Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ulrike Gote BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 13.04.2015 Unrechtmäßige Inhaftierung in der JVA Stadelheim aufgrund von Fehlern der Staatsanwaltschaft München I Ich frage die Staatsregierung: 1. Trifft der Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 19. März 2015 „Zu Unrecht hinter Gittern“ zu? Ist es insbesondere zutreffend, dass der Betroffene über eine Woche lang zu Unrecht inhaftiert war, obwohl die durch diese Haft zu vollstreckende Geldstrafe bereits bezahlt war? Und trifft es weiterhin zu, dass die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft erst auf massiven Druck des Rechtsanwaltes des Betroffenen wiederaufgenommen wurden? 2. Sind die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft inzwischen zu Ergebnissen gelangt? Wenn ja, zu welchen? 3. Wurde dem Betroffenen für die Haft eine Entschädigung gezahlt? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, in welcher Höhe? 4. Warum hat in diesem Fall dieselbe Staatsanwaltschaft ermittelt , in der die mögliche Straftat der Freiheitsberaubung begangen wurde bzw. der eventuelle Fehler passiert ist? Warum wurde nicht eine andere Staatsanwaltschaft mit den Ermittlungen beauftragt? Ist dies in vergleichbaren Fällen auch so? 5. Trifft es zu, dass die Staatsanwaltschaft gegenüber der Süddeutschen Zeitung zur Erklärung dieses Vorfalls auf ihre hohe Belastung verwiesen hat? 6. Ist die Belastung dieser Staatsanwaltschaft zu groß? Wenn ja, was tut die Staatsregierung, damit die Staatsanwaltschaft München I künftig geringer belastet ist und damit die Gefahr von Fehlern reduzieren kann? 7. Welche Konsequenzen wurden aus diesem Fall gezogen ? Was unternimmt die Staatsregierung, um die Wiederholung solcher Vorfälle zu verhindern? Antwort des Staatsministeriums der Justiz vom 16.06.2015 1. Trifft der Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 19. März 2015 „Zu Unrecht hinter Gittern“ zu? Ist es insbesondere zutreffend, dass der Betroffene über eine Woche lang zu Unrecht inhaftiert war, obwohl die durch diese Haft zu vollstreckende Geldstrafe bereits bezahlt war? Und trifft es weiterhin zu, dass die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft erst auf massiven Druck des Rechtsanwaltes des Betroffenen wiederaufgenommen wurden? 1. Der dem Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 19. März 2015 zugrunde liegende Sachverhalt stellt sich nach Bericht der Staatsanwaltschaft München I im Einzelnen wie folgt dar: Gegen den Verurteilten wurde durch Urteil des Amtsgerichts München wegen Körperverletzung eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 10 Euro verhängt, von der jedenfalls 55 Tagessätze nicht bezahlt wurden. Nach mehreren Zahlungsaufforderungen, Ratenzahlungsanträgen , Teilzahlungen und Anmahnungen wurde – nachdem keine Zahlungen mehr eingingen – am 8. April 2013 Haftbefehl gem. § 457 StPO zur Vollstreckung von noch 55 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe gegen den Verurteilten erlassen . Der Verurteilte wurde am 22. Mai 2013 festgenommen und der Justizvollzugsanstalt (JVA) MünchenStadelheim zugeführt. Mit Faxschreiben vom 23. Mai 2013 teilte ein Bekannter des Verurteilten der Staatsanwaltschaft München I, z. H. Herrn Rechtspfleger (…) oder Vertreter im Amt, gesandt an das zentrale Eingangsfax der Staatsanwaltschaft München I und nachrichtlich an die JVA Stadelheim , mit, dass er am Vortag 550,- € für den Verurteilten an die Landesjustizkasse gezahlt habe. Mit Faxschreiben vom 27. Mai 2013 an die gleichen Stellen mahnte der Einzahler unter Hinweis auf die geleistete Zahlung und sein Fax vom 23. Mai 2013 die noch ausstehende Entlassung des Verurteilten an. Diese Faxe wurden