Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Johann Häusler FREIE WÄHLER vom 27.01.2015 Schulwegsicherheit auf der Strecke Dinkelscherben – Diedorf Voraussichtlich im Herbst dieses Jahres wird der Unterricht im neu gebauten Gymnasium in Diedorf seinen Betrieb aufnehmen . Viele Schülerinnen und Schüler werden aus dem westlichen Landkreis Augsburg kommen und den Schulweg von 20 Kilometern und mehr mit dem Zug auf sich nehmen. Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung: 1. Wie oft kam es im Regierungsbezirk Schwaben seit dem Schuljahr 2010/2011 unter Schülergruppen zu Vorfällen auf Bahnsteigen? a) Wie viele Unfälle endeten mit Verletzungen bzw. Tod? b) In wie vielen Fällen spielte dabei eine unzureichende Sicherung des Bahnsteigs eine Rolle? 2. Welche Maßnahmen hat die Staatsregierung seitdem getroffen, um die Schulwegsicherheit an Bahnhöfen zu verbessern? a) Wurden präventive Maßnahmen z. B. an Schulen getroffen ? b) Wurden z. B. Schulweglotsen an Bahnhöfen eingesetzt ? 3. In welchen Orten in Bayern werden Projekte zum The- ma Schülersicherheit am Bahnhof durchgeführt (bitte aufgeschlüsselt nach Landkreisen und Bezirken)? 4. In welchen Orten greifen zudem Maßnahmen der Bun- despolizei (bitte aufgeschlüsselt nach Landkreisen und Bezirken)? 5. Welche Mindestanforderung muss ein Bahnhof auf- weisen, um einem Aufkommen von mind. 100 Schülern gleichzeitig sicherheitstechnisch gerecht zu werden ? 6. Welche positiven Auswirkungen hätte der dreigleisige Ausbau der Bahnstrecke Augsburg – Dinkelscherben auf die Schulwegsicherheit? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 20.04.2015 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst wie folgt beantwortet: 1. Wie oft kam es im Regierungsbezirk Schwaben seit dem Schuljahr 2010/2011 unter Schülergruppen zu Vorfällen auf Bahnsteigen? a) Wie viele Unfälle endeten mit Verletzungen bzw. Tod? b) In wie vielen Fällen spielte dabei eine unzureichende Sicherung des Bahnsteigs eine Rolle? Im Regierungsbezirk Schwaben kam es seit dem Schuljahr 2010/2011 zu keinen Vorfällen auf Bahnsteigen unter Schülergruppen , a) die mit Verletzung bzw. Tod endeten und b) bei denen eine unzureichende Sicherung der Bahnsteige eine Rolle spielte. 2. Welche Maßnahmen hat die Staatsregierung seitdem getroffen, um die Schulwegsicherheit an Bahnhöfen zu verbessern? a) Wurden präventive Maßnahmen z. B. an Schulen getroffen? Das Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst ist Träger des „Seminar Bayern für Verkehrs- und Sicherheitserziehung“, das bayernweit den Auftrag der Fortbildung , Information, Beratung und Kooperation mit außerschulischen Partnern im Bereich der schulischen Verkehrsund Sicherheitserziehung hat. Inhaltlich gehört dazu auch der Bereich der Schulwegsicherheit an Bahnhöfen, der im Rahmen von Tagungen der Fachberater für Verkehrserziehung regelmäßig aufgegriffen wird und über diesen Kreis in die Schulen einfließt. Auf der Homepage des „Seminar Bayern“ www.dozenten. alp.dillingen.de/2.8/ finden sich darüber hinaus zahlreiche Informationen und Materialien für die Schulen, auch zum Thema Schulwegsicherheit an Bahnhöfen. Insbesondere zu Schuljahresbeginn wird das Thema an den Grundschulen, aber auch an weiterführenden Schulen aufgegriffen. Im Rahmen der institutionalisierten Kooperation des „Seminar Bayern“ mit der Bundespolizei findet zudem ein regelmäßiger Austausch statt, dessen Ergebnisse in die Fachtagungen mit den Fachberatern für Verkehrs- und Sicherheitserziehung einfließen. In Kooperation