Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Prof. Dr. Peter Paul Gantzer SPD vom 07.04.2015 Kostenexplosion bei Autobahnanschlussstelle Aschheim /Ismaning Wie die Autobahndirektion Südbayern dem Landkreis München mitteilte, soll die Verlegung der Autobahnanschlussstelle Aschheim/Ismaning von der B471 zur Kreisstraße M3 statt der veranschlagten 25,4 Millionen jetzt 44,4 Millionen kosten, was den Kostenanteil des Landkreises von 3,97 Millionen auf 6,9 Millionen steigen ließe. Ich frage die Staatsregierung: 1. Ist vorstehender Sachverhalt richtig, und bejahendenfalls : worauf ist diese fast 60%ige Kostenerhöhung zurückzuführen ? 2. Weswegen sind die angeführten Gründe nicht bei den ursprünglichen Planungen untersucht und berücksichtigt worden? 3. Wer ist dafür verantwortlich? 4. Ist mit weiteren Kostensteigerungen zu rechnen? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 06.05.2015 1. Ist vorstehender Sachverhalt richtig, und bejahendenfalls : worauf ist diese fast 60%ige Kostenerhöhung zurückzuführen? Der Sachverhalt ist zutreffend. Die erhebliche Kostenerhöhung hat im Wesentlichen nachfolgende Ursachen: • Steigerung der Grunderwerbspreise Die Grunderwerbspreise im Großraum München erhöh- ten sich in den letzten Jahren enorm. Konnte 2008 noch von einem Grundstückspreis von durchschnittlich 15 €/m² ausgegangen werden, liegen die Grundstückspreise aktuell bei bis zu 35 €/m². Die Kostensteigerung hieraus beträgt rund 3,7 Mio. €. • Kostenmehrungen durch zwischenzeitliche Änderungen in Regelwerken Seit Erstellung des Vorentwurfes 2008 wurden durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) technische Richtlinien geändert bzw. Regelwerke neu eingeführt, die bei der Bauausführung berücksichtigt werden müssen. Zu nennen ist in diesem Zusammenhang insbesondere: – Höhere Sicherheitsstandards z. B. im Bereich der passiven Schutzeinrichtungen und der Beschilderung führten zu Mehrkosten von rund 1,9 Mio. €. – Die ursprünglich geplante Verbreiterung des bestehenden Überführungsbauwerkes der M3 über die A 99 konnte nicht umgesetzt werden, da mit der Einführung der Eurocodes höhere Verkehrslasten für ein Bauwerk anzusetzen sind. Das Bestandsbauwerk hätte die Lasten nicht ohne Verstärkungsmaßnahmen aufnehmen können. Die weiteren Untersuchungen haben gezeigt, dass die notwendigen Verstärkungsmaßnahmen im Bestand gegenüber dem dann erfolgten Neubau nicht wirtschaftlich gewesen wären. Neben den reinen Mehrkosten infolge des Neubaus wurde zudem eine provisorische Verlegung der Kreisstraße M3 erforderlich , damit der Verkehr auf ihr während des Baus aufrechterhalten werden konnte. Dadurch entstanden Mehrkosten von 4,5 Mio. €. • Erdarbeiten Einem Gutachten aus dem Jahr 2005 folgend war ein Kampfmittelverdacht auszuschließen. Eine Überprüfung des Gutachtens im Zuge der Bauvorbereitung konnte diese Einschätzung nicht bestätigen, sodass Kampfmittelsondierungen im gesamten Baufeld erforderlich wurden. Der Verdacht wurde durch den Fund einer 250-kg-Bombe bestätigt. Im Zuge der Erdarbeiten wurden zudem Altlasten vorgefunden, welche bei der Erstellung des Vorentwurfes nicht bekannt waren. Bei der Erstellung der Gründungsgutachten für die Brücken wurden Torfeinlagerungen im Baufeld nördlich der A 99 vorgefunden. Zur Vermeidung von Setzungen wurde ein Bodenaustausch bis zu 2 m Tiefe erforderlich, was zu einer Massenmehrung führte. Die Mehrkosten betragen 2,4 Mio. €. • Verkehrsführung und Provisorien Aufgrund der hohen Verkehrsbedeutung und Verkehrs- belastung der A 99 durfte und darf die Leistungsfähigkeit