Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Martin Stümpfig BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 25.03.2015 Entwicklung Pflanzenschutzmittelbelastung der Wiedersbacher Brunnen in der Gemeinde Leutershausen Aus meiner Schriftlichen Anfrage vom 03.06.2014 und der Antwort der Staatsregierung vom 28.07.2014 (Drs. 17/2838) bzw. aus der Antwort der Staatsregierung vom 12.03.2014 (Drs. 17/1007) auf eine Anfrage des Abgeordneten Markus Ganserer ergeben sich weitere Fragen zur Belastung der Wiedersbacher Brunnen in der Gemeinde Leutershausen. Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Gibt es schon Ergebnisse der angekündigten Untersuchungen durch das Wasserwirtschaftsamt (WWA) Ansbach, um die bekannt gewordenen Belastungen durch Pflanzenschutzmittelwirkstoffe zu ergründen, wie dies die Staatsregierung in ihrer Antwort vom 12.03.2014 angekündigt hat (bitte nach Schadstoffen und Messstellen auflisten)? b) Wann und wo wurden die Grundwassermessstellen eingerichtet (bitte auflisten)? c) In welchen Abständen werden bzw. wurden Proben genommen? 2. a) Welche einzelnen Maßnahmen wurden inzwischen aufgrund der bekannt gewordenen Belastungen durch bayerische Behörden eingeleitet (bitte zeitliche Abfolge angeben)? b) In welcher Art und in welchem Umfang wurden die Bürgerinnen und Bürger über die einzelnen Maßnahmen und Ergebnisse informiert? 3. a) Hat die Gemeinde Leutershausen inzwischen damit begonnen, eine öffentliche Wasserversorgung im Gemeindeteil Wiedersbach zu planen bzw. einzurichten? b) Gibt es hierzu einen Zeitplan? c) Wie hoch sind die Kosten je Hausanschluss durch den Neubau der öffentlichen Wasserversorgung? 4. a) Wie bewertet die Staatsregierung die örtliche Konzentration der einzelnen Pflanzenschutzmittel und die Grenzwertüberschreitungen? b) Werden bzw. wurden neben den beauftragten Kontrollmaßnahmen weitere Maßnahmen eingeleitet? c) Sind weitere Maßnahmen aus Sicht des WWA oder anderer Behörden angezeigt? 5. a) Wurden inzwischen Verursacher für die Pflanzenschutzmittelbelastung ermittelt? b) Welche Verursacher kommen nach Meinung der Behörden in Betracht? 6. a) Welche Planzenschutzmittel hat die deutsche Bundesbahn in den Jahren 1970 bis heute verwendet? b) Weisen die Abbauprodukte auf Pflanzenschutzmittel hin, die häufig von der Deutschen Bahn AG (DB) eingesetzt wurden? c) Gibt es vergleichbare Fälle von Brunnenverunreinigungen mit Pflanzenschutzmitteln entlang von Bahntrassen ? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 22.04.2015 1. a) Gibt es schon Ergebnisse der angekündigten Untersuchungen durch das Wasserwirtschaftsamt (WWA) Ansbach, um die bekannt gewordenen Belastungen durch Pflanzenschutzmittelwirkstoffe zu ergründen, wie dies die Staatsregierung in ihrer Antwort vom 12.03.2014 angekündigt hat (bitte nach Schadstoffen und Messstellen auflisten)? Das Wasserwirtschaftsamt Ansbach hat zur Eingrenzung der Herkunft der Grundwasserbelastung die Erstellung von drei Grundwassermessstellen und deren Untersuchung in Auftrag gegeben. Der Untersuchungsbericht wurde mit Datum vom 