Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Hans-Ulrich Pfaffmann, Susann Biedefeld SPD vom 21.04.2015 Nachfrage zum Bericht der Staatsregierung über das CETA-Verhandlungsergebnis Wir fragen die Staatsregierung: 1. a) Aus welchen Gründen wurde die ursprüngliche Präferenz der EU-Kommission für einen Positivlistenansatz in CETA zugunsten einer Negativliste aufgegeben? b) Hat sich die Staatsregierung im Rahmen des engen Austausches mit dem Bundeswirtschaftsministerium betreffend das Dienstleistungskapitel in CETA (Drs. 17/4621) für einen Negativlistenansatz ausgesprochen ? 2. Gibt es seitens der Staatsregierung Vorschläge ge- genüber dem zuständigen Bundesministerium und/ oder der EU-Kommission für Nachverhandlungen am bestehenden CETA-Vertragsentwurf? 3. a) Wie beurteilt die Staatsregierung den Ausbau der wirt- schaftlichen Beziehungen zu Kanada und den USA im Kontext des steigenden Exportüberschusses Deutschlands ? b) Welche Auswirkungen sind nach Einschätzung der Staatsregierung infolge der Freihandelsabkommen CETA und TTIP für den Binnenhandel in der Europäischen Union und für Drittstaaten zu erwarten? c) Wo sieht die Staatsregierung die laut eigenen Angaben „noch nicht genutzten Potenziale“ (Drs. 17/4621) für Bayern durch eine Intensivierung der wirtschaftlichen Beziehungen mit Kanada, die ohne ein CETAAbkommen nicht ausgeschöpft werden könnten? 4. In welchen Textpassagen des CETA-Vertragsentwur- fes werden Nachhaltigkeit und Arbeitnehmerrechte gesichert? 5. a) Um welche Spezialitäten handelt es sich im Einzelnen bei den „fast 200 europäischen regionalen Spezialitäten “ (Drs. 17/4621), die im Rahmen des CETA-Vertragsentwurfes geschützt sind? b) Trifft es zu, dass sich im konsolidierten CETA-Vertragsentwurf lediglich fünf geschützte bayerische Erzeugnisse unter den geschützten europäischen regionalen Spezialitäten befinden (Drs. 17/4621)? c) Hält die Staatsregierung das für ausreichend? 6. Welche Bereiche sind im Einzelnen darunter zu ver- stehen, wenn die Staatsregierung erklärt, die Ausnahmeregel für sog. public utilities decke „alle Bereiche ab, die in Deutschland unter „Daseinsvorsorge“ verstanden werden“ (Drs. 17/4621)? 7. a) Was sind laut CETA-Abkommen „sensible“ landwirt- schaftliche Produkte, bei denen Zölle und Quoten verbleiben ? b) Was sind laut CETA-Abkommen „sensible“ Dienstleistungen , die nicht liberalisiert werden? Antwort des Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie vom 18.05.2015 Die Schriftliche Anfrage wird in Abstimmung mit der Staatskanzlei , dem Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr wie folgt beantwortet: 1. a) Aus welchen Gründen wurde die ursprüngliche Präferenz der EU-Kommission für einen Positivlistenansatz in CETA zugunsten einer Negativliste aufgegeben? Nachdem Kanada in seinen Freihandelsabkommen regelmäßig einen Negativlistenansatz verwendet und auf diesen gedrängt hatte, hat die EU-Kommission in CETA letztendlich diesem Ansatz zugestimmt, da dieser technische Ansatz in Abkommen insbesondere zwischen hoch entwickelten OECD-Mitgliedstaaten zwischenzeitlich auch üblich ist. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass der Grad der Marktöffnung in einem Freihandelsabkommen nicht von der verwendeten Listenform abhängig ist. Mit einer Negativliste sind genauso weite oder enge Öffnungsverpflichtungen zu erzielen wie mit einer Positivliste. b) Hat sich die Staatsregierung im Rahmen des engen Austausches mit dem Bundeswirtschaftsministerium betreffend das Dienstleistungskapitel in CETA (Drs. 17/4621) für einen Negativlistenansatz ausgesprochen? Die Staatsregierung hat ebenso wie die Bundesregierung gegenüber der Europäischen Kommission darauf hingewiesen , dass für die Verpflichtungen im Dienstleistungsbereich in CETA ein Positivlistenansatz vorzugswürdig ist, da dieser der Struktur in dem bereits seit 1995 geltenden General Agreement on Trade in Services (GATS) im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) entspricht. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 26.06.2015 17/6720 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/6720 2. Gibt es seitens der Staatsregierung Vorschläge gegenüber dem zuständigen Bundesministerium und/oder der EU-Kommission für Nachverhandlungen am bestehenden CETA-Vertragsentwurf? Die Staatsregierung betrachtet CETA als wichtigen Bestandteil der transatlantischen Handelspolitik. Das erreichte Verhandlungsergebnis ist insgesamt positiv zu bewerten. Die Bayerische Staatsregierung strebt genauso wenig wie die Bundesregierung Nachverhandlungen an. Nachverhandlungen würden das gesamte Verhandlungsergebnis zur Disposition stellen. Allerdings strebt die Bundesregierung an, im Zuge der laufenden Rechtsförmlichkeitsprüfung noch einzelne Nachbesserungen durchzusetzen. Die Bayerische Staatsregierung steht hierzu in engem Kontakt mit der Bundesregierung und der EU-Kommission. Ein wesentliches Thema sind dabei Verbesserungen der Bestimmungen zu Investitionsschutz und Investor-Staat-Schiedsverfahren, die in Schreiben und politischen Gesprächen gegenüber der Bundesregierung, der EU-Kommission wie auch gegenüber der kanadischen Seite adressiert wurden. Ein weiteres Anliegen hat die Bayerische Staatsregierung gegenüber Bund, der EU-Kommission und auch Kanada eingebracht zur Nachbesserung im Kapitel „geografische Herkunftsangaben“. Es geht hier insbesondere um die Ausweitung des Schutzes der Bezeichnungen „Bayerisches Bier“ und „Münchner Bier“ auf die englische und französische Sprachversion. Inwieweit das im Rahmen einer Nachbesserung noch machbar ist, wird sich zeigen. (Siehe hierzu auch Antwort auf Frage 5 c.) 3. a) Wie beurteilt die Staatsregierung den Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen zu Kanada und den USA im Kontext des steigenden Exportüberschusses Deutschlands? Der Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen zu Kanada und den USA liegt in jedem Fall im Interesse Bayerns, seiner Unternehmen, Arbeitnehmer und Verbraucher. Bayern hat eine international sehr leistungsfähige Wirtschaft auch deshalb , weil die Unternehmen unseres Landes erfolgreich internationalen Handel treiben, und zwar sowohl in Form von Importen als auch von Exporten. Sie schaffen so Einkommen , mehr Auswahl für Verbraucher und gut bezahlte Arbeitsplätze . Der derzeitige Exportüberschuss Deutschlands hat nichts mit der Frage des Ausbaus der transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen zu tun. b) Welche Auswirkungen sind nach Einschätzung der Staatsregierung infolge der Freihandelsabkommen CETA und TTIP für den Binnenhandel in der Europäischen Union und für Drittstaaten zu erwarten ? Die Staatsregierung hat keine eigene Studie zu veränderten Handelsströmen durch CETA oder TTIP in Auftrag gegeben . Die Kernaussagen der Studie des ifo-Instituts im Auftrag der Bertelsmann Stiftung „Makroökonomische Effekte von TTIP“ von Juni 2013 (http://www.bertelsmann-stiftung. de/fileadmin/files/BSt/Presse/imported/downloads/xcms_ bst_dms_38052_38053_2.pdf), der ifo-Studie „Effekte von CETA auf Deutschland“ von Dezember 2014 (http://www. cesifo-group.de/de/ifoHome/publications/docbase/details. html?docId=19148107) und der ifo-Studie im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (Mögliche Auswirkungen von TTIP auf Ent- wicklungs- und Schwellenländer“ von Januar 2015 (https:// www.cesifo-group.de/portal/pls/portal/!PORTAL.wwpob_ page.show?