dem zuständigen Rechtspfleger soweit rekonstruierbar nicht sofort, sondern erst am 4. Juni 2013 vorgelegt. Wo die Faxnachrichten auf dem Weg vom zentralen Eingangsfax zum zuständigen Rechtspfleger liegen geblieben sind, ist nicht mehr rekonstruierbar. Am 27. Mai 2013 ging bei der Staatsanwaltschaft München I als Vollstreckungsbehörde elektronisch die Mitteilung der Landesjustizkasse Bamberg ein, dass der Restbetrag der Geldstrafe von einem Dritten bezahlt wurde. Auf diese Zahlungsmitteilung reagierte der zuständige Rechtspfleger nicht. Am 4. Juni 2013 ordnete der Rechtspfleger die sofortige Entlassung des Verurteilten an. Der Verurteilte wurde noch am Vormittag des 4. Juni 2013 entlassen. Mit Faxschreiben vom 28. Mai 2013 erstattete der o. g. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 16.07.2015 17/7061 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/7061 Bekannte des Verurteilten unter Hinweis auf die erfolgte Bezahlung der Restgeldstrafe und die gleichwohl ausstehende Haftentlassung Anzeige bei der Generalstaatsanwaltschaft München wegen Freiheitsberaubung. Seiner Anzeige fügte er Abdrucke seiner oben genannten Faxnachrichten vom 23. und 27. Mai 2013 bei. Jenes Faxschreiben wurde dem damals zuständigen Referenten der Generalstaatsanwaltschaft München erst am 6. Juni 2013 vorgelegt; zu diesem Zeitpunkt stellte der Referent fest, dass die Haftentlassung zwischenzeitlich erfolgt war. Die Anzeige wurde bei der Staatsanwaltschaft München I nach Abgabe durch die Generalstaatsanwaltschaft München zunächst gegen unbekannt eingetragen. Nach Beiziehung und Auswertung der maßgeblichen Akten des Ausgangsverfahrens wurde das Ermittlungsverfahren am 5. Juli 2013 gem. § 170 Abs. 2 StPO mangels Anhaltspunkten für ein vorsätzliches Fehlverhalten und aufgrund fehlender Strafbarkeit fahrlässigen Fehlverhaltens eingestellt . Am 30. September 2013 bestellte sich ein Rechtsanwalt für den Verurteilten, nahm Akteneinsicht, legte am 19. Dezember 2013 Beschwerde gegen die Einstellungsverfügung vom 5. Juli 2013 ein und beschuldigte einen Rechtspfleger namentlich. Nach erneuter Überprüfung der maßgeblichen staatsanwaltschaftlichen Akten und EDV-Eintragungen des Ausgangsverfahrens konnte festgestellt werden, dass das Vollstreckungsverfahren im fraglichen Zeitraum – soweit erkennbar – ausschließlich von einem Rechtspfleger bearbeitet wurde. Das Verfahren wurde wiederaufgenommen und in ein Js-Verfahren gegen den betreffenden Rechtspfleger umgetragen. Der staatsanwaltschaftliche Sachbearbeiter stellte fest, dass der Rechtspfleger zwischenzeitlich bei einem auswärtigen Amtsgericht tätig ist, und befragte diesen telefonisch zu seinen Erinnerungen an das Vollstreckungsverfahren . Dem zugehörigen Aktenvermerk lässt sich entnehmen, dass der Rechtspfleger keine konkrete Erinnerung mehr hatte, ein bedauerliches Versehen indes nicht auszuschließen vermochte. Am 19. Februar 2014 wurde das Ermittlungsverfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Dabei wurde unter anderem festgestellt, dass die fraglichen Faxschreiben dem beschuldigten Rechtspfleger offensichtlich nicht rechtzeitig vorgelegt wurden, es zwar tatsächlich eine ausreichende Zahlung zur Abwendung der Ersatzfreiheitsstrafe gab, dies aber erst später erkannt wurde und erst am 4. Juni 2013 zur Entlassung des Verurteilten führte. Schließlich wurde darauf hingewiesen, dass für ein vorsätzliches Fehlverhalten weder Hinweise noch ein Motiv erkennbar sind. Gegen diese am 26. Februar 2014 übersandte Einstellungsverfügung legte der Verurteilte über seinen Rechtsanwalt am 17. März 2014 Beschwerde ein und begründete diese am 28. April 2014. Er beantragte zudem, die Bearbeitung der Angelegenheit bzw. der Beschwerde einer anderen (General-)Staatsanwaltschaft als den ursprünglich zuständigen zu übertragen, woraufhin die Akte am 14. Mai 2014 der Generalstaatsanwaltschaft München mit der Bitte um Entscheidung über diesen Antrag vorgelegt wurde. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass der Beschuldigte nicht mehr bei der Staatsanwaltschaft München I, sondern bei einem auswärtigen Amtsgericht tätig ist. Am 13. Juni 2014 ordnete der Generalstaatsanwalt in München vor dem Hintergrund des zwischenzeitlich erfolgten Behördenwechsels des Rechtspflegers sowie angesichts der Tatsache, dass auch keine persönliche Bekanntschaft mit dem staatsanwaltlichen Sachbearbeiter vorlag, an, dass es bei der Sachbearbeitung durch die Staatsanwaltschaft München I verbleibt. Eine Befangenheit der Staatsanwaltschaft München I war nach Einschätzung des Generalstaatsanwalts in München insoweit nicht zu besorgen. Allgemein gilt, dass sich die Ermittlungszuständigkeit der Staatsanwaltschaft aus dem Gerichtsverfassungsgesetz ergibt und der örtlichen Zuständigkeit des jeweiligen Gerichts aufgrund der Regelungen der Strafprozessordnung folgt. Im Einzelfall ist eine Verlagerung der Zuständigkeit, das heißt die Zuweisung der Zuständigkeit an eine andere Staatsanwaltschaft, möglich. Von dieser Möglichkeit wird in der Praxis in Fällen, in denen bei verständiger Würdigung eine Interessenkollision möglich erscheint, auch Gebrauch gemacht. Eine solche Fallkonstellation lag nach Einschätzung des Generalstaatsanwalts nicht vor. Nach Rückleitung der Akte wurde das Verfahren am 25. Juli 2014 wiederaufgenommen, nachdem der Rechtsanwalt des Verurteilten in seiner Beschwerdebegründung vom 28. April 2014 auf angeblich den Beschuldigten belastende Umstände hingewiesen und vor allem ausgeführt hatte, es seien Anhaltspunkte dafür vorhanden, wonach die beiden Telefaxschreiben vom 23. Mai 2013 und 27. Mai 2013 tatsächlich bei der Vollstreckungsabteilung der Staatsanwaltschaft München I eingingen und unter Angabe des korrekten Aktenzeichens und des zuständigen Rechtspflegers auch vorgelegt wurden. Im Rahmen der Mitteilung der Wiederaufnahme des Verfahrens wurde der Rechtsanwalt am 25. Juli 2014 gebeten, die vorbezeichneten Anhaltspunkte zu konkretisieren. Anschließend wurden Ermittlungen geführt. Da eine inhaltliche Reaktion auf die Bitte aus dem Schreiben vom 25. Juli 2014 bis dahin nicht erfolgt war, wandte sich der staatsanwaltschaftliche Sachbearbeiter am 10. Oktober 2014 telefonisch an die Kanzlei des Rechtsanwalts und bat um dessen Rückruf. Dieser ist am 14. Oktober 2014 erfolgt; es wurde erneut mündlich gebeten , die Anhaltspunkte für eine rechtzeitige Faxvorlage mitzuteilen. Mit Schreiben vom 14. November 2014 nahm der Rechtsanwalt nochmals Stellung. Dabei verwies er auf den nachweislichen Faxeingang bei der Staatsanwaltschaft München I am 23. und 27. Mai 2014, führte jedoch auch aus, dass sich hieraus wohl nicht abschließend ergebe, wann die Telefaxe tatsächlich dem zuständigen Rechtspfleger vorgelegt worden seien. Zudem kündigte er eine ergänzende Stellungnahme an. Nachdem diese ausblieb, fragte der staatsanwaltschaftliche Sachbearbeiter bei dem Rechtsanwalt am 7. Januar 2015 telefonisch nach deren Verbleib. Mit Schreiben vom 4. Februar 2015 unterbreitete der Rechtsanwalt mehrere Ermittlungsanregungen und verwies insbesondere darauf, dass aus der Gefangenenpersonalakte zu ersehen sei, dass das Fax des Bekannten des Verurteilten vom 28. Mai 2013 (welches dieser – wie oben ausgeführt – mit den Faxnachrichten vom 23. und 27. Mai 2013 als Anzeige an die Generalstaatsanwaltschaft und nachrichtlich an die JVA gesandt hatte) nachweislich am 29. Mai 2013 die JVA erreicht hatte und dort am 29. Mai 2013 behandelt Drucksache 17/7061 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 wurde, womit auch gegen die/den bisher unbekannten/n JVA-Bedienstete/n der Verdacht der Freiheitsberaubung durch Unterlassen bestehe. Daraufhin wurden auch diesbezüglich Ermittlungen eingeleitet. 