25.11.14 vorgelegt (Auszug Pflanzenschutzmittelwirkstoffe siehe nachfolgende Tabelle). Parameter Einheit Stufe 1 Stufe 2 GWM* 1 GWM* 2 GWM* 3 Atrazin µg/l 0,1 1 <0,1 0,2 <0,1 Chlortoluron µg/l 0,1 1 <0,10 <0,10 <0,10 Cyanazin µg/l 0,1 1 <0,10 <0,10 <0,10 Desethylatrazin µg/l 0,1 1 <0,1 0,2 0,1 Diuron µg/l 0,1 1 <0,05 <0,05 <0,05 Linuron µg/l 0,1 1 <0,10 <0,10 <0,10 Isoproturon µg/l 0,1 1 <0,10 <0,10 <0,10 Hexazinon µg/l 0,1 1 <0,05 <0,05 <0,05 Methabenzthiazuron µg/l 0,1 1 <0,10 <0,10 <0,10 Metobromuron µg/l 0,1 1 <0,10 <0,10 <0,10 Metazachlor µg/l 0,1 1 <0,10 <0,10 <0,10 Metolachlor (R/S) µg/l 0,1 1 <0,10 <0,10 <0,10 Metoxuron µg/l 0,1 1 <0,10 <0,10 <0,10 Monolinuron µg/l 0,1 1 <0,10 <0,10 <0,10 Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 29.05.2015 17/6370 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/6370 Parameter Einheit Stufe 1 Stufe 2 GWM* 1 GWM* 2 GWM* 3 Sebuthylazin µg/l 0,1 1 <0,1 <0,1 <0,1 Simazin µg/l 0,1 1 <0,10 <0,10 <0,10 Terbuthylazin µg/l 0,1 1 <0,1 <0,1 <0,1 Ergebnis der PSM-Wirkstoffe (Auszug) *GWM: Grundwassermessstelle b) Wann und wo wurden die Grundwassermessstellen eingerichtet (bitte auflisten)? Es wurden drei Grundwassermessstellen auf den Flurstücken 174, 220 und 287 der Gemarkung Wiedersbach im Zeitraum vom 30.10. bis 12.11.2014 errichtet. c) In welchen Abständen werden bzw. wurden Proben genommen? Die Messstellen wurden im Rahmen der Orientierenden Untersuchung einmal beprobt (die Messstelle GWM 2 früh, mittags , abends während eines Pumpversuchs). Eine weitere Beprobung erfolgt voraussichtlich nach der Erstellung einer weiteren Messstelle (siehe Antwort zu Frage 2 a). 2. a) Welche einzelnen Maßnahmen wurden inzwischen aufgrund der bekannt gewordenen Belastungen durch bayerische Behörden eingeleitet (bitte zeitliche Abfolge angeben)? Anhand der Analysen der bestehenden Messstellen konnte der Verursacher für die PSM-Belastung der Wiedersbacher Brunnen bisher nicht abschließend festgestellt werden. Daher soll noch im laufenden Jahr eine weitere Messstelle im Norden der Bahntrasse errichtet werden. b) In welcher Art und in welchem Umfang wurden die Bürgerinnen und Bürger über die einzelnen Maßnahmen und Ergebnisse informiert? Bisher ist die Orientierende Untersuchung nicht abgeschlossen . Eine Information von Bürgern war deshalb mangels neuer Informationen bisher nicht zielführend. 3. a) Hat die Gemeinde Leutershausen inzwischen damit begonnen, eine öffentliche Wasserversorgung im Gemeindeteil Wiedersbach zu planen bzw. einzurichten ? b) Gibt es hierzu einen Zeitplan? Die Planung des Anschlusses des Stadtteils Wiedersbach an die öffentliche Trinkwasserversorgung ist abgeschlossen . Die Durchführung der Baumaßnahme wurde in der Stadtratssitzung am 07.04.2015 vergeben. Als Baubeginn ist der 27.04.2015 vorgesehen. Es wird von einer Bauzeit von ca. 15 Monaten ausgegangen, sodass die Maßnahme aller Voraussicht nach im September 2016 abgeschlossen werden kann. c) Wie hoch sind die Kosten je Hausanschluss durch den Neubau der öffentlichen Wasserversorgung? Gemäß Bauentwurf vom 08.07.2014 