_docname=1340526.PDF) lauten: • TTIP und CETA können zu handelspolitischen Effekten führen, die insgesamt positiv zu werten sind. Die Belebung des transatlantischen Handels und einzelne handelsumlenkende Effekte können dazu führen, dass der EU-Binnenhandel relativ hierzu zurückgehen könnte. Durch TTIP kann es insbesondere bei Drittländern durch eine mögliche Veränderung der Handelsströme Gewinner wie auch Verlierer geben. Insbesondere Länder, die besonders eng entweder mit den USA oder der EU handelspolitisch verflochten sind, können stärker betroffen sein (z. B. Mexiko, Kanada, Türkei). Möglichen negativen Handelsumlenkungseffekten sind Vorteile aus positiven Einkommenseffekten (zusätzliches Einkommen in der EU und den USA durch TTIP kann zu zusätzlicher Nachfrage nach Produkten aus Schwellen- und Drittländern führen ) und den Vorteilen aus einem einfacheren Zugang zu einem transatlantischen Markt (separate Prüfungen und Zertifizierungen bei Ausfuhren in die USA bzw. in die EU entfallen u. U.) entgegenzustellen. Alle bisherigen Studien kommen insgesamt zu nur geringen negativen Effekten für einzelne Sektoren in einigen wenigen Drittländern. • Für die materiellen Lebensbedingungen der Menschen sind weniger die Handelsströme relevant, sondern vielmehr die Entwicklung des realen Bruttoinlandsprodukts pro Kopf. USA, Kanada und die gesamte EU können Wohlfahrtsgewinne verzeichnen. ifo stellt dazu fest, dass die Welt als Ganzes von einem transatlantischen Freihandelsabkommen profitiert. Im Detail wird verwiesen auf die oben genannten ifo-Studien. c) Wo sieht die Staatsregierung die laut eigenen Angaben „noch nicht genutzten Potenziale“ (Drs. 17/4621) für Bayern durch eine Intensivierung der wirtschaftlichen Beziehungen mit Kanada, die ohne ein CETA-Abkommen nicht ausgeschöpft werden könnten? Die vorhandenen Potenziale sind noch nicht ausgeschöpft, da viele Unternehmen ihre Chancen noch gar nicht genutzt haben oder nutzen konnten, weil die bestehenden Handelsbeschränkungen ein wirtschaftliches Geschäft nicht ermöglicht haben: • Nicht nur der vereinbarte Zollabbau öffnet neue Potenzi- ale, sondern vor allem, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen, eine vereinfachte und transparenter ausgestaltete Zollabfertigung. Dies wird den bilateralen Handel erleichtern und die Transaktionskosten für Einführer und Ausführer senken. • Die doppelten Zertifizierungs- und Prüfverfahren stellen für viele, vor allem kleine und mittlere Unternehmen, echte Markteintrittsbarrieren dar, weil durch diese Zusatzkosten (können bis zu 20 Prozent betragen) die Produkte in Kanada nicht mehr zu wettbewerbsfähigen Preisen angeboten werden können. Mit einem gesonderten Protokoll wird nun durch CETA die Anerkennung der Konformitätsbewertung zwischen EU und Kanada verbessert. Vorgesehen ist ein Mechanismus, nach dem EU-Zertifizierungsstellen (bei gleichem Schutzniveau) gestattet wird, entsprechend den in Kanada geltenden Vorschriften und technischen Regelungen für den kanadischen Markt zu zertifizieren und umgekehrt. Drucksache 17/6720 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 • Öffentliche Ausschreibungen in Kanada waren bisher für europäische Unternehmen nicht zugänglich. Zum ersten Mal werden neben der Bundesebene in Kanada auch kanadische Provinzen, Territorien und Gemeinden einem ausländischen Partner aus der EU Zugang zu öffentlichen Aufträgen gewähren und damit weit über das hinausgehen, was Kanada im multilateralen Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen (Government Procurement Agreement, GPA) oder im Rahmen des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens NAFTA (North American Free Trade Agreement) angeboten hat. Das kanadische Angebot für den Zugang zu den Beschaffungsmärkten ist das umfangreichste, das Kanada bislang gegenüber einem Drittstaat, einschließlich