Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Simone Strohmayr SPD vom 10.12.2013 Prostitution in Bayern und Schwaben Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie viele Prostituierte in Bayern und Schwaben und jeweils in den schwäbischen Landkreisen und kreisfreien Städten sind offiziell registriert und als sozialversicherungspflichtig beschäftigt? a) Wie viele davon (absolut und prozentual) haben keine deutsche Staatsbürgerschaft? b) Wie haben sich die Zahlen im Verlauf von zehn Jahren entwickelt? 2. Wie hoch ist die geschätzte Dunkelziffer jeweils an den unter Frage 1 genannten Orten? 3. Wie viele Bordelle gibt es an den unter Frage 1 genannten Orten? a) Wie haben sich die Zahlen im Verlauf von zehn Jahren entwickelt? 4. Wie viele Modellwohnungen sind an den unter Frage 1 genannten Orten bekannt und wie haben sich die Zahlen im Verlauf von zehn Jahren entwickelt? 5. Was unternimmt die Landesregierung derzeit gegen Zwangsprostitution und Menschenhandel? 6. Wie viele ausländische Prostituierte in Bayern und Schwaben und jeweils in den schwäbischen Landkreisen und kreisfreien Städten, die sich aus ihrer Zwangslage befreien konnten, wurden abgeschoben? a) Wie haben sich die Zahlen im Verlauf von zehn Jahren entwickelt? 7. Wie setzt die Landesregierung den auf EU-Ebene festgelegten Opferschutz um, der betroffenen Frauen juristische und psychosoziale Beratung sowie gesundheitliche und soziale Versorgung gewährt? 8. Wie wird die Kontrolle von Bordellen bzw. Modellwohnungen gehandhabt? a) Gibt es regelmäßige Kontrollen oder erfolgt dies nur nach Verdachtsmomenten? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 30.01.2014 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Justiz, dem Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration (StMAS), dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz und dem Staatsministerium für Gesundheit und Pflege wie folgt beantwortet: 1. Wie viele Prostituierte in Bayern und Schwaben und jeweils in den schwäbischen Landkreisen und kreisfreien Städten sind offiziell registriert und als sozialversicherungspflichtig beschäftigt? Nach Auskunft der Bundesagentur für Arbeit ist bei der Berufsklassifikation 2010 unter dem Berufsbereich 94252 „Berufe für personenbezogene Dienstleistungen – fachlich ausgerichtete Tätigkeiten“ auch der Beruf „Prostituierte“ neben anderen Tätigkeiten zugeordnet. Zum Stichtag 31.03.2013 sind bundesweit in dieser Berufsgruppe lediglich 44 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte registriert. Wie viele von den zahlenmäßig erfassten Personen in dem o. g. Berufsbereich tatsächlich dem Beruf „Prostituierte “ in Bayern bzw. in einzelnen Kreisen nachgehen, ist auch aus Datenschutzgründen nicht darstellbar. Es ist weiter davon auszugehen, dass die überwiegende Mehrheit den Beruf der Prostitution freiberuflich ausübt. Die bayerischen Regionalträger der Deutschen Rentenversicherung verfügen ebenfalls nicht über entsprechende Statistiken. Darüber hinaus liegen der Staatsregierung auch keine belastbaren Zahlen über die Gesamtzahl legaler Prostituierter vor. Hintergrund hierfür ist die Tatsache, dass eine offizielle Registrierung von Prostituierten seit der letzten Änderung des Prostitutionsgesetzes im Jahr 2002 nicht mehr stattfindet . Auch die Abschaffung von ehemals vorgeschriebenen Gesundheitsuntersuchungen trägt ihren Teil dazu bei. Des Weiteren ist die selbstständige Prostitution kein Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung, sodass keine Pflicht zur Gewerbean -, -ab- oder -ummeldung besteht. Exemplarisch können jedoch folgende Zahlen der Landespolizeipräsidien Schwaben Nord, Schwaben Süd/West, München und Mittelfranken mitgeteilt werden, die im Rahmen der polizeilichen Aufgabenstellung, etwa aufgrund von aktiven Kontrolltätigkeiten, im Jahr 2012 erstellt wurden. Da der Aufenthalt legaler Prostituierter darüber hinaus auch einer ständigen, bundesländerübergreifenden Fluktuation unterliegt, wird ausdrücklich darauf hingewiesen , dass die dargelegten Zahlen lediglich als grober Anhalt dienen können. Polizeipräsidium Gesamtzahl Schwaben Nord (Augsburg) 700 Schwaben Süd/West (Neu-Ulm/ Kempten) 347 / 50 München 2.760 Mittelfranken 1.460 Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 28.02.2014 17/636 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/636 a) Wie viele davon (absolut und prozentual) haben keine deutsche Staatsbürgerschaft? Wie bereits unter 1. dargelegt, liegen keine Zahlen über registrierte und sozialversicherungspflichtig beschäftigte Prostituierte in Bayern vor. Bezogen auf legal der Prostitution nachgehende Personen ergeben sich auf Grundlage des exemplarischen Zahlenmaterials der Polizeipräsidien Schwaben Nord, Schwaben Süd/West, München und Mittelfranken nachfolgend aufgezeigte prozentuale Werte: Polizeipräsidium nichtdeutsche Staatsangehörige in % Schwaben Nord (Augsburg) ca. 80 % Schwaben Süd/West (Neu-Ulm/Kempten) ca. 90 % / 65 % München ca. 80 % Mittelfranken ca. 85 % b) Wie haben sich die Zahlen im Verlauf von zehn Jahren entwickelt? Auf die Antwort zu Frage 1 a darf verwiesen werden. Innerhalb des Freistaates Bayern ist allgemein ein Anstieg zu verzeichnen. 2. Wie hoch ist die geschätzte Dunkelziffer jeweils an den unter Frage 1 genannten Orten? Seriöse Angaben sind aufgrund des fehlenden Zahlenmaterials nicht möglich. 3. Wie viele Bordelle gibt es an den unter Frage 1 genannten Orten? a) Wie haben sich die Zahlen im Verlauf von zehn Jahren entwickelt? 4. Wie viele Modellwohnungen sind an den unter Frage 1 genannten Orten bekannt und wie haben sich die Zahlen im Verlauf von zehn Jahren entwickelt? Die Fragen 3, 3 a und 4 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Es werden keine gesonderten statistischen Daten über die Zahl der Bordelle bzw. Modellwohnungen in Bayern geführt . Nach polizeilichen Erkenntnissen existieren in Augsburg 11 Bordelle und rund 130 Modellwohnungen, in Neu-Ulm 7 Bordelle und 2 Modellwohnungen, in Kempten 10 Bordelle und 1 Modellwohnung, in München 40 Bordelle und 138 Modellwohnungen und in Mittelfranken 18 Bordellbetriebe (Nürnberg) und etwa 300 Modellwohnungen. Aufgrund des bereits dargelegten Fehlens statistischer Daten können keine gesicherten Angaben über die zahlenmäßige Entwicklung von Bordellen und Modellwohnungen in den letzten zehn Jahren getätigt werden. Nach polizeilichen Erkenntnissen haben sich die Zahlen in Kempten und Neu-Ulm nicht verändert, in Augsburg wurde ein neues Bordell eröffnet und die Zahl der Modellwohnungen stieg um ca. 30 %, in München ist insgesamt ein Anstieg von ca. 40 % zu verzeichnen, ca. 60 % hiervon fallen auf Modellwohnungen. In Mittelfranken ist die Zahl der Bordelle seit 2005 gleich geblieben , bei den Modellwohnungen ist ein Anstieg um ca. 45 % zu verzeichnen. 5. Was unternimmt die Landesregierung derzeit gegen Zwangsprostitution und Menschenhandel? In der polizeilichen Aufbauorganisation sind in den beiden Polizeipräsidien der Ballungsräume München und Nürnberg jeweils Spezialdienststellen zur Bekämpfung der Zuhälterei sowie der jugendgefährdenden Prostitution eingerichtet. Hierzu werden nicht nur Maßnahmen der Strafverfolgung, sondern vor allem auch der Kriminalitätsprävention ergriffen . Ausdrücklich zu nennen sind Milieu-Streifen der Polizei und polizeiliche Beratungsgespräche mit den Prostituierten. In den Flächenpräsidien der Bayerischen Polizei wird die Bekämpfung der Zwangsprostitution und des Menschenhandels durch die Fachkommissariate für höchstpersönliche Rechtsgüter oder organisierte Kriminalität wahrgenommen. Beim Bayerischen Landeskriminalamt wurde im Jahre 2012 eine Zentralstelle „Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung“ eingerichtet. Ihre Aufgabe ist die landesweite Zusammenführung, Sammlung, Auswertung und Steuerung von phänomenspezifischen Informationen, die Erstellung von Lagebildern, die landesweite Koordination bundesweiter Erhebungen und die Bearbeitung nationaler und internationaler Anfragen. Es werden Ermittlungsdienststellen