Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian Streibl FREIE WÄHLER vom 23.12.2013 Unterbringungen in Bayern – Zahlen, Ursachen und Konsequenzen Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie viele Unterbringungsanordnungen erfolgten in Bayern seit dem Jahr 2008 a) auf Grundlage des Bayerischen Unterbringungsgesetzes ? b) aufgrund strafgerichtlicher Entscheidungen? c) auf Grundlage des Therapieunterbringungsgesetzes (seit Inkrafttreten), aufgelistet nach den jeweiligen Rechtsgrundlagen und den entscheidenden Gerichten ? 2. a) Wie viele Personen waren bzw. sind seit 2008 in Bayern untergebracht, aufgelistet nach den jeweiligen Rechtsgrundlagen und den Unterbringungseinrichtungen ? b) Liegen Kenntnisse über die Verweildauer der Untergebrachten vor, evtl. durchschnittliche Zahlen zu den verschiedenen Unterbringungen? c) Trifft es zu, dass aufgrund der zunehmenden Unterbringungsanordnungen und der restriktiven Entlassungspraxis eine Überbelegung im Maßregelvollzug herrscht? 3. Wie erklärt sich die Staatsregierung ggf. den Anstieg der Unterbringungsanordnungen jeweils für die verschiedenen Arten der Unterbringung nach Nr. 1 und den Anstieg der Untergebrachten nach Nr. 2? Wie liegt Bayern hier im Vergleich zu den anderen Bundesländern ? a) Wie viele unterbringungsähnliche Maßnahmen (Fixierungen , Medikation etc.) erfolgten seit 2008, aufgelistet nach Art, Gericht, Einrichtung und Dauer? b) Welche Defizite in der Praxis der Unterbringung sind der Staatsregierung bekannt, insbesondere bezüglich Mängel bei den Rückzugsmöglichkeiten, der Raumbelegung , Therapieangeboten etc.? c) Sind der Staatsregierung Vorwürfe bekannt bezüglich lang andauernder Fixierungen über Tage hinweg, insbesondere in der Forensik Taufkirchen, und welche Maßnahmen werden ggf. ergriffen? 4. Welche Konsequenzen zieht die Staatsregierung aus dem „Fall Mollath“ insbesondere in Bezug auf Reformüberlegungen zur Unterbringung nach § 63 StGB? Wird sich die Staatsregierung auf Bundesebene für Änderungen in diesem Bereich einsetzen, wenn ja, für welche, wenn nein, weshalb nicht? 5. Welche Änderungen zur lückenhaften Regelung des Maßregelvollzugs in Bayern im Unterbringungsgesetz (insbesondere in Bezug auf die Zwangsbehandlung, Vollzugslockerungen, externe Kontrolle der Abläufe etc.) zieht die Staatsregierung in Erwägung? 6. Zieht die Bayerische Staatsregierung nun endlich in Betracht (vgl. die ablehnende Antwort auf meine Anfrage Drs. 16/10951), das Bayerische Unterbringungsgesetz durch ein Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen für Menschen mit psychiatrischem Hilfebedarf zu ersetzen, und wenn nein, weshalb nicht? Wird zumindest eine Überarbeitung des Gesetzes, insbesondere eine gesetzliche Neuregelung für Zwangsbehandlungen , die Grundrechte der Untergebrachten und deren Einschränkung, transparente Verfahren und Kontrollinstanzen in Betracht gezogen? 7. Welche Maßnahmen zur Fort- und Weiterbildung des Personals in Unterbringungseinrichtungen werden getroffen , welche zur Qualifizierung von Ärzten, die Prognosegutachten erstellen? 8. Gibt es Planungen, die forensischen Nachsorgeeinrichtungen auszubauen? Antwort des Staatsministeriums der Justiz vom 06.02.2014 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration sowie dem Staatsministerium für Gesundheit und Pflege wie folgt beantwortet: 1. Wie viele Unterbringungsanordnungen erfolgten in Bayern seit dem Jahr 2008 a) auf Grundlage des Bayerischen Unterbringungsgesetzes ? Unterbringungsanordnungen nach dem Gesetz über die Unterbringung psychisch Kranker und deren Betreuung (Unterbringungsgesetz – UnterbrG) Nach Artikel 1 Absatz 1 UnterbrG kann in einem psychiatrischen Krankenhaus oder sonst in geeigneter Weise untergebracht werden, wer psychisch krank oder infolge Geistesschwäche oder Sucht psychisch gestört ist und dadurch in erheblichem Maß die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährdet. Unter diesen Voraussetzungen ist die Unterbrin- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 14.03.2014 17/657 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/657 gung insbesondere auch dann zulässig, wenn jemand sein Leben oder