der USA, unterbreitet hat. 4. In welchen Textpassagen des CETA-Vertragsentwurfes werden Nachhaltigkeit und Arbeitnehmerrechte gesichert? Sowohl die EU wie auch Kanada haben im Zusammenhang mit ihren modernen Freihandelsabkommen Bestimmungen zu Handel und Arbeit sowie Umweltbelangen ausgehandelt. Kanada verfolgte dabei bisher jedoch den Ansatz, gesonderte Nebenabkommen auszuhandeln, während die langjährige Praxis der EU darin besteht, diese Fragen in einen breiter gefassten Rahmen der nachhaltigen Entwicklung zu stellen, der einen integralen Bestandteil ihrer Freihandelsabkommen darstellt. In CETA konnte die EU Kanada überzeugen, diese beiden Themen unter den gemeinsamen Rahmen der nachhaltigen Entwicklung zu stellen und ambitionierte Regeln für arbeits- und umweltbezogene Aspekte aufzustellen. Gestützt auf den EU-Ansatz, enthält CETA in der Präambel die ausdrückliche Absicht der Vertragsparteien , nachhaltige Entwicklung zu fördern und das Schutzniveau im Bereich Arbeit und Umwelt zu heben. Substanzielle Bestimmungen sind in den Kapiteln Nachhaltige Entwicklung (CETA-Vertragstext ab Seite 371), Handel und Arbeit (CETA-Vertragstext ab Seite 376) und Handel und Umwelt (CETA-Vertragstext ab Seite 385) enthalten, Link zu Vertragstext : http://trade.ec.europa.eu/doclib/html/152806.htm. 5. a) Um welche Spezialitäten handelt es sich im Einzelnen bei den „fast 200 europäischen regionalen Spezialitäten“ (Drs. 17/4621), die im Rahmen des CETA-Vertragsentwurfes geschützt sind? Die Liste der durch Kanada geschützten geografischen Herkunftsangaben findet sich im Kapitel Geistiges Eigentum als Annex I – Teil A ab Seite 357 des CETA-Vertragstextes (Link zum Vertragstext: http://trade.ec.europa.eu/doclib/html/152806.htm). b) Trifft es zu, dass sich im konsolidierten CETA-Vertragsentwurf lediglich fünf geschützte bayerische Erzeugnisse unter den geschützten europäischen regionalen Spezialitäten befinden (Drs. 17/4621)? Vorab ist festzuhalten, dass CETA den Schutz der geografischen Herkunftsangaben in Europa nicht antastet. CETA führt nicht dazu, dass ein Produkt aus Kanada unter irgendeiner in der EU geschützten Herkunftsangabe in der EU verkauft werden darf. Dies gilt unabhängig davon, ob die betreffende Angabe in CETA im Annex I zum Kapitel Geistiges Eigentum genannt ist oder nicht. Mit CETA bleibt also der bestehende Schutz für alle in der EU geschützten Herkunftsangaben aus Bayern erhalten. Bei der Diskussi- on um geografische Herkunftsangaben in CETA handelt es sich allein um eine Ausweitung des in der EU bestehenden Schutzes auf den kanadischen Markt. Bisher bestand für die in Frage 5a erwähnten Angaben keinerlei Schutz in Kanada. Insgesamt handelt es sich um sechs geschützte bayerische geografische Herkunftsangaben (wobei für die Nürnberger Bratwurst zwei verschiedene Bezeichnungen genannt wurden), von insgesamt 14 deutschen (bzw. 12, wenn man doppelte Bezeichnungen berücksichtigt), die durch CETA geschützt werden. Insgesamt werden geografische Herkunftsangaben aus 14 EU-Mitgliedstaaten geschützt. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch darauf, dass das Abkommen zwischen der EU und Kanada über den Handel mit Wein und Spirituosen vom 13. September 2003 in CETA übernommen wird. Damit werden die bestehenden Vorschriften über den Schutz europäischer geografischer Herkunftsangaben für Wein (z. B. Franken) und für Spirituosen (z. B. Fränkisches Zwetschgenwasser) weitergeführt (siehe dazu CETA-Vertragstext ab Seite 13), Link zu Vertragstext : http://trade.ec.europa.eu/doclib/html/152806.htm. c) Hält die Staatsregierung das für ausreichend? Bei der Diskussion um den Schutz geografischer Herkunftsangaben in der Handelspolitik kann Bayern nur gewinnen. Denn der Schutz für