Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer FREIE WÄHLER vom 10.04.2015 Verkehrstote in Bayern Nach den neuesten Daten des Statistischen Bundesamtes verstarben im Jahre 2014 insgesamt 3.368 Menschen bei Verkehrsunfällen auf deutschen Straßen, für Bayern wurden 49 Verkehrstote je eine Million Einwohner gezählt, wobei der Bundesdurchschnitt bei 42 Toten lag. Ich frage die Staatsregierung: 1. Was sind die Ursachen für die überdurchschnittlich hohe Anzahl Verkehrstoter in Bayern im Vergleich zum Bundesdurchschnitt ? 2. Wie stellt sich die Entwicklung der Verkehrstotenstatis- tik in den letzten fünf Jahren in Bayern dar, aufgeteilt nach Regierungsbezirken mit jeweiligen Landkreisen und kreisfreien Städten sowie Straßenarten (Autobahnen, Landstraßen, innerstädtisch)? 3. Was waren die fünf häufigsten Unfallursachen, die zu den Verkehrstoten geführt haben? 4. Welche Maßnahmen hat die Staatsregierung veranlasst bzw. neu auf den Weg gebracht, um die Zahl der Verkehrstoten zu verringern? 5. Welche Maßnahmen der Staatsregierung sind in Pla- nung, um die Zahl der Verkehrstoten in Bayern effektiv zu senken? 6. Sind Sonderprogramme oder Sondermaßnahmen für spezielle Unfallschwerpunkte geplant, wenn ja, welche, bzw. wenn nein, warum nicht? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 22.05.2015 1. Was sind die Ursachen für die überdurchschnittlich hohe Anzahl Verkehrstoter in Bayern im Vergleich zum Bundesdurchschnitt? Bayern ist das flächenmäßig größte Bundesland mit einem Straßennetz von insgesamt 132.106 km Länge. Mobilität ist für die Menschen in Bayern ein hohes Gut. Dabei nehmen auch die Bevölkerungszahlen in Bayern im Gegensatz zu vielen anderen Bundesländern zu. Dies hat u. a. zur Folge, dass allein auf Bayern (mit 9,4 Mio. Kfz) von den in Deutschland zugelassenen Kraftfahrzeugen (53,7 Mio. Kfz) ein Anteil von 17,5 Prozent entfällt. Dabei nimmt auch der Radverkehr stetig zu. Ferner verfügt Bayern über zahlreiche attraktive Motorradstrecken , die insbesondere an den Wochenenden von den Motorradfahrern aus Deutschland und den angrenzenden Nachbarländern gerne benutzt werden. Darüber hinaus ist Bayern aufgrund seiner verkehrsgeografischen Lage vom ständig wachsenden Transitverkehr besonders stark betroffen, sodass insgesamt die Fahrleistungen auf dem bayerischen Straßennetz sehr hoch sind. Aufgrund dieser Voraussetzungen bewegt sich die Zahl der Verkehrstoten in Bayern immer noch über dem Bundesdurchschnitt . Dennoch ist die Staatsregierung mir ihrem Verkehrssicherheitsprogramm 2020 „Bayern mobil – sicher ans Ziel“ auf einem guten Weg. Im Jahr 2014 kamen bei 588 Verkehrsunfällen insgesamt 619 Menschen auf den Straßen in Bayern ums Leben. Das bedeutet einen Rückgang um 9,0 Prozent gegenüber 2013. Es ist der bisher niedrigste Stand der Verkehrstoten in Bayern seit Beginn der Unfallaufzeichnungen im Jahr 1954. Während in Bayern im vergangenen Jahr die Zahl der Verkehrstoten deutlich reduziert werden konnte, stieg diese Zahl deutschlandweit um 0,9 Prozent an. Auch bis Anfang März ist erneut ein Rückgang der Zahl der Verkehrstoten in Bayern