in erheblichem Maß seine Gesundheit gefährdet . Zur Anzahl der nach dem Unterbringungsgesetz angeordneten Unterbringungen liegen der Staatsregierung keine Zahlen vor. Die Zahl der bei den Amtsgerichten anhängig gewordenen Unterbringungsverfahren nach dem Unterbringungsgesetz ist der folgenden Übersicht zu entnehmen (Quelle: Justizstatistik, GÜ 2 der Amtsgerichte): Amtsgericht Zahl der Verfahren auf Anordnung einer Unterbringung nach dem Unterbringungsgesetz 2008 2009 2010 2011 2012 Aichach 29 34 26 41 47 Altötting 11 16 23 31 18 Amberg 5 1 4 8 5 Ansbach 495 471 533 514 622 Aschaffenburg 2 1 8 5 7 Augsburg 452 485 495 514 525 Bad Kissingen 0 0 0 0 0 Bad Neustadt a. d. Saale 0 0 0 0 0 Bamberg 354 273 239 258 378 Bayreuth 532 480 373 469 409 Cham 0 1 0 0 1 Coburg 0 0 0 0 0 Dachau 2 1 0 3 0 Deggendorf 577 546 519 634 677 Dillingen a. d. Donau 0 0 0 0 0 Ebersberg 0 0 0 0 0 Eggenfelden 20 20 17 29 21 Erding 115 116 136 123 174 Erlangen 372 411 459 531 580 Forchheim 1 0 0 3 1 Freising 23 37 22 29 54 Freyung 3 6 2 2 3 Fürstenfeldbruck 0 0 18 3 14 Fürth 1 0 0 1 1 GarmischPartenkirchen 70 76 77 101 81 Gemünden a. Main 1.191 1.261 1.289 1.286 1.410 Günzburg 460 457 427 513 599 Haßfurt 1 2 1 1 0 Hersbruck 106 113 83 121 122 Hof 137 99 128 93 119 Ingolstadt 360 403 401 419 449 Kaufbeuren 179 201 211 258 284 Kelheim 6 1 3 5 4 Kempten (Allgäu) 216 250 217 216 220 Kitzingen 0 0 3 7 9 Kronach 21 20 22 22 18 Kulmbach 15 7 6 1 3 Landau a. d. Isar 1 1 5 6 5 Landsberg a. Lech 123 134 141 131 162 Landshut 323 289 373 415 438 Laufen 0 0 0 68 74 Lichtenfels 25 44 86 142 179 Lindau 18 25 7 34 28 Memmingen 108 121 105 117 184 Miesbach 144 153 143 126 166 Amtsgericht Zahl der Verfahren auf Anordnung einer Unterbringung nach dem Unterbringungsgesetz 2008 2009 2010 2011 2012 Mühldorf a. Inn 0 0 3 62 51 München 2.079 2.121 1.750 2.126 1.949 Neuburg a. d. Donau 33 36 34 50 75 Neumarkt i. d. OPf. 0 0 0 0 1 Neustadt a. d. Aisch 3 3 2 0 0 Neu-Ulm 0 0 0 0 0 Nördlingen 2 4 0 1 2 Nürnberg 44 0 12 22 33 Obernburg a. Main 0 0 0 0 0 Passau 3 0 0 0 1 Pfaffenhofen a. d. Ilm 19 9 15 17 25 Regensburg 381 426 465 389 480 Rosenheim 86 86 66 365 581 Schwabach 6 0 3 7 6 Schwandorf 0 0 0 0 0 Schweinfurt 347 357 304 349 394 Sonthofen 36 46 5 36 33 Starnberg 43 60 82 65 53 Straubing 0 7 19 65 53 Tirschenreuth 1 23 10 20 18 Traunstein 25 44 81 95 91 Viechtach 32 0 16 8 15 Weiden i. d. OPf. 95 87 103 107 141 Weilheim i. OB 0 18 6 18 28 Weißenburg i. Bay 7 7 12 4 10 Wolfratshausen 0 0 4 4 0 Würzburg 0 213 113 141 83 Wunsiedel 0 0 1 0 3 Bayern insgesamt 9.740 10.103 9.708 11.117 12.159 1. b) aufgrund strafgerichtlicher Entscheidungen? Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus durch die Strafgerichte nach § 63 StGB sowie der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB Die Unterbringungsanordnungen nach § 63 StGB (Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus) und nach § 64 StGB (Unterbringung in einer Entziehungsanstalt) werden im Rahmen der Strafverfolgungsstatistik bundeseinheitlich erfasst. Für Bayern wird die Strafverfolgungsstatistik vom Bayerischen Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung ausgewertet und in der Reihe „Statistische Berichte – Abgeurteilte und Verurteilte in Bayern“ jährlich veröffentlicht . Die Zahlen der Strafverfolgungsstatistik liegen nach Auskunft des Bayerischen Landesamts für Statistik und Datenverarbeitung nicht vor Ende des 2. Quartals vor, weswegen belastbare Zahlen für das Geschäftsjahr 2013 noch nicht benannt werden können. Nach Einbindung des Bayerischen Landesamtes für Statistik und Datenverarbeitung und Auswertung des dortigen Datenbestandes konnte die Zahl der Unterbringungsanordnungen nach § 63 StGB wie folgt hinsichtlich der entscheidenden Gerichte aufgeschlüsselt werden: Drucksache 17/657 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Landgericht Unterbringungsanordnungen nach § 63 StGB 2008 2009 2010 2011 2012 Amberg 4 1 2 5 3 Ansbach 3 9 6 3 8 Aschaffenburg 4 2 7 4 1 Augsburg 30 16 22 15 5 Bamberg 3 7 5 0 5 Bayreuth 1 3 0 0 1 Coburg 6 1 2 6 4 Deggendorf 8 7 8 7 4 Hof 2 2 4 8 1 Ingolstadt 12 6 2 4 4 Kempten (Allgäu) 7 4 3 11 2 Landshut 16 16 3 9 