Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Susann Biedefeld, Inge Aures, Dr. Christoph Rabenstein, Klaus Adelt SPD vom 19.02.2015 Nationalpark Steigerwald – die Chance für die gesamte Region – Teil 5: Die Bayerische Staatsregierung und der Steigerwald Seit ungefähr acht Jahren wird im Steigerwald über die Einrichtung eines Nationalparks zum Schutz seiner teils jahrhundertealten Buchenbestände und zur Förderung der strukturschwachen Region diskutiert. Im Frühjahr 2014 hat der damalige Bamberger Landrat Dr. Günther Denzler (CSU) per Verordnung ein rund 775 ha großes Schutzgebiet „Der Hohe Buchene Wald im Ebracher Forst“ ausgewiesen. Über dieses Schutzgebiet ist seitdem ein Streit ausgebrochen , der schon mehrmals den Bayerischen Landtag beschäftigt hat. Zwar hat sich die Bayerische Staatsregierung im November 2014 zu einer Bewerbung des Steigerwalds als UNESCO-Welterbe durchgerungen, das geschaffene Schutzgebiet soll aber dennoch durch eine mehr als zweifelhafte Gesetzesänderung aufgehoben werden. Wir fragen daher die Staatsregierung: 1. Worauf konkret begründet die Staatsregierung ihre Aussagen, dass die Mehrheit der Bevölkerung gegen einen Nationalpark Steigerwald ist? 2. a) Wenn sich die Staatsregierung in ihren Aussagen auf eine Umfrage bezieht, wer hat diese in Auftrag gegeben ? b) Wer hat die Umfrage erstellt? c) Wer hat diese Umfrage finanziert/bezahlt? 3. a) Trifft es zu, dass die Staatsregierung beabsichtigt, das Bayerische Naturschutzgesetz nur deshalb zu ändern (Übertragung der Zuständigkeit auf die Bezirksregierung ), um dadurch die vom Kreistag Bamberg beschlossene Verordnung zum geschützten Landschaftsbestandteil „Der Hohe Buchene Wald im Ebracher Forst“ aufheben zu können? b) Erachtet die Staatsregierung eine derartige Entmündigung der lokalen Kreisverwaltungsbehörden mit dem eigenem Bestreben einer bürgernahen Selbstverwaltung vereinbar? c) Kann eine derartige Änderung des Naturschutzgesetzes aus juristischer Sicht rückwirkend auf den Beschluss des Kreistages Bamberg angewendet werden ? 4. Sind der Staatsregierung Nationalparkverordnungen außerhalb Bayerns bekannt, wie z. B. die Verordnung des Nationalparks Schwarzwald, wo es der Landes- regierung wohl hervorragend gelungen ist, die unterschiedlichen Interessen der einheimischen Bevölkerung , der Waldwirtschaft etc. zu berücksichtigen? 5. a) Trifft es zu, dass der private Investor des geplanten Baumwipfelpfades im Steigerwald sich zurückgezogen hat? b) Wenn ja, warum? c) Wie hoch waren die finanziellen Mittel, die dieser In- vestor investieren wollte? 6. Trifft es zu, dass der Investor, der den Baumwipfelpfad realisieren sollte, das Projekt im Nationalpark Schwarzwald realisiert hat? 7. a) Wird das Projekt Baumwipfelpfad im Steigerwald realisiert ? b) Wenn ja, wann? c) Mit welchen Kosten wird das Projekt realisiert? 8. a) Falls das Projekt Baumwipfelpfad realisiert wird, mit welchen laufenden Betriebskosten ist zu rechnen? b) Wer wird diese Investitions- und Betriebskosten finanzieren ? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 13.04.2015 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten wie folgt beantwortet: 1. Worauf konkret begründet die Staatsregierung ihre Aussagen, dass die Mehrheit der Bevölkerung gegen einen Nationalpark Steigerwald ist? 2. a) Wenn sich die Staatsregierung in ihren Aussagen auf eine Umfrage bezieht, wer hat diese in Auftrag gegeben? b) Wer hat die Umfrage erstellt? c) Wer hat diese Umfrage finanziert/bezahlt? Die Staatsregierung hat keine Aussagen über Mehrheitsverhältnisse für oder gegen einen Nationalpark getroffen. Allerdings liegt gemäß einer von den Vereinen BUND Naturschutz in Bayern und WWF Deutschland in Auftrag gegebenen und finanzierten repräsentativen TNS-Emnid-Umfrage vom Frühsommer 2014 die Zustimmung für einen Nationalpark Steigerwald in den unmittelbar von einem möglichen Nati- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 29.05.2015 17/6239 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/6239 onalpark betroffenen Landkreiskommunen bei rund 38 %, d. h. dort überwiegt die Ablehnung. Werden die nicht unmittelbar betroffenen Städte Bamberg und Schweinfurt mit einbezogen, ergibt sich ein Zustimmungswert von ca. 61 %, d. h. es überwiegt die Zustimmung. Eine vom Verein „Unser Steigerwald“ in Auftrag gegebene und finanzierte aktuellere Umfrage hat bei den unmittelbar betroffenen Landkreiskommunen lediglich eine Zustimmung von 28 % ergeben. Die Einrichtung eines Nationalparks im Steigerwald wird von der örtlich betroffenen Bevölkerung also in beiden Umfragen mehrheitlich abgelehnt. Letztgenannte Umfrage hat jedoch auch bei Einbeziehung der nicht unmittelbar betroffenen Städte Bamberg und Schweinfurt nur einen Zustimmungswert von 46 %, also eine mehrheitliche Ablehnung eines Nationalparks ergeben. 