Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Kathrin Sonnenholzner SPD vom 27.11.2014 Prävention bei Kindern – Zahngesundheit In Nordrhein-Westfalen wird zur Förderung der Prävention bei Kindern künftig ein gemeinsames Kinderuntersuchungsheft für die zahn- und kinderärztliche Vorsorge etabliert. Den neuen Pass wird es in vier Sprachen (deutsch, englisch, türkisch und russisch) geben und er soll Eltern motivieren, ihre Kinder ab dem ersten Geburtstag auf Frühzeichen von Karies untersuchen zu lassen. Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Wie bewertet die Staatsregierung die Aufnahme der zahnärztlichen Vorsorgeuntersuchungen in das Kinderuntersuchungsheft , wie in Nordrhein-Westfalen? b) Wie bewertet die Staatsregierung das Vorhaben im Hinblick auf Risikogruppen? 2. a) Wie beurteilt die Staatsregierung das Problem frühkindlicher Zahnschäden bei bayerischen Kindern? b) Sieht die Staatsregierung Handlungsbedarf? Antwort der Staatsministerin für Gesundheit und Pflege vom 01.05.2015 1. a) Wie bewertet die Staatsregierung die Aufnahme der zahnärztlichen Vorsorgeuntersuchungen in das Kinderuntersuchungsheft, wie in NordrheinWestfalen ? In Nordrhein-Westfalen wird seit November 2014 in das gelbe Kinderuntersuchungsheft ein zahnärztlicher Untersuchungspass beigelegt. Ziel ist, die Teilnahmequote an den zahnärztlichen Vorsorgeuntersuchungen zu steigern. Diese Maßnahme stellt einen Versuch dar, eine verbesserte Zahngesundheit bei Kindern zu erreichen. Das Vorhaben ist neu und es existiert noch keine Evaluation, ob der beabsichtigte Effekt, nämlich eine frühzeitige Beratung und Kariesprävention , tatsächlich eintreten wird. b) Wie bewertet die Staatsregierung das Vorhaben im Hinblick auf Risikogruppen? Es ist unsicher, ob Risikogruppen davon profitieren, dass im Kinderuntersuchungsheft ein Zahnpass beiliegt. Ob der tatsächliche Zahnarztbesuch sowie eine Verhaltensänderung (Ernährung, regelmäßiges Zähneputzen etc.) stattfinden, kann nur im Rahmen einer Evaluation geklärt werden. Für die Mundgesundheit ist letztlich auch das häusliche Vorsorge- und Risikoverhalten, z. B. die Vermeidung zuckerhaltiger Getränke, entscheidend. 2. a) Wie beurteilt die Staatsregierung das Problem frühkindlicher Zahnschäden bei bayerischen Kindern ? Daten zur Mundgesundheit bei Kindern liegen für Bayern aus den epidemiologischen Begleituntersuchungen zur Gruppenprophylaxe der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Jugendzahnpflege e.V. vor. Die letzte dieser Untersuchungen bezieht sich auf das Jahr 2009, in 2015 beginnt die nächste Untersuchung. Für Bayern liegen Daten aus den Jahren 2004 und 2009 vor. Untersucht wurden Kinder in drei Altersgruppen: 6- bis 7-Jährige, 12-Jährige und 15-Jährige. Anteil kariesfreier Gebisse bei Kindern, Bayern Jahr 2004 Jahr 2009 6- bis 7-Jährige (Milchzähne) 50,2 % 50,4 % 12-Jährige 54,8 % 62,3 % 15-Jährige 42,3 % 48,8 % Datenquelle: Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Jugendzahnpflege e.V. Der Anteil kariesfreier Gebisse bei 6- bis 7-Jährigen ist von 2004 gegenüber 2009 nahezu gleich geblieben. Der Anteil kariesfreier Gebisse ist sowohl bei den 12-Jährigen als auch bei den 15-Jährigen besser geworden. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 03.06.2015 17/6461 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/6461 Hinsichtlich frühkindlicher Zahnschäden liegen in Bayern jedoch keine belastbaren Daten zur Prävalenz der Karies vor. Die durchschnittliche Prävalenz der frühkindlichen Karies in Deutschland liegt bei etwa 10–15 %. Damit ist dies die häufigste chronische Erkrankung in dieser Altersstufe. Deutschlandweit und auch bayernweit existieren Unterschiede nach sozialer Lage: Je qualifizierter der Schultyp, desto besser die Mundgesundheit. Des Weiteren ist zwischen 2004 und 2009 bei den Gymnasiasten und Realschülern die Mundgesundheit besser geworden, bei den Hauptschülern nicht: Mundgesundheit bei Kindern nach Schultyp, Bayern Summe der kariösen, fehlenden oder gefüllten bleibenden Zähne, 12-Jährige Jahr 2004 Jahr 2009 Gymnasiasten 0,93 0,62 Realschüler 1,13 1,01 Hauptschüler 1,51 1,64 Summe der kariösen, fehlenden oder gefüllten bleibenden Zähne, 15-Jährige Jahr 