5 Memmingen 6 6 6 7 2 München I 52 41 39 43 39 München II 7 9 12 10 7 Nürnberg-Fürth 27 30 25 18 12 Passau 5 5 3 5 8 Regensburg 21 8 5 9 11 Schweinfurt 1 2 4 2 1 Traunstein 29 18 17 17 14 Weiden i. d. OPf. 1 1 3 2 7 Würzburg 6 7 9 7 7 Bayern insgesamt 251 201 187 192 151 Für die Unterbringungsanordnungen nach § 64 StGB (Unterbringung in einer Entziehungsanstalt) ergibt sich folgendes Bild: Landgericht Unterbringungsanordnungen nach § 64 StGB 2008 2009 2010 2011 2012 Amberg 22 26 24 18 34 Ansbach 18 20 20 26 16 Aschaffenburg 7 12 12 7 15 Augsburg 59 67 98 87 73 Bamberg 12 15 23 23 13 Bayreuth 19 16 29 29 14 Coburg 7 14 11 20 11 Deggendorf 29 29 27 20 14 Hof 16 11 16 24 40 Ingolstadt 14 20 13 10 15 Kempten (Allgäu) 6 19 28 21 17 Landshut 26 22 24 32 29 Memmingen 18 24 33 44 31 München I 63 69 82 76 110 München II 10 12 10 16 8 Nürnberg-Fürth 36 74 76 124 150 Passau 19 26 8 11 4 Regensburg 118 97 97 92 86 Schweinfurt 24 28 23 33 36 Traunstein 55 54 74 74 56 Weiden i. d. OPf. 19 7 11 7 33 Würzburg 44 33 30 14 34 Bayern insgesamt 641 695 769 808 839 1. c) auf Grundlage des Therapieunterbringungsgeset- zes (seit Inkrafttreten), aufgelistet nach den jeweiligen Rechtsgrundlagen und den entscheidenden Gerichten? Die Anordnung einer Unterbringung nach dem Gesetz zur Therapierung und Unterbringung psychisch gestörter Gewalttäter (Therapieunterbringungsgesetz – ThUG) setzt die Erledigterklärung der Sicherungsverwahrung aufgrund des zu berücksichtigenden Verbots rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung voraus (§ 1 Abs. 1 ThUG). Bei dieser Art der Unterbringung handelt es sich um eine durch die Zivilgerichte anzuordnende, grundsätzlich befristete Unterbringung. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach § 4 Abs. 2 Satz 1 ThUG danach, in welchem Gerichtsbezirk das Bedürfnis für die Therapieunterbringung entsteht. Soweit die betroffene Person noch nicht aus der Sicherungsverwahrung entlassen wurde, ist dies der Ort der bisherigen Verwahrung. Insgesamt wurde seit Inkrafttreten des Therapieunterbringungsgesetzes am 1. Januar 2011 bei 16 ehemals Sicherungsverwahrten die vorläufige Therapieunterbringung nach § 14 ThUG (ggf. i. V. m. § 12 Abs. 2 ThUG) oder die Therapieunterbringung in der Hauptsache nach § 10 ThUG (ggf. i. V. m. § 12 Abs. 2 ThUG) angeordnet. Bei diesen 16 Personen kam es seit dem 1. Januar 2011 zu 17 Anordnungen der vorläufigen Unterbringung, davon 14 durch das Landgericht Regensburg (elf im Jahr 2011, eine im Jahr 2012 und zwei im Jahr 2013), zwei durch das Landgericht Deggendorf (beide im Jahr 2011) und eine durch das Oberlandesgericht Nürnberg in der Beschwerdeinstanz (im Jahr 2011). Im Hauptsacheverfahren kam es bei diesen 16 Personen zu 23 Anordnungen der Unterbringung in der Therapieunterbringung , davon 21 durch das Landgericht Regensburg (vier im Jahr 2011, acht im Jahr 2012 und neun im Jahr 2013) und zwei durch das Landgericht Deggendorf (beide im Jahr 2011). 2. a) Wie viele Personen waren bzw. sind seit 2008 in Bayern untergebracht, aufgelistet nach den jeweiligen Rechtsgrundlagen und den Unterbringungseinrichtungen ? Vorbemerkung: Es wird davon ausgegangen, dass sich die Frage (wie unter 1) auf Unterbringungen auf der Grundlage des Bayerischen Unterbringungsgesetzes, aufgrund strafgerichtlicher Anordnung (§§ 63, 64 StGB) oder auf der Grundlage des Therapie- unterbringungsgesetzes bezieht. aa) Zahl der Personen, die auf der Grundlage des Bayerischen Unterbringungsgesetzes untergebracht sind oder waren Belastbare Zahlen hierzu liegen dem Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration nicht vor. bb) Zahl der Personen, die aufgrund strafgerichtlicher Entscheidung untergebracht sind oder waren Die Zahl der Personen, die seit 2008 in Bayern aufgrund strafgerichtlicher Entscheidung untergebracht sind oder waren (Rechtsgrundlagen: §§ 63 und 64 StGB, § 126 a StPO – sog. Maßregelvollzug) ergibt sich aus nachstehender Tabelle (Quelle: Stichtagsstatistik des Bayerischen Landesamtes für Statistik und Datenverarbeitung zum 31. Dezember; Daten für 2013 Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/657 liegen noch nicht vor): Einrichtung Zahl der