Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ruth Müller SPD vom 23.02.2015 Mundgesundheit für Seniorinnen und Senioren Vor dem Hintergrund der sich verändernden Altersstruktur der deutschen Bevölkerung und im Hinblick auf das geplante Präventionsgesetz stellt sich die Fragen in welchem Umfang Sorge getragen wird für die Mundgesundheit und zahnmedizinische Versorgung in Senioren- und Pflegeheimen. Ich frage die Staatsregierung: 1. Hat die Mundhygiene bei älteren Menschen eine besondere Bedeutung für den allgemeinmedizinischen Zustand? 2. Wie hoch ist die zahnmedizinische Behandlungsquote in Senioren- und Pflegeheimen in Bayern im Vergleich zur Restbevölkerung (aufgeschlüsselt in die Regierungsbezirke , Landkreise und kreisfreien Städte)? 3. Sollte die Behandlungsquote in Seniorenheimen deutlich unter dem Durchschnitt der Behandlungsquote der Restbevölkerung liegen, was sind die Gründe dafür? 3. a) Was gedenkt die Staatsregierung zu unternehmen, um diese Quote deutlich zu erhöhen? 4. Inwieweit ist die zahnärztliche Versorgung in Seniorenund Pflegeheimen durch vertraglich gebundene Betreuungszahnärzte abgedeckt (aufgeschlüsselt in die Regierungsbezirke, Landkreise und kreisfreie Städte)? a) Welche Zahnärzte sind das im Regierungsbezirk Niederbayern ? 5. Welchen Umfang nimmt der Bereich Mundhygiene bei der Ausbildung an Altenpflegeschulen ein? a) In welcher Art? 6. Welchen Umfang nimmt der Bereich Mundhygiene bei Fortbildungsmaßnahmen an Senioren- bzw. Pflegeheimen ein? 6. a) In welcher Art ? Antwort Staatsministerin für Gesundheit und Pflege vom 21.04.2015 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Bayerischen Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst wie folgt beantwortet: Vorab wird darauf hingewiesen, dass die Sicherstellung der vertragszahnärztlichen Versorgung und somit eines wesentlichen Bausteins zur Erhaltung der Mundgesundheit nicht Aufgabe der Staatsregierung ist. Diese Aufgabe wurde nach dem Willen des Bundesgesetzgebers auf die Kassenzahnärztliche Vereinigung Bayerns (KZVB) übertragen , die diese Aufgabe als Selbstverwaltungsangelegenheit eigenverantwortlich wahrnimmt. Das Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (STMGP) führt lediglich die Rechtsaufsicht über die KZVB. 1. Hat die Mundhygiene bei älteren Menschen eine besondere Bedeutung für den allgemeinmedizinischen Zustand? Die KZVB hat dem STMGP hierzu auf Nachfrage Folgendes mitgeteilt: Die Mundhygiene und in der Folge die ausreichende Mundgesundheit hat eine enorme Bedeutung für die allgemeinmedizinische Gesundheit. Die Mundhöhle ist Haupteintrittspforte für Bakterien. Eine nicht ausreichende tägliche Zahnreinigung führt zur Entstehung von Belägen auf Zähnen und auch Zahnersatz und führt darüber hinaus zu einer Vermehrung der Keimbelastung. Die Zahnhartsubstanz und auch der Zahnhalteapparat (Parodontium) sind einer übermäßigen Belastung ausgesetzt. Die Besonderheit bei Seniorinnen und Senioren besteht darin, dass häufig Grunderkrankungen bis hin zur Multimorbidität bestehen und die Keimbelastung der Mundhöhle eine zusätzliche Belastung für die bereits über Gebühr belastete Immunabwehr bedeutet. Es ist heute wissenschaftlich erwiesen, dass Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Lungenerkrankungen, Stoffwechselerkrankungen (z. B. Diabetes mellitus) und auch der Schlaganfall durch mangelhafte Mundgesundheit massiv negativ beeinflusst und gefördert werden. 2. Wie hoch ist die zahnmedizinische Behandlungsquote in Senioren- und Pflegeheimen in Bayern im Vergleich zur Restbevölkerung (aufgeschlüsselt in die Regierungsbezirke, Landkreise und kreisfreien Städte)? Zur aktuellen zahnmedizinischen Behandlungsquote in Senioren - und Pflegeheimen in Bayern liegt der KZVB kein detailliertes Zahlenmaterial vor. Unter Verweis auf die Deutsche Mundgesundheitsstudie IV (DMS IV) aus dem Jahr 2005 führt die KZVB aber ergänzend aus, dass allgemein die regelgerechte zahnmedizinische Versorgung von Pflegebedürftigen im Vergleich zu übrigen Bevölkerungsgruppen bislang deutlich schlechter war und die Mundgesundheit dementsprechend nicht oder Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 09.06.2015 17/6374 