der A 99 durch die Bauarbeiten so wenig wie möglich eingeschränkt werden. So konnte beispielsweise der Standstreifen längere Zeit nicht für die Bauarbeiten genutzt werden, weil dieser v. a. zu Berufsverkehrszeiten als vierter Fahrstreifen temporär für den allgemeinen Verkehr zur Verfügung stehen muss (sog. temporäre Seitenstreifenfreigabe ). Zudem wurden unter Berücksichtigung der Anforderungen der Richtlinien für passive Schutzeinrichtungen wesentlich umfangreichere und aufwendigere Verkehrssicherungsmaßnahmen im Zuge der A 99 erforderlich , als bei Entwurfsaufstellung 2008 kalkuliert. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 17.06.2015 17/6596 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/6596 Die Mehrkosten hieraus betragen rund 2,4 Mio. €. • Sonstiges Seit der Erstellung des Vorentwurfes 2008 bis heute sind rund 7 Jahre vergangen. Gemäß Baupreisindex sind die Kosten für Bauleistungen in diesem Zeitraum um rund 15 % gestiegen. Im Zuge des Planfeststellungsverfahrens wurde zudem einer Forderung des Bayerischen Bauernverbands entsprochen und südlich der neuen Anschlussstelle ein zusätzliches Bauwerk zur Wiederherstellung des untergeordneten Wegenetzes vorgesehen. Auch sind Mehrkosten für umfangreichere Rodungsarbeiten sowie archäologische Untersuchungen entstanden . Die Mehrkosten hieraus ergeben sich zu rund 4,1 Mio. €. 2. Weswegen sind die angeführten Gründe nicht bei den ursprünglichen Planungen untersucht und berücksichtigt worden? Beim Ansatz der Preise im Vorentwurf wird das jeweils aktuelle Preisniveau berücksichtigt, da zum Zeitpunkt der Vorentwurfserstellung noch nicht absehbar ist, wann tatsächlich gebaut werden kann (z. B. nicht absehbare Dauer von Genehmigungsverfahren ). Eine Kostensteigerung in der Höhe des Baupreisindexes ist daher im Regelfall unvermeidbar. Die Steigerung der Grunderwerbskosten war in diesem Maß bei der Erstellung des Vorentwurfes nicht absehbar, ebenso die Kostensteigerungen aus der Änderung von anzuwendenden Richtlinien und rechtlichen Grundlagen. Bei den Erdarbeiten hätten zusätzliche Untersuchungen möglicherweise bereits zum Vorentwurf gezeigt, dass Alt- lasten vorhanden sind und Bodenaustausch notwendig ist. Jedoch können z. B. Einlagerungen von Torf und auch Altlasten trotz im Vorfeld einer Baumaßnahme durchgeführter sorgfältiger Untersuchungen erfahrungsgemäß im Einzelfall unentdeckt bleiben, da eine Baugrunduntersuchung immer punktuell durchgeführt wird und sich die tatsächlichen Verhältnisse im Detail durchgängig erst im Zuge der Baumaßnahme selbst zeigen. Analog gilt dies für archäologische Funde. Die Baustellenverkehrsführung gestaltete sich wesentlich kostenaufwendiger, weil sich seit der Vorentwurfsaufstellung die Sicherheitsanforderungen im Baustellenbereich und der Umfang der Vorkehrungen gegen baustellenverursachte Verkehrsstaus auf der Autobahn maßgeblich erhöht haben. Vom Maßnahmenträger ohne Gefährdung der Gesamtmaßnahme nicht entscheidend beeinflussbar sind auch Auflagen im Zuge des Genehmigungsverfahrens, mit denen Forderungen Betroffener durch die Genehmigungsbehörde berücksichtigt werden und die zu Mehrkosten führen, wie hier der Bau eines zusätzlichen Bauwerkes im Interesse der Landwirtschaft. 3. Wer ist dafür verantwortlich? Der wesentliche Teil der Kostenmehrungen ist durch die Änderungen von Randbedingungen entstanden, die bei der Vorentwurfsbearbeitung nicht absehbar waren, wie vorstehend dargestellt. 4. Ist mit weiteren Kostensteigerungen zu rechnen? Es ist nicht mit weiteren Kostensteigerungen zu rechnen.