Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Markus Ganserer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 25.03.2015 Trassenpreissystem der DB Netz AG ab Dezember 2016 Die DB Netz AG plant für Dezember 2016 die Einführung eines neuen Trassenpreissystems (TPS 2017). Die zukünftige Entgeltstruktur für die Trassenpreisbildung wird durch Entgeltgrundsätze der Richtlinie 2012/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. November 2012 zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums vorgegeben. Die DB Netz AG hat ein Grundkonzept für das TPS 2017 erarbeitet, über das im Rahmen eines Marktkonsultationsverfahrens bis März 2015 alle Zugangsberechtigten informiert werden sollen. Das TPS 2017 hat unmittelbare Auswirkungen auf den vom Freistaat bestellten Schienenpersonennahverkehr (SPNV). Trassenpreise machen einen erheblichen Anteil der Bestellentgelte für den SPNV aus. Der SPNV trägt zu ca. 65 Prozent zu den gesamten Trassenentgelten der DB Netz AG bei. Das TPS 2017 unterstellt eine scheinbar „unendliche” Tragfähigkeit des SPNV. In diesem Zusammenhang frage ich die Staatsregierung: 1. Wie beurteilt die Staatsregierung den Umstand, dass zwar an einem neuen Trassenpreissystem gearbeitet wird, über die Revision der Regionalisierungsmittel keine Einigkeit herrscht und ein Gesetz zur Neuordnung der Regulierung im Eisenbahnbereich bisher fehlt? 2. Inwieweit ist nach Auffassung der Staatsregierung sichergestellt , dass eine mangelnde Tragfähigkeit im Schienenpersonenfernverkehr und im Schienengüterverkehr nicht zu zusätzlichen Belastungen im Schienenpersonennahverkehr durch das TPS 2017 führt? 3. Inwieweit teilt die Staatsregierung die Auffassung, dass für den SPNV keine echte Tragfähigkeit ermittelt werden kann, da nur ein Teil der Einnahmen aus Fahrgeldern entsteht und insbesondere in Ballungsräumen durch Verbundstrukturen Fahrgeldsteigerungen nur anteilig dem SPNV zugeschrieben werden? 4. Wie beurteilt die Staatsregierung die Definition „Metropolverkehr ” anhand, Fahrgastzahlen an einzelnen Stationen und Entfernungen im TPS 2017? 5. Inwieweit schafft das TPS 2017 nach Auffassung der Staatsregierung Anreize für Mehrverkehr, wenn Zusatzbestellungen gemäß TPS 2017 annähernd zu Vollkosten erfolgen sollen? 6. Inwieweit führt das Untersegment „Metropolverkehr” im TPS 2017 nach Auffassung der Staatsregierung zu einer deutlichen Mehrbelastung der Ballungsräume, wo Mehrbestellungen eigentlich notwendig sind? 7. Inwieweit sieht die Staatsregierung die Gefahr, dass bei zu niedriger Gesamtausstattung mit Regionalisierungsmitteln im ländlichen Raum überproportional Zugkilometer abbestellt werden müssen, um Zusatzverkehre im Ballungsraum zu ermöglichen? 8. Wie beurteilt die Staatsregierung den derzeitigen Stand der Revision der Regionalisierungsmittel? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 06.05.2015 1. Wie beurteilt die Staatsregierung den Umstand, dass zwar an einem neuen Trassenpreissystem gearbeitet wird, über die Revision der Regionalisierungsmittel keine Einigkeit herrscht und ein Gesetz zur Neuordnung der Regulierung im Eisenbahnbereich bisher fehlt? Der Umstand, dass die Themenkomplexe Trassenpreissystem (TPS), Regionalisierungsmittel und Regulierung zeitlich parallel zu entscheiden sind, eröffnet die Chance, dass eine auskömmliche und langfristig verlässliche Finanzierung des SPNV unter Berücksichtigung aller relevanten Einflussfaktoren erreicht werden kann. Letztlich müssen auch Weiterentwicklungen bei den Infrastrukturkosten von der Mittelausstattung der Länder abgedeckt sein. 2. Inwieweit ist nach Auffassung der Staatsregierung sichergestellt, dass eine mangelnde Tragfähigkeit im Schienenpersonenfernverkehr und im Schienengüterverkehr nicht zu zusätzlichen Belastungen im Schienenpersonennahverkehr durch das TPS 2017 führt? Für die Staatsregierung ist entscheidend, dass die künftige Höhe der Regionalisierungsmittel und die jährliche Dynamisierung so festgelegt werden, dass alle auch künftigen Steigerungen der Gebühren und Änderungen der Entgeltsysteme der bundeseigenen Infrastrukturunternehmen in einer Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 17.06.2015 17/6573 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/6573 Weise berücksichtigt werden, dass Erhöhungen dieser Entgelte nicht zu Abbestellungen von Zügen führen, sondern dass die Länder dauerhaft in die Lage versetzt werden, eine nachfragegerechte Ausweitung von Zugleistungen und Kapazitäten vorzunehmen. Das finanzielle Risiko der Änderung der Infrastrukturnutzungsentgelte darf nicht bei den Ländern bleiben. 