Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 13.04.2015 Arbeitsbedingungen von Volontärinnen und Volontären im staatlichen Kulturbereich Der Begriff „Volontariat“ ist rechtlich nicht definiert. Die Bezahlung von Volontärinnen und Volontären ist zudem nicht im Mindestlohngesetz (MiLoG) geregelt. Der „Arbeitskreis Volontariat im Deutschen Museumsbund“ (AK Volontariat) hat daher im Februar 2015 in Form einer Presseinformation auf die Gefahr hingewiesen, dass Volontärsstellen dafür genutzt werden, Planstellen zu ersetzen, ohne die Beschäftigten dafür angemessen zu entlohnen. Diese Gefahr bzw. Tendenz beobachtet auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB): „Laut aktuellen Stellenanzeigen wird offenbar versucht, unter dem Deckmantel „Ausbildung“ Lohndumping zu betreiben .“ (http://www.monopol-magazin.de/artikel/20109593/ DGB-wirft-Museen-Umgehung-des-Mindestlohns-vor.html) Es müsse daher sichergestellt sein, dass der Ausbildungszweck die Arbeitsleistung überwiegt und es einen geordneten Ausbildungsablauf gebe. Insbesondere in staatlichen Kultureinrichtungen (u. a. in Museen, Gedenkstätten, im Bereich der Denkmalpflege und der Bayerischen Schlösserverwaltung ) sind Volontärinnen und Volontäre beschäftigt. Der Freistaat als Arbeitgeber steht in einer besonderen Verantwortung, faire und angemessene Beschäftigungsbedingungen zu gewährleisten. Der AK Volontariat hat bereits 2012 die Initiative „Vorbildliches Volontariat“ ins Leben gerufen und in diesem Zusammenhang folgende Empfehlungen formuliert, um den wissenschaftlichen Nachwuchs im Museum optimal zu fördern: • Dem Volontariat liegt eine Art Curriculum zugrunde, in dem die Inhalte des Volontariats formuliert sind. Das Curriculum enthält projektbezogene, selbstständige Tätigkeiten und einen umfassenden Einblick in alle Arbeitsbereiche der betreffenden Einrichtung. • Dem Volontariat liegt ein Arbeitsvertrag zugrunde, der eine Vollzeitbeschäftigung von grundsätzlich zwei Jahren vorsieht. • Es gibt eine verantwortliche Wissenschaftlerin/ einen verantwortlichen Wissenschaftler als Ansprechpartner für die Volontärin/für den Volontär. • Der Volontärin/dem Volontär ist ein eigener Arbeitsplatz mit zeitgemäßer Ausstattung zur Verfügung zu stellen. • Die Teilnahme an Lehrgängen, Fortbildungen und museumsrelevanten Tagungen auf Bundes- und Länderebene ist im Rahmen der Möglichkeiten des Hauses zu gestatten . • Das Museum bemüht sich, eine Vergütung von der Hälfte des Endgrundgehalts der Entgeltgruppe 13, Stufe 1, des TVöD zu entrichten. Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung: 1.1 Wie viele Personen sind an Bayerns staatlichen Kultureinrichtungen als Volontäre/Volontärinnen beschäftigt (bitte nach den einzelnen Kultureinrichtungen aufschlüsseln )? 1.2 Sind in Bayern, wie in anderen Bundesländern, Tendenzen zu beobachten, dass immer mehr sogenannte „Volontariate“ außerhalb des hierfür etablierten Bereichs der Museen, Gedenkstätten und der Denkmalpflege ausgeschrieben werden (und so z. B. an Bühnen die dort etablierten Hospitanzen ersetzen)? 1.3 Wenn ja, wie bewertet die Staatsregierung solche Entwicklungen ? 2.1 Welche Dauer haben die Volontariate jeweils? 2.2 Bestehen einheitliche Vorgaben der Staatsregierung zur (Mindest-)Dauer von Volontariaten? 3.1 Wie werden diese Volontariate jeweils vergütet? 3.2 Welchen Stellenumfang haben diese Volontariate jeweils ? 3.3 Werden im Volontariat Überstunden bezahlt bzw. können diese bei Vorhandensein abgebaut werden? 4.1 Bestehen für die Vergütung von Volontariaten einheitliche Vorgaben der Staatsregierung oder liegt die Entscheidung darüber im Ermessen der einzelnen Kultureinrichtungen ? 4.2 Welche Unterschiede bestehen in der Vergütung der Volontariate an Bayerns staatlichen Kultureinrichtungen ? 4.3 Welche Kriterien liegen der unterschiedlichen Vergütung von Volontariaten zugrunde? 5.1 Nach welchen Kriterien wird an Bayerns staatlichen Kultureinrichtungen zwischen Volontariaten (d. h. Ausbildungen ) und regulären Arbeitsverhältnissen unterschieden ? 