nach §§ 63, 64 StGB, § 126 a StPO untergebrachten Personen 2008 2009 2010 2011 2012 BKL Ansbach (AN) 163 166 178 171 193 BKH Bayreuth (BT) 171 195 204 215 207 Klinik am Europakanal Erlangen (ER) 131 131 132 135 139 BKH Günzburg (GZ) 93 96 94 90 100 IAK München-Ost (HA) 366 373 352 405 377 BKH Kaufbeuren (KF) 150 163 182 194 203 BKH Lohr (LO) 126 122 128 100 131 BKL Mainkofen (MK) 185 180 175 170 178 BKH Parsberg (PAR) 61 61 62 51 57 BKL Regensburg (R) 251 244 263 291 290 BKH Straubing (SR) 230 236 233 225 226 IAK Taufkirchen (TFK) 126 126 129 157 152 ISK Wasserburg (WAS) 150 170 189 178 197 BKH Werneck (WER) 70 68 70 75 75 Bayern insgesamt 2.273 2.331 2.391 2.457 2.525 cc) Zahl der Personen, die auf der Grundlage des Therapieunterbringungsgesetzes untergebracht sind oder waren Die Zahl der Personen, die seit 2011 in bayerischen psychiatrischen Krankenhäusern aufgrund des Therapieunterbringungsgesetzes untergebracht waren, ergibt sich aus nachstehender Tabelle (Quelle: Erhebung durch das StMAS, Stand Februar 2014): Einrichtung Zahl der nach dem Therapieunterbringungsgesetz untergebrachten Personen 2011 2012 2013 2014 BKH Straubing 14 13 9 0 BKL Mainkofen 2 2 1 0 Klinik am Europakanal Erlangen 0 2 2 0 2. b) Liegen Kenntnisse über die Verweildauer der Untergebrachten vor, evtl. durchschnittliche Zahlen zu den verschiedenen Unterbringungen? Belastbare Zahlen hierzu liegen dem Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration nicht vor. 2. c) Trifft es zu, dass aufgrund der zunehmenden Unterbringungsanordnungen und der restriktiven Entlassungspraxis eine Überbelegung im Maßregelvollzug herrscht? Sowohl Unterbringungen nach den §§ 63 und 64 StGB als auch die Entlassungen von nach diesen Vorschriften unterbrachten Personen werden von unabhängigen Gerichten angeordnet. Hierauf haben die psychiatrischen Krankenhäuser , in denen die Maßregeln vollzogen werden, keinen Einfluss. Für jede in Bayern im psychiatrischen Maßregelvollzug unterzubringende Person stehen ein Bett sowie ein geeigneter Therapieplatz in einer Maßregelvollzugseinrichtung zur Verfügung. Von einer Überbelegung wird gesprochen, wenn die tatsächlich belegten Betten die nach der Bauplanung regulär ausgewiesenen Planbetten übersteigen. Wie der nachste- henden Tabelle entnommen werden kann, sind nicht alle bayerischen psychiatrischen Krankenhäuser, in denen die Maßregeln vollzogen werden, gleichermaßen überbelegt. Eine Überbelegung bis zu 10 % ist zumindest temporär hinzunehmen, um Leerstände der kostenintensiven vorhandenen Betten möglichst zu vermeiden. Höheren Überbelegungen begegnen die für den Maßregelvollzug zuständigen Träger der Einrichtung mit Interimslösungen oder mit Erweiterungsbauten (Quelle: Erhebung durch das StMAS; Abkürzungen vgl. Tabelle zu Frage 2 a) bb): Einrichtung in Ø-Belegung 2013 in % AN 127,7 BT 112,5 ER 133,1 GZ 117,2 HA 108,3 KF 129,1 LO 116,2 MK 111,5 PAR 104,4 R 135,2 SR 97,1 TF 100,1 WAS 112,9 WER 118,4 BY 114,8 Überbelegungen kommen zustande, wenn die Einweisungen durch die Gerichte höher sind als die jeweiligen Entlassungen im selben Zeitraum. Dieser Effekt tritt auch ein, wenn die Verweildauern aufgrund der zunehmend schwierigeren Krankheitsbilder der untergebrachten Personen signifikant zunehmen. 3. Wie erklärt sich die Staatsregierung ggf. den Anstieg der Unterbringungsanordnungen jeweils für die verschiedenen Arten der Unterbringung nach Nr. 1 und den Anstieg der Untergebrachten nach Nr. 2? Wie liegt Bayern hier im Vergleich zu den anderen Bundesländern? – Unterbringungsverfahren nach dem Unterbringungsgesetz Wie bereits ausgeführt (siehe unter 1 a), liegen der Staatsregierung keine Zahlen über die Anzahl der auf der Grundlage des Unterbringungsgesetzes erlassenen Unterbringungsanordnungen vor. Hinsichtlich der Zahl der Unterbringungsverfahren nach dem Unterbringungsgesetz liegt Bayern knapp unter dem Bundesdurchschnitt. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Zahl der Unterbringungsverfahren nach den Landesgesetzen über die Unterbringung psychisch Kranker in den einzelnen Ländern und (in Klammern) über die Zahl der Unterbringungsverfahren je 100.000 Einwohner (Quelle: Justizstatistik, GÜ 2 der Amtsgerichte): Zahl der Unterbringungsverfahren nach den Landesgesetzen über die Unterbringung psychisch Kranker 2008 2009 2010 2011 2012 Baden-Württemberg (ca. 10,8 Mio. Einwohner) 3.942 (36,5) 3.299 (30,5) 3.974 (36,8) 4.364 (40,4) 4.378 (40,5) Drucksache 17/657 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 5 Zahl der Unterbringungsverfahren nach den Landesgesetzen über die Unterbringung psychisch Kranker 2008 2009 2010 2011 2012 Bayern (ca. 12,6 Mio. Einwohner ) 9.740 (77,3) 10.103 (80,2) 9.708 (77,0) 11.177 (88,7) 12.159 (96,5) Berlin (ca. 3,5 Mio. Einwohner ) 1.342 (38,3) 1.530 (43,7) 2.405 (68,7) 2.448 (69,9) 2.055 (58,7) Brandenburg (ca. 2,5 Mio. Einwohner ) 433 (17,3) 570 (22,8) 959 (38,4) 664 (26,6) 794 (31,8) Bremen (ca. 0,7 Mio. Einwohner ) 1.440 (205,7) 1.367 (195,3) 1.324 (189,1) 1.355 (193,6) 1.499 (214,1) Hamburg (ca. 1,8 Mio. Einwohner ) 2.619 (145,5) 3.029 (168,3) 2.613 (145,2) 2.793 (155,2) 2.910 (161,7) Hessen (ca. 6,1 Mio. Einwohner ) 9.415 (154,3) 9.316 (152,7) 6.910 (113,3) 10.589 (173,6) 11.034 (180,9) Mecklenburg-Vorpommern (ca. 1,6 Mio. Einwohner ) 1.113 (69,6) 1.036 (64,8) 1.452 (90,8) 1.527 (95,4) 1.644 (102,8) Niedersachsen (ca. 8,0 Mio. Einwohner ) 7.859 (98,2) 8.179 (102,2) 8.643 (108,0) 8.423 (105,3) 8.109 (101,4) Nordrhein-Westfalen (ca. 17,8 Mio. Einwohner ) 21.333 (119,8) 21.435 (120,4) 22.005 (123,6) 22.685 (127,4) 22.558 (126,7) Rheinland-Pfalz (ca. 4,0 Mio. Einwohner ) 3.822 (95,6) 4.004 (100,1) 3.707 (92,7) 3.709 (92,7) 3.891 (97,2) Saarland (ca. 1,0 Mio. Einwohner ) 1.175 (117,5) 1.171 (117,1) 739 (73,9) 749 (74,9) 828 (82,8) Sachsen (ca. 4,1 Mio. Einwohner ) 920 (22,4) 892 (21,8) 965 (23,5) 899 (21,9) 940 (22,9) Sachsen-Anhalt (ca. 2,3 Mio. Einwohner ) 588 (25,6) 629 (27,3) 850 (37,0) 742 (32,7) 913 (39,7) Schleswig-Holstein (ca. 2,8 Mio. Einwohner ) 4.455 (159,1) 3.795 (135,5) 4.165 (148,8) 5.083 (181,5) 6.041 (215,8) Thüringen (ca. 2,2 Mio. Einwohner ) 716 (32,5) 914 (41,5) 1.002 (45,5) 940 (42,7) 999 (45,4) Bund (ca. 81,8 Mio. Einwohner) 70.912 (86,7) 71.169 (87,0) 71.412 (87,3) 78.147 (95,5) 80.752 (98,7) Die Zahl der Unterbringungsverfahren nach den Landesunterbringungsgesetzen ist in den vergangen Jahren bayern - und bundesweit angestiegen. Gesicherte Erkenntnisse über die Gründe für den Anstieg liegen nicht vor. Ein möglicher Auslöser könnte die Zunahme psychischer und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen sein. – Unterbringungsanordnungen nach § 63 StGB (Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus) Die Zahl der Unterbringungsanordnungen nach § 63 StGB stellt sich bundesweit wie folgt dar (Quelle: Statistisches Bundesamt; Strafverfolgungsstatistik; die bundesweiten Zahlen für 2012 sind noch nicht zugänglich): Unterbringungsanordnungen nach § 63 StGB 2008 2009 2010 2011 Bundesweit 1.104 968 948 881 Die Zahl der Unterbringungsanordnungen nach § 63 StGB ist bayernweit und bundesweit zurückgegangen (Rückgang in Bayern in den Jahren 2008 bis 2012 knapp 40 %). – Unterbringungsanordnungen nach § 64 StGB (Unterbringung in einer Entziehungsanstalt) Die Zahl der Unterbringungsanordnungen nach § 64 StGB stellt sich bundesweit wie folgt dar (Quelle: Statistisches Bundesamt; Strafverfolgungsstatistik; die bundesweiten Zahlen für 2012 sind noch nicht zugänglich): Unterbringungsanordnungen nach § 64 StGB 2008 2009 2010 2011 Bundesweit 1.881 2.176 2.323 2.427 Die Zahl der Unterbringungsanordnungen nach § 64 StGB ist bayernweit und bundesweit angestiegen. Gesicherte Erkenntnisse über die Gründe für den Anstieg liegen nicht vor. Ein möglicher Auslöser könnte die Zunahme psychischer und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen sein. 3. a) Wie viele unterbringungsähnliche Maßnahmen (Fixierungen, Medikation etc.) erfolgten seit 2008, aufgelistet nach Art, Gericht, Einrichtung und Dauer ? Nach § 1906 Abs. 4 BGB bedürfen die sog. unterbringungsähnlichen oder freiheitsentziehenden Maßnahmen, die unter rechtlicher Betreuung stehende Menschen betreffen, der Genehmigung durch das Betreuungsgericht. Hierunter fallen (mit Ausnahme der geschlossenen Unterbringung als solcher) alle Maßnahmen, durch die