Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Martina Fehlner SPD vom 16.04.2015 Schadstoffe in Raumluft und in Spielzeugen in bayerischen Schulen und Kitas Schadstoffe in der Raumluft von Schulen und Kitas sind ein potenzielles Gesundheitsrisiko für Kinder und Lehrer. Beim Neubau, Umbau oder der Renovierung von Einrichtungen können Schadstoffemissionen aus Baustoffen und Möblierung die Innenluft belasten. Durch Renovierungsarbeiten können zusätzlich gesundheitsschädliche Emissionen aus Altlasten entstehen. In einem Modellprojekt haben TÜV Rheinland und das Sentinel Haus Institut aufgezeigt, dass der Schadstoffgehalt der Luft bei der Verwendung nicht schadstoffgeprüfter Produkte die Empfehlungen des Umweltbundesamtes zum Teil deutlich überschreiten. Weiterhin enthält Kinderspielzeug vielfach Stoffe, die gesundheitsschädigend sein können (Stichwort Weichmacher). Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung: 1. a) Werden an bayerischen Schulen und Kitas Messun- gen zum Schadstoffgehalt der Innenluft durchgeführt? b) Wann (mit welchem Abstand zur Neubau- bzw. Reno- vierungsmaßnahme) bzw. mit welcher Regelmäßigkeit werden diese Messungen durchgeführt? c) Auf welche Schadstoffe hin wird die Luft untersucht? 2. Welche Schadstoffe in der Raumluft stuft die Staatsre- gierung als gesundheitsgefährdend ein? 3. a) Werden bei der Auftragsvergabe für Neubauten, Um- bauten sowie bei Renovierungen von Schulen in Bayern die Empfehlungen des Umweltbundesamtes für die Innenraumhygiene von Schulgebäuden berücksichtigt ? b) Gibt es weitere, bayernweit geregelte Vorgaben oder Empfehlungen, um eine Minimierung der Schadstoffbelastung der Raumluft in Schulen und Kitas zu erreichen ? c) Wenn nein, warum nicht? 4. a) An wie vielen Schulen und Kitas (bitte getrennt dar- stellen) wurden in den letzten zehn Jahren erhöhte Schadstoffwerte der Raumluft festgestellt (bitte einzeln darstellen und aufschlüsseln nach Art des Schadstoffs, des Messwertes)? b) Welche Maßnahmen wurden daraufhin getroffen? 5. Welche Stoffe in Kinderspielzeug stuft die Staatsregie- rung als gesundheitsgefährdend ein? 6. a) Darf Spielzeug, das gesundheitsgefährdende Stoffe enthält, in bayerischen Kitas eingesetzt werden? b) Wenn ja: Warum gibt es keine Regelung, die den Einsatz von Spielzeug, das gesundheitsgefährdende Stoffe enthält, untersagt? Antwort des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 25.05.2015 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, dem Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration , dem Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst und mit der Obersten Baubehörde im Staatsministerium des Innern wie folgt beantwortet: 1. a) Werden an bayerischen Schulen und Kitas Messungen zum Schadstoffgehalt der Innenluft durchgeführt ? b) Wann (mit welchem Abstand zur Neubau- bzw. Renovierungsmaßnahme ) bzw. mit welcher Regelmäßigkeit werden diese Messungen durchgeführt? c) Auf welche Schadstoffe hin wird die Luft untersucht ? Die Fragen 1 a, b und c werden im Zusammenhang beantwortet . Schadstoffmessungen in Schulgebäuden erfolgen in der Regel anlassbezogen. Bei Verdacht auf das Vorliegen bestimmter Schadstoffe, bei Geruchsbelästigungen, bei Sanierungen sowie bei unklaren gesundheitlichen Beeinträchtigungen werden Schadstoffüberprüfungen durchgeführt. Die Verantwortung hierfür sowie für eventuelle Sanierungsmaßnahmen obliegt den Eigentümern bzw. Verfügungsberechtigten der betroffenen Gebäude im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht . Hinsichtlich der öffentlichen Schulen ist festzustellen, dass Bereitstellung, Einrichtung und Ausstattung der Schulanlage in Bayern regelmäßig in den Aufgabenbereich des kommunalen Schulaufwandsträgers fällt (Art. 3 Abs. 2 Nr. 1, 8 Abs. 1 Satz 1 BaySchFG). Im Rahmen der unter 3 c aufgeführten Projekte hat das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) in einigen Schulen und Kitas in Bayern Messungen auf Feinstaub, Kohlendioxid, Phthalate, Flammschutzmittel und Allergene durchgeführt. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 26.06.2015 17/6764 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/6764 2. Welche Schadstoffe in der Raumluft stuft die Staatsregierung als gesundheitsgefährdend ein? Gesundheitliche Risiken von Schadstoffen müssen jeweils im Einzelfall aufgrund der Gefährlichkeit einer Substanz und ihrer Menge in der Innenraumluft bewertet werden. Hierzu sind insbesondere die bundeseinheitlichen Richtwerte und Empfehlungen des Ausschusses für Innenraumrichtwerte (vormals Ad-hoc-Arbeitsgruppe Innenraumrichtwerte der Kommission Innenraumlufthygiene und der Obersten Landesgesundheitsbehörden ) heranzuziehen. Grundsätzlich wird für Innenräume, insbesondere in sensiblen Einrichtungen , wie Schulen und Kindertagesstätten, eine möglichst weitgehende Minimierung von gesundheitsrelevanten Stoffen angestrebt. Dies soll z. B. durch die Verwendung emissionsarmer Baustoffe im Rahmen von Neubau und Renovierung erreicht werden. 3. a) Werden bei der Auftragsvergabe für Neubauten, Umbauten sowie bei Renovierungen von Schulen in Bayern die Empfehlungen des Umweltbundesamtes für die Innenraumhygiene von Schulgebäuden berücksichtigt? Baulastträger von Schulen und Kindergärten sind in der Regel kommunale Gebietskörperschaften. Daher liegen der Staatsregierung hierzu keine Erkenntnisse vor. b) Gibt es weitere, bayernweit geregelte Vorgaben oder Empfehlungen, um eine Minimierung der Schadstoffbelastung der Raumluft in Schulen und Kitas zu erreichen? c) Wenn nein, warum nicht? Die Fragen 3 b und 3 c werden im Zusammenhang beantwortet . Über den „Leitfaden für die Innenraumhygiene in Schulgebäuden “ hinaus gibt es Mitteilungen der ehemaligen Ad-hocArbeitsgruppe Innenraumrichtwerte der Innenraumlufthygiene -Kommission des Umweltbundesamtes und der Obersten Landesgesundheitsbehörden zur gesundheitlichen Bewertung von Kohlendioxid in der Innenraumluft, die auch Empfehlungen bei Überschreiten der Leitwerte für Kohlendioxid in der Innenraumluft beinhalten. Als Ergänzung zur PCB-Richtlinie, die der Gefahrenabwehr dient, wurde die Empfehlung „PCB-Hinweise zur Beurteilung und Handlungsempfehlungen zur Gesundheitsvorsorge in Schulen und Kindertageseinrichtungen“ in Bayern erarbeitet und allen Sachaufwandsträgern von Schulen und Kindertageseinrichtungen sowie der Öffentlichkeit mitgeteilt. Verunreinigungen der Innenraumluft sind in der Regel verschiedenen Quellen und Ursachen wie beispielsweise Baumaterialien oder Reinigungsmitteln zuzurechnen. Diese unterliegen ihrerseits verschiedenen rechtlichen Regelungen , wie z. B. Bauproduktegesetz, Wasch- und Reinigungsmittelgesetz oder Chemikaliengesetz. Auch hat das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit im Rahmen verschiedener Projekte folgende weitere Informationen und Empfehlungen herausgegeben : • Interventionsstudie zur Verminderung der Feinstaubkon- zentration in Grundschulen (1. Projekt zu LUPE, Landesuntersuchungsprogramm Öffentliche Einrichtungen) http:// www.lgl.bayern.de/gesundheit/arbeitsplatz_umwelt/ projekte_a_z/ir_lupe_1.htm • Allergene und Endotoxine in der Innenraumluft von Schulen (2. Projekt zu LUPE, Landesuntersuchungsprogramm Öffentliche Einrichtungen) http://www.lgl.bayern. de/gesundheit/arbeitsplatz_umwelt/projekte_a_z/ir_ lupe_2.htm • Gesundheitliche Bedeutung von OrganophosphatFlammschutzmitteln in Kindertagesstätten – ein