2. Der Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 19. März 2015 trifft damit teilweise zu. Zutreffend ist, dass ein zu einer Geldstrafe Verurteilter mehr als eine Woche zu Unrecht inhaftiert war, obwohl die Geldstrafe, wegen deren Nichtzahlung die Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe erfolgte, durch einen Dritten bezahlt worden war und daher die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe sofort zu beenden gewesen wäre. Unzutreffend ist, dass diesbezügliche Ermittlungen der Staatsanwaltschaft erst auf massiven Druck des Rechtsanwalts des Betroffenen wiederaufgenommen wurden. Die Wiederaufnahme der Ermittlungen erfolgte insbesondere , weil der Rechtsanwalt mitgeteilt hatte, er habe Anhaltspunkte, dass dem beschuldigten Rechtspfleger zwei Faxe mit Hinweisen auf die Zahlung der Geldstrafe rechtzeitig vorgelegen hätten. Nach mehrfacher Bitte des ermittelnden Staatsanwalts, den Hintergrund dieser Anhaltspunkte mitzuteilen, hat sich der Rechtsanwalt zwischenzeitlich jedoch dahingehend geäußert, dass es derartige konkrete Hinweise doch nicht gebe. Die Ermittlungen gegen den Rechtspfleger dauern unabhängig davon an. 2. Sind die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft inzwischen zu Ergebnissen gelangt? Wenn ja, zu welchen? Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft dauern weiterhin an. 3. Wurde dem Betroffenen für die Haft eine Entschädigung gezahlt? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, in welcher Höhe? Losgelöst vom vorliegenden Fall kommen bei Schäden durch Maßnahmen der Strafverfolgungsbehörden grundsätzlich Ansprüche nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) in Betracht. Daneben sind Amtshaftungsansprüche denkbar, wenn die entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Ansprüche nach dem StrEG dürften im vorliegenden Fall nicht bestehen. Eine Entschädigung nach diesem Gesetz steht insbesondere Personen zu, die durch eine strafgerichtliche Verurteilung, die im Wiederaufnahmeverfahren fortfällt oder gemildert wird (§ 1 Abs. 1 StrEG), oder durch den Vollzug der Untersuchungshaft oder einer anderen Strafverfolgungsmaßnahme einen Schaden erlitten haben, soweit sie freigesprochen oder das Verfahren gegen sie eingestellt wird oder soweit das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen sie ablehnt (§ 2 Abs. 1 StrEG). Hier liegt keine dem StrEG unterfallende Maßnahme vor. Amtshaftungsansprüche müsste der Betroffene nach der geltenden Rechtslage ausdrücklich geltend machen. Dies ist bisher nicht erfolgt. Der aufgrund der zu langen Ersatzfreiheitsstrafe zu viel gezahlte Geldstrafenbetrag wurde allerdings zurückgezahlt, obwohl Kostenforderungen gegen den Verurteilten im hohen vierstelligen Bereich offen sind. Soweit eine Entschädigung zu leisten wäre, müsste also eine Aufrechnung mit der weiterhin fortbestehenden hohen Kostenforderung geprüft werden. 4. Warum hat in diesem Fall dieselbe Staatsanwaltschaft ermittelt, in der die mögliche Straftat der Freiheitsberaubung begangen wurde bzw. der eventuelle Fehler passiert ist? Warum wurde nicht eine andere Staatsanwaltschaft mit den Ermittlungen beauftragt? Ist dies in vergleichbaren Fällen auch so? Die Entscheidungen über die Übertragung der Sachbearbeitung auf eine andere Staatsanwaltschaft erfolgen jeweils einzelfallbezogen und entziehen sich einer generalisierenden Betrachtung. Allgemein gilt, dass sich die Ermittlungszuständigkeit der Staatsanwaltschaft aus dem Gerichtsverfassungsgesetz