der Betreute gezielt daran gehindert wird, seinen Aufenthaltsort zu verlassen, z. B. Bettgitter, Gurtfixierungen oder sedierende Medikamente. Im Zählblatt für Verfahren nach dem Betreuungsgesetz wird nicht ausgewiesen, ob sich die Genehmigung einer unterbringungsähnlichen Maßnahme auf mechanische Vorrichtungen , Medikamente oder andere Freiheitsbeschränkungen bezieht. Zahlen hierzu liegen der Staatsregierung nicht vor. Der Staatsregierung liegen auch keine Erkenntnisse darüber vor, in welchen Einrichtungen (z. B. Heimen, psychiatrischen Krankenhäusern) wie viele unterbringungsähnliche Maßnahmen zum Einsatz kamen und wie lange diese andauerten. Die Zahl der von den Amtsgerichten genehmigten unterbringungsähnlichen Maßnahmen nach § 1906 Abs. 4 BGB ist der folgenden Übersicht zu entnehmen (Quelle: Zählblatterhebung für Verfahren nach dem Betreuungsgesetz ): Amtsgericht Zahl der genehmigten unterbringungsähnlichen Maßnahmen nach § 1906 Abs. 4 BGB 2008 2009 2010 2011 2012 Aichach 286 358 355 342 270 Altötting 187 218 199 131 113 Amberg 171 105 118 156 94 Ansbach 247 288 374 249 173 Aschaffenburg 148 188 131 127 87 Augsburg 866 872 890 1.000 635 Seite 6 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/657 Amtsgericht Zahl der genehmigten unterbringungsähnlichen Maßnahmen nach § 1906 Abs. 4 BGB 2008 2009 2010 2011 2012 Bad Kissingen 351 363 350 349 311 Bad Neustadt a. d. Saale 94 99 124 67 71 Bamberg 401 423 190 134 321 Bayreuth 451 368 332 436 390 Cham 428 471 471 509 431 Coburg 131 115 139 77 51 Dachau 121 103 172 97 77 Deggendorf 534 447 408 381 583 Dillingen a. d. Donau 258 244 214 142 124 Ebersberg 201 128 128 113 73 Eggenfelden 243 291 310 267 212 Erding 245 372 336 403 282 Erlangen 1.462 1.918 397 293 403 Forchheim 116 132 115 185 153 Freising 279 285 248 221 169 Freyung 201 196 208 252 321 Fürstenfeldbruck 231 238 216 187 148 Fürth 376 444 654 402 393 GarmischPartenkirchen 154 98 146 27 34 Gemünden a. Main 407 368 268 227 171 Günzburg 455 500 394 444 441 Haßfurt 181 190 245 220 130 Hersbruck 767 736 851 165 606 Hof 576 575 618 522 462 Ingolstadt 267 269 433 414 378 Kaufbeuren 64 72 85 67 64 Kelheim 286 302 365 225 187 Kempten (Allgäu) 237 254 363 270 184 Kitzingen 240 274 353 232 239 Kronach 183 164 154 121 77 Kulmbach 352 452 428 194 328 Landau a. d. Isar 408 416 391 341 244 Landsberg a. Lech 36 54 68 69 67 Landshut 332 341 352 552 537 Laufen 279 308 262 210 119 Lichtenfels 112 81 81 49 50 Lindau 0 0 0 5 22 Memmingen 298 288 300 329 209 Miesbach 117 89 114 89 82 Mühldorf a. Inn 361 386 366 428 238 München 1.353 1.752 1.667 1.073 1.133 Neuburg a. d. Donau 138 189 140 80 121 Neumarkt i. d. OPf. 445 448 455 318 279 Neustadt a. d. Aisch 93 101 77 70 85 Neu-Ulm 227 226 224 279 189 Nördlingen 228 201 163 213 180 Nürnberg 752 787 688 782 556 Obernburg a. Main 479 185 328 144 130 Passau 614 459 403 512 367 Pfaffenhofen a. d. Ilm 192 207 167 127 103 Regensburg 1.849 1.920 1.886 1.530 1.499 Rosenheim 896 922 864 835 1.093 Schwabach 112 116 129 77 47 Schwandorf 342 322 306 308 174 Amtsgericht Zahl der genehmigten unterbringungsähnlichen Maßnahmen nach § 1906 Abs. 4 BGB 2008 2009 2010 2011 2012 Schweinfurt 50 107 146 157 121 Sonthofen 35 40 34 43 34 Starnberg 80 128 179 181 183 Straubing 572 218 695 723 631 Tirschenreuth 204 185 155 224 236 Traunstein 474 505 381 287 284 Viechtach 94 144 93 121 135 Weiden i. d. OPf. 359 111 112 76 529 Weilheim i. OB 100 117 79 62 52 Weißenburg i. Bay 104 100 126 135 123 Wolfratshausen 182 184 198 84 59 Würzburg 1.052 757 794 874 817 Wunsiedel 206 149 279 231 218 Bayern insgesamt 25.372 25.765 24.662 21.266 20.167 3. b) Welche Defizite in der Praxis der Unterbringung sind der Staatsregierung bekannt, insbesondere bezüglich Mängel bei den Rückzugsmöglichkeiten, der Raumbelegung, Therapieangeboten etc.? Der Staatsregierung sind derzeit keine maßgeblichen Defizite in der Praxis der Unterbringung bekannt. 