Herkunftsangaben aus Bayern innerhalb der EU steht nicht zur Disposition – es kann nur um eine Ausweitung des Schutzes auf Drittstaaten gehen (vgl. Antwort auf Frage 5 b). Bayern würde es natürlich sehr begrüßen , wenn Staaten wie Kanada oder die USA den Schutz der europäischen geografischen Herkunftsangaben in ihren Märkten vollständig übernehmen würden. Weil sich der bisherige Status quo aber dahingehend verbessert, dass der Schutz für Europäische Angaben künftig nicht nur in Europa gilt, sondern – wenn auch nur teilweise – auf Kanada ausgeweitet wurde, hat die EU-Kommission für Europa, für Deutschland und auch für Bayern, einen echten Mehrwert ausgehandelt. Nachdem Kanada bei diversen der in Europa geschützten Angaben rechtliche Bedenken geltend gemacht hat und Konflikte mit der eigenen Wirtschaft befürchtete, musste sich die EU in enger Abstimmung mit den Schutzgemeinschaften auf die gegenüber Kanada durchsetzbaren und für den Export besonders bedeutsamen Herkunftsangaben konzentrieren. Kanada hat sich nach schwierigen Verhandlungen letztendlich in CETA damit einverstanden erklärt, dass die von Deutschland vorgeschlagenen 12 Angaben auf einem dem EU-Recht vergleichbaren Niveau in Kanada geschützt werden . Zusätzlich konnte mit Kanada ein eingeschränkter Schutz bei den beiden Bezeichnungen „Bayerisches Bier“ und „Münchner Bier“ vereinbart werden. Diese Bezeichnungen sind nur in deutscher Sprache geschützt, aber mit der vertraglichen Zusatzabsicherung, dass die englischen und französischen Bezeichnungen in Kanada nicht in einer Art und Weise verwendet werden dürfen, die eine bayerische oder Münchner Herkunft suggerieren. Positiv ist in diesem Zusammenhang auch die Zusage Kanadas zu bewerten, dass die Liste der geschützten Angaben in der Zukunft ergänzt werden kann. Insgesamt kann sich aus der gefundenen Lösung für europäische Erzeuger ein realer wirtschaftlicher Unterschied ergeben, was vor allem den in diesem Bereich tätigen kleinen und mittleren Unternehmen zugutekommen könnte. Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/6720 6. Welche Bereiche sind im Einzelnen darunter zu verstehen, wenn die Staatsregierung erklärt, die Ausnahmeregel für sog. public utilities decke „alle Bereiche ab, die in Deutschland unter „Daseinsvorsorge “ verstanden werden“ (Drs. 17/4621)? Die Regelung für sog. „public utilities“ in CETA deckt zunächst die Bereiche ab, die dort beispielhaft genannt sind. Der Wortlaut der im CETA verwendeten Klausel in Annex II zum Dienstleistungskapitel (CETA-Vertragstext Seite 1500, Link zum Text: http://trade.ec.europa.eu/doclib/html/152806. htm) entspricht der im GATS (General Agreement on Trade in Services im Rahmen der WTO) verwendeten und damit in internationalen Verträgen üblichen, langjährig bewährten Klausel: “In all EU Member States, services considered as public utilities at a national or local level may be subject to public monopolies or to exclusive rights granted to private operators . Public utilities exist in sectors such as related scientific and technical consulting services, R&D services on social sciences and humanities, technical testing and analysis services, environmental services, health services, transport services and services auxiliary to all modes of transport. Exclusive rights on such services are often granted to private operators, for instance operators with concessions from public authorities, subject to specific service obligations. Given that public utilities often also exist at the sub-central level, detailed and exhaustive sector-specific scheduling is not practical. This reservation does not apply to telecommunications and to computer and related services.” Die genannte Liste ist aber nur beispielhaft und nicht abschließend („such as“). Eine abschließende Definition würde nicht hinreichend die dynamische Entwicklung im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge berücksichtigen. Eine abschließende Definition der Daseinsvorsorge kann daher auch in CETA nicht im Interesse Bayerns und der bayerischen Kommunen sein. 7. a) Was sind laut CETA-Abkommen „sensible“ landwirtschaftliche Produkte, bei denen Zölle und Quoten verbleiben? Das Zollabbaupaket ist eines der umfangreichsten, das die EU jemals im Zusammenhang mit einem Freihandelsabkommen erreicht hat, vor allem im Hinblick auf den Wegfall von Zöllen bei Inkrafttreten des Abkommens. Insgesamt ist das Ergebnis ausgewogen und gegenseitig und bietet neue Möglichkeiten, während zugleich auf wichtige Sensibilitäten beider Seiten Rücksicht genommen wurde. Die EU wird 92,2 % ihrer Agrarzölle bei Inkrafttreten abschaffen . Nach 7 Jahren werden die Zölle für 93,8 % der Agrarlinien beseitigt sein. Bei den übrigen Linien geht es um: • sensible Erzeugnisse, für die ein Zollkontingent ange- boten wurde, das zwar einen Zollsatz von Null aufweist, aber mengenmäßig begrenzt ist (Rindfleisch, Schweinefleisch , Zuckermais in Dosen) und • sensible Erzeugnisse, die insgesamt vom Zollabbau ausgenommen wurden (Hühner- und Truthahnfleisch, Eier und Eiprodukte). Detaillierte Information hierzu sind zu finden im CETA-Vertragstext (Link zum Vertragstext: http://trade.ec.europa.eu/ doclib/html/152806.htm) im Kapitel Warenhandel ab Seite 26 und in der Zusammenfassung der Verhandlungsergebnisse (http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2015/february/ tradoc_153081.pdf) b) Was sind laut CETA-Abkommen „sensible“ Dienstleistungen , die nicht liberalisiert werden? Dabei handelt es sich um Dienstleistungen, bei denen Deutschland neue Marktöffnungsverpflichtungen nicht oder nur in beschränktem Umfang eingeht. Die entsprechenden Sektoren sind im Detail aufgelistet im CETA-Vertragstext (Link zum Vertragstext: http://trade.ec.europa.eu/doclib/html/152806.htm) a) entweder im Annex I zum Dienstleistungskapitel: Hier werden für bestimmte Dienstleistungssektoren be- stehende Beschränkungen beim Marktzugang (Begrenzung des Markts durch Quoten oder numerische Grenzen ) bzw. bei der Inländerbehandlung (Diskriminierung, Gleichbehandlung von In- und Ausländern) auf EU-Ebene , auf Ebene der EU-Mitgliedstaaten und in Deutschland auf Ebene der Bundesländer aufrechterhalten. Beschränkungen auf EU-Ebene (inkl. der Ebene der Mitgliedstaaten und in Deutschland der Bundesländer) sind im CETA-Vertragstext zu finden ab Seite 1204, Beschränkungen für Deutschland und die Bundesländer ab Seite 1327. Die Einzellistungen sind zu umfangreich, um sie hier im Detail aufzulisten. b) oder im Annex II zum Dienstleistungskapitel: Hier sind Dienstleistungssektoren aufgeführt, in denen sich die EU bzw. die Mitgliedstaaten und in Deutschland auch die Bundesländer einen politischen Handlungsspielraum auch für die Zukunft gesichert haben. In diesen Dienstleistungssektoren können die EU, die EUMitgliedstaaten und in Deutschland die Bundesländer bestehende Beschränkungen aufrechterhalten oder neue Beschränkungen einführen. Im Annex II, zu dem auch die Dienstleistungen der Daseinsvorsorge, das öffentliche Bildungswesen oder aber das öffentliche Gesundheitswesen zählen, gilt die sog. Sperrklinkenklausel („ratchet“) nicht. Gemeinden können insofern auch eine Rekommunalisierung privatisierter Aufgaben vornehmen. Beschränkungen auf EU-Ebene (inkl. der Ebene der Mitgliedstaaten und in Deutschland der Bundesländer) sind im CETA-Vertragsentwurf zu finden ab Seite 1500, Beschränkungen für Deutschland und die Bundesländer ab Seite 1572. Die Einzellistungen sind zu umfangreich, um sie hier im Detail aufzulisten.