um 26,5 Prozent feststellbar. In Deutschland stieg die Zahl dagegen bis Anfang März erneut um 4,7 Prozent an. 2. Wie stellt sich die Entwicklung der Verkehrstotenstatistik in den letzten fünf Jahren in Bayern dar, aufgeteilt nach Regierungsbezirken mit jeweiligen Landkreisen und kreisfreien Städten sowie Straßenarten (Autobahnen, Landstraßen, innerstädtisch)? Bayern 2010 2011 2012 2013 2014 Insgesamt 697 780 662 680 619 Autobahn 93 79 70 105 72 Landstraße 435 546 435 420 393 Innerorts 169 155 157 155 154 Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 03.07.2015 17/6974 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/6974 Regierungsbezirk Oberbayern 2010 2011 2012 2013 2014 Insgesamt 216 237 203 206 214 Autobahn 24 30 17 34 14 Landstraße 136 157 123 123 141 Innerorts 56 50 63 49 59 Regierungsbezirk Niederbayern 2010 2011 2012 2013 2014 Insgesamt 94 107 102 99 94 Autobahn 7 8 10 10 11 Landstraße 73 84 78 70 67 Innerorts 14 15 14 19 16 Regierungsbezirk Oberpfalz 2010 2011 2012 2013 2014 Insgesamt 75 91 69 79 61 Autobahn 13 7 7 9 7 Landstraße 45 63 49 52 44 Innerorts 17 21 13 18 10 Regierungsbezirk Oberfranken 2010 2011 2012 2013 2014 Insgesamt 71 69 60 65 34 Autobahn 7 11 12 12 5 Landstraße 39 50 32 37 20 Innerorts 25 8 16 16 9 Regierungsbezirk Mittelfranken 2010 2011 2012 2013 2014 Insgesamt 88 78 73 77 66 Autobahn 15 6 16 12 18 Landstraße 52 53 41 44 24 Innerorts 21 19 16 21 24 Regierungsbezirk Unterfranken 2010 2011 2012 2013 2014 Insgesamt 70 81 66 72 59 Autobahn 15 9 6 15 8 Landstraße 37 58 50 40 38 Innerorts 18 14 10 17 13 Regierungsbezirk Schwaben 2010 2011 2012 2013 2014 Insgesamt 83 117 89 82 91 Autobahn 12 8 2 13 9 Landstraße 53 81 62 54 59 Innerorts 18 28 25 15 23 Eine Auflistung zu den Landkreisen und kreisfreien Städten war in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht leistbar, kann aber bei Bedarf nachträglich übermittelt werden. 3. Was waren die fünf häufigsten Unfallursachen, die zu den Verkehrstoten geführt haben? 2014 waren die häufigsten Unfallursachen für tödliche Verkehrsunfälle (VU): – Überhöhte und nichtangepasste Geschwindigkeit (182 VU) – Missachten der Vorfahrt (80 VU) – Fehler beim Überholen (58 VU) – Alkoholeinfluss (53 VU) – Fehler beim Überschreiten der Fahrbahn (36 VU) Darüber hinaus spielt auch das Abkommen von der Fahrbahn nach wie vor eine wesentliche Rolle bei Verkehrsunfällen mit Todesfolge. 2014 endete knapp ein Drittel der tödlichen Verkehrsunfälle abseits der Fahrbahn. Ebenso ist die Zahl der nicht angegurteten Verkehrsopfer weiterhin hoch. 65 tödlich verunglückte Fahrzeuginsassen waren 2014 nicht angeschnallt. 4. Welche Maßnahmen hat die Staatsregierung veranlasst bzw. neu auf den Weg gebracht, um die Zahl der Verkehrstoten zu verringern? Herr Staatsminister Herrmann hat am 4. Januar 2013 das neue Verkehrssicherheitsprogramm 2020 „Bayern mobil – sicher ans Ziel“ und damit die Ausrichtung der bayerischen Verkehrssicherheitsarbeit bis 2020 der Öffentlichkeit vorgestellt . Auf Grundlage der Überlegungen des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr (StMI), der Polizei, der