im Einzelfall unterstützt, einschlägige Ermittlungsverfahren anlassbezogen begleitet und bundes- und europaweite Kontrollaktionen für den Bereich der Bayerischen Polizei koordiniert. Darüber hinaus findet seitens der Zentralstelle ein intensiver interdisziplinärer Informationsaustausch statt. Hierfür werden neben Kontakten zu in- und ausländischen Fachdienststellen auch solche zu nichtstaatlichen Organisationen (NGO) wie Opferschutzorganisationen und Fachberatungsstellen hergestellt und gepflegt, auch durch die Teilnahme und Referate bei relevanten Veranstaltungen. Seit 2013 ist der Deliktsbereich fester Bestandteil der Ausbildung junger Führungskräfte an der Fachhochschule für Verwaltung und Recht, Fachbereich Polizei. Die Schulung wird durch die Zentralstelle unterstützt. Im Intranet der Bayerischen Polizei wurde das „Infoportal Menschenhandel“ eingerichtet. Dort werden Informationen zu dem Phänomen, wie z. B. Handlungsempfehlungen, Fachberatungsstellen, Lagebilder, Gesetze, Gerichtsurteile und Abhandlungen, zur Verfügung gestellt. Für die Koordination der bundesweiten Bekämpfungsmaßnahmen gegen Zwangsprostitution und Menschenhandel richtete die AG Kripo Anfang 2013 eine Bund-LänderProjektgruppe „Menschenhandel – sexueller Missbrauch von Kindern“ ein, in welcher das Bayerische Landeskriminalamt vertreten war. Die Ergebnisse dieser Projektgruppe wurden zuletzt in die Innenministerkonferenz im Herbst 2013 eingebracht und stehen nun, neben einem Maßnahmenkatalog zur Bekämpfung des Menschenhandels und der Zwangsprostitution, zur Stärkung des Opferschutzes und zur Überwachung der legalen Prostitutionsstätten, zur Umsetzung an. Mit Blick auf die europarechtliche Verpflichtung zur Umsetzung der Richtlinie 2011/36/EU legten die Fraktionen der CDU/CSU und FDP mit Drucksache 17/13706 vom 04.06.2013 dem Bundestag den Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des Menschenhandels und Überwachung der Prostitutionsstätten vor. Dieser Gesetzentwurf wurde in zweiter Lesung, nach Behandlung im Innenausschuss des Bundestages, in der 250. Plenarsitzung am 27.06.2013 angenommen. Da der Bundesrat in seiner Sitzung am 20.09.2013 mit Mehrheit beschlossen hat, den Vermittlungsausschuss anzurufen, ist das Gesetz jedoch der Diskontinuität anheimgefallen. Hintergrund der Anrufung des Vermittlungsausschusses war, dass der damaligen Opposition der Gesetzesentwurf nicht weit genug ging. In dem bestehenden Koalitionsvertrag, welcher unter Be- Drucksache 17/636 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 teiligung von Mitgliedern der Staatsregierung erstellt wurde, wurde darüber hinaus Konsens darin erzielt, dass Frauen vor Menschenhandel und Zwangsprostitution besser geschützt und Täter konsequenter bestraft werden sollen. Aus justizieller Sicht ist hervorzuheben, dass entsprechende Straftaten wie insbesondere die Ausbeutung von Prostituierten (§ 180 a StGB), Zuhälterei (§ 181 a StGB) und Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung (§ 232 StGB) von den bayerischen Staatsanwaltschaften im Rahmen des Legalitätsprinzips konsequent verfolgt und von den Gerichten geahndet werden. So erfolgten im Jahr 2012 durch bayerische Gerichte eine Verurteilung wegen Ausbeutung von Prostituierten, vier Verurteilungen wegen Zuhälterei und 21 Verurteilungen wegen Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung. 6. Wie viele ausländische Prostituierte in Bayern und Schwaben und jeweils in den schwäbischen Landkreisen und kreisfreien Städten, die sich aus ihrer Zwangslage befreien konnten, wurden abgeschoben ? a) Wie haben sich die Zahlen im Verlauf von zehn Jahren entwickelt? Es werden keine gesonderten statistischen Daten zur Zahl der Abschiebungen von Ausländern erhoben, die Opfer von Straftaten nach §§ 180 ff. und 232 StGB geworden sind. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass Opfern von Menschenhandel eine befristete Aufenthaltserlaubnis erteilt werden kann (§ 25 Abs. 4 a AufenthG). 