Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Kerstin Celina BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 16.04.2015 Maßnahmen der intensivpädagogischen Erziehungshilfe im Ausland Bei Kindern und Jugendlichen mit besonders schweren Verhaltensauffälligkeiten oder bei jugendlichen Intensivstraftätern wird häufig als letztes Mittel eine Maßnahme der intensivpädagogischen Erziehungshilfe im Ausland vorgeschlagen. Der Bedarf der betroffenen Kinder und Jugendlichen an kompetenten erzieherischen und psychologisch -psychiatrischen Hilfen ist in der Regel enorm hoch. Die Qualität der sozialpädagogischen Betreuung und der therapeutischen Hilfen in diesen Maßnahmen nach §§ 27, 35 oder 41 SGB VIII führt immer wieder zu kontroversen Diskussionen. Einzelfälle werden regelmäßig in den Medien skandalisiert, wie zuletzt der Fall der 15-jährigen Anita in einer Reportage des ARD-Magazins Monitor. Vor diesem Hintergrund stellt sich Fragen nach den Kriterien für die Auswahl der Maßnahmeträger sowie nach der Kontrolle und Evaluation von Qualitätsstandards bei der Durchführung von intensivpädagogischen Erziehungshilfen im Ausland. Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung: 1. In welchem Umfang wurden in den letzten zehn Jahren von den bayerischen Jugendämtern Hilfen zur Erziehung für Kinder und Jugendliche nach §§ 27 und 35 SGB VIII als intensivpädagogische Maßnahme im Ausland durchgeführt (bitte aufschlüsseln nach Landkreisen und kreisfreien Städten)? a) In welchem Umfang wurden in den letzten zehn Jahren von den bayerischen Jugendämtern Hilfen zur Erziehung nach § 35 a SGB VIII für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche im Ausland durchgeführt (bitte aufschlüsseln nach Landkreisen und kreisfreien Städten )? b) In welchem Umfang wurden in den letzten zehn Jahren von den bayerischen Jugendämtern Hilfen zur Erziehung nach § 41 SGB VIII für junge Volljährige im Ausland durchgeführt (bitte aufschlüsseln nach Landkreisen und kreisfreien Städten)? 2. In welchen Fällen werden von den zuständigen Ju- gendämtern Hilfen zur Erziehung als intensivpädagogische Auslandsmaßnahme bewilligt und durchgeführt (bitte Entscheidungskriterien angeben)? a) Wie wird dem in §27 Abs. 2 SGB VIII enthaltenen Vorranggebot für Inlandsmaßnahmen Rechnung getragen ? b) Nach welchen Kriterien werden die Maßnahmeträger für intensivpädagogische Erziehungshilfen im Ausland ausgewählt (bitte auch pädagogische Konzepte angeben )? 3. Wie erfolgt eine Kontrolle der Qualität und eine Evalu- ation des Erfolgs von intensivpädagogischen Maßnahmen im Ausland durch die zuständigen örtlichen und überörtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe? a) Welche Instrumente der Qualitätssicherung und Kontrolle stehen den zuständigen Trägern der Jugendhilfe für Angebote im Ausland zur Verfügung? b) Wie erfolgt eine Überprüfung und Genehmigung der fachlichen Konzeption der Maßnahmeträger im Ausland ? 4. Anhand welcher Standards wird die Qualität von in- tensivpädagogischen Maßnahmen der Hilfe zur Erziehung beurteilt und ausgerichtet? a) Welche Kriterien gelten für die Qualifikation und die fachliche Begleitung der betreuenden (Fach-)Kräfte in den Maßnahmen der Hilfe zur Erziehung im Ausland? b) Wie wird die notwendige sozialpädagogische und psychologisch-therapeutische Hilfe und Betreuung der Kinder und Jugendlichen im Ausland sicher gestellt? 