Straßenbau - und -verkehrsbehörden, den Ergebnissen des Dialogverfahrens mit den Bürgerinnen und Bürgern sowie der Empfehlungen der im Anschluss durchgeführten Fachforen sieht das Verkehrssicherheitsprogramm zahlreiche Maßnahmen vor, die bereits umgesetzt wurden bzw. bis 2020 noch umgesetzt werden sollen. Die unterschiedlichen Maßnahmen orientieren sich dabei an vier Themenfeldern, die jeweils für sich zentrale Aspekte der Verkehrssicherheit abdecken und im Zusammenspiel einen ganzheitlichen Ansatz in der Verkehrssicherheitsarbeit verfolgen: – Information, Verkehrssteuerung und Fahrzeugausstattung, – Wahrnehmung und Wahrnehmbarkeit, – Infrastruktur und Verkehrsraumgestaltung, – Recht und Überwachung. Bis zum Jahr 2020 wollen wir mit dem vorliegenden Programm u. a. die Zahl der Verkehrstoten um 30 % im Vergleich zum Jahr 2011 auf unter 550 senken. 5. Welche Maßnahmen der Staatsregierung sind in Planung , um die Zahl der Verkehrstoten in Bayern effektiv zu senken? Die Staatsregierung wird die angedachten Maßnahmen im Verkehrssicherheitsprogramm 2020 weiter konsequent umsetzen . Die langfristig angelegte Verkehrssicherheitsarbeit zahlt sich bereits aus. Zur Erhöhung der Verkehrssicherheit und Bekämpfung der Hauptunfallursachen setzen wir weiterhin auf verstärkte Geschwindigkeitskontrollen. Zuletzt fand am 16. April 2015 der bundesweite Blitzmarathon statt, an den sich in Bayern eine Schwerpunktwoche anschloss. Aber auch außerhalb dieser öffentlichkeitswirksamen Aktion wird die Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf den bayerischen Straßen von Polizei und Kommunen überwacht. Ein besonderes Augenmerk legt die Bayerische Polizei im Jahr 2015 auf alkoholisierte Fahrer und nicht angeschnallte Fahrzeuginsassen. Daneben werden auch die Motorradfahrer im Fokus stehen. Hierzu werden neben der jährlich stattfindenden Kulmbacher Motorradsternfahrt (zuletzt am 26. April 2015) auch dezentrale Präventionsveranstaltungen der Polizei durchgeführt. Auch die „Gebaute Verkehrssicherheit“ ist uns ein wichtiges Anliegen. In den Jahren 2013 bis 2020 sind insgesamt 440 Mio. € aus dem laufenden Haushalt zur Verbesserung der Verkehrssicherheit auf den bayerischen Autobahnen, Bundes- und Staatsstraßen vorgesehen. Drucksache 17/6974 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Damit werden – unfallauffällige Straßenbereiche im Landstraßennetz um- gebaut, – sichere Überholmöglichkeiten auf Landstraßen geschaf- fen, – Seitenräume an Landstraßen fehlerverzeihend ausge- staltet, – sichere Motorradstrecken geschaffen, – Landstraßenkreuzungen besser erkennbar (z. B. durch Einbauten von Fahrbahnteilern), – barrierefreie, beleuchtete Querungshilfen für Fußgänger errichtet, – Geh- und Radwege an Bundes- und Staatsstraßen ge- baut und die Erkennbarkeit von Radwegen erhöht, – Parkmöglichkeiten für Lkws an Autobahnen ausgebaut und – Beschleunigungsstreifen an Steigungsstrecken auf Auto- bahnen verlängert. Darüber hinaus plant das StMI den fünften Bayerischen Landestag der Verkehrssicherheit am 10. Oktober 2015 in der Fußgängerzone in Augsburg zum Thema „Wahrnehmung und Wahrnehmbarkeit“ und am 9. November 2015 die vierte Bayerische Verkehrssicherheitskonferenz im Universitätsklinikum Regensburg. Dort wird es um die richtigen Schritte nach einem schweren Verkehrsunfall gehen – von der Ersten Hilfe am Unfallort bis zum Erreichen des Krankenhauses . 