7. Wie setzt die Landesregierung den auf EU-Ebene festgelegten Opferschutz um, der betroffenen Frauen juristische und psychosoziale Beratung sowie gesundheitliche und soziale Versorgung gewährt ? Soweit die rechtliche Beratung und Vertretung im Strafverfahren betroffen ist, wird ein weitgehender Opferschutz bereits durch die Vorschriften zur Nebenklage, insbesondere die Bestellung eines Opferanwalts auf Staatskosten im gerichtlichen Verfahren gemäß § 397 a Absatz 1 StPO bzw. die Möglichkeit der Prozesskostenhilfe für die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts gemäß § 397 a Absatz 2 StPO gewährleistet. Hinzu kommt die mögliche Bestellung eines Rechtsanwalts als Beistand nach § 406 g StPO bereits im Vorverfahren sowie für den Fall, dass sich das Opfer dem Verfahren nicht als Nebenkläger anschließt. Im Übrigen ist mit Blick auf die Umsetzung von EU-Richtlinien darauf hinzuweisen, dass Regelungen zum Straf- und Strafverfahrensrecht in die Zuständigkeit des Bundes fallen und dessen Umsetzungskompetenz begründen. Insoweit nimmt die Staatsregierung ihre Verantwortung bei der Umsetzung durch Stellungnahmen und Anträge im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens wahr. Dies gilt auch für die Umsetzung der Richtlinie vom 05.04.2011 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rates und die Umsetzung der Richtlinie 2012/29/EU vom 25.10.2012 über Mindeststandards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI. Darüber hinaus beteiligt sich das Staatsministerium der Justiz an einer länderübergreifenden interministeriellen Arbeitsgruppe unter Federführung des Landes Rheinland- Pfalz, die durch Beschluss der 83. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister am 13. und 14.06.2012 in Wiesbaden mit der Erarbeitung von Empfehlungen für die Anforderungen an die in § 406 h Satz 1 Nr. 5 StPO genannte psychosoziale Prozessbegleitung sowie Standards für die Weiterbildung beauftragt wurde. Für den Bereich der Bayerischen Polizei kann, unabhängig von o. g. EU-Richtlinien, zum Themenbereich Opferschutz grundsätzlich Folgendes festgestellt werden: Die Polizeibeamt(inn)en in Bayern sind entsprechend sensibilisiert , um für Opfer von Gewalterfahrungen alle Möglichkeiten zum Thema Opferschutz/-hilfe auszuschöpfen und ein grundsätzlich professionelles Informationsverhalten gegenüber Opfern zu gewährleisten. Hierzu werden den Opfern u. a. die jeweils regional vorhandenen und je nach Sachverhalt geeigneten Hilfsangebote (Opfer- bzw. Hilfseinrichtungen , Anlaufstellen für Opfer, behördliche Institutionen etc.) mitgeteilt. Für Opfer von Menschenhandel, Zwangspros- titution und Zwangsheirat sind hier insbesondere die überregionalen Beratungseinrichtungen „SOLWODI“ und „JADWIGA “ zu nennen, auf die später näher eingegangen wird. Um die Opfer von Straftaten und ihre Angehörigen über die ihnen zustehenden Rechte zu informieren, ist zudem die Aushändigung des „Merkblattes über die Rechte von Verletzten und Geschädigten im Strafverfahren“ obligatorisch. Dieses Merkblatt liegt auf Deutsch sowie in diversen fremdsprachlichen Fassungen vor. Als spezielle Ansprechpartnerinnen für den Themenbereich Opferschutz bei der Bayerischen Polizei gibt es die bei den einzelnen Polizeipräsidien angesiedelten „Beauftragten der Polizei für Frauen und Kinder“ (BPFK). Diese Polizeivollzugsbeamtinnen haben eine Steuerungs- und Koordinierungsfunktion für das Thema Opferschutz innerhalb der Bayerischen Polizei inne. Sie wirken in vielfältiger Weise durch die Beratung und Fortbildung der polizeilichen Sachbearbeiter/-innen sowie durch die Vernetzung und Kooperation mit anderen Behörden und Opferberatungsstellen im Rahmen von Runden Tischen und Arbeitskreisen auf eine Intensivierung des Opferschutzes innerhalb und außerhalb der Polizei hin. Beratung, Betreuung und Unterstützung bieten den Opfern von Menschenhandel und Zwangsprostitution in Bayern insbesondere die Fachberatungsstellen Jadwiga Ökumenische GmbH (JADWIGA) und Solwodi Bayern e. V. (SOLWODI ) – zum Teil mit angegliederten