventive Maßnah men auszusprechen sowie ggf. zur Abhilfe bei festgestell ten Mängeln aufzufordern. • Auch Ansprechpartner für Korruptionsvorsorge unterste hen direkt der Dienststellenleitung und sind weisungsfrei tätig. Sie werden primär behördenintern eingesetzt. Sie erteilen Auskünfte in Fällen von versuchter Manipulation und Einflussnahme oder bei aufkommenden Verdachts momenten, analysieren organisatorische Schwachstel len, erarbeiten Vorschläge zu Präventionsmaßnahmen und sensibilisieren nicht zuletzt die Beschäftigten für die Korruptionsproblematik. • Die Entgegennahme von externen Hinweisen zu korrupti onsrelevanten Sachverhalten betrifft hingegen möglicher weise strafrechtlich relevantes Verhalten. Zuständig ist daher grundsätzlich die Polizei. In besonders schweren Fällen wird das Landeskriminalamt tätig. • Bei allen bayerischen Staatsanwaltschaften sind zudem Ansprechpartner benannt, die externe Anfragen zum Thema „Korruption“ zum Beispiel von der Polizei oder von anderen Behörden beantworten. • Darüber hinaus sind bei den Steuerfahndungsstellen in Bayern zwei Sonderkommissionen Schwerer Steuerbe trug eingerichtet, die auch für die Aufdeckung und Ermitt lung von Steuerstraftaten im Zusammenhang mit Korrup tionsfällen zuständig sind. Zur effektiveren Verfolgung sind Schwerpunktstaatsanwaltschaften für Wirtschaftssa chen gebildet worden, die für größere Gebiete zuständig sind. Im Bereich staatlicher Auftragsvergaben werden zunehmend elektronisch gestützte Beschaffungs und Vergabemanage mentsysteme eingesetzt, die nicht nur die Sachbearbeiter/ innen bei der rechtskonformen und effizienten Durchführung komplexer Vergabeverfahren unterstützen, sondern auch eine erhöhte Verfahrenssicherheit gewährleisten und die im Vergabebereich geforderte vollumfängliche Transparenz si cherstellen sollen. Die Ressorts sind aufgefordert, Vergaben auf wenige zentrale Vergabestellen zu konzentrieren und gemäß der KorruR eine Trennung zwischen Bedarfs, Vergabe und Ab rechnungsstelle anzustreben. Nach der KorruR erfasst jede Dienststelle alle beschränk ten Ausschreibungen und freihändigen Vergaben ab 2.500 Euro in zentralen Listen, die in regelmäßigen Abständen der Innenrevision zur Verfügung gestellt werden. Sensibilisierung und Fortbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bilden einen Schwerpunkt bei der Korruptions prävention. Im Mittelpunkt der Bemühungen, Korruption zu verhindern, stehen Menschen mit ihren Überzeugungen und Wertvorstellungen, die ihr Handeln bestimmen. Den Maß nahmen liegt die Überlegung zugrunde, dass sich Beschäf tigte in korruptionsgefährdeten Situationen in der Regel auf ihre eigene Urteilsfähigkeit verlassen müssen. Es ist des halb eine unabdingbare Voraussetzung für das Aufdecken und die Bekämpfung von Korruption, dass Beschäftigte ebenso wie Vorgesetzte in der Lage sind, Korruptionssigna le zu erkennen und damit richtig umzugehen. Ressortübergreifend wurde zur gezielten Aus und Fort bildung der Beschäftigten in korruptionsgefährdeten Berei chen ein ELearningProgramm zur Korruptionsprävention entwickelt. Das interaktive und multimediale Lernprogramm ist in zwei Versionen – für Mitarbeiter und für Führungskräfte – über die gemeinsame Bildungsplattform bayerischer Be hörden verfügbar. Es macht auf die Gefahrensituation von Korruption im beruflichen Alltag aufmerksam, zeigt Verhal tensweisen auf, wie diesen Situationen im Berufsleben kor rekt zu begegnen ist und legt die strafrechtlichen sowie die arbeits und dienstrechtlichen Konsequenzen im Falle von Korruption dar. Die Schulungen sind in der Regel verpflich tend für alle Mitarbeiter in korruptionsgefährdeten Bereichen und für alle Führungskräfte. Alle Bereiche der Staatsverwaltung führen zahlreiche weitere Maßnahmen zur Sensibilisierung und Fortbildung durch, z. B. • regelmäßige Unterweisungen und Belehrungen zur Kor ruptionsprävention, insb. zum Verbot der Annahme von Belohnungen und Geschenken • Beratung durch Ansprechpartner für Korruptionspräventi on und Mitarbeiter der Innenrevision • InhouseSeminare zum Thema Korruptionsprävention • regelmäßige spezielle Fortbildungen der mit Korruptions prävention beauftragten Mitarbeiter (Innenrevisoren und Ansprechpartner). Um zu verhindern, dass korruptionsfördernde Beziehungs geflechte entstehen oder ausgebaut werden, sieht die Kor ruR vor, dass in Bereichen mit besonderer systematischer Korruptionsgefahr grundsätzlich eine Personalrotation statt findet. Die Rotation ist zwar im Hinblick auf die ins gesamt knappen personellen Ressourcen nicht problemlos umsetzbar; vielfach findet aber eine Personalrotation schon im Rahmen der planmäßigen Personalentwicklung statt. Wo eine Rotation nicht in Betracht kommt, sind wirkungsvolle Ersatzmaßnahmen (v. a. organisatorische Vorkehrungen und verstärkte Sensibilisierung/Fortbildung) vorgesehen. 5. a) Plant die Staatsregierung weitere Schritte, um Kor- ruption in Zukunft zu verhindern? b) Wenn ja, welche? c) Wenn nein, warum nicht? Die Staatsregierung wird das Konzept zur Verhinderung und Bekämpfung von Korruption in der öffentlichen Verwaltung, insbesondere hinsichtlich der flächendeckenden Gefähr dungsanalyse und der daraus abzuleitenden präventiven Maßnahmen, konsequent weiter umsetzen und im Bedarfs fall weiterentwickeln, um die in der Antwort auf Frage 4 ge nannten Zielsetzungen effektiv zu erreichen.