wurden die Baukosten des Anschlusses des Stadtteils Wiedersbach an die öffentliche Trinkwasserversorgung mit 1.291.000 EUR (Netto) berechnet . Für den vom Wasserwirtschaftsamt Ansbach geprüften Bauentwurf mit zuwendungsfähigen Kosten von rd.0,8 Mio. EUR wurde mit Zuwendungsbescheid vom 03.09.2014 eine Förderung von ca. 182.000 EUR in Aussicht gestellt. Demnach verbleiben der Stadt Kosten in Höhe von im Mittel rund 7.200 EUR je Hausanschluss. Die Umlegung dieser Kosten – ganz oder teilweise – auf die 154 Anwesen wird gemäß der für den Stadtteil Wiedersbach geltenden Beitragsund Gebührensatzung der Stadt Leutershausen vorgenommen und ist damit individuell unterschiedlich. Konkrete Zahlen kann demnach nur die Stadt Leutershausen nennen. 4. a) Wie bewertet die Staatsregierung die örtliche Konzentration der einzelnen Pflanzenschutzmittel und die Grenzwertüberschreitungen? Die bisher festgestellte Belastung des Grundwassers mit Atrazin und Desethylatrazin liegt z. T. über den Schwellenwerten . Weitere Untersuchungen zur Herkunft sind deshalb vorgesehen (vgl. Antwort zu Frage 2 a). b) Werden bzw. wurden neben den beauftragten Kontrollmaßnahmen weitere Maßnahmen eingeleitet? Im Jahr 2014 wurden im Bereich Wiedersbach auf 9 landwirtschaftlichen Betrieben Bodenproben hinsichtlich einer möglichen Belastung mit Atrazin kontrolliert. In keiner Probe wurde eine Anwendung von Atrazin festgestellt. c) Sind weitere Maßnahmen aus Sicht des WWA oder anderer Behörden angezeigt? Vor der Feststellung des weiteren Handlungsbedarfs ist zunächst die Orientierende Untersuchung abzuschließen (vgl. Antwort zu Frage 2 a). Ob auch im Jahr 2015 eine Schwerpunktkontrolle landwirtschaftlicher Flächen im Bereich Wiedersbach stattfinden wird, legt die Landesanstalt für Landwirtschaft mit dem Landesamt für Umwelt fest. Die genaue Festlegung der Gebiete für die Schwerpunktkontrollen ist derzeit noch nicht abgeschlossen. 5. a) Wurden inzwischen Verursacher für die Pflanzenschutzmittelbelastung ermittelt? b) Welche Verursacher kommen nach Meinung der Behörden in Betracht? Derzeit ist die Orientierende Untersuchung noch nicht abgeschlossen . Es kann zurzeit nicht eindeutig festgestellt werden , welche Mit-/Verursacher infrage kommen. 6. a) Welche Planzenschutzmittel hat die deutsche Bundesbahn in den Jahren 1970 bis heute verwendet? Eine Auflistung der jährlich zur Anwendung vorgesehenen Pflanzenschutzmittel liegt dem Landesamt für Umwelt (LfU) erst ab dem Anwendungsjahr 1985 vor (Bundestags-Drucksache 11/4919). Gemäß den vorliegenden Informationen wurden Pflanzenschutzmittel mit den nachfolgend genannten Wirkstoffen auf Gleisanlagen verwendet: 2,4-D, Amitrol, Atrazin, Bromacil, Dalapon, Dichlobenil, Dichlorprop, Dimefuron , Diuron, Ethidimuron, Flazasulfuron, Flumioxazin, Glyphosat , Hexazinon, MCPA, Mecoprop, Methabenzthiazuron, Monuron, Picloram, Propazin, Sebuthylazin, Simazin, Terbuthylazin , Triclopyr. Eine entsprechende Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Markus Ganserer zur aktuellen Praxis beantwortete die Bahn wie folgt (Landtags-Drucksache 