integrativer Ansatz zur Risikoabschätzung. Länderuntersuchungsprogramm 3 (LUPE 3) http://www.lgl.bayern.de/ gesundheit/arbeitsplatz_umwelt/projekte_a_z/ir_lupe_3_ organophosphat.htm • Human-Biomonitoring bei Kindern aus Kindertagesstätten zur Abschätzung der Phthalatbelastung (LUPE 3) http://www.lgl.bayern.de/aus_fort_weiterbildung/veran staltungen/kongresse_veranstaltungen/doc/oegd_kon gress_2013/p11_fromme.pdf • Phthalate im Staub und in der Luft von bayerischen Kindertagesstätten (LUPE 3) http://www.lgl.bayern.de/aus_fort_weiterbildung/veran staltungen/kongresse_veranstaltungen/doc/oegd_kon gress_2013/p12_fromme.pdf • Forschungsprojekt: RABE – Raumluftqualität in Schulen und das Befinden von Kindern – Steigerung von Leistungsfähigkeit und Konzentration durch bauliche Veränderungen http://www.lgl.bayern.de/gesundheit/arbeits platz_umwelt/projekte_a_z/ir_rabe_raumluft_kinder.htm http://www.lgl.bayern.de/gesundheit/arbeitsplatz_um welt/projekte_a_z/doc/kur zbericht_rabe.pdf • Frische Luft an bayerischen Schulen – Verbesserung der Luftqualität in öffentlichen Innenräumen http://www.lgl.bayern.de/gesundheit/arbeitsplatz_um welt/projekte_a_z/ir_luftqualitaet_oeffentliche_innen raeume.htm 4. a) An wie vielen Schulen und Kitas (bitte getrennt darstellen) wurden in den letzten zehn Jahren erhöhte Schadstoffwerte der Raumluft festgestellt (bitte einzeln darstellen und aufschlüsseln nach Art des Schadstoffs, des Messwertes)? Der Unterhalt von Kitas ist eine kommunale Pflichtaufgabe. Ebenso fällt die Bereitstellung, Einrichtung und Ausstattung der Schulanlagen in Bayern regelmäßig in den Aufgabenbereich der kommunalen Schulaufwandsträger. Daher liegen der Staatsregierung hierzu keine Erkenntnisse vor. Gleiches gilt, soweit kirchliche, private oder freigemeinnützige Träger Kitas und Schulen unterhalten. b) Welche Maßnahmen wurden daraufhin getroffen? Auf die Antwort zu Frage 4 a wird verwiesen. 5. Welche Stoffe in Kinderspielzeug stuft die Staatsregierung als gesundheitsgefährdend ein? Die Anforderungen an die chemische Sicherheit von Spielzeug ergeben sich im Wesentlichen aus der europäischen Spielzeugrichtlinie 2009/48/EG und der europäischen REACH-Verordnung (REACH = Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals), Verordnung (EG) Nr. 1907/2006. Bei den Untersuchungen der chemischen Beschaffenheit von Spielzeug wird häufig untersucht auf (beispielhafte Aufzählung ): • Weichmacher (verbotene Phthalate gemäß REACH), • Elementfreisetzung (Einhaltung der Grenzwerte gemäß der Spielzeugrichtlinie), Drucksache 17/6764 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 • flüchtige Stoffe wie Reste von Lösemitteln in Spielzeug, • verbotene Azofarbstoffe, die cancerogene Amine abspal- ten können, in Textil- und Lederanteilen von Spielzeug (Verbot gemäß REACH), • Nitrosamine in Spielzeug aus Latex wie Luftballons (Einhaltung der Grenzwerte der Spielzeugrichtlinie), • Formaldehyd in Spielzeug aus zusammengefügtem Holz (Richtwert aus Norm EN 71-9), • polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe als Verunreinigungen (derzeit Empfehlungen, ab Dezember 2015 Grenzwerte gemäß REACH), • Konservierungsstoffe in Fingermalfarben (Grenzwerte aus Norm EN 71-7). 6. a) Darf Spielzeug, das gesundheitsgefährdende Stoffe enthält, in bayerischen Kitas eingesetzt werden? Im Grundsatz sind die Wirtschaftsakteure für die Sicherheit ihrer Produkte verantwortlich. Spielzeug, das nicht den rechtlichen Anforderungen entspricht, darf nicht in den Verkehr gebracht werden. b) Wenn ja: Warum gibt es keine Regelung, die den Einsatz von Spielzeug, das gesundheitsgefährdende Stoffe enthält, untersagt? Es wird auf die Antworten zu den Fragen 5 und 6 a verwiesen .