5.2 Nach welchen Kriterien wird an Bayerns staatlichen Kultureinrichtungen zwischen Volontariaten (d. h. Ausbildungen ) und freiwilligen Praktika unterschieden? 6. Inwiefern garantieren die Kultureinrichtungen, dass bei Volontariaten der Ausbildungszweck und nicht die Arbeitsleistung überwiegt? 7.1 Wie wird an den entsprechenden Einrichtungen im Falle von Schwangerschaft und/oder Elternzeit verfahren ? 7.2 Verlängert sich das Volontariat um die Zeit der Unterbrechung ? 7.3 Welche Möglichkeiten bestehen, während der Elternzeit in Teilzeit zu arbeiten, und wenn ja, welchen Einfluss hat dies auf die Vertragsdauer des Volontariats? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 24.07.2015 17/7171 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/7171 8. Inwiefern wurden die in der Vorbemerkung erwähnten Empfehlungen der Initiative „Vorbildliches Volontariat“ an Bayerns staatlichen Kultureinrichtungen umgesetzt ? Antwort des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 17.06.2015 1.1 Wie viele Personen sind an Bayerns staatlichen Kultureinrichtungen als Volontäre/Volontärinnen beschäftigt (bitte nach den einzelnen Kultureinrichtungen aufschlüsseln)? An den staatlichen Kultureinrichtungen ist derzeit die folgende Anzahl von Volontärinnen und Volontären beschäftigt: Bayerische Staatsgemäldesammlungen: 9 Bayerisches Staatsballett: 9 Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege: 9 Hauptverwaltung der Bayerischen Schlösserverwaltung: 7 Stiftung Bayerische Gedenkstätten, KZ-Gedenkstätten Dachau und Flossenbürg: 2 Internationales Künstlerhaus Villa Concordia Bamberg: 1 1.2 Sind in Bayern, wie in anderen Bundesländern, Tendenzen zu beobachten, dass immer mehr sogenannte „Volontariate“ außerhalb des hierfür etablierten Bereichs der Museen, Gedenkstätten und der Denkmalpflege ausgeschrieben werden (und so z. B. an Bühnen die dort etablierten Hospitanzen ersetzen)? Nein. 1.3 Wenn ja, wie bewertet die Staatsregierung solche Entwicklungen? Entfällt. 2.1 Welche Dauer haben die Volontariate jeweils? Bayerische Staatsgemäldesammlungen und Stiftung Bayerische Gedenkstätten: 24 Monate Andere Einrichtungen: 12–24 Monate 2.2 Bestehen einheitliche Vorgaben der Staatsregierung zur (Mindest-)Dauer von Volontariaten? In § 3 der Richtlinien für das Volontariat an den staatlichen Museen und Sammlungen ist geregelt, dass das Volontariat grundsätzlich zwei Jahre dauert. Soweit Mittel verfügbar sind, kann es in begründeten Fällen um bis zu drei Monate verlängert werden. An den anderen Kultureinrichtungen bestehen keine Vorgaben der Staatsregierung. 3.1 Wie werden diese Volontariate jeweils vergütet? Die Volontäre und Volontärinnen an den Museen, beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, an der Hauptverwaltung der Bayerischen Schlösserverwaltung und am Internationalen Künstlerhaus Villa Concordia Bamberg erhalten eine Vergütung in Höhe der Anwärterbezüge für Beamte und Beamtinnen auf Widerruf im Vorbereitungsdienst für die 4. Qualifikationsebene (ehemaliger höherer Dienst), derzeit 1.285,21 €. Die Volontäre und Volontärinnen am Bayerischen Staatsballett erhalten im ersten Jahr eine Vergütung von monatlich 1.709,65 € und im zweiten Jahr 1.880,05 €. Die Volontäre und Volontärinnen an der Stiftung Bayerische Gedenkstätten erhalten ein halbes Gehalt der Entgeltgruppe 13 TV-L, derzeit 1.719 €. 3.2 Welchen Stellenumfang haben diese Volontariate jeweils? Es gibt keine Stellen für Volontariate. 3.3 Werden im Volontariat Überstunden bezahlt bzw. können diese bei Vorhandensein abgebaut werden ? Überstunden sind durch Freizeitausgleich abzugelten. 4.1 Bestehen für die Vergütung von Volontariaten einheitliche Vorgaben der Staatsregierung oder liegt die Entscheidung darüber im Ermessen der einzelnen Kultureinrichtungen? Die Vergütung der Volontärinnen und Volontäre an den staatlichen Museen sowie beim Landesamt für Denkmalpflege wurde im Jahr 2004 durch Schreiben des damaligen Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen geregelt. Im Übrigen bestehen keine Vorgaben. 4.2 Welche Unterschiede bestehen in der Vergütung der Volontariate an Bayerns staatlichen Kultureinrichtungen ? Siehe Antwort zu Frage 3.1. 