Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Horst Arnold SPD vom 31.03.2015 Forschungsprojekt zur Untersuchung des Gefährdungspotenzials von Roundup mit dem Wirkstoff Glyphosat Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Ist es korrekt, dass in Weihenstephan ein Bundesforschungsprojekt zum Thema Glyphosat durchgeführt wird? b) Falls ja, welches Ziel verfolgt die Studie? c) Unterstützt der Freistaat die Studie finanziell bzw. mit Ressourcen in Weihenstephan? 2. a) Wie beurteilt die Staatsregierung den Wirkstoff Glyphosat ? b) Welche gesundheitlichen Gefahren werden beim Einsatz des Wirkstoffs befürchtet? c) Wann läuft die Zulassung des Wirkstoffs auf EU-Ebene aus? 3. a) Ist eine Auswaschung des Wirkstoffs bzw. dessen Abbauprodukte ins Grundwasser zu befürchten? b) Welche gesundheitlichen Gefahren gehen von einem „Abspritzen” des Getreides vor der Ernte zur Ernteerleichterung aus? 4. a) Wird eine Verlängerung der Zulassung seitens der Staatsregierung als sinnvoll erachtet? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 11.05.2015 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit den Staatsministerien für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie für Gesundheit und Pflege wie folgt beantwortet: 1. a) Ist es korrekt, dass in Weihenstephan ein Bundesforschungsprojekt zum Thema Glyphosat durchgeführt wird? Am Standort Weihenstephan wird von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft kein Bundesforschungsprojekt zum Thema Glyphosat durchgeführt. b) Falls ja, welches Ziel verfolgt die Studie? Entfällt. c) Unterstützt der Freistaat die Studie finanziell bzw. mit Ressourcen in Weihenstephan? Entfällt. 2. a) Wie beurteilt die Staatsregierung den Wirkstoff Glyphosat? Der Wirkstoff Glyphosat befindet sich aktuell noch im Neubewertungsverfahren auf EU-Ebene. Berichterstattender Mitgliedstaat innerhalb der EU ist Deutschland. Das zuständige Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hat bereits Ende des Jahres 2013 den Entwurf eines Bewertungsberichts für den Wirkstoff Glyphosat an die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) übermittelt. Zwischenzeitlich erfolgten zusätzliche Ergänzungen durch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Für die Länder bestehen im Rahmen des Neubewertungsverfahrens keine Zuständigkeiten. So liegen auch den Ländern die dem BVL-Bericht zugrunde liegenden Studien und Erkenntnisse nicht vor. Es obliegt daher zunächst den zuständigen Entscheidungsgremien auf EU-Ebene, Glyphosat im Rahmen der EU-Wirkstoffprüfung – unter Einbezug der aktuell zur Diskussion stehenden Einstufung durch die Internationale Agentur für Krebsforschung der WHO (IARC) – abschließend zu bewerten. b) Welche gesundheitlichen Gefahren werden beim Einsatz des Wirkstoffs befürchtet? Das BfR hat im EU-Genehmigungsverfahren den revidierten Bewertungsbericht (Assessment Report) zur gesundheitlichen Bewertung erstellt und am 1. April 2015 dem BVL zur Weiterleitung an die EFSA übersandt. Laut BfR ergibt sich kein Hinweis auf eine krebserzeugende, reproduktions- oder fruchtschädigende Wirkung durch Glyphosat bei Versuchstieren . An akuten Wirkungen wurden Augen- und Atemwegsreizungen , hingegen keine Sensibilisierungen beobachtet. Bei wiederholten Verabreichungen in hohen Dosierungen Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 17.06.2015 17/6589 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/6589 traten im Tierversuch Veränderungen in Leber- und Speicheldrüsen sowie schleimhautreizende Effekte im MagenDarm -Trakt und in der Harnblase auf. Im März 2015 hat die IARC entgegen der Auffassung des WHO/FAO Joint Meeting on Pesticide Residues (JMPR) und des BfR Glyphosat als Kanzerogen der Gruppe 2A (wahrscheinlich krebserzeugend für den Menschen) eingestuft. Die Einstufung basiert auf Expositionsstudien aus den USA, Kanada und Schweden, in denen ein statistischer Zusammenhang zwischen einer Glyphosatexposition und einem erhöhten Risiko für Non-Hodgkin-Lymphome beobachtet wurde. Nach Angaben des BfR konnte dieser Zusammenhang in weiteren Studien nicht bestätigt werden. Das BfR hat eine erneute Überprüfung aller vorliegenden epidemiologischen Studien einschließlich der von der IARC geprüften Studien eingeleitet und wird die vorliegenden Erkenntnisse zu kanzerogenen Eigenschaften nochmals überprüfen . Der Bewertungsprozess von Glyphosat auf EU-Ebene ist derzeit noch nicht abgeschlossen. Nach Auffassung der Staatsregierung ist eine abschließende gesundheitliche Bewertung erst nach Vorlage des finalen Abschlussberichts der IARC möglich. c) Wann läuft die Zulassung des Wirkstoffs auf EUEbene aus? Die Registrierung von Glyphosat im Rahmen der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG des Rates läuft turnusmäßig zum 31. Dezember 2015 aus. Das Wiederzulassungsverfahren wird betrieben. 