Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katharina Schulze BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 27.04.2015 Überarbeitung des „Handlungskonzepts gegen Rechtsextremismus “ „Der Staat ist (…) nicht allein gefordert, wenn es darum geht, Rechtsextremisten deutlich zu machen, dass sie in Bayern keine Chance haben. Gefordert sind vielmehr alle Menschen, die Vereine und Organisationen, die Kommunen , die gesamte Zivilgesellschaft.“ Dieser Satz stammt aus dem „Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus“, das der Ministerrat 2009 beschlossen hat. In einem Bericht des Innenministeriums vom 25.11.14 heißt es zudem, dass das „Handlungskonzept“ als „eine Bestandsaufnahme in einem dynamischen Prozess“ zu verstehen sei, das „einer ständigen Weiterentwicklung“ unterliege. Vorschläge zur Weiterentwicklung des „Handlungskonzepts “ haben im vergangenen Jahr die beiden christlichen Kirchen, der Deutsche Gewerkschaftsbund, der Bayerische Jugendring, die Allianz gegen Rechtsextremismus der Metropolregion Nürnberg sowie Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker von CSU, SPD, FREIEN WÄHLERN, FPD und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in einem Schreiben an die Staatsregierung benannt. In dem Schreiben wurde zudem die Hoffnung geäußert, dass das Schreiben den Beginn eines fruchtbaren Gesprächs zwischen Zivilgesellschaft , Staat und Kommunen darstellt. Seither ist insbesondere im Hinblick auf die Einbeziehung der Zivilgesellschaft und der Wissenschaft in die dringend nötige Überarbeitung des „Handlungskonzepts“ nichts geschehen . Kürzlich hat das Innenministerium die kommunalen Spitzenverbände um „etwaige Verbesserungsvorschläge oder Anregungen“ gebeten. Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung: 1. Welche Institutionen, Verbände, Organisationen und sonstigen zivilgesellschaftlichen bzw. wissenschaftlichen Akteure wurden seit dem Bericht des Innenministeriums vom 25.11.14 formell bzw. schriftlich um Verbesserungsvorschläge gebeten? 2.1 Welche Einrichtungen und Personen, die im vergangenen Jahr in einem Schreiben an die Staatsregierung (siehe Vorbemerkung) Verbesserungsvorschläge benannt haben, wurden bisher formell bzw. schriftlich um Verbesserungsvorschläge gebeten oder in sonstiger Weise in den Prozess der Überarbeitung des „Handlungskonzepts “ einbezogen? 2.2 Weshalb wurden einzelne Einrichtungen und Personen , die im vergangenen Jahr in einem Schreiben an die Staatsregierung (siehe Vorbemerkung) Verbesserungsvorschläge benannt haben, bisher nicht um Verbesserungsvorschläge gebeten oder in sonstiger Weise in den Prozess der Überarbeitung des „Handlungskonzepts “ einbezogen? 2.3 Welche Pläne gibt es, die Einrichtungen und Personen , die im vergangenen Jahr in einem Schreiben an die Staatsregierung (siehe Vorbemerkung) Verbesserungsvorschläge benannt haben, künftig in den Prozess der Überarbeitung des „Handlungskonzepts“ einzubeziehen ? 3. Welches konkrete Ziel verfolgt die Einbeziehung der einzelnen, bisher in den Prozess der Überarbeitung des „Handlungskonzepts“ einbezogenen bzw. künftig noch einzubeziehenden Akteure? 4.1 Wie werden die Empfehlungen der in die Überarbeitung des „Handlungskonzepts“ einbezogenen bzw. noch einzubeziehenden Akteure – insbesondere die gewünschten Verbesserungsvorschläge und Anregungen der kommunalen Spitzenverbände – von der Staatsregierung dokumentiert und behandelt bzw. umgesetzt ? 4.2 Inwiefern ist geplant, die Umsetzung der Verbesserungsvorschläge und Anregungen wissenschaftlich begleiten zu lassen? 4.3 Inwiefern und bis wann ist geplant, den Landtag über die Umsetzung der Verbesserungsvorschläge und Anregungen zur Überarbeitung des „Handlungskonzepts“ zu informieren? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 16.06.2015 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst und dem Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration wie folgt beantwortet: 1. Welche Institutionen, Verbände, Organisationen und sonstigen zivilgesellschaftlichen bzw. wissenschaftlichen Akteure wurden seit dem Bericht des Innenministeriums vom 25.11.14 formell bzw. schriftlich um Verbesserungsvorschläge gebeten? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 29.07.2015 17/7167 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/7167 Derzeit ermittelt das Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr in Abstimmung mit dem Bayerischen Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst sowie dem Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration konkrete Erfordernisse und Erfahrungen der Praxis. Um ein belastbares Meinungsbild zu den konkreten Verbesserungsvorschlägen und Anregungen der Praktiker vor Ort zu erlangen, werden im Bereich des polizeilichen Vollzuges über die bayerischen Polizeipräsidien und für die Verwaltungspraxis bei den Landratsämtern und Kommunen über die Regierungen Optimierungsvorschläge und Anregungen abgefragt. Zudem wurden die kommunalen Spitzenverbände um Vorschläge bzw. Anregungen zum Handlungskonzept gebeten. Darüber hinaus hat sich das Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration an das Bayerische Landesjugendamt und an den Bayerischen Jugendring K.d.ö.R., bei dem auch die Bayerische Landeskoordinierungsstelle gegen Rechtsextremismus (LKS) angesiedelt ist, zur Ermittlung weiteren Optimierungsbedarf hinsichtlich des Bayerischen Handlungskonzepts gegen Rechtsextremismus gewandt. Das Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst hat die an den staatlichen Schulberatungsstellen angesiedelten „Regionalbeauftragten für Demokratie und Toleranz“ um die Beantwortung einer Reihe von Fragen gebeten, die sich insbesondere auf Wahrnehmungen im Bereich Rechtsextremismus, die jeweiligen lokalen und gesellschaftlichen Kontexte sowie gelungene und nicht gelungene exit-Strategien beziehen. Des Weiteren soll im Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst ein gemeinsamer Workshop von staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren stattfinden, bei dem es um einschlägige Bestandsaufnahmen wie auch Fortbildung (namentlich die verschiedenen Erscheinungsformen des Antisemitismus) gehen soll. Die Veranstaltung wird vom „Bayerischen Bündnis für Toleranz, Demokratie und Menschenwürde schützen“, der Landeszentrale für politische Bildungsarbeit und der zuständigen Arbeitsebene im Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst getragen. Die gemeinsame Kommunikation über Konzeption und Inhalte ist weit fortgeschritten. Jenseits dieser Aktivitäten darf darauf hingewiesen werden , dass das Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr Gründungsmitglied des „Bayerischen Bündnisses für Toleranz, Demokratie und Menschenwürde schützen“ ist und auf dieser Schiene einen regen Gedankenaustausch mit anderen Mitgliedern pflegt. So fand beispielsweise im Dezember 2014 auch ein Gespräch zwischen Vertretern des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr sowie des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz und der, durch das „Bayerische Bündnis für Toleranz, Demokratie und Menschenwürde schützen“ getragenen „Projektstelle gegen Rechtsextremismus“ statt. 2.1 Welche Einrichtungen und Personen, die im vergangenen Jahr in einem Schreiben an die Staatsregierung (siehe Vorbemerkung) Verbesserungsvorschläge benannt haben, wurden bisher formell bzw. schriftlich um Verbesserungsvorschläge gebeten oder in sonstiger Weise in den Prozess der Überarbeitung des „Handlungskonzepts“ einbezogen ? 2.2 Weshalb wurden einzelne Einrichtungen und Personen , die im vergangenen Jahr in einem Schreiben an die Staatsregierung (siehe Vorbemerkung) Verbesserungsvorschläge benannt haben, bisher nicht um Verbesserungsvorschläge gebeten oder in sonstiger Weise in den Prozess der Überarbeitung des „Handlungskonzepts“ einbezogen? 2.3 Welche Pläne gibt es, die Einrichtungen und Personen , die im vergangenen Jahr in einem Schreiben an die Staatsregierung (siehe Vorbemerkung) Verbesserungsvorschläge benannt haben, künftig in den Prozess der Überarbeitung des „Handlungskonzepts “ einzubeziehen? Vorbemerkungen zu den Fragen 2.1 bis 2.3: In Kombination mit der Vorbemerkung zur Schriftlichen Anfrage stellen die Fragen 2.1 bis 2.3 eine sachliche Verbindung her zwischen einem nicht näher bezeichneten Schreiben vom vergangenen Jahr an die Staatsregierung einerseits, sowie dem Handlungskonzept der Staatsregierung gegen Rechtsextremismus andererseits. Die Staatsregierung geht hierbei davon aus, dass sich die Fragestellerin auf ein Schreiben vom 30. April 2014 bezieht, das an Herrn Ministerpräsidenten und weitere Mitglieder der Staatsregierung gerichtet war. Der Brief war in den Arbeitsstrukturen des „Bayerischen Bündnisses für Toleranz, Demokratie und Menschenwürde schützen“ entworfen und von einer Reihe von Kirchen-, Gewerkschafts- und Kommunalvertretern unterstützt worden. Anders als es die Schriftliche