3. c) Sind der Staatsregierung Vorwürfe bekannt bezüglich lang andauernder Fixierungen über Tage hinweg, insbesondere in der Forensik Taufkirchen und welche Maßnahmen werden ggf. ergriffen? Ja. Allen Vorwürfen wurde und wird durch das Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration, das die Fachaufsicht über den psychiatrischen Maßregelvollzug führt, umgehend nachgegangen. Bislang haben die fachaufsichtlichen Überprüfungen keinen Grund zur Beanstandung ergeben. Die Prüfung der jüngsten Vorwürfe bezüglich des Isar-Amper-Klinikums Taufkirchen (Vils) sind noch nicht abgeschlossen . 4. Welche Konsequenzen zieht die Staatsregierung aus dem „Fall Mollath“ insbesondere in Bezug auf Reformüberlegungen zur Unterbringung nach § 63 StGB? Wird sich die Staatsregierung auf Bundesebene für Änderungen in diesem Bereich einsetzen , wenn ja, für welche, wenn nein, weshalb nicht? Die Überlegungen des federführend zuständigen Staatsministeriums der Justiz zur Reform der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gem. § 63 StGB zielen insbesondere darauf ab, den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sowohl bei der Anordnung der Unterbringung als auch im Rahmen der Vollstreckung zu stärken. Bayern wird sich nicht nur an der im Koalitionsvertrag der Großen Koalition vorgesehenen Bund-Länder-Arbeitsgruppe beteiligen, sondern auch einen eigenen Gesetzentwurf vorlegen. Hierzu werden derzeit verschiedene Reformansätze unter Berücksichtigung von Stellungnahmen und Hinweisen der Praxis (Gerichte, Staatsanwaltschaften, Leiter psychiatrischer Einrichtungen) geprüft und bewertet. 5. Welche Änderungen zur lückenhaften Regelung des Maßregelvollzugs in Bayern im Unterbringungsgesetz (insbesondere in Bezug auf die Zwangsbehandlung, Vollzugslockerungen, exter- Drucksache 17/657 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 7 ne Kontrolle der Abläufe etc.) zieht die Staatsregierung in Erwägung? Der Vollzug der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt aufgrund strafgerichtlicher Entscheidung ist im Gesetz über die Unterbringung psychisch Kranker und deren Betreuung (Unterbringungsgesetz ) geregelt. Ergänzend hierzu hat das ehemals Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung , Familie und Frauen Vollzugshinweise erlassen („Grundsätze für den Vollzug der strafgerichtlich angeordneten Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus und in der Entziehungsanstalt im Freistaat Bayern (§§ 63, 64 StGB, § 7 JGG, § 126 a StPO, § 463 Abs. 1 i. V. m. § 453 c StPO) – Vollzugshinweise des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen vom 15.03.2013 Az. IV5/2182-1/11). Das Bayerische Staatsminis- terium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration prüft eine Novellierung des Maßregelvollzugsrechts in Bayern. 6. Zieht die Bayerische Staatsregierung nun endlich in Betracht (vgl. die ablehnende Antwort auf meine Anfrage Drs. 16/10951), das Bayerische Unterbringungsgesetz durch ein Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen für Menschen mit psychiatrischem Hilfebedarf zu ersetzen, und wenn nein, weshalb nicht? Wird zumindest eine Überarbeitung des Gesetzes, insbesondere eine gesetzliche Neuregelung für Zwangsbehandlungen, die Grundrechte der Untergebrachten und deren Einschränkung , transparente Verfahren und Kontrollinstanzen in Betracht gezogen? In Bayern ist die Behandlung und Unterbringung von psychisch kranken Menschen im Bereich der öffentlich-rechtlichen Unterbringung im Gesetz über die Unterbringung psychisch Kranker und deren Betreuung (Unterbringungsgesetz ) geregelt. Zur Versorgung psychisch kranker Menschen in Bayern hat die Staatsregierung zudem die „Grundsätze zur Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen in Bayern“ herausgegeben. Sie sollen vor allem eine Orientierung für die Planung und Umsetzung von Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen in Bayern sein. Ein Regelungsbedarf bezüglich eines sogenannten „Psychisch -Kranken-Hilfe-Gesetzes“ wird von den Staatsministerien für Arbeit und Soziales, Familie und Integration sowie Gesundheit und Pflege ergebnisoffen geprüft. Der Versorgung von psychisch kranken Menschen wird in Bayern von jeher ein besonderer Stellenwert eingeräumt. So sind beispielsweise Hilfen für psychisch kranke Menschen in den „Grundsätzen zur Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen in Bayern“, denen zwei Psychiatriepläne