Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Markus Ganserer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 25.03.2015 Beteiligung des Freistaates an der Münchner Verkehrsund Tarifverbund GmbH Der Freistaat ist mit 35,7 Prozent an der Münchner Verkehrsund Tarifverbund GmbH (MVV) beteiligt. Die Beteiligung am MVV ist die einzige Beteiligung des Freistaates an einem Verkehrsverbund in Bayern. Mit der Beteiligung fördere der Freistaat Bayern laut Beteiligungsbericht des Freistaats Bayern 2014 den Umwelt- und Klimaschutz, den Infrastrukturausbau und hiermit die wirtschaftliche Entwicklung Bayerns . An der Beteiligung liege weiterhin ein unmittelbares, wichtiges Interesse des Staates vor. Der angestrebte Zweck ließe sich derzeit nicht ebenso gut oder besser auf andere Weise erreichen. In diesem Zusammenhang frage ich die Staatsregierung: 1. Warum beteiligt sich der Freistaat zur Erreichung oben genannter Ziele (Umwelt- und Klimaschutz, Infrastrukturausbau , wirtschaftliche Entwicklung Bayerns) nicht auch an anderen Verkehrsverbünden in Bayern? 2. Wie werden die oben genannten Ziele in den Verbünden ohne Beteiligung des Freistaates erreicht? 3. Wie werden die oben genannten Ziele außerhalb der Verbünde erreicht? 4. Welches unmittelbare, wichtige Interesse des Staates liegt an der Beteiligung des Freistaats am MVV? 5. Welche anderen Weisen hat die Staatsregierung geprüft, nachdem sich der angestrebte Zweck laut Beteiligungsbericht des Freistaats Bayern 2014 derzeit nicht ebenso gut oder besser auf andere Weise erreichen lässt? 6. Wie beurteilt die Staatsregierung eine Erweiterung des Verbundgebietes des MVV? 7. Inwieweit befördert die Staatsregierung eine Erweiterung des Verbundgebietes des MVV? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 28.05.2015 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat wie folgt beantwortet: 1. Warum beteiligt sich der Freistaat zur Erreichung oben genannter Ziele (Umwelt- und Klimaschutz, Infrastrukturausbau , wirtschaftliche Entwicklung Bayerns ) nicht auch an anderen Verkehrsverbünden in Bayern? Die Verbünde in Bayern sind sehr unterschiedlich ausgestaltet . Verkehrsverbünde können allein durch die Verkehrsunternehmen gebildet werden (Unternehmensverbünde). Es gibt auch Verbünde sowohl unter Beteiligung der Unternehmer als auch der Aufgabenträger (Mischverbünde). Nur der MVV stellt in Bayern einen Verbund unter ausschließlicher Beteiligung der Aufgabenträger dar (Aufgabenträgerverbund ). Die Art des Verbundes folgt zumeist aus den konkreten Umständen seiner Entstehung. Die Stellung des Freistaats in den Verbünden erfolgt nicht zur Erreichung allgemeiner politischer Ziele, sondern aus seiner Stellung als Aufgabenträger des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV). Es existieren Gestaltungsformen, in denen der Freistaat seine Interessen ohne Gesellschafterstellung durch ein sonstiges Gremium des Verbundes wahrnimmt. So gibt es beispielsweise in der Verkehrsverbund Großraum Nürnberg GmbH (VGN) den Grundvertragsausschuss, der den Aufgabenträgern die notwendigen Einflussmöglichkeiten vermittelt. Eine unmittelbare gesellschaftsrechtliche Beteiligung des Freistaats am VGN wäre systematisch in der aktuellen Verbundkonstruktion nicht möglich und wegen der Stellung des Grundvertragsausschusses auch nicht erforderlich . In der gewählten Konstruktion des MVV als Aufgabenträgerverbund folgt die Beteiligung des Freistaats aus seiner Aufgabenträgerstellung. 2. Wie werden die oben genannten Ziele in den Verbünden ohne Beteiligung des Freistaates erreicht? 3. Wie werden die oben genannten Ziele außerhalb der Verbünde erreicht? Die Fragen 2 und 3 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Ziele des Umwelt- und Klimaschutzes, des Infrastrukturausbaus sowie der wirtschaftlichen Entwicklung Bayerns werden vorrangig durch allgemeine Maßnahmen zum allgemeinen öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und zum SPNV erreicht. So gewährt der Freistaat Bayern im ÖPNV jährlich Fördermittel von insgesamt ca. 193 Mio. Euro. Der SPNV wird sowohl durch die Bestellungen der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG) als auch durch Förderungen zum Infrastrukturausbau einschließlich der Barrierefreiheit gestärkt. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 26.06.2015 17/6768 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/6768 Der ÖPNV stellt eine freiwillige Aufgabe im eigenen Wirkungskreis der Landkreise und kreisfreien Städte dar. Der Freistaat ist nur Aufgabenträger des SPNV. Unabhängig von der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung des Freistaats im jeweiligen Verbund oder außerhalb des Verbundes fördert der Mitteleinsatz des Freistaats den öffentlichen Verkehr. Dadurch wird maßgeblich den Umwelt- und Verkehrsinteressen der Region entsprochen. Seiner Infrastrukturverantwortung wird der Freistaat nach Maßgabe des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes sowie des Finanzausgleichsgesetzes gerecht. 4. Welches unmittelbare, wichtige Interesse des Staates liegt an der Beteiligung des Freistaats am MVV? Der MVV wurde 1996 als Aufgabenträgerverbund ausgestaltet . Ein hoher Anteil der Gesamtverkehrsleistung des SPNV in Bayern wird im Gebiet des MVV erbracht. Dem MVV kommt somit eine hervorgehobene Stellung für den SPNV in Bayern zu. Der Beteiligung lag vorrangig der Gedanke zugrunde, dass infolge der Marktöffnung der Erbringung von SPNV-Beförderungsleistungen eine Bündelung der SPNVInteressen durch den Freistaat sinnvoll sei. Im MVV sind aktuell neben der S-Bahn München und der DB Regio die Transfer (bis 16. März 2015 „Veolia“) sowie die Länderbahn bei der Erbringung der Verkehrsleistungen aktiv. In einem Unternehmerverbund würden dadurch die Stimmrechte des SPNV-Bereiches auf verschiedene Verkehrsunternehmen aufgesplittet. Dies kann im Einzelfall bei strittigen Abstimmungen zu einer Schwächung der Stimmmacht des Bereichs SPNV führen. 5. Welche anderen Weisen hat die Staatsregierung geprüft , nachdem sich der angestrebte Zweck laut Beteiligungsbericht des Freistaats Bayern 2014 derzeit nicht ebenso gut oder besser auf andere Weise erreichen lässt? Solange der MVV als Aufgabenträgerverbund ausgestaltet ist, kann der Freistaat Bayern seine Gesellschafterstellung nicht einseitig aufgeben bzw. die Beteiligung „veräußern“. Verbundstrukturen (Unternehmens-, Misch- oder Aufgabenträgerverbund ) werden nicht fortlaufend infrage gestellt, weil in praktisch allen Verbünden zwischen den verschie- denen Beteiligten einzelne Streitpunkte über die Verteilung der Rechte und der Einnahmeaufteilung bestehen. Im MVV werden sowohl durch die Münchner Verkehrsgesellschaft als auch die DB Regio Forderungen geäußert, den Verbund zumindest in einen Mischverbund umzugestalten. Bisher haben die Verkehrsunternehmen aber noch nicht schlüssig aufgezeigt, wie durch deren stärkere Einbindung in der Gesellschafterstruktur die Aufgabenerfüllung sachgerechter erbracht werden kann. 6. Wie beurteilt die Staatsregierung eine Erweiterung des Verbundgebietes des MVV? Die Grenzen von Verbünden sollten grundsätzlich die wesentlichen Verkehrsbeziehungen widerspiegeln. Im Gegensatz zum VGN wurde das Gebiet des MVV in der Vergangenheit nur gering erweitert. Bei der Erweiterung von Verbünden entstehen durch die Anwendung des Verbundtarifes in der Regel Durchtarifierungs- und Harmonisierungsverluste , weil mit einem Verbundticket bspw. mehrere Verkehrsträger genutzt werden können, während außerhalb des Verbundes der Kauf mehrerer und in Summe meist teurerer Tickets nötig wäre. Die Mindereinnahmen im Bereich des SPNV müsste grundsätzlich der jeweilige Aufgabenträger durch höhere Bestellentgelte tragen. Etwaige Mehrkosten könnten dazu führen, dass das Verkehrsangebot in dem Bereich verringert werden müsste. Deshalb ist im Einzelfall abzuwägen, ob eine Verbunderweiterung insgesamt positive verkehrliche Effekte bewirkt. 7. Inwieweit befördert die Staatsregierung eine Erweiterung des Verbundgebietes des MVV? Der Freistaat Bayern beteiligt sich als einer von 40 Partnern aktiv an der Erstellung einer Studie im Auftrag der Europäischen Metropolregion München (EMM). Im Rahmen einer konzeptionellen Grundsatzuntersuchung soll dabei auf breiter Basis ermittelt werden, wie die Verkehre und Tarife in der Metropolregion sachgerecht auf die veränderten Verkehrsbedürfnisse angepasst werden können. Dabei gilt es auch Wege zu finden, aktuell bestehende Tarifsprünge an den Außengrenzen des MVV mittelfristig durch Tarifanpassungen oder andere Maßnahmen nutzerverträglich zu verringern.