5. Wie viele Fälle von vorzeitigen Maßnahmeabbrüchen aus den letzten zehn Jahren sind der Staatsregierung bekannt? a) Wie häufig scheitern Maßnahmen der intensivpädagogischen Erziehungshilfe im Ausland (bitte Gründe angeben)? b) In welchen Fällen wird Maßnahmeträgern im Ausland die Genehmigung zur Durchführung weiterer intensivpädagogischer Angebote entzogen? 6. In welcher Form wird eine Beratung der betroffenen Kinder und ihrer Eltern über Chancen und Risiken dieser Form der Hilfe gewährleistet? a) Wie wird der unmittelbare Kontakt zwischen dem Kind oder Jugendlichen, seinen Eltern und dem Jugendamt während des Auslandsaufenthaltes sichergestellt? b) Wie wird im Rahmen des Hilfeplanverfahrens nach §36 SGB VIII eine Reintegration des jungen Menschen nach seinem Auslandsaufenthalt in ein stabiles Umfeld in Deutschland sichergestellt? 7. In welcher Form unterstützt das bayerische Landesju- gendamt die örtlichen Jugendhilfeträger bei der Information über und der Auswahl von Jugendhilfeangeboten im Ausland? a) Gibt es ein eigenes Informationsportal für Jugendhilfeangebote im Ausland und eine qualifizierte Beratung der örtlichen Jugendämter? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 26.06.2015 17/6756 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/6756 b) Wie erfolgt eine Kontrolle der Umsetzung der Empfehlungen des bayerischen Landesjugendhilfeausschusses zur Beurteilung der Qualität von Maßnahmen der Hilfen zur Erziehung im Ausland durch die örtlichen und überörtlichen Träger der Jugendhilfe? 8. Wie erfolgt die Finanzierung von Maßnahmen der in- tensivpädagogischen Erziehungshilfe im Ausland? a) Entstehen durch die Durchführung der Maßnahmen im Ausland für die Jugendämter zusätzliche Kosten? b) An welchen Leistungsentgelten und Tagessätzen ori- entiert sich die Finanzierung intensivpädagogischer Auslandsmaßnahmen? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 11.05.2015 Die Schriftliche Anfrage der Frau Abgeordneten Kerstin Celina wird – unter Einbeziehung von Daten des Bayerischen Landesamtes für Statistik und Datenverarbeitung sowie fachlicher Stellungnahmen des ZBFS – Bayerisches Landesjugendamt – wie folgt beantwortet: 1. In welchem Umfang wurden in den letzten zehn Jahren von den bayerischen Jugendämtern Hilfen zur Erziehung für Kinder und Jugendliche nach §§ 27 und 35 SGB VIII als intensivpädagogische Maßnahme im Ausland durchgeführt (bitte aufschlüsseln nach Landkreisen und kreisfreien Städten)? Das Bayerische Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung erhebt lediglich Daten zur Gesamtzahl der von bayerischen Jugendämtern durchgeführten Hilfen zur Erziehung gemäß § 35 SGB VIII. Die Daten umfassen somit sowohl Maßnahmen im Inland als auch im Ausland. Es ist jedoch davon auszugehen, dass der Anteil der Intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuung (ISE) im Inland gegenüber den Maßnahmen im Ausland weit überwiegt. Aufgrund der insgesamt – im Vergleich zur Gesamtzahl der Hilfen zur Erziehung - marginalen Zahl von ISE (0,41 Prozent der gesamten Hilfen zur Erziehung in Bayern) erfolgt keine differenziertere Erfassung. Diese hätte auch keine allgemeingültige Aussagekraft, da ISE-Maßnahmen stets einen singulär zu beurteilenden Hintergrund haben. Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung in Bayern, Stand jeweils zum 31.12. Auf die Aufschlüsselung nach Landkreisen und kreisfreien Kommunen wird verzichtet, da – wie oben dargestellt – keine Unterscheidung Inland/Ausland möglich ist. Jahr Anzahl der Maßnahmen gem. § 35 SGB VIII 2003 584 2004 614 2005 182 2006 196 2007 352 2008 321 2009 302 2010 295 2011 315 2012 306 2013 249 Für das Jahr 2014 liegen entsprechende Zahlen noch nicht vor. a) In welchem Umfang wurden in den letzten zehn Jahren von den bayerischen Jugendämtern Hilfen zur Erziehung nach § 35 a SGB VIII für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche im Ausland durchgeführt (bitte aufschlüsseln nach Landkreisen und kreisfreien Städten)? § 35a SGB VIII regelt – im Gegensatz zu Hilfen zur Erziehung (§§ 27–35) – Leistungen der Eingliederungshilfe bei seelisch behinderten bzw. von seelischer Behinderung bedrohten Kindern und Jugendlichen. Daten zur Anzahl der von bayerischen Jugendämtern durchgeführten Leistungen der Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit seelischer Behinderung gemäß § 35 a SGB VIII im Ausland werden vom Bayerischen Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung nicht erhoben und liegen der Staatsregierung nicht vor. b) In welchem Umfang wurden in den letzten zehn Jahren von den bayerischen Jugendämtern Hilfen zur Erziehung nach § 41 SGB VIII für junge Volljährige im Ausland durchgeführt (bitte aufschlüsseln nach Landkreisen und kreisfreien Städten)? Daten zur Anzahl der von bayerischen Jugendämtern durchgeführten Hilfen zur Erziehung für junge Volljährige gemäß § 41 SGB VIII im Ausland werden vom Bayerischen Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung nicht erhoben und liegen der Staatsregierung nicht vor. 2. In welchen Fällen werden von den zuständigen Jugendämtern Hilfen zur Erziehung als intensivpädagogische Auslandsmaßnahme bewilligt und durchgeführt (bitte Entscheidungskriterien angeben )? a) Wie wird dem in § 27 Abs. 2 SGB VIII enthaltenen Vorranggebot für Inlandsmaßnahmen Rechnung getragen? In den Empfehlungen des Bayerischen Landesjugendhilfeausschusses (Beschluss vom 24.01.2001) zur Intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuung gemäß § 35 SGB VIII wird die Zielgruppe für die Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung wie folgt beschrieben: „Junge Menschen, für die die Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung als Hilfe angezeigt ist, haben in der Regel eine besonders problembelastete Lebenssituation zu bewältigen. Ihr Erfahrungshintergrund ist meist geprägt durch Beziehungsabbrüche, Vernachlässigung, Vereinsamung , Gewalt und andere Verletzungen ihrer psychischen und physischen Integrität. Diese Belastungen und ihre Auswirkungen gefährden die soziale Integration und haben dann beispielsweise zur Folge, dass die jungen Menschen ihren Lebensmittelpunkt auf der Straße suchen und Hilfe benötigen , um nicht in gefährdende Milieus wie die Drogen-, Drucksache 17/6756 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Prostitutions- und Gewaltszene abzugleiten oder sich darin zu verfestigen. Für diese jungen Menschen sind andere Angebote der Erziehungshilfe ungeeignet, sie zu erreichen, mit ihnen in Kontakt zu treten und eine notwendigerweise längerfristige, intensive Beziehungsarbeit aufzubauen. Eine zu enge Zielgruppenfixierung und eine Defizitorientierung ist zu vermeiden.“ Die Entscheidung für diese Art der Hilfe zur Erziehung als Auslandsmaßnahme erfolgt dann, wenn der individuelle Hilfebedarf des jungen Menschen dies erfordert. Hilfsmittel zur Feststellung des individuellen Hilfebedarfs sind die Sozialpädagogische Diagnose-Tabelle und der Hilfeplan. Die diagnostische Klärung findet in Zusammenarbeit mit den Leistungsberechtigten, bei Bedarf mit weiteren Diensten der Kinder- und Jugendhilfe oder kinder- und jugendpsychiatrischen und psychotherapeutischen Diensten statt. Auf Grundlage der hieraus resultierenden Ergebnisse erfolgt die Auswahl des Maßnahmeträgers. Ausschlaggebend ist die fachliche Konzeption. b) Nach welchen Kriterien werden die Maßnahmeträger für intensivpädagogische Erziehungshilfen im Ausland ausgewählt (bitte auch pädagogische Konzepte angeben)? Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung im Ausland wird nur dann bewilligt und durchgeführt, wenn dies nach Maßgabe der Hilfeplanung zur Erreichung des Hilfeziels im Einzelfall erforderlich (vgl. § 27 Abs. 2 SGB VIII) und besonders zu begründen ist. Die Gewährung dieser Hilfeart im Ausland beschränkt sich in der Praxis auf eine geringe Anzahl von Fällen. So betrug im Jahr 2013 der prozentuale Anteil aller Intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuungen mit 249 Maßnahmen lediglich circa 0,41 Prozent der gesamten Hilfen zur Erziehung in Bayern. In den Entscheidungsprozess über die Hilfegewährung im Ausland ist in der Regel die politische Spitze des öffentlichen Trägers der Jugendhilfe eingebunden – nicht zuletzt auch, weil es sich um eine der kostenintensivsten Hilfen zur Erziehung handelt. Im Ergebnis handelt es sich bei Auslandsmaßnahmen um absolute Einzelfälle im Gesamtspektrum der Hilfen zur Erziehung. Wesentliche Kriterien für die Auswahl eines Maßnahmeträgers sind eine bestehende Betriebserlaubnis für Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe des Trägers im Inland sowie die Konzeption des Angebots. Deren Prüfung hinsichtlich der Eignung für den Einzelfall erfolgt alleine durch das fallverantwortliche Jugendamt. Die Oberste Landesjugendbehörde (StMAS) unterstützt die verantwortlichen Jugendämter bei allen Fragen im Zusammenhang mit Maßnahmen im Ausland mittels fachlicher Beratung und Hilfestellung durch das ZBFS – Bayerisches Landesjugendamt (fachliche Empfehlungen, persönliche Beratung etc.). 3. Wie erfolgt eine Kontrolle der Qualität und eine Evaluation des Erfolgs von intensivpädagogischen Maßnahmen im Ausland durch die zuständigen örtlichen und überörtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe? a) Welche Instrumente der Qualitätssicherung und Kontrolle stehen den zuständigen Trägern der Jugendhilfe für Angebote im Ausland zur Verfügung? b) Wie erfolgt eine Überprüfung und Genehmigung der fachlichen Konzeption der Maßnahmeträger im Ausland? Eine Kontrolle der Qualität der Intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuung im Ausland erfolgt durch das fallzuständige Jugendamt im Rahmen des Hilfeplanverfahrens. Hier werden sowohl der Fallverlauf als auch die Zielerreichung im Einzelfall überprüft. Im Rahmen der Evaluation der Einzelfallmaßnahme wird der Erfolg der einzelnen Maßnahme ausgewertet. Eine Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Kinder- und Jugendhilfe besteht in diesem Zusammenhang nicht. Der Anwendungsbereich der §§ 78 b bis 78 g SGB VIII umfasst gemäß § 78 a Abs. 1, 4 c SGB VIII auch die Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung. Insbesondere die Regelungen zu den Voraussetzungen für die Übernahme des Leistungsentgelts sowie die Leistungs- und Entgeltvereinbarungen bilden wesentliche Instrumente zur Qualitätssicherung und Kontrolle durch die regionalen Entgeltkommissionen . Bei der grenzüberschreitenden Unterbringung von jungen Menschen im europäischen Ausland (auch in einer Außenstelle eines deutschen Trägers im Ausland), ist zudem das Konsultationsverfahren nach Art. 56 der Brüssel-IIa-Verordnung anzuwenden. Demnach müssen die Jugendämter