vorausgegangen sind, ausführlich dargelegt. Beim Staatsministerium für Gesundheit und Pflege ist als hochkarätig und interdisziplinär besetztes Beratergremium der „Expertenkreis Psychiatrie“ eingerichtet, der die Leistungserbringer und Leistungsträger sowie die sonstigen Akteure der psychiatrischen Versorgung bei der Erfüllung ihrer Aufgaben unterstützt. Die stationäre Versorgung in Bayern wird den Erfordernissen entsprechend laufend ausgebaut und angepasst , der komplementäre Sektor kontinuierlich und bedarfsgerecht gemeinsam mit den Bezirken weiterentwickelt. Um den weiteren Ausbau ambulanter und personenzentrierter Versorgungsangebote voranzubringen, sind zusätzliche landesgesetzliche Regelungen nicht zwingend. Ebenso führt auch die Gewährleistung von einheitlichen Standards in Bayern nicht zu einem zwingenden gesetzlichen Regelungsbedarf , da einheitliche angemessene Standards, die von der Staatsregierung grundsätzlich begrüßt werden, auch auf Bezirksebene hergestellt bzw. aufrechterhalten werden können. Die Staatsregierung sieht auch aus verfassungs - und völkerrechtlichen Aspekten – insbesondere im Hinblick auf Zwangsbehandlungen und die UN-Behindertenrechtskonvention – keinen zwingenden Handlungsbedarf für eine gesetzliche Erweiterung der bestehenden Hilfesysteme für psychisch kranke Menschen in Bayern. Zu beachten ist zudem, dass aufgrund der unterschiedlichen Zuständigkeiten verschiedener Leistungsträger und auch der Gesetzgebungskompetenzen von Bund und Land, Hilfeleistungen nur im Rahmen der Gesetzgebungszuständigkeit des Freistaates Bayern in einem Landesgesetz geregelt werden könnten. Die Finanzierung der Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen wird durch Leistungsträger erbracht (z. B. Krankenkassen, Sozialhilfeträger, Bundesagentur für Arbeit), bezüglich deren Leistungen der Landesgesetzgeber keine Gesetzgebungskompetenz hat. Unabhängig von Überlegungen für ein Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen für Menschen mit psychiatrischem Hilfebedarf wird das Staatsministerium für Gesundheit und Pflege wie bereits bisher im kontinuierlichen Dialog mit dem Expertenkreis Psychiatrie Möglichkeiten zur weiteren Verbesserung der Versorgung psychisch Kranker in Bayern im derzeit gesetzlich vorgegebenen Rahmen ausloten. 7. Welche Maßnahmen zur Fort- und Weiterbildung des Personals in Unterbringungseinrichtungen werden getroffen, welche zur Qualifizierung von Ärzten, die Prognosegutachten erstellen? Die Verantwortung für die Fort- und Weiterbildung des Personals in Unterbringungseinrichtungen liegt ausschließlich bei den Trägern dieser Einrichtungen. Das Fort- und Weiterbildungsangebot ist sehr differenziert und umfangreich. Im Mittelpunkt der Qualifizierung von Ärzten im Bereich der forensischen Psychiatrie stehen das von der Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN ) vergebene Zertifikat „Forensische Psychiatrie“ und der Schwerpunkt „Forensische Psychiatrie“ des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie nach der Weiterbildungsordnung für die Ärzte Bayerns. Der Erwerb des Zertifikats der DGPPN ist an strenge Voraussetzungen geknüpft (insbesondere Facharztanerkennung, 240 Stunden theoretische Ausbildung, Nachweis von mindestens 70 eigenen, supervidierten psychiatrischen Gutachten, 1 Jahr klinische Fortbildung). Die Voraussetzungen für die Weiterbildung zum Schwerpunktarzt stimmen zwar nicht vollständig mit denen zum Erwerb des Zertifikats überein, jedoch ist auch hier eine vergleichbare, hohe Qualität gewährleistet. 8. Gibt es Planungen, die forensischen Nachsorgeeinrichtungen auszubauen? Seit 01.01.2009 bestehen an 13 Maßregelvollzugseinrichtungen in Bayern forensisch-psychiatrische Ambulanzen, die eine Nachsorge insbesondere von vormals aufgrund der §§ 63 und 64 StGB im psychiatrischen Maßregelvollzug untergebrachten Personen sicherstellen und deren Kosten vom Freistaat Bayern erstattet werden. Für die Einrichtung weiterer forensisch-psychiatrischer Ambulanzen besteht kein Bedarf. Alle Personen, welche die Voraussetzungen für die Aufnahme in einer forensisch-psychiatrischen Ambulanz erfüllen, können dort auch behandelt werden.