3. a) Trifft es zu, dass die Staatsregierung beabsichtigt , das Bayerische Naturschutzgesetz nur deshalb zu ändern (Übertragung der Zuständigkeit auf die Bezirksregierung), um dadurch die vom Kreistag Bamberg beschlossene Verordnung zum geschützten Landschaftsbestandteil „Der Hohe Buchene Wald im Ebracher Forst“ aufheben zu können? b) Erachtet die Staatsregierung eine derartige Entmündigung der lokalen Kreisverwaltungsbehörden mit dem eigenem Bestreben einer bürgernahen Selbstverwaltung vereinbar? In Bayern gibt es insgesamt rund 1.650 geschützte Landschaftsbestandteile , die typischerweise kleinflächig sind. Die Zuständigkeit der Kreisverwaltungsbehörden für diese lokal begrenzten Schutzgebiete hat sich bewährt und soll grundsätzlich beibehalten werden. Bei großflächigeren Landschaftsbestandteilen ist eine Zuständigkeitsübertragung auf die Regierungen sinnvoll, um Rechtssicherheit herzustellen. Die gewählte Grenze von 10 Hektar gewährleistet, dass nur atypische Fälle mit weiträumigem Bezug in die Zuständigkeit der Regierungen übergehen. Rund 90 Prozent der Schutzgebiete verbleiben damit im Zuständigkeitsbereich der Kreisverwaltungsbehörden. c) Kann eine derartige Änderung des Naturschutzgesetzes aus juristischer Sicht rückwirkend auf den Beschluss des Kreistages Bamberg angewendet werden? Eine Änderung des Naturschutzgesetzes gilt ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der entsprechenden Änderung. Ab diesem Zeitpunkt liegen sowohl der Erlass als auch die Aufhebung von geschützten Landschaftsbestandteilen über 10 ha in der Zuständigkeit der Regierungen. 4. Sind der Staatsregierung Nationalparkverordnungen außerhalb Bayerns bekannt, wie z. B. die Verordnung des Nationalparks Schwarzwald, wo es der Landesregierung wohl hervorragend gelungen ist, die unterschiedlichen Interessen der einheimischen Bevölkerung, der Waldwirtschaft etc. zu berücksichtigen ? Der Staatsregierung sind Nationalparkverordnungen außerhalb Bayerns, wie z. B. die Verordnung des Nationalparks Schwarzwald bekannt. Grundvoraussetzung für das Vorhaben der Ausweisung eines Nationalparks ist in jedem Fall, dass es von einer ausreichenden Zustimmung in der Bevölkerung getragen wird. 5. a) Trifft es zu, dass der private Investor des geplanten Baumwipfelpfades im Steigerwald sich zurückgezogen hat? Ja. b) Wenn ja, warum? Nach den der Staatsregierung bekannten Informationen ist die Finanzierung des Projektes nicht zustande gekommen. c) Wie hoch waren die finanziellen Mittel, die dieser Investor investieren wollte? Hierzu liegen der Staatsregierung keine Informationen vor. 6. Trifft es zu, dass der Investor, der den Baumwipfelpfad realisieren sollte, das Projekt im Nationalpark Schwarzwald realisiert hat? Der von dem Investor im Jahr 2014 in Baden-Württemberg gebaute Baumwipfelpfad befindet sich nicht im Nationalpark Schwarzwald. 7. a) Wird das Projekt Baumwipfelpfad im Steigerwald realisiert? Ja. b) Wenn ja, wann? Nach derzeitigem Planungsstand soll der Baumwipfelpfad Steigerwald zum Frühjahr 2016 fertiggestellt und eröffnet werden. c) Mit welchen Kosten wird das Projekt realisiert? Die derzeit laufenden Ausschreibungen und Vergaben sind noch nicht abgeschlossen. Eine Aussage zur Höhe der Kosten lässt sich noch nicht treffen. 8. a) Falls das Projekt Baumwipfelpfad realisiert wird, mit welchen laufenden Betriebskosten ist zu rechnen ? Es ist geplant, den Betrieb des Baumwipfelpfads wirtschaftlich auszugestalten. Die Betriebskosten sollen durch die Einnahmen vollständig gedeckt werden. b) Wer wirde diese Investitions- und Betriebskosten finanzieren? Die Investitions-und Betriebskosten werden von der Bayerischen Staatsforsten AöR getragen. Diese erhält vom Freistaat Bayern gemäß dem Ministerratsbeschluss vom 20.05.2014 eine Investitionskostenbeteiligung in Höhe von 90 % der ausgleichsfähigen Kosten im Rahmen der besonderen Gemeinwohlleistungen im Staatswald.