6. Sind Sonderprogramme oder Sondermaßnahmen für spezielle Unfallschwerpunkte geplant, wenn ja, welche , bzw. wenn nein, warum nicht? Basierend auf den Untersuchungen der lokalen Unfallkommissionen ist Ende 2013 im Rahmen des Verkehrssicherheitsprogramms 2020 das Programm „Sichere Landstraße“ aufgelegt worden. Zur Verbesserung von unfallträchtigen Strecken sieht es bis zum Jahr 2020 eine Investitionssumme von 330 Millionen Euro für die Umsetzung von insgesamt 286 baulichen Abhilfemaßnahmen im Bereich der Bundes- und Staatsstraßen vor. Solche Abhilfemaßnahmen sind z. B. Verbesserungen des Streckenverlaufes, der Umbau von Kreuzungen oder Bau von Lichtsignalanlagen. In Bayern sind 59 Strecken mit insgesamt ca. 550 km Länge auf Bundes- und Staatsstraßen als auffällige Motorradstrecken eingestuft. Entlang dieser Motorradstrecken sind viele Schutzplanken vorhanden, die für gestürzte Motorradfahrer aufgrund der scharfkantigen Befestigungen zu Verletzungen führen können. Vor diesem Hintergrund hat Herr Staatsminister Herrmann am 02.02.2010 eine Initiative zur Senkung des Verletzungsrisikos bei Motorradunfällen durch die Nachrüstung von Schutzplanken mit einem sogenannten „Unterfahrschutz “ bekannt gegeben. In den besonders unfallträchtigen Außenkurven mit einem Radius kleiner 300 m werden alle Schutzplanken mit einem Unterfahrschutz nachgerüstet. In den Jahren 2010 bis 2014 sind im Bereich von Motorradstrecken 600 Kurven mit einem Kostenaufwand von rund 3,4 Mio. € nachträglich mit einem Unterfahrschutz (Gesamtlänge : 80 km) nachgerüstet worden. Die Aktion „Sichere Motorradstrecken“ wird im Rahmen des Verkehrssicherheitsprogramms 2020 weitergeführt. Die Aktion „Fehlerverzeihender Seitenraum“ ist ebenfalls Bestandteil des Verkehrssicherheitsprogramms 2020. Im Rahmen dieser Aktion werden an Abschnitten, an denen auffällig viele Fahrzeuge von der Fahrbahn abkommen, Verbesserungsmaßnahmen (Schutzplanken, Beseitigung von Hindernissen) durchgeführt. Von 2013 bis 2014 konnten bereits 229 Maßnahmen mit Kosten von rund 2 Mio. € umgesetzt werden. (2011 bis 2012 sind in der vorhergehenden Aktion 240 Maßnahmen mit 3,9 Mio. € Kosten verwirklicht worden.) Verkehrszeichengeregelte Knotenpunkte auf Landstraßen in Bayern ohne Fahrbahnteiler haben eine um bis zu doppelt so hohe Unfallkostenrate gegenüber Knotenpunkten mit Fahrbahnteilern. Im Rahmen der Aktion „Erkennbare Kreuzung“, die im Verkehrssicherheitsprogramm 2020 enthalten ist, werden deshalb an Bundes- und Staatsstraßen noch fehlende Verkehrsinseln nachgerüstet und die Wegweisung für den Kfz- und den Radverkehr optimiert. 2014 konnten im Rahmen dieser Aktion 30 Verkehrsinseln mit Kosten von 800.000 € nachgerüstet werden, zudem ist an 11 Knotenpunkten die Beschilderung und Markierung verbessert worden (Kosten: 119.000 €).