Schutzwohnungen. Fachberatungsstellen von SOLWODI befinden sich in Passau, Augsburg, München und Bad Kissingen. Fachberatungsstellen von JADWIGA gibt es in München und Nürnberg. Sie werden vom Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration aus Haushaltsmitteln gefördert, im Jahr 2013 in Höhe von 279.821,00 €. Wie in der bayerischen Zusammenarbeitsvereinbarung zum Schutz von Opferzeuginnen und Opferzeugen in Menschenhandelsfällen aus dem Jahr 2005 geregelt, wendet sich dann, wenn im Zuge polizeilicher Ermittlungen in Menschenhandelsfällen – außerhalb polizeilicher Schutzmaßnahmen – eine Betreuung von Opfern erforderlich erscheint, die ermittlungsführende Dienststelle der Polizei in Absprache mit der Staatsanwaltschaft möglichst frühzeitig an die örtliche Fachberatungsstelle mit der Bitte um weitere Betreuung. Die Fachberatungsstellen führen psychosoziale Betreuungen durch und ermöglichen ärztliche Behandlungen. Daneben arbeiten sie mit Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten zusammen , vermitteln den betreuten Opfern Sprachkurse und Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/636 begleiten die Zeuginnen und Zeugen zu den Gerichtsterminen . Die Betreuung betrifft insbesondere zu regelnde Formalitäten mit jeweils zuständigen Behörden wie Ausländer-, Sozial-, Einwohnerämter und Jobcenter, notwendige Behördengänge sowie die Unterbringung und Beratung der Opfer hinsichtlich ihrer weiteren Lebensgestaltung. Zur sozialen Versorgung werden Menschenhandelsopfern aus Drittstaaten Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz gewährt. Gem. § 4 und § 6 AsylbLG schließt dies Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt ein; soweit dies im Einzelfall zur Sicherung der Gesundheit unerlässlich ist, auch eine psychotherapeutische Behandlung . Auch eine Teilnahme an den neuen Deutschkursen für Asylbewerber ist möglich. Bei Menschenhandelsopfern aus EU-Mitgliedstaaten ist die Rechtslage nicht eindeutig. Nach Kenntnisstand des StMAS werden zum Großteil Leistungen nach dem SGB II gewährt; in diesem Fall besteht auch gesetzlicher Krankenversicherungsschutz . Das StMAS hat sowohl über die Konferenz der Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Arbeit und Soziales der Länder (ASMK) als auch über die Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen und -minister, -senatorinnen und -senatoren der Länder (GFMK) versucht, vom Bund eine eindeutige gesetzliche Klarstellung im SGB II zu erreichen. Dies blieb bislang erfolglos, wird aber weiterhin von der Staatsregierung bei geeigneter Gelegenheit versucht werden. Da Opfer von Frauenhandel häufig Opfer von Gewalttaten sind, können sie zudem Leistungen nach dem Opfer- entschädigungsgesetz (OEG) in Anspruch nehmen, sofern sie die weiteren Anspruchsvoraussetzungen nach dem OEG erfüllen. Das OEG räumt Opfern von Gewalttaten, die in Deutschland durch einen vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben, einen Rechtsanspruch auf staatliche Entschädigung ein. Im Rahmen des OEG werden laufende finanzielle Hilfen (z. B. Grundrente, Berufsschadensausgleich etc.) und Heilbehandlungsmaßnahmen ebenso gewährt wie Fürsorgeleistungen , falls mit der Gewalttat über die gesundheitlichen Folgen hinaus auch eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse verbunden ist. Die Leistungen nach dem OEG werden auf Antrag gewährt. Für die Leistungsbewilligung sind in Bayern die beim Zentrum Bayern Familie und Soziales angesiedelten Versorgungsämter und Hauptfürsorgestellen zuständig. 8. Wie wird die Kontrolle von Bordellen bzw. Modellwohnungen gehandhabt? a) Gibt es regelmäßige Kontrollen oder erfolgt dies nur nach Verdachtsmomenten? Die Art und Weise der Kontrollen von Prostitutionsstätten sind vielfältig. Neben anlassbezogenen Ermittlungen erfolgen auch verdachtsunabhängige, unangemeldete Kontrollen und Identitätsfeststellungen. Teilweise beteiligen sich Vertreter der Staatsanwaltschaften , der Ordnungsämter oder der Steuerfahndung an den Kontrollen.