vor der entsprechenden Maßnahme die zuständigen Fachstellen in dem jeweiligen Staat beteiligen. Das weitere Vorgehen richtet sich nach den nationalen Vorschriften des betreffenden Staates. Die Prüfung der Konzeption hinsichtlich der Eignung für den Einzelfall erfolgt durch das fallverantwortliche Jugendamt . Für eine Überprüfung und Genehmigung der fachlichen Konzeption des Maßnahmeträgers im Ausland durch die Heimaufsicht bei den Regierungen besteht keine Rechtsgrundlage . Die Anwendung der diesbezüglichen Maßgaben ist auf den räumlichen Geltungsbereich des SGB VIII beschränkt . 4. Anhand welcher Standards wird die Qualität von intensivpädagogischen Maßnahmen der Hilfe zur Erziehung beurteilt und ausgerichtet? a) Welche Kriterien gelten für die Qualifikation und die fachliche Begleitung der betreuenden (Fach-) Kräfte in den Maßnahmen der Hilfe zur Erziehung im Ausland? b) Wie wird die notwendige sozialpädagogische und psychologisch-therapeutische Hilfe und Betreuung der Kinder und Jugendlichen im Ausland sichergestellt ? Qualitätsstandards zur Durchführung von Intensiver sozialpädagogischer Einzelbetreuung werden in folgenden Veröffentlichungen definiert und gesichert: • „Empfehlungen zur Beurteilung der Qualität von individu- alpädagogischen Maßnahmen der Hilfen zur Erziehung im Ausland“, redaktionell aktualisierte Fassung des Beschlusses des Bayerischen Landesjugendhilfeausschusses vom 12.10.2006 (http://www.blja.bayern.de/service/ bibliothek/fachliche-empfehlungen/ausland.php), • „Fachliche Empfehlungen zur Betriebserlaubniserteilung nach §§ 45 ff. SGB VIII für individualpädagogische Betreuungsstellen , Erziehungsstellen, Projektstellen, sozialpädagogische Lebensgemeinschaften u. ä.“, Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter 2010 (http:// www.bagljae.de/downloads/110_empfehlungen-zur-be triebserlaubniserteilun.pdf), • Selbstverpflichtungserklärung des Bundesverbands für Individual- und Erlebnispädagogik e.V. aus dem Fach- Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/6756 bereich „Hilfen zur Erziehung“ – ein Instrument der Qualitätsentwicklung für Mitglieder, 2013 (http://www. bundesverband-erlebnispaedagogik.de/be/media/extras/ download/13-10-30_be_SVE_ISE.pdf) Die Konzeption des Maßnahmeträgers wird durch das fallzuständige Jugendamt hinsichtlich der dort hinterlegten Standards überprüft. Die „Empfehlungen des Bayerischen Landesjugendhilfeausschusses zur Beurteilung der Qualität von individualpädagogischen Maßnahmen der Hilfen zur Erziehung im Ausland “ (2006) definieren für die Qualifikation und die fachliche Begleitung der betreuenden (Fach-)Kräfte in der Intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuung im Ausland folgende Kriterien: „Der Träger gewährleistet eine qualifizierte Maßnahmeund Koordinationsleitung durch eine verantwortliche Ansprechperson vor Ort, die auch die Begleitung der Fachkräfte und des sonstigen Personals übernimmt. • Der Träger verpflichtet sich gemäß § 78 b Abs. 2 Nr. 2 SGB VIII, nur Fachkräfte im Sinne des § 72 Abs. 1 SGB VIII mit der Durchführung der Leistung im Ausland zu betrauen . Sie sollten auch über sprachliche und kulturelle Erfahrungen verfügen. Entsprechende Nachweise liegen vor. • Die Fachkräfte verpflichten sich zu gemeinsamer kontinuierlicher Weiterqualifizierung durch intensive kollegiale Beratung und erhalten regelmäßig (externe) qualifizierte Supervision. • Bei Ausfall von Fachkräften ist die Weiterbetreuung des jungen Menschen gewährleistet. • Es besteht ein „kurzer