17/1007): „Auf die chemische Vegetationskontrolle kann bei Bahnstrecken mit Schotteroberbau aus Gründen der Betriebssicherheit nicht verzichtet werden. In den letzten Jahren wurden mehrere alternative Methoden getestet, die sich aber bislang als nicht praxistauglich erwiesen haben. Drucksache 17/6370 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Der Herbizideinsatz erfolgt nur im zwingend erforderlichen Umfang. Die Applikation erfolgt ausschließlich auf dem Gleisschotter mit einem rund 20 cm breiten Band im angrenzenden Randbereich. Eine Abdrift ist durch die großtropfige Ausbringung nahezu ausgeschlossen. Es kommen nur Herbizide mit spezieller Zulassung für den Gleisbereich und jeweiliger behördlicher Genehmigung zur Anwendung. Diese Präparate wären sogar für den Einsatz in Wasserschutzgebieten zugelassen. Dabei wird nicht kontinuierlich die ganze Gleisbreite gespritzt, sondern nur an denjenigen Stellen, an denen tatsächlich Aufwuchs vorhanden ist, sodass die jeweils zugelassene Aufwandsmenge bei Weitem nicht erreicht wird. Aus diesem Grund kann keine örtlich konkrete Ausbringmenge benannt werden. Es ist bei der Deutschen Bahn intern untersagt, außerhalb des beschriebenen Bereichs Herbizide auf anderen Grundstücksteilen auszubringen. Die Pflanzenschutzmittelwirkstoffe, durch die das Brunnenwasser in Wiedersbach beeinträchtigt ist (Atrazin, Ethidimuron , Simazin), wurden von der Deutschen Bahn in den letzten 25 Jahren nicht mehr verwendet.“ b) Weisen die Abbauprodukte auf Pflanzenschutzmittel hin, die häufig von der Deutschen Bahn AG (DB) eingesetzt wurden? Bei den in den Hausbrunnen mit Konzentrationen oberhalb des Grenzwertes festgestellten Stoffen Desethylatrazin und Desisopropylatrazin handelt es sich um relevante Metaboliten (Abbauprodukte) der Pflanzenschutzmittelwirkstoffe Atrazin und Simazin. Sowohl Atrazin als auch Simazin wurden in der Vergangenheit (vor mehr als 25 Jahren, siehe Antwort zu Frage 6 a) zeitweise zur Vegetationskontrolle auf Gleisanlagen eingesetzt. Allerdings waren beide Wirkstoffe (Atrazin bis 1990, Simazin bis 2000) auch Bestandteil von zugelassenen Pflanzenschutzmitteln, die beispielsweise auch auf landwirtschaftlichen und gewerblichen Flächen, Privatgärten und sonstigen Flächen zum Einsatz kamen. c) Gibt es vergleichbare Fälle von Brunnenverunreinigungen mit Pflanzenschutzmitteln entlang von Bahntrassen? In Bayern wurden im Rahmen einer Sonderuntersuchung in den Jahren 2000 und 2001 in einem größeren Umfang gleisnahe Grundwassermessstellen auf „bahnspezifische“ Belastungen untersucht. Dabei wurden in mehreren Fällen Belastungen nachgewiesen, bei denen aufgrund des Wirkstoffspektrums der Einsatz von Gleisherbiziden als Ursache möglich ist. Der eindeutige Nachweis konnte jedoch nicht geführt werden. Neben den Triazinen, die am häufigsten gefunden wurden, waren vor allem Diuron, Ethidimuron und Bromacil auffällig. Aktuell sind dem Landesamt für Umwelt jedoch keine Brunnen mit entsprechenden Verunreinigungen des Grundwassers durch Pflanzenschutzmittel entlang von Bahntrassen bekannt.