von „Seminar Bayern“ und der Bayerischen Oberlandbahn GmbH wurde die Broschüre „Sicher Bahn fahren“ entwickelt, die über www.alp.dillingen.de/service/ verkehrserziehung/ abgerufen werden kann. Die Broschüre bildet zudem die Grundlage einer zweistündigen Informationsveranstaltung für Lehrkräfte durch die Bundespolizei, die auf der Homepage des „Seminar Bayern“ beworben und Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 29.05.2015 17/6335 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/6335 nach Anforderung durch die Schulen durchgeführt wird. Im Rahmen der Umwelttage mit dem Schwerpunkt „Mobilität und Bildung für nachhaltige Entwicklung“ wurde am 29./30. April 2013 auch über den Schulweg mit der Bahn informiert. Das Thema Schulwegsicherheit wurde schließlich im Bereich der Verkehrs- und Sicherheitserziehung als Jahresthema für das Schuljahr 2014/2015 festgelegt. Der Schwerpunkt der Fortbildung der Fachberater im Herbst 2013 und im Frühjahr 2014 lag daher in diesem Bereich. Die Plakataktion der Gemeinschaftsaktion „Sicher zur Schule – sicher nach Hause“, der auch das Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst als Träger angehört, wird zum Schuljahresbeginn 2015/2016 das Thema „Schulwegdienste gesucht“ bewerben, um weitere Personen für diese Tätigkeit zu gewinnen. Insgesamt sind in Bayern rund 12.830 Schülerlotsen und 17.700 Schulweghelfer zur Verkehrssicherung eingesetzt und sorgen für sichere Überwege für Schülerinnen und Schüler auf dem Weg zur und von der Schule. Zur Gewinnung von Schülerlotsen hat das Bayerische Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst im Jahr 2013 alle weiterführenden Schulen aufgerufen, diese Tätigkeit neu zu bewerben. Die Prävention im Bereich der Verkehrs- und Sicherheitserziehung erfolgt im Besonderen auch im Unterricht. Die Verkehrs- und Sicherheitserziehung ist seit jeher im Lehrplan für die Grundschulen in Bayern verankert und wurde durch die Aufnahme von Kompetenzerwartungen und Inhalten für die Jahrgangsstufen 1 und 2 in den aktuellen LehrplanPLUS Grundschule weiter gestärkt. Darüber hinaus ist die Verkehrserziehung ein schulartund fächerübergreifendes Bildungs- und Erziehungsziel und wird somit an allen Schularten umgesetzt. b) Wurden z. B. Schulweglotsen an Bahnhöfen eingesetzt ? Über die aktuellen Einsatzorte von Schulweghelfern liegen dem Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst keine Daten vor; sie müssten unmittelbar bei allen Grund- und Mittelschulen, Realschulen und Gymnasien in Bayern erfragt werden. Da eine derartige Umfrage mit einem erheblichen zusätzlichen Verwaltungsaufwand für die Schulen verbunden wäre, wird auf ihre Durchführung verzichtet. 3. In welchen Orten in Bayern werden Projekte zum Thema Schülersicherheit am Bahnhof durchgeführt (bitte aufgeschlüsselt nach Landkreisen und Bezirken)? Die Staatliche Knabenrealschule Immenstadt hat im Schuljahr 2012/2013 den Förderpreis „Innovative Verkehrserziehung in der Schule“ mit dem Beitrag „Bahnwegbegleiter – Gefahren im und am Zug“ gewonnen. Dieses nachhaltige Projekt beinhaltet die Schulung von Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufe 5 durch Verkehrserziehungslehrer und Bundespolizeibeamte auf ihrem Schulweg mit der Bahn sowie die Ausbildung von jährlich ca. 20 ausgewählten Schülerinnen und Schülern zu Bahnwegbegleitern. Darüber hinaus wird auf die Ausführungen zu Frage 2 b Bezug genommen. 