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/6374 nicht ausreichend unterstützt wurde. Gründe hierfür sind die Notwendigkeit, zahnärztliche Untersuchungs- und Therapiemaßnahmen häufig in der aufsuchenden Betreuung durchführen zu müssen, da der Bewohner nicht oder nur mit großem Aufwand in die Praxis gebracht werden kann. 3. Sollte die Behandlungsquote in Seniorenheimen deutlich unter dem Durchschnitt der Behandlungsquote der Restbevölkerung liegen, was sind die Gründe dafür? a) Was gedenkt die Staatsregierung zu unternehmen, um diese Quote deutlich zu erhöhen? In Bayern hatte die Zahnärzteschaft unter dem Dach der Körperschaften Bayerische Landeszahnärztekammer (BLZK) und KZVB mit Unterstützung der Staatsregierung viele lokale Projekte auf den Weg gebracht, um die Versorgung im stationären aber auch ambulanten Pflegebereich zu verbessern. Beispielhaft erwähnt seien hier verschiedene Modellprojekte wie das – Patenzahnarztmodell der BLZK – das Modellprojekt Teamwerk München und Würzburg der AOK Bayern – die mobile zahnärztliche Versorgung Straubing Gemeinsam war diesen Modellprojekten das Ziel, immobilen Menschen in Pflege- und Senioreneinrichtungen den Zugang zu zahnmedizinsicher Versorgung zu ermöglichen. 4. Inwieweit ist die zahnärztliche Versorgung in Senioren - und Pflegeheimen durch vertraglich gebundene Betreuungszahnärzte abgedeckt (aufgeschlüsselt in die Regierungsbezirke, Landkreise und kreisfreie Städte)? Mit dem Pflegeneuausrichtungsgesetz (PNG) hat der Gesetzgeber die zahnärztliche Versorgung auf eine neue Grundlage gestellt. Vertragszahnärzte können seit dem April 2014 mit Einrichtungen einen Kooperationsvertrag abschließen , der für beide Partner der Vereinbarung Rechte und Pflichten beschreibt. Aktuell existieren im Bund ca. 2.000 Kooperationsverträge . Die KZVB verzeichnet für Bayern aktuell 252 gültige Kooperationsverträge . An diesen partizipieren 154 Praxen. Zur regionalen Aufteilung der teilnehmenden Zahnärzte kann die KZVB keine Angaben machen. Im August 2014 gaben aber über 75 % der Einrichtungen in Bayern an, mit einem Zahnarzt in der aufsuchenden Betreuung zu kooperieren. a) Welche Zahnärzte sind das im Regierungsbezirk Niederbayern? In Niederbayern werden 22 Pflegeheime im Rahmen der Kooperationsverträge von 19 Zahnärzten versorgt. 5. Welchen Umfang nimmt der Bereich Mundhygiene bei der Ausbildung an Altenpflegeschulen ein? a) in welcher Art? Das grundsätzliche didaktische Anliegen der Berufsausbildung ist die enge Verknüpfung von Theorie und Praxis. Für die Berufsfachschule heißt das: Theoretische Grundlagen und Erkenntnisse müssen praxisorientiert vermittelt werden und zum beruflichen Handeln befähigen. Dabei spielen u. a. konkrete Handlungssituationen eine wichtige Rolle. Die Ziele und Inhalte der Lehrplanrichtlinien bilden die verbindliche Grundlage für den Unterricht und die Erziehungsarbeit. Im Rahmen dieser Bindung trifft der Lehrer seine Entscheidungen in pädagogischer Verantwortung. Die in den Lehrplanrichtlinien für die Berufsfachschulen für Altenpflege formulierten Lerninhalte mit Bezug zur Grundpflege beinhalten auch die verschiedenen Aspekte der Mundhygiene wie z. B.: – Unterstützung alter Menschen bei der Selbstpflege – Pflege alter Menschen mit eingeschränkter Funktion von Sinnesorganen – Pflege alter Menschen mit Behinderungen – Pflege alter Menschen mit akuten und chronischen Er- krankungen – Pflege multimorbider alter Menschen – Pflege alter Menschen mit chronischen Schmerzen – Pflege dementer und gerontopsychiatrisch veränderter alter Menschen – Pflege schwerstkranker Menschen – Pflege sterbender alter Menschen Aufgrund der Lernfeldstruktur und der damit verbundenen Kompetenzorientierung kann keine Aussage zum konkreten Umfang des Lernbereichs Mundhygiene gemacht werden. 6. Welchen Umfang nimmt der Bereich Mundhygiene bei Fortbildungsmaßnahmen an Senioren- bzw. Pflegeheimen ein? a) in welcher Art? Der Träger einer stationären Einrichtung hat sicherzustellen, dass für Pflege- und Betreuungskräfte insbesondere regelmäßige Qualifizierungsangebote gewährleistet sind. Inwieweit bei diesen Qualifizierungsangeboten die Mundgesundheit Thema ist, ist der Staatsregierung nicht bekannt.