Draht“ zur Leitung des Leistungsträgers in Deutschland. Dies gilt insbesondere für die wechselseitige Erreichbarkeit zwischen dem Leistungsträger und den Fachkräften vor Ort (durch Funktelefon, Fax u. a.). • Die persönliche Eignung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gemäß § 72 a SGB VIII ist sichergestellt. • Die Fachkräfte sind zur Einhaltung des Datenschutzes und der Sicherheitsbestimmungen befähigt. • Die Vollmachten des Leistungsträgers und der Personensorgeberechtigten liegen den Fachkräften der Maßnahme im Gastland vor.“ Die jeweiligen Leistungen des Maßnahmeträgers – auch eventuelle therapeutische Angebote – sind in der Leistungsbeschreibung für die Maßnahme hinterlegt und in der Angebotskonzeption beschrieben. Eine Überprüfung des Fallverlaufs und der Zielerreichung im Einzelfall – auch hinsichtlich ggf. erforderlicher therapeutischer Angebote – erfolgt im Rahmen der Hilfeplanung. 5. Wie viele Fälle von vorzeitigen Maßnahmenabbrüchen aus den letzten zehn Jahren sind der Staatsregierung bekannt? a) Wie häufig scheitern Maßnahmen der intensivpädagogischen Erziehungshilfe im Ausland (bitte Gründe angeben)? Daten zur Anzahl von Abbrüchen oder vorzeitigen, ungeplanten Beendigungen sowie von gescheiterten ISE-Maßnahmen werden vom Bayerischen Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung nicht erhoben und liegen der Staatsregierung nicht vor. b) In welchen Fällen wird Maßnahmeträgern im Ausland die Genehmigung zur Durchführung weiterer intensivpädagogischer Angebote entzogen? Da einem Maßnahmeträger für Einrichtungen außerhalb des Geltungsbereichs des SGB VIII durch die inländischen überörtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe keine Betriebserlaubnis erteilt werden kann, kann ihm diese auch nicht entzogen werden. Es kann lediglich durch das fallzuständige Jugendamt von einer weiteren Belegung abgesehen werden. 6. In welcher Form wird eine Beratung der betroffenen Kinder und ihrer Eltern über Chancen und Risiken dieser Form der Hilfe gewährleistet? a) Wie wird der unmittelbare Kontakt zwischen dem Kind oder Jugendlichen, seinen Eltern und dem Jugendamt während des Auslandsaufenthaltes sichergestellt ? Die Beratung der betroffenen Kinder und ihrer Personensorgeberechtigten erfolgt durch das fallzuständige Jugendamt gemäß § 27 SGB VIII (Hilfen zur Erziehung) sowie § 36 SGB VIII (Hilfeplanung). In diesem Rahmen werden der junge Mensch und die Personensorgeberechtigten auch über die Maßnahme, ihre Umstände und ihren Verlauf aufgeklärt. Die „Empfehlungen zur Beurteilung der Qualität von individualpädagogischen Maßnahmen der Hilfen zur Erziehung im Ausland“ (2006) definieren u. a. folgende Kriterien für die Beteiligung des jungen Menschen sowie die Kommunikation und Koordination zwischen dem Maßnahmeträger und dem Jugendamt: • „Bei Bedarf kann sich der junge Mensch jederzeit mit dem Leistungsträger, dem Jugendamt, den Personensorgeberechtigten oder einer anderen Person seines Vertrauens kostenfrei in Verbindung setzen. • Die Personensorgeberechtigten erhalten auf Anfrage und nach Bedarf jederzeit konkrete Auskünfte beim Leistungsträger , Ausnahmen sind zu begründen (z. B. bei Kontaktsperre).