4. In welchen Orten greifen zudem Maßnahmen der Bundespolizei (bitte aufgeschlüsselt nach Landkreisen und Bezirken)? Der Staatsregierung bekannt sind konkrete Maßnahmen mit Unterstützung der Bundespolizei an den Bahnhöfen Heroldsberg (Landkreis Nürnberger Land) und Parsberg (Landkreis Neumarkt i. d. Oberpfalz) durch Schulwegbegleiter in Zusammenarbeit mit dem Projekt „Coolrider“, welches im Verkehrsverbund Großraum Nürnberg (VGN) angesiedelt ist. Zudem kann in Zusammenarbeit mit der DB Sicherheit und der Bundespolizei der Schülerverkehr beobachtet und präventiv über die Gefahren des Eisenbahnbetriebs an Schulen informiert werden. Informationen über das Verhalten am Bahnsteig und die Gefahren bei Nichtbeachtung geben auch mehrere Videoclips auf dem Online-Videokanal youtube, die die DB AG dort eingestellt hat. 5. Welche Mindestanforderung muss ein Bahnhof aufweisen, um einem Aufkommen von mind. 100 Schülern gleichzeitig sicherheitstechnisch gerecht zu werden? Das Allgemeine Eisenbahngesetz in Deutschland schreibt vor, dass den Eisenbahnen die Verantwortung ihres sicheren Betriebs obliegt. Präzisiert wird dieser sichere Betrieb in der Eisenbahn-, Bau- und Betriebsordnung. Für das Thema „Sicherheit an den Verkehrsstationen“ bedeutet dies, dass der Leiter des zuständigen Bahnhofsmanagements für die Sicherheit der Personen und damit für die Einhaltung der geltenden Regeln verantwortlich ist. Um diese Sicherheit von Personen auf dem Bahnsteig zu gewährleisten, muss das zuständige Bahnhofsmanagement verschiedene Maßnahmen umsetzen. Hierzu zählen u.a. optische Kennzeichnungen und akustische Hinweise. Die Deutsche Bahn hat sich bereits im Jahre 2000 angesichts ihrer Betreiberpflichten im Rahmen eines Forschungsund Technologieprojektes intensiv mit der Fragestellung der aerodynamischen Wechselwirkungen von Fahrzeugen und Infrastruktur beschäftigt, um hierüber wirksame Sicherungsmaßnahmen zum Schutz der Reisenden vor Gefahren aus dem Eisenbahnbetrieb zu definieren. Nach Angaben der Deutschen Bahn werden über ein standardisiertes , durch das Eisenbahn-Bundesamt anerkanntes Risikobewertungsmodell des schweizerischen Ingenieurbüros Basler+Partner bahnsteiggenau die erforderlichen Maßnahmen ermittelt. Hierin einbezogen sind sämtliche Unfälle an Bahnsteigen über einen 10-jährigen Betrachtungszeitraum sowie eine Vielzahl von Einflussfaktoren, die aus dem Bahnbetrieb heraus auf Bahnsteigen ein Risiko darstellen können. Maßgebliche Bewertungsfaktoren sind u. a. die Geschwindigkeit des schnellsten, auf dem jeweiligen Bahnsteiggleis fahrenden Zuges, die Anzahl der Ein- und Aussteiger pro Tag, die Personengruppen, Schülergruppen, die Sichtverhältnisse und vieles mehr. Die Untersuchung wurde durch wertvolle Hinweise des Eisenbahn-Bundesamtes ergänzt . Über die sich aus dieser Bewertung ableitenden Risikoklasse wird verbindlich definiert, welche Maßnahmen zur Sicherung der Reisenden an dem Bahnsteig umgesetzt werden müssen. Bei Veränderungen der Parameter, wie z. B. bei Bahnsteigumbauten oder beim Fahrplanwechsel, muss die Bewertung jeweils neu erstellt werden. 6. Welche positiven Auswirkungen hätte der dreigleisige Ausbau der Bahnstrecke Augsburg – Dinkelscherben auf die Schulwegsicherheit? Drucksache 17/6335 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Daraus lassen sich nach Auffassung der Deutschen Bahn keine direkten Auswirkungen auf die Schulwegsicherheit ableiten. Nachdem weder die Finanzierung durch den Bund gesichert ist noch die Vorplanung begonnen hat, kann derzeit keine Aussage darüber getroffen werden, ob im Zuge möglicher Umbauarbeiten die Bahnsteige verändert werden.