3. Inwieweit teilt die Staatsregierung die Auffassung, dass für den SPNV keine echte Tragfähigkeit ermittelt werden kann, da nur ein Teil der Einnahmen aus Fahrgeldern entsteht und insbesondere in Ballungsräumen durch Verbundstrukturen Fahrgeldsteigerungen nur anteilig dem SPNV zugeschrieben werden? Nach Auffassung der Staatsregierung können letztlich nur Eisenbahnverkehrsunternehmen Märkte und ihre Tragfähigkeit solide beurteilen, da nur sie über die dazu notwendigen Erlös- und Verkehrsdaten verfügen. Letztlich wird mit der Tragfähigkeit auf die auf einem bestimmten Netzbereich erzielbaren Fahrgelderlöse abgestellt, die aber beim Verkehrsunternehmen und nicht beim Infrastrukturbetreiber anfallen . Der Ansatz, Eisenbahninfrastrukturunternehmen die Markttragfähigkeit beurteilen zu lassen, wird deshalb kritisch gesehen. 4. Wie beurteilt die Staatsregierung die Definition „Metropolverkehr ” anhand der Fahrgastzahlen an einzelnen Stationen und Entfernungen im TPS 2017? Die Definition von Metropolverkehren anhand von Fahrgastzahlen schafft keinen Anreiz, Fahrgastzahlen zu erhöhen , da höhere Fahrgastzahlen zu höheren Infrastrukturnutzungsentgelten führen und so kontraproduktiv sind. Die Definition nach Entfernungen entspricht nicht den nach Gesichtspunkten der Landesplanung definierten Metropolregionen . Hier wäre eine einheitliche Verwendung des Begriffes „Metropolregion“ sinnvoll. 5. Inwieweit schafft das TPS 2017 nach Auffassung der Staatsregierung Anreize für Mehrverkehr, wenn Zusatzbestellungen gemäß TPS 2017 annähernd zu Vollkosten erfolgen sollen? Die EU hat als Untergrenze für die Höhe der Trassenpreise die Marginalkosten festgelegt, was dem hohen Fixkostenanteil der Eisenbahninfrastrukturen gerecht wird. Kilometerabhängige Trassenpreise für Mehrleistungen, die über den Marginalkosten liegen, führen damit automatisch dazu, dass Verkehrsunternehmen und Aufgabenträger bei Mehrverkehren mit Ausgaben belastet werden, denen aufseiten des Infrastrukturbetreibers keine Kosten gegenüberstehen. Damit werden Mehrverkehre unnötig verteuert. 6. Inwieweit führt das Untersegment „Metropolverkehr” im TPS 2017 nach Auffassung der Staatsregierung zu einer deutlichen Mehrbelastung der Ballungsräume, wo Mehrbestellungen eigentlich notwendig sind? In Bayern steigt die Nachfrage im SPNV landesweit um durchschnittlich 3 bis 4 % im Jahr, wobei in der Fläche die prozentuale, in Ballungsräumen die absolute Steigerung höher liegt. Mehrbestellungen sind daher sowohl in der Fläche als auch in den Ballungsräumen notwendig. In einem Flächenland wie Bayern könnten sich daher die Effekte günstigerer Preise in der Fläche und höherer Preise in den Ballungsräumen insgesamt in etwa ausgleichen. Sehr viel kritischer im Sinne notwendiger Mehrbestellungen sieht die Staatsregierung die Wirkung einer kilometerabhängigen Umlegung von Fixkosten auf die Trassenpreise, wie bereits in der Antwort zu Frage 5 erläutert wurde. 7. Inwieweit sieht die Staatsregierung die Gefahr, dass bei zu niedriger Gesamtausstattung mit Regionalisierungsmitteln im ländlichen Raum überproportional Zugkilometer abbestellt werden müssen, um Zusatzverkehre im Ballungsraum zu ermöglichen? Die Staatsregierung sieht die Gefahr, dass eine zu geringe Gesamtausstattung der Länder mit Regionalisierungsmitteln zu Abbestellungen im ländlichen Raum und wegen unterbleibender Infrastrukturmaßnahmen zu Kapazitätsengpässen in den Ballungsräumen führen wird. 8. Wie beurteilt die Staatsregierung den derzeitigen Stand der Revision der Regionalisierungsmittel? Die Staatsregierung nimmt mit Besorgnis zur Kenntnis, dass der Bund bislang nicht bereit ist, im Sinne der gesetzlich vorgesehenen Revision bereits ab 1. Januar 2015 eine auskömmliche und langfristig verlässliche Ausstattung der Länder mit zweckgebundenen Mitteln für den SPNV sicherzustellen , sondern die Diskussion hierüber im Rahmen des Bund-/Länder-Finanzausgleichs führen will. Umso wichtiger ist es, dass auf Länderebene ein Konsens hinsichtlich Höhe und Verteilung der langfristig erforderlichen Mittelausstattung erreicht wurde und ein entsprechender Gesetzesentwurf vorliegt.