2004 Jahr 2009 Gymnasiasten 1,85 1,27 Realschüler 2,12 1,36 Hauptschüler 2,91 2,97 Datenquelle: Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Jugendzahnpflege e.V. Insgesamt hat sich die Mundgesundheit in Bayern bei den Kindern zwischen den beiden Untersuchungen (2004 und 2009) verbessert. Bereits 1983 haben die Körperschaften der Zahnärzte und alle gesetzlichen Krankenkassen die Bayerische Landesarbeitsgemeinschaft Zahngesundheit e.V. (LAGZ) gegründet. Sie hat sich den Auftrag gegeben, Gruppenprophylaxe in Schulen und Kindergärten durchzuführen. Für Kinder unter sechs Jahren wurde eine Reihe von Maßnahmen der Gruppenprophylaxe entwickelt, die Kinder in Bayern nahezu flächendeckend erreichen: • Eine wichtige Säule ist das Projekt „Aktion Seelöwe“ der LAGZ, das seit 2002 besteht und allen bayerischen Kindergärten angeboten wird. Seit dem Jahr 2008 wird das Projekt aus Mitteln des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege (StMGP) unterstützt (im Jahr 2014 mit rund 174.000 Euro). Auch Einrichtungen mit Kindern unter drei Jahren werden auf Anfrage in das Projekt aufgenommen . • Alle Kinderkrippen und Kindergärten können bei der LAGZ Unterstützung für die Elternarbeit (Elternabende mit Aufklärung und Information zur Zahngesundheit) oder zahnärztliche Betreuung vor Ort anfordern. Die Durchführung erfolgt von ehrenamtlichen LAGZ-Zahnärzten. • Seit 2008 läuft das Projekt Bündnis für gesunde Kinderzähne „Gesund im Mund – von Anfang an“ des Gesundheitsamts Augsburg mit der LAGZ: Beteiligt sind u. a. der Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte, die Kliniken Josefinum sowie das Klinikum Augsburg. An die jungen Mütter werden über die Geburtsstationen, Kinderärzte und Hebammen, die flächendeckend die Familien der Neugeborenen im ersten Monat nach der Geburt zu Hause aufsuchen, ein Begrüßungsbrief, Lernzahnbürste, Kinderpass und Info-Broschüren verteilt. • Das Pilotprojekt „Gesunde Milchzähne – Kariesvorsorge in Kindertagesstätten“ ist für 2- bis 6-jährige Kinder ausgerichtet und läuft seit 2011; Ziel ist, das tägliche Zähneputzen sowie eine Ernährungsberatung in Kindertageseinrichtungen Bayerns fest zu etablieren. Das Projekt wird wissenschaftlich betreut und läuft bis 2015. Zusätzlich zur Gruppenprophylaxe existieren weitere Maßnahmen zur Prävention frühkindlicher Karies in Bayern: • Die Neuauflage des zahnärztlichen Kinderpasses der Bayerischen Landeszahnärztekammer zum Januar 2015 ist ein weiterer Schritt zur Verbesserung der Zahngesundheit bei Kindern. Dieser Kinderpass wird werdenden Müttern vom Zahnarzt ausgehändigt. In den Kinderpass dokumentiert der Zahnarzt die Untersuchungen der werdenden Mutter und des Kindes vom ersten Zahn bis zum sechsten Lebensjahr. Der Pass enthält Informationen zur Vorbeugung von Karies (zuckerhaltige Getränke, Ernährung , Zahnpflege etc.). Zusätzlich zur Verteilung über die LAGZ erfolgte die Verteilung auch von einigen Krankenkassen im Rahmen der Information der Schwangeren. • Von einigen Krankenkassen wurden zusätzliche Untersuchungen zur dentalen Früherkennung mit der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Bayerns vereinbart, die sich an Mädchen und Jungen von 6 bis zu 30 Monaten richten. Ferner sind auch die Kinder- und Jugendärzte eingebunden, die in Ergänzung der pädiatrischen Beratungsleistung Eltern auf die kostenlosen neuen Angebote hinweisen. • Die LAGZ bietet Informationsmaterialien z. B. zum Thema „Nuckelflaschenkaries“ an. • Beim diesjährigen Jahresschwerpunkt zur Kindergesundheit im Sommer 2015 sind unter anderem auch Aktionen mit Akteuren zur Zahngesundheit bei Kindern geplant. Damit wird in Bayern bereits seit Jahren eine umfängliches Angebot für die Prävention frühkindlicher Karies zur Verfügung gestellt. b) Sieht die Staatsregierung Handlungsbedarf? Das StMGP hat bereits jetzt umfassende Maßnahmen zur Prävention von (früh)kindlicher Karies ergriffen und führt diese auch in den kommenden Jahren weiter. Derzeit wird kein weiterer Handlungsbedarf gesehen. Inwieweit eine Ausweitung der GKV-finanzierten zahnärztlichen Früherkennungsuntersuchungen bei Kindern unter 30 Monaten erforderlich ist, ist vom zuständigen Gemeinsamen Bundesausschuss zu prüfen.