Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer FREIE WÄHLER vom 12.02.2015 Befristungsquoten bei wissenschaftsunterstützendem Personal an bayerischen Hochschulen Die Antwort des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 03.04.2014 (Drs. 17/1585) auf meine Schriftliche Anfrage vom 18.11.2013 hatte gezeigt, dass zwischen 74 und 100 Prozent der Neueinstellungen von wissenschaftsunterstützendem Personal an bayerischen Hochschulen 2013 nur befristet erfolgte. Somit wird sich der Anteil befristeter Beschäftigungen in dieser Personalgruppe weiter erhöhen. Schon 2013 lag er beim wissenschaftsstützenden Personal an 20 der 26 staatlichen Hochschulen über 25 Prozent. Obwohl das Staatsministerium dies in seiner Antwort als unproblematisch ansieht, wurde laut Pressemitteilung Nr. 453 vom 12.12.2014 eine Arbeitsgruppe mit Vertretern der Hochschulen eingerichtet, die über die Befristung von Arbeitsverträgen an bayerischen Hochschulen beraten soll. Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Hält die Staatsregierung Befristungsanteile zwischen 74 und 100 Prozent bei Neueinstellungen im Bereich des wissenschaftsstützenden Personals für notwendig , um eingeworbene Drittmittelprojekte umsetzen zu können? b) Wenn nein: Welche Handlungsnotwendigkeiten sieht die Staatsregierung, um die Befristungsquote auf das unumgängliche Maß zu reduzieren? Wie und in welchem Zeitrahmen sollen entsprechende Maßnahmen umgesetzt werden? c) In welchem Umfang wird an den einzelnen bayerischen Hochschulen nicht nur Personal aus Mitteln, sondern auch Personal auf Stellen befristet eingestellt oder weiterbeschäftigt? 2. a) Mit welcher Zielsetzung berät die in der Pressemittei- lung Nr. 453 vom 12.12.2014 angekündigte Arbeitsgruppe die Befristung von Arbeitsverträgen an Hochschulen in Bayern? b) Wird auch die Befristung von Arbeitsverträgen des wissenschaftsstützenden Personals in den Bereichen Bibliothek, Technik und Verwaltung einbezogen? c) Sind Personalvertretungen als Arbeitsgruppenmitglied einbezogen? Wenn ja, welche? Wenn nicht, warum nicht? 3. a) Sind dem Staatsministerium die Vorschläge des Ge- samtpersonalrats bei der Technischen Universität München zur Befristungspraxis im wissenschaftsstüt- zenden Bereich aus seinem Positionspapier „Hochschule sind wir alle!“ bekannt? b) Liegen dem Staatsministerium andere Vorschläge von Personalvertretungsgremien zur Befristungspraxis an Hochschulen vor? c) Plant das Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst in eine Diskussion über diese Vorschläge einzutreten, um sie ggf. ganz oder teilweise umsetzen zu können? Antwort des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 09.06.2015 1. a) Hält die Staatsregierung Befristungsanteile zwischen 74 und 100 Prozent bei Neueinstellungen im Bereich des wissenschaftsstützenden Personals für notwendig, um eingeworbene Drittmittelprojekte umsetzen zu können? Die Vertragsgestaltung ist Sache der Hochschulen und in hohem Maß von den Einstellungsmöglichkeiten und -bedürfnissen der jeweiligen Hochschule abhängig. Die Personalverwaltung ist zwar staatliche Angelegenheit, sie wird aber von den Hochschulen in eigener Verantwortung wahrgenommen. Das Staatsministerium überprüft die große Vielzahl der Einstellungen und Beschäftigungsverhältnisse nicht auf ihre zweckgerechte Ausgestaltung. Die Aufsicht beschränkt sich vielmehr auf eine sachliche und rechtliche Überprüfung von konkreten Beschwerden, die an das Ministerium herangetragen werden. Das Arbeitsrecht eröffnet in § 14 des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (im Folgenden: TzBfG) eine Vielzahl rechtlich zulässiger Befristungsmöglichkeiten . Dem Staatsministerium liegen bislang keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Hochschulen die einschlägigen arbeitsrechtlichen Vorschriften nicht ordnungsgemäß anwenden würden. Im Rahmen einer gezielten Nachfrage bei einzelnen Hochschulen wurde zudem deutlich, dass die Gründe für eine Befristung bei Neueinstellungen vielgestaltig sind. Ab- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 03.07.2015 17/6994 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/6994 