4.3 Welche Kriterien liegen der unterschiedlichen Vergütung von Volontariaten zugrunde? Die Stiftung Bayerische Gedenkstätten setzt die Vergütung der Volontäre und Volontärinnen in eigener Verantwortung fest. Ebenso wird die Vergütung bei den Volontären und Volontärinnen des Bayerischen Staatsballetts von der Bayerischen Staatsoper festgesetzt. Im letzteren Fall ist zu berücksichtigen , dass es sich nicht um ein wissenschaftliches, sondern um ein künstlerisches Volontariat handelt, das auch die Teilnahme an Produktionen des Bayerischen Staatsballetts mit umfasst. Deshalb erfolgt die Festsetzung der Vergütung nach anderen Kriterien als bei den wissenschaftlichen Volontariaten und lehnt sich an die Regelungen des Bühnenrechts an. 5.1 Nach welchen Kriterien wird an Bayerns staatlichen Kultureinrichtungen zwischen Volontariaten (d. h. Ausbildungen) und regulären Arbeitsverhältnissen unterschieden? Bei Volontariaten steht der Ausbildungs- und Vorbereitungszweck im Vordergrund. So bestimmt beispielsweise § 1 der Richtlinien für das Volontariat an den staatlichen Museen und Sammlungen, dass das Volontariat dazu dient, wissenschaftliche Nachwuchskräfte auf eine berufliche Laufbahn im Museumsdienst vorzubereiten. Ziel ist eine möglichst breite Qualifikation für die Aufgaben im Museum, die die Absolventen in die Lage versetzen soll, nach Abschluss des Volontariats in verantwortlicher Position in diesem Bereich beruflich tätig zu werden. Nach § 2 der Richtlinien soll der Volontär bzw. die Volontärin im Volontariat lernen, das an Drucksache 17/7171 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 der Hochschule erworbene Wissen in der Praxis anzuwenden und zugleich Kenntnisse auf allen Gebieten zu erwerben und zu erweitern, die für den angestrebten Beruf eines Museumsreferenten notwendig und nützlich sind. Reguläre Arbeitsverhältnisse hingegen dienen nicht primär dem Ausbildungs- und Fortbildungszweck. 5.2 Nach welchen Kriterien wird an Bayerns staatlichen Kultureinrichtungen zwischen Volontariaten (d. h. Ausbildungen) und freiwilligen Praktika unterschieden ? Bei einem Volontariat handelt es sich um ein Vertragsverhältnis im Sinne von § 26 des Berufsbildungsgesetzes, mit dem Personen eingestellt werden, um berufliche Fertigkeiten , Kenntnisse, Fähigkeiten oder berufliche Erfahrungen zu erwerben, ohne dass es sich um eine Berufsausbildung im Sinne des Gesetzes handelt. Bei freiwilligen Praktika liegt ein solches Vertragsverhältnis nicht vor. 6. Inwiefern garantieren die Kultureinrichtungen, dass bei Volontariaten der Ausbildungszweck und nicht die Arbeitsleistung überwiegt? Die Einrichtungen garantieren dies durch die Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses, bei den staatlichen Museen z. B. durch die o. g. Richtlinien für das Volontariat, und eine entsprechende Arbeitsorganisation. 7.1 Wie wird an den entsprechenden Einrichtungen im Falle von Schwangerschaft und/oder Elternzeit verfahren? 7.2 Verlängert sich das Volontariat um die Zeit der Unterbrechung ? In diesen Fällen gelten die gesetzlichen Bestimmungen. Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes – BEEG wird die Elternzeit auf Berufsbildungszeiten nicht angerechnet. Mutterschutz wird gewährt. 7.3 Welche Möglichkeiten bestehen, während der Elternzeit in Teilzeit zu arbeiten, und wenn ja, welchen Einfluss hat dies auf die Vertragsdauer des Volontariats? Die Möglichkeiten, während der Elternzeit in Teilzeit zu arbeiten , sind in § 15 Abs. 4 bis 7 BEEG geregelt. Unter bestimmten Voraussetzungen besteht hiernach auch ein Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit. 8. Inwiefern wurden die in der Vorbemerkung erwähnten Empfehlungen der Initiative „Vorbildliches Volontariat “ an Bayerns staatlichen Kultureinrichtungen umgesetzt? Die Empfehlungen der Initiative „Vorbildliches Volontariat“, die sich auf Volontariate an Museen beziehen, werden durch die Richtlinien für das Volontariat an den staatlichen Museen und Sammlungen mit Ausnahme der Vergütung (vgl. Antwort zu Frage 3.1) umgesetzt.