“ Die individuelle Kontaktgestaltung im Einzelfall wird im Rahmen des Hilfeplans unter Beteiligung des jungen Menschen und der Personensorgeberechtigten vereinbart. b) Wie wird im Rahmen des Hilfeplanverfahrens nach §36 SGB VIII eine Reintegration des jungen Menschen nach seinem Auslandsaufenthalt in ein stabiles Umfeld in Deutschland sichergestellt? Um eine Reintegration des jungen Menschen nach seinem Auslandsaufenthalt im Rahmen der Intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuung in einem stabilen Umfeld in Deutschland sicherzustellen, wird in der Regel auf Maßnahmeträger rekurriert, für deren Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe im Inland bereits Betriebserlaubnisse bestehen. Auf diese Weise kann eine anschließende Weiterbetreuung des jungen Menschen durch den gleichen Maßnahmeträger im Inland erfolgen und Kontinuität sichergestellt werden. 7. In welcher Form unterstützt das bayerische Landesjugendamt die örtlichen Jugendhilfeträger bei der Information über und der Auswahl von Jugendhilfeangeboten im Ausland? Das ZBFS – Bayerisches Landesjugendamt unterstützt die örtlichen Jugendämter in den Landkreisen und Städten durch qualifizierte fachliche Beratung in der Fallsteuerung und bei der Auswahl geeigneter Jugendhilfemaßnahmen, Drucksache 17/6756 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 5 durch Fachgespräche und die Veröffentlichung von Fachlichen Empfehlungen. a) Gibt es ein eigenes Informationsportal für Jugendhilfeangebote im Ausland und eine qualifizierte Beratung der örtlichen Jugendämter? Ein eigenes Informationsportal für Angebote der Intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuung im Ausland existiert nicht, da die Angebote in diesem Bereich einer stetigen Veränderung unterliegen und es sich häufig um „maßgeschneiderte “ Angebote für den Einzelfall handelt. b) Wie erfolgt eine Kontrolle der Umsetzung der Empfehlungen des bayerischen Landesjugendhilfeausschusses zur Beurteilung der Qualität von Maßnahmen der Hilfen zur Erziehung im Ausland durch die örtlichen und überörtlichen Träger der Jugendhilfe? Siehe hierzu Antworten zu den Fragen 2 b, 3, 3 a und 3 b. 8. Wie erfolgt die Finanzierung von Maßnahmen der intensivpädagogischen Erziehungshilfe im Ausland ? Die Finanzierung der Intensiven pädagogischen Einzelbetreuung erfolgt durch das fallzuständige Jugendamt. Werden Einrichtungen und Dienste der Träger der freien Jugendhilfe in Anspruch genommen, so sind gemäß § 77 SGB VIII Vereinbarungen über die Höhe der Kosten der Inanspruch- nahme zwischen der öffentlichen und freien Jugendhilfe anzustreben . Eine weitere Möglichkeit liegt im Abschluss von Entgeltvereinbarungen gemäß § § 78 a ff. SGB VIII. a) Entstehen durch die Durchführung der Maßnahmen im Ausland für die Jugendämter zusätzliche Kosten? Zusätzliche Kosten bei der Intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuung im Ausland entstehen dem Jugendamt beispielsweise durch die Reise des jungen Menschen ins Ausland und zurück, durch die Hilfeplanfortschreibung am Hilfeort im Ausland sowie durch persönliche Kontakte zwischen dem jungen Menschen und seiner Herkunftsfamilie. b) An welchen Leistungsentgelten und Tagessätzen orientiert sich die Finanzierung intensivpädagogischer Auslandsmaßnahmen? Die Leistungsentgelte und Tagessätze für die Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung verhandelt der jeweilige Träger der freien Jugendhilfe mit den Regionalen Entgeltkommissionen. Bezüglich der Vereinbarungen über Leistungsangebote, Entgelte und Qualitätsentwicklung gelten gemäß § 78 a Abs. 1, 4 c SGB VIII für die Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung die Bestimmung der §§ 78 b ff. SGB VIII. Der Inhalt der Leistungs- und Entgeltvereinbarung für die Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung ist in § 78 c SGB VIII geregelt.