3. a) Ist eine Auswaschung des Wirkstoffs bzw. dessen Abbauprodukte ins Grundwasser zu befürchten? Im Rahmen des staatlichen landesweiten Grundwassermonitorings finden seit dem Jahr 2007 auch Untersuchungen des Grundwassers auf den Pflanzenschutzmittel(PSM)- Wirkstoff Glyphosat statt. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen geben bisher keine Hinweise auf eine bedeutende Belastung des Grundwassers mit diesem Stoff. Lediglich in einzelnen Grundwassermessstellen konnte Glyphosat in geringen Konzentrationen nachgewiesen werden. Werte oberhalb des gemäß Grundwasserverordnung geltenden Schwellenwertes von 0,1 μg/l wurden dabei bisher nicht festgestellt. Vor dem Hintergrund, dass Glyphosat zu den am häufigsten eingesetzten PSM-Wirkstoffen zählt, wird die Überwachung des Grundwassers auf Glyphosat weiter fortgeführt. Im Boden wird Glyphosat zu AMPA (Aminomethylphosphonsäure ) abgebaut, das als nicht relevanter Metabolit (nrM) eingestuft ist. Neben der hohen Mineralisierungsrate wird Glyphosat in der obersten Bodenzone durch Sorption schnell fixiert. Auch durch Simulationsrechnungen konnte die geringe Mobilität im Boden bestätigt werden, so dass weder für den Wirkstoff Glyphosat noch für den Metaboliten AMPA mit Einträgen über 0,1 μg/l in das Grundwasser zu rechnen ist. b) Welche gesundheitlichen Gefahren gehen von einem „Abspritzen” des Getreides vor der Ernte zur Ernteerleichterung aus? Wie für andere Pflanzenschutzmittel sind von der Europäischen Kommission auch für den Wirkstoff Glyphosat Rückstandshöchstgehalte in Lebensmitteln festgelegt. Die Höchstgehalte berücksichtigen sowohl die geltenden toxikologischen Bewertungen als auch die Vorgaben zur guten landwirtschaftlichen Praxis gemäß dem ALARA-Prinzip („As Low As Reasonably Achievable“, englisch für „so niedrig wie vernünftigerweise erreichbar“). Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit hat im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung in den Jahren 2013 und 2014 Lebensmittel aus der Gruppe der Gemüse, Hülsenfrüchte, Getreide und Getreideprodukte, sowie Säuglings- und Kleinkindernahrung auf Rückstände des Pflanzenschutzmittelwirkstoffs Glyphosat untersucht. Insgesamt wurden nur in neun der 275 untersuchten Lebensmittelproben, darunter 161 Proben an Getreide und Getreideprodukten, Glyphosatrückstände in geringen Spuren, weit unter dem zulässigen Rückstandshöchstgehalt , nachgewiesen. Das BVL hat im Jahr 2014 neue Anwendungsbestimmungen für Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Glyphosat festgesetzt. Sie begrenzen den Wirkstoffaufwand pro Jahr und präzisieren die zugelassenen Spätanwendungen in Getreide. Die Anwendung zur Sikkation ist hierbei nur dort erlaubt, wo das Getreide ungleichmäßig abreift und eine Beerntung ohne Behandlung nicht möglich ist, nicht jedoch zur Steuerung des Erntetermins oder Optimierung des Druschs. Bei sachgemäßer Anwendung von Glyphosat sind keine gesundheitlichen Gefährdungen zu befürchten. 4. a) Wird eine Verlängerung der Zulassung seitens der Staatsregierung als sinnvoll erachtet? Voraussetzung für die Verlängerung der Zulassung von glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln ist u. a., dass der Wirkstoff auf EU-Ebene positiv bewertet wird (s. Antwort zu den Fragen 2 a und 2 b. Zulassungen in den Mitgliedstaaten sind ggf. mit den entsprechenden Auflagen und Anwendungsbestimmungen zu versehen, um mögliche Risiken für Mensch, Tier und Umwelt zu vermeiden. Die Verbraucherschutzministerkonferenz hat am 8. Mai 2015 beschlossen, den Bund aufzufordern, auf Basis der neuen Bewertung der WHO zu Glyphosat als wahrscheinlich krebserzeugend für den Menschen (Gruppe 2A) aus Vorsorgegründen die Abgabe an und die Anwendung durch Privatpersonen zu verbieten.