Anfrage nahegelegt, erwähnt der in Rede stehende Brief das Handlungskonzept der Staatsregierung gegen Rechtsextremismus nicht. Vielmehr befasst sich das Schreiben insbesondere mit generellen Zielstellungen und Wertungen in Bezug auf den gesellschaftlichen Kampf gegen den Rechtsextremismus. So wird etwa die Bedeutung auch der zivilgesellschaftlichen Akteure für die Bekämpfung von Rassismus und die Förderung der demokratischen Kultur herausgestellt, die angemessene Anerkennung der zivilgesellschaftlichen Aktivitäten gegen Rechtsextremismus eingefordert und eine vertiefte Auseinandersetzung mit diesem Thema, namentlich in den Bereichen Schule und Bildung, Jugendarbeit und Sozialarbeit, befürwortet. Und schließlich macht das Schreiben deutlich, dass ein erfolgreicher Kampf gegen Rechtsextremismus sowohl sicherheitspolitische als auch gesamtgesellschaftliche Dimensionen abdecken muss. Diese allgemeinen Bewertungen entsprechen der Haltung der Staatsregierung. Die Fragen 2.1, 2.2 und 2.3 werden aufgrund des bestehenden Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet. Es ist naheliegend, in einem Prozess, der die Fortentwicklung des Handlungskonzepts der Staatsregierung gegen Rechtsextremismus zum Ziel hat, auf die Erfahrungswerte derjenigen Behörden und Stellen zuzugreifen, die in der Vergangenheit das Handlungskonzept der Staatsregierung gegen Rechtsextremismus erfolgreich angewendet haben und an die es sich richtet. Darüber hinaus steht die Staatsregierung mit vielen der hier in Rede stehenden Organisationen wie etwa den großen christlichen Konfessionen in Bayern, dem DGB bzw. einzelnen seiner Mitgliedsgewerkschaften und auch der kommunalen Ebene in einem fortlaufenden Kommunikationsprozess . Verschiedenste fachliche Positionen der genannten Stellen sind auch in die Fortentwicklung des Bayerischen Handlungskonzepts gegen Rechtsextremismus eingeflossen . Beispielhaft hierfür werden die Intensivierung der Ge- Drucksache 17/7167 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 fangenenseelsorge für Inhaftierte und dem in der Antwort zu Frage 1 erwähnten gemeinsamen Workshop von staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren im Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst angeführt. Auch in Zukunft werden entsprechende Anregungen im Rahmen der Fortentwicklung des Bayerischen Handlungskonzepts in die Überlegungen miteinbezogen werden. 3. Welches konkrete Ziel verfolgt die Einbeziehung der einzelnen, bisher in den Prozess der Überarbeitung des „Handlungskonzepts“ einbezogenen bzw. künftig noch einzubeziehenden Akteure? Das Bayerische Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus liefert in erster Linie eine Bestandsaufnahme im Rahmen der als dynamischen Prozess zu verstehenden Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus. Im Interesse einer ständigen Optimierung und Weiterentwicklung der staatlichen Bekämpfungsansätze gegen Rechtsextremismus werden konkrete Erfordernisse und Erfahrungen der Praxis ermittelt. Die so gewonnenen Erkenntnisse sollen Grundlage einer entsprechenden Fortentwicklung der bestehenden Bekämpfungsansätze gegen Rechtsextremismus bilden. Diese Optimierungsstrategie wird auch in Zukunft fortgesetzt. Denn die konsequente Bekämpfung rechtsextremistischer Bestrebungen ist und bleibt eine fortwährende Daueraufgabe. 4.1 Wie werden die Empfehlungen der in die Überarbeitung des „Handlungskonzepts“ einbezogenen bzw. noch einzubeziehenden Akteure – insbesondere die gewünschten Verbesserungsvorschläge und Anregungen der kommunalen Spitzenverbände – von der Staatsregierung dokumentiert und behandelt bzw. umgesetzt? 4.2 Inwiefern ist geplant, die Umsetzung der Verbesserungsvorschläge und Anregungen wissenschaftlich begleiten zu lassen? 4.3 Inwiefern und bis wann ist geplant, den Landtag über die Umsetzung der Verbesserungsvorschläge und Anregungen zur Überarbeitung des „Handlungskonzepts “ zu informieren? Die Fragen 4.1 bis 4.3 werden aufgrund des bestehenden Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet. Das Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr sammelt die Rückmeldungen zum Optimierungsbedarf und wird die Vorschläge an die jeweils zuständigen Geschäftsbereiche weiterleiten. Im Übrigen ist der weitere Fortgang von den konkreten Vorschlägen und ihrer Auswertung abhängig . Der Zeitpunkt für eine Information des Bayerischen Landtages ist abhängig vom Eingang der Vorschläge sowie deren Auswertung.