ergibt und der örtlichen Zuständigkeit des jeweiligen Gerichts aufgrund der Regelungen der Strafprozessordnung folgt. Im Einzelfall ist eine Verlagerung der Zuständigkeit , das heißt die Zuweisung der Zuständigkeit an eine andere Staatsanwaltschaft, möglich. Von dieser Möglichkeit wird in der Praxis in Fällen, in denen bei verständiger Würdigung eine Interessenkollision möglich erscheint, auch Gebrauch gemacht. Eine solche Fallkonstellation lag nach Einschätzung des Generalstaatsanwalts in München jedoch nicht vor. Im gegenständlichen Fall war der beschuldigte Rechtspfleger zum Zeitpunkt der Entscheidung der Generalstaatsanwaltschaft München vom 13. Juni 2014, die Ermittlungen bei der Staatsanwaltschaft München I zu belassen, nicht mehr dort, sondern bei einem auswärtigen Amtsgericht beschäftigt. Da auch keine Anhaltspunkte für eine persönliche Bekanntschaft mit dem staatsanwaltschaftlichen Sachbearbeiter vorlagen, war eine Befangenheit insoweit nicht zu besorgen. 5. Trifft es zu, dass die Staatsanwaltschaft gegenüber der Süddeutschen Zeitung zur Erklärung dieses Vorfalls auf ihre hohe Belastung verwiesen hat? Aus Sicht der Staatsanwaltschaft München I ist die hohe Belastung der Staatsanwaltschaft München I keine Erklärung oder Entschuldigung für die vorgekommenen Versäumnisse . Auf zahlreiche Fragen eines SZ-Journalisten zu dem vorliegenden Verfahren wurde vom Pressesprecher der Staatsanwaltschaft München I in der mehrseitigen Antwort ergänzend Folgendes ausgeführt: „Ohne dass dies die verspätete Entlassung von Herrn …. entschuldigen könnte, bitte ich Sie, auch Folgendes zu beachten : Die Staatsanwaltschaft München I ist mit über 400 Mitarbeitern eine der größten Staatsanwaltschaften Deutschlands. Jedes Jahr werden hier rund 200.000 neue Ermittlungs-, Ordnungswidrigkeiten- und Strafvollstreckungsverfahren bearbeitet. Allein über unser zentrales Eingangsfaxgerät gehen täglich mehrere Hundert Faxsendungen ein. Hinzu kommen zahlreiche weitere Faxeingänge, die an einen der Nebenstellenanschlüsse gesendet werden. Unsere Mitarbeiter sind angehalten, eingehende Telefaxsendungen unverzüglich dem zuständigen Sachbearbeiter vorzulegen. Trotz aller Sorgfalt, mit der unsere Mitarbeiter ihre Arbeit verrichten, wird sich wohl nie zur Gänze ausschließen lassen , dass im Einzelfall auch Fehler unterlaufen können.“ 6. Ist die Belastung dieser Staatsanwaltschaft zu groß? Wenn ja, was tut die Staatsregierung, damit die Staatsanwaltschaft München I künftig geringer belastet ist und damit die Gefahr von Fehlern reduzieren kann? Die Personalsituation bei der Staatsanwaltschaft München I ist – ebenso wie in anderen Bereichen der Justiz – ange- Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/7061 spannt. Trotz der hohen Belastung arbeiten alle bayerischen Justizbediensteten überaus engagiert und motiviert. Bayern nimmt auch in Strafsachen eine führende Rangposition ein, wenn man die durchschnittliche Verfahrensdauer bundesweit vergleicht. Um der Entwicklung der Belastungssituation bei der Staatsanwaltschaft München I, die mit teilweise sehr komplexen Verfahren befasst ist, Rechnung zu tragen, wurde der Personalstand der Staatsanwaltschaft München I durch diverse Einzelmaßnahmen mehrfach den Gegebenheiten angepasst. So wurden ihr im Vollzug des Doppelhaushalts 2013/2014 von bayernweit 40 neu ausgebrachten Planstellen für Staatsanwälte insgesamt 7,5 Stellen und 2015 erneut 3,0 Planstellen für Staatsanwälte der Besoldungsgruppe R 1 zugewiesen. Damit ist eine wesentliche Voraussetzung dafür geschaffen, dass die Geschäftsbelastung der Staatsanwaltschaft München I gesenkt werden kann. Die Belastung des nichtstaatsanwaltlichen Dienstes der Staatsanwaltschaft München I liegt in etwa im Landesdurchschnitt . Im Rahmen der jährlichen Anwärterverteilung wird auf eine gleichmäßige Belastung der Bediensteten in den Geschäftsbereichen der Generalstaatsanwaltschaft und des Oberlandesgerichts München geachtet. Neben einer Berücksichtigung der Belastung bei der Personalausstattung kann auch eine Optimierung der Aufbauund Ablauforganisation zu Effizienzsteigerungen führen und somit letztlich ebenfalls zur Verringerung der Belastung beitragen . Auch bei der Staatsanwaltschaft München I ist eine entsprechende umfassende organisatorische Untersuchung erfolgt. Die Ergebnisse wurden und werden umgesetzt. 7. Welche Konsequenzen wurden aus diesem Fall gezogen ? Was unternimmt die Staatsregierung, um die Wiederholung solcher Vorfälle zu verhindern? 1. Seitens der Staatsanwaltschaft München I wurde der Fall zum Anlass für folgende Maßnahmen genommen: – Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden erneut auf die Notwendigkeit hingewiesen, Faxe sofort und unmittelbar dem zuständigen Sachbearbeiter zuzuleiten . Eine derartige Sensibilisierung erfolgt regelmäßig. – Die Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger der Behörde wurden im Rahmen einer Dienstbesprechung erneut sensibilisiert. Sie wurden angewiesen, Hinweisen auf Zahlungseingängen bei Ersatzfreiheitsstrafen aktiv nachzugehen. Ein reines Zuwarten auf eine Zahlungsmitteilung der Landesjustizkasse ist unzulässig. – Diese Verpflichtung wurde auch in die Zentrale Dienstanweisung der Staatsanwaltschaft München I aufgenommen . – Um Probleme durch nicht rasch genug weitergeleitete oder fehlgeleitete Faxe künftig zu vermeiden, wird an einer Faxserverlösung gearbeitet, durch welche eingehende Faxe sofort elektronisch in das jeweilige Referat geleitet werden können. – Der Anstaltsleiter der JVA Stadelheim wurde über die Vorgänge informiert. Die Bediensteten der JVA Stadelheim wurden durch diesen sensibilisiert und angewiesen , künftig bei Hinweisen auf Zahlungen bei Ersatzfreiheitsstrafen Kontakt mit der/dem zuständigen Rechtspfleger/-in der jeweiligen Staatsanwaltschaft aufzunehmen und zu fragen, ob eine Entlassung erfolgen kann. Eine disziplinarrechtliche Würdigung der Vorgänge kann sinnvoll erst nach Abschluss des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens erfolgen. 2. Seitens des Staatsministeriums der Justiz wurden sowohl die Justizvollzugsanstalten als auch die Vollstreckungsbehörden für die Problematik sensibilisiert. Die Vollstreckungsbehörden wurden dringend aufgefordert , Hinweisen auf erfolgte Zahlungen während des Vollzugs von Ersatzfreiheitsstrafen durch Erkundigungen bei der Landesjustizkasse aktiv nachzugehen. Mitteilungen der Landesjustizkasse über Zahlungseingänge sind täglich zu sichten und in Fällen von Ersatzfreiheitsstrafe vorrangig zu bearbeiten. Faxe sind generell, insbesondere aber wenn sie erkennbar eine Haftsache betreffen, sofort und unmittelbar dem zuständigen Sachbearbeiter zuzuleiten. Es erfolgte zudem der Hinweis, dass sich zur Optimierung der diesbezüglichen Prozesse die Einrichtung und Nutzung des bereits im Justiznetz integrierten Faxserver-Dienstes anbieten kann. Die Justizvollzugsanstalten wurden zudem ergänzend aufgefordert, in Fällen, in denen dort konkrete Anhaltspunkte dafür bekannt werden, dass der ausstehende Geldbetrag bezahlt worden ist, im Hinblick auf eine Freilassungsanordnung zeitnah Kontakt mit der zuständigen Vollstreckungsbehörde aufzunehmen. Auch wenn sich die Mitteilungswege von der Landesjustizkasse zur Vollstreckungsbehörde im vorliegenden Fall nicht verzögernd ausgewirkt haben, wird im Staatsministerium der Justiz geprüft, wie eine Optimierung dieser Mitteilungswege und eine Verbesserung der EDVtechnischen Unterstützung möglich sind.