gesehen von den Fällen der Vertretung bei Ausfällen (Krankheit , Elternzeit etc.) ist gerade bei Drittmittelprojekten am Anfang eines Projekts der konkrete längerfristige Bedarf für bestimmte Dienstleistungen nicht immer klar. Es kann daher sinnvoll sein, wenn man zunächst eine Projektorientierungsphase voranstellt, um die längerfristige Forschungsteamgestaltung vorbereiten zu können. Was Befristungen im Rahmen von Drittmittelprojekten betrifft , ist außerdem zu beachten, dass Drittmittel so gut wie immer befristet vergeben werden. Die daraus finanzierten Beschäftigungen werden daher in der Regel ebenfalls befristet . Ausnahmen davon sind dann möglich, wenn Hochschulen davon ausgehen dürfen, dass Drittmittel immer in einer bestimmten Höhe eingeworben werden können und wenn in einem bestimmten Umfang Overheadmittel vorhanden sind, aus denen sich Personal dauerhaft beschäftigen lässt. b) Wenn nein: Welche Handlungsnotwendigkeiten sieht die Staatsregierung, um die Befristungsquote auf das unumgängliche Maß zu reduzieren? Wie und in welchem Zeitrahmen sollen entsprechende Maßnahmen umgesetzt werden? Siehe oben Antwort zu Frage 1 a. c) In welchem Umfang wird an den einzelnen bayerischen Hochschulen nicht nur Personal aus Mitteln , sondern auch Personal auf Stellen befristet eingestellt oder weiterbeschäftigt? Aus der nachfolgenden Tabelle ergibt sich, wie viele nichtwissenschaftliche Arbeitnehmer an den einzelnen Hochschulen zum Stichtag 1. Dezember 2014 zulasten von Stellen des Personalsolls A der Hochschulstammkapitel befristet beschäftigt wurden. Dabei ist zu beachten, dass die Daten der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) in der Tabelle nicht enthalten sind, da die LMU nicht fristgerecht entsprechende Daten liefern konnte. Hochschule befristete nichtwissenschaftliche Arbeitneh- mer (Personen ) Stellen im Stellensoll A für nichtwissenschaftli - che Arbeit- nehmer Quote der befristeten Besetzungen in % Technische Universität München 131,14 2.014,00 6,51 Universität Augsburg 50 320,74 15,59 Universität Bamberg 51 173,47 29,40 Universität Bayreuth 7 36,05 19,42 Universität ErlangenNürnberg 158 1.124,80 14,05 Universität Passau 31 155,00 20,00 Universität Regensburg 137 734,90 18,64 Universität Würzburg 169 831,76 20,32 HAW-Fachhochschule Aschaffenburg 3 6,00 50,00 HAW-Fachhochschule Rosenheim 4 38,25 10,46 Hochschule für angewandte Wissenschaften Ansbach 3 17,50 17,14 Hochschule für angewandte Wissenschaften Augsburg 6 21,50 27,91 Hochschule befristete nichtwissenschaftliche Arbeitneh- mer (Personen ) Stellen im Stellensoll A für nichtwissenschaftli - che Arbeit- nehmer Quote der befristeten Besetzungen in % Hochschule für angewandte Wissenschaften Coburg 10 36,25 27,59 Hochschule für angewandte Wissenschaften Hof 2 26,00 7,69 Hochschule für angewandte Wissenschaften Kempten 2 26,25 7,62 Hochschule für angewandte Wissenschaften Landshut 3 13,55 22,14 Hochschule für angewandte Wissenschaften München 35 86,34 40,54 Hochschule für angewandte Wissenschaften Neu-Ulm 5 12,80 39,06 Hochschule für angewandte Wissenschaften WeihenstephanTriesdorf 17 158,33 10,74 Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt 11 25,00 44,00 Ostbayerische Technische Hochschule Amberg-Weiden 7 16,55 42,30 Ostbayerische Technische Hochschule Regensburg 22 51,50 42,72 Technische Hochschule Deggendorf 6 11,00 54,55 Technische Hochschule Ingolstadt 2 10,66 18,76 Technische Hochschule Nürnberg GeorgSimon -Ohm 17 58,50 29,06 Akademie der bildenden Künste München 2 33,00 6,06 Akademie der bildenden Künste Nürnberg 2 8,50 23,53 Hochschule für Fernsehen und Film München 1 38,25 2,61 Hochschule für Musik und Theater München 4 33,72 11,86 Hochschule für Musik Nürnberg 0 9,20 0,00 Hochschule für Musik Würzburg 0 19,00 0,00 Bei der Auswertung der Zahlen ist zu bedenken, dass befristete Beschäftigungsverhältnisse auch aus Mitteln finanziert werden können, deren Ursprung auf Stellengehälter des Personalsolls A zurückgeführt werden kann. Dies ergibt sich aus den Stellengehälterinanspruchnahmevermerken der jeweiligen Hochschulkapitel. Diese mittelfinanzierten befristeten Beschäftigungsverhältnisse des nichtwissenschaftlichen Personals sind in der oben dargestellten Tabelle nicht enthalten. Die in der Tabelle ausgewiesenen Zahlen beziehen sich vielmehr nur auf die stellenfinanzierten befristeten Beschäftigungsverhältnisse und entsprechen daher nicht der Gesamtzahl der aus dem Per- Drucksache 17/6994 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 sonalsoll A finanzierten Befristungen des nichtwissenschaftlichen Personals. Darüber hinaus enthalten die Zahlen auch befristete Beschäftigungsverhältnisse , in denen eine unbefristete Beschäftigung regelmäßig nicht in Betracht kommt, wie beispielsweise Vertretungsfälle bei Beurlaubung, Elternzeit oder Langzeiterkrankung etc. Damit relativiert sich die Aussagekraft der genannten Daten . 2. a) Mit welcher Zielsetzung berät die in der Pressemitteilung Nr. 453 vom 12.12.2014 angekündigte Arbeitsgruppe die Befristung von Arbeitsverträgen an Hochschulen in Bayern? b) Wird auch die Befristung von Arbeitsverträgen des wissenschaftsstützenden Personals in den Bereichen Bibliothek, Technik und Verwaltung einbezogen ? c) Sind Personalvertretungen als Arbeitsgruppenmitglied einbezogen? Wenn ja, welche? Wenn nicht, warum nicht? Die Arbeitsgruppe „Befristungen“ hat ihre Arbeit Ende Dezember 2014 abgeschlossen und Vorschläge zum Umgang mit befristeten Beschäftigungsverhältnissen auf der Grundlage des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) vorgelegt. Die Vorschläge wurden von den Hochschulverbünden diskutiert und waren Ausgangspunkt für die mittlerweile in Kraft getretenen „ Grundsätze der staatlichen bayerischen Hochschulen zum Umgang mit Befristungen nach dem WissZeitVG und zur Förderung von Karriereperspektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs“. Thema der Arbeitsgruppe wie auch der von den Hochschulen unterzeichneten Grundsätze waren bzw. sind ausschließlich Befristungen nach dem WissZeitVG. Davon erfasst sind befristete Verträge mit wissenschaftlichem Personal in der Qualifizierungsphase (§ 2 Abs. 1 WissZeitVG) oder mit wissenschaftlichem und nichtwissenschaftlichem Personal im Rahmen von Drittmittelprojekten. Die Befristung von Arbeitsverträgen des „wissenschaftsstützenden“ Perso- nals in den Bereichen Bibliothek, Technik und Verwaltung war nicht Gegenstand der Arbeitsgruppe. Personalvertretungen waren nicht als Mitglied in die Arbeitsgruppe einbezogen, da sich die Arbeitsgruppe ganz überwiegend mit einem Personenkreis befasst hat, bei dem die Mitsprache der Personalvertretung nach Art. 4 Abs. 4 a bzw. Art. 78 Abs. 1 f BayPVG vollständig oder in wesentlichen Teilen ausgeschlossen ist. Die Interessen des betroffenen akademischen Mittelbaus wurden in der Arbeitsgruppe durch den Sprecher des Landesverbandes Wissenschaftler Bayern vertreten. Im Übrigen verweisen wir auf unseren Bericht an den Vorsitzenden des Ausschusses für Wissenschaft und Kunst im Bayerischen Landtag vom 18. März 2015, Az. X.1-H2170- 10b/23188. 3. a) Sind dem Staatsministerium die Vorschläge des Gesamtpersonalrats bei der Technischen Universität München zur Befristungspraxis im wissenschaftsstützenden Bereich aus seinem Positionspapier „Hochschule sind wir alle!“ bekannt? b) Liegen dem Staatsministerium andere Vorschläge von Personalvertretungsgremien zur Befristungspraxis an Hochschulen vor? c) Plant das Staatsministerium für Bildung und Kultus , Wissenschaft und Kunst in eine Diskussion über diese Vorschläge einzutreten, um sie ggf. ganz oder teilweise umsetzen zu können? Das Positionspapier „Hochschule sind wir alle“ ist dem Staatsministerium bekannt. Es bezieht sich konkret auf die Verhältnisse an der TU München. Andere vergleichbare Vorschläge von Personalvertretungsgremien zur Befristungspraxis an Hochschulen liegen dem Staatsministerium nicht vor. Aus Sicht des Staatsministeriums sollten die Personalvertretungen entsprechende Vorschläge zunächst an die Hochschulen richten, weil nur vor Ort und bei Kenntnis der konkreten Bedürfnisse eine